The Project Gutenberg EBook of Einfuehrung in die moderne Logik. Erster Teil. by Goswin Uphues This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at http://www.gutenberg.org/license Title: Einfuehrung in die moderne Logik. Erster Teil. Author: Goswin Uphues Release Date: January 5, 2008 [Ebook #24172] Language: German Character set encoding: US-ASCII ***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK EINFUeHRUNG IN DIE MODERNE LOGIK. ERSTER TEIL.*** Einfuehrung in die moderne Logik. Erster Teil. by Goswin Uphues Edition 1 , (January 5, 2008) Der Buecherschatz des Lehrers. Wissenschaftliches Sammelwerk zur intellektuellen und materiellen Hebung des Lehrerstandes. Unter Mitwirkung massgebender Fachgelehrter und Schulmaenner herausgegeben von K. O. Beetz, Schuldirektor in Gotha Fuenfter Band. Einfuehrung in die moderne Logik. ------------------ Osterwieck/Harz. Verlag von A. W. Zickfeldt. 1901. Einfuehrung in die moderne Logik. ------------------ Von Goswin Uphues Professor an der Universitaet Halle. ------------------ Erster Teil: Grundzuege der Erkenntnistheorie. ------------------ Osterwieck/Harz. Verlag von A. W. Zickfeldt. 1901. VORWORT. ------------------ Wer die Entwicklung der philosophischen Forschung der letzten zehn Jahre mit aufmerksamem Blicke verfolgte, dem konnte es nicht entgehen, dass in der Auffassung des Verhaeltnisses von Psychologie und Logik eine Wandlung eintrat oder sich wenigstens anbahnte. Anfangs hatte es den Anschein, als ob die Psychologie die Stellung einer ersten und herrschenden Disciplin erhalten sollte. Das Erkennen und Denken sind doch Bewusstseinsthatsachen und anderseits Voraussetzungen aller Wissenschaften und somit auch der Philosophie. Was lag naeher, als die Wissenschaft von den Bewusstseinsthatsachen, die Psychologie, als grundlegende philosophische Disciplin zu betrachten, ja noch mehr, sie zur Grundlage aller Wissenschaften zu machen. Allmaehlich aber brach sich der Gedanke Bahn, dass vom Erkennen und Denken als Bewusstseinsthatsachen das Erkannte und Gedachte sorgfaeltig unterschieden werden muesse und dass die Untersuchung hierueber eher das Recht in Anspruch nehmen koenne als Voraussetzung aller Wissenschaften und als grundlegende philosophische Disciplin zu gelten. So trat die Logik an die Stelle der Psychologie; sie nahm wieder, wie ehemals in der Philosophie, unter den philosophischen Disciplinen die erste Stelle ein. Aber Hand in Hand damit ging auch eine andere Auffassung der Logik. Man begnuegte sich nicht mehr mit einer Behandlung der blossen Formen des Denkens, sondern Fragen, die den Inhalt des Denkens und Erkennens, das Gedachte und Erkannte betreffen, wurden in immer groesserer Zahl in die Logik hineingezogen. Die Logik wurde aus einer formalen Disciplin, zu der sie unter dem Einflusse Kants geworden war, in eine erkenntnistheoretische Disciplin umgestaltet. Das hatte seinen Grund nicht bloss in der Entwicklung der philosophischen Forschung, sondern wird auch durch die Natur der Sache gefordert. Verstehen wir unter Logik die Wissenschaft vom Denken, so ist doch nicht alles Denken Gegenstand der Logik, sondern nur das Denken, durch welches aus dem im Bewusstsein Gegebenen Erkenntnisse werden, das Denken also, das seinen Zweck im Erkennen hat und ihm als Mittel dient. In der Logik ist also das Denken dem Erkennen untergeordnet. Die Logik ist in erster Linie Erkenntnislehre und erst in zweiter Linie Denklehre. _Was heisst Erkennen? Was koennen wir erkennen?_ Das sind die Fragen, welche die Logik vor allem zu beantworten hat. Ihre erste Aufgabe ist, den Begriff des Erkennens nach seinem Inhalt und Umfang zu bestimmen. Aber das Erkennen ist eine Thaetigkeit, die sich auf ein Ziel richtet. Dieses Ziel ist die Wahrheit. Eine solche Thaetigkeit setzt die Erkenntnis des Zieles, seiner Erreichbarkeit und der Normen, die sie zu befolgen hat, voraus. Was Erkennen heisst, koennen wir nur bestimmen, wenn wir wissen, was Wahrheit ist (Definition der Wahrheit), wie wir sie erreichen koennen (Kennzeichen der Wahrheit), welche Regeln wir zu diesem Zwecke beobachten muessen (Gesetze des Erkennens). Die Untersuchungen ueber den Begriff der Wahrheit, ueber das Kennzeichen der Wahrheit und ueber die Gesetze des Erkennens, wie ich sie in der vorliegenden Schrift dargestellt habe, machten seit 1896 den ersten Teil meiner in jedem Sommer gehaltenen Vorlesungen ueber Logik aus. Sie erscheinen hier um ein Betraechtliches vermehrt, naemlich um den ganzen vierten Abschnitt dieser Schrift, der vom Umfange unsers Wissens handelt. In diesem Abschnitte beantworten wir die zweite Frage der Erkenntnistheorie: Was koennen wir erkennen? waehrend die Untersuchungen ueber die Definition der Wahrheit, das Kennzeichen der Wahrheit und die Gesetze des Erkennens, die drei ersten Abschnitte dieser Schrift umfassend, die erste Frage der Erkenntnistheorie: Was heisst Erkennen zu beantworten suchen. Die Auffassung der Logik als erkenntnistheoretischer Disciplin ist eine Wendung zum Besseren. Allein ruecksichtlich dessen, was Erkenntnistheorie zu leisten hat und leisten kann, gehen die Meinungen weit auseinander. Das Erkennen im gewoehnlichen von allen wissenschaftlichen Forschern mit Ausnahme einiger Erkenntnistheoretiker angenommenen Sinne hat eine _metaphysische_ Bedeutung. Die Wahrheit ist ein metaphysischer Begriff. Was wahr ist, ist nur wahr, weil es fuer alle Zeit und darum fuer die Ewigkeit gilt. Nur darum gilt es auch fuer alle Denkenden. Wirklich ist etwas nur, weil es an diesem Ewigkeitscharakter der Wahrheit teilnimmt. Diesem Begriff der Wahrheit moechten viele um jeden Preis aus dem Wege gehen, obgleich er in jeder ernstgemeinten Behauptung wiederkehrt und natuerlich von allen wissenschaftlichen Forschern ausser einigen Erkenntnistheoretikern, wenn auch unbewusst, festgehalten wird. Man greift zu allerlei Kunststuecken, beginnt mit der Umdeutung und endet mit der Wegdeutung dieses Begriffs -- alles aus Scheu vor der Metaphysik. Man hat das Gefuehl, diese Forscher wandern an einem Abgrunde in bestaendiger Furcht, in ihn hineinzufallen. Der Abgrund heisst Metaphysik. Oft werden sie vom Schwindel ergriffen und fallen wirklich hinein. Der Begriff der Wahrheit laesst sich eben nicht unterdruecken. Aber alsbald arbeiten sie sich wieder in die Hoehe und setzen ihre gefaehrliche Wanderung fort. Ihre muehselige Arbeit macht einen trostlosen Eindruck. Das Ergebnis ist ein unfruchtbarer Formalismus. Kant wollte das Wissen beseitigen, um dem Glauben Raum zu schaffen. Haette er diesen Gedanken weiter verfolgt, dann wuerde er zu einer Wuerdigung der geschichtlichen Erkenntnisse gekommen sein, die wir bei dem grossen Denker vermissen. Denn die Glaubensueberzeugungen gehoeren zu den geschichtlichen Erkenntnissen. Fuer unsere modernen Formalisten hat dieser Gedanke Kants keinen Wert, sie empfinden ihn als des grossen Kant unwuerdig. Folgerichtig darf man darum auch bei ihnen keine Wuerdigung der geschichtlichen Erkenntnisse erwarten. Es scheint oft, als ob sie durch die Erkenntniskritik nur der vergoetterten Naturwissenschaft freie Bahn machen wollen und als ob diese an die Stelle des realen Inhalts der Philosophie treten soll. Und doch ist der Erkenntnis- und Bildungswert der Naturwissenschaft, wie wir zeigen werden, viel geringer als der der Geschichte. Die gegensaetzliche Trennung des Erkennens und seines Gegenstandes fuehrte Kant zu dem Unbegriff des Dinges an sich oder des Gegenstandes, wie er unerkannterweise ist. Unsere Formalisten moechten dieses caput mortuum der Kantischen Spekulation am liebsten beseitigen oder durch den transcendentalen Gegenstand, die Regel der Vorstellungsverknuepfung ersetzen -- da das Ding an sich nach ihrer Meinung die Grundvoraussetzung aller Metaphysik bildet. Waere das der Fall, dann muesste man freilich aller Metaphysik entsagen. Denn das Ding an sich ist in der That ein ungereimter Begriff. Aber gerade die Aufrechthaltung der metaphysischen Bedeutung des Erkennens und sie allein macht, wie wir zeigen werden, die Beseitigung des Dinges an sich moeglich. Die Scheu vor der Metaphysik ist noch viel verbreitet; sie ist eine Nachwirkung der sensualistischen Psychologie und der formalistischen Logik. Aber die Anzeichen einer Entwicklung des philosophischen Denkens, die der Metaphysik guenstig ist, mehren sich. Viele bekennen sich rueckhaltlos zur Metaphysik und treten mutig fuer sie ein. Sie moechten nicht, dass ein formalistischer Logismus die Stelle des sensualistischen Psychologismus einnaehme. Auch der formalistische Logismus kann wie der sensualistische Psychologismus nur eine voruebergehende Entwicklungsphase der Philosophie sein. Die Logik bedarf notwendig zu ihrem Unterbaue einer Auseinandersetzung ueber die Wahrheit im alten Sinne, und diese Auseinandersetzung ist ein Zweig der Metaphysik. Das ist die Anschauung, die wir im ersten Teile unserer Schrift vertreten. Die Erkenntnistheorie umfasst die schwierigsten Fragen der Philosophie. Ihr Verstaendnis setzt nachdenkliche verinnerlichte Naturen voraus, die heutzutage nicht allzuhaeufig sind. Gewiegte Paedagogen behaupten, dass manchen im uebrigen gut begabten Schuelern jede Anlage fuer Mathematik fehlt. Mit anscheinend groesserem Rechte kann man sagen, dass fast allen Menschen mit sehr wenigen Ausnahmen die Anlage fuer jenen Teil der Philosophie abgeht. Aber ich bin ueberzeugt, dass jeder einigermassen Beanlagte bei entsprechendem Unterrichte ein Verstaendnis der Mathematik gewinnen kann. Und was dem Eindringen in jenen schwierigen Teil der Philosophie hinderlich im Wege steht, sind Lebensgewohnheiten, die durch Selbsterziehung ueberwunden werden koennen und ueberwunden werden muessen. Wer fuehlt sich nicht angezogen von der Schilderung des wahren Philosophen im platonischen Theaetet? Wer moechte sich von einem Platon nicht gern die Weihe des Gedankens erteilen lassen? Aus der schwierigsten dieser Fragen, der Frage nach dem Verhaeltnis von Wahrheit und Wirklichkeit redet der Geist Platons zu uns. Er hat sie zuerst gestellt, und die Antwort, welche er gab, ist auch heute noch beachtenswert. Ich habe das Buch geschrieben fuer diejenigen, welche diese schwierigen Fragen studieren d. h. durchdenken wollen, um sich eine eigene Meinung zu bilden; nicht fuer die, welche sich mit einer blossen Kenntnisnahme der in der Erkenntnistheorie behandelten Fragen begnuegen moechten. Kritische Auseinandersetzungen mit den Anschauungen anderer, diese Schatten fuer das Licht der eigenen Gedanken, die seinen Glanz erhoehen sollen, wurden grundsaetzlich vermieden. Sie sind fuer die blosse Kenntnisnahme nuetzlich, fuer die Vertiefung in die Sache meistens schaedlich. Hoffentlich dienen dem Zweck dieser Vertiefung das ausfuehrliche Inhaltsverzeichnis, das die behandelten Thesen der Reihe nach formuliert und das ebenso ausfuehrliche Namen- und Sachregister, das die eroerterten Grundbegriffe in alphabetischer Folge darstellt. Beide zeigen, wie viel Gedankenarbeit der Verfasser selbst uebernimmt und wieviel er seinen Lesern zumutet. Die letztere ist nicht geringer als die erstere. Es gibt Wissenschaften, die man sich nicht aneignen kann ohne selbst an der Forschungsarbeit teil zu nehmen, das Lernen ist hier bedingt durch das Mitforschen. Zu diesen Wissenschaften gehoert in erster Linie die Erkenntnistheorie. Es waere fuer mich leichter gewesen bei den einzelnen Fragen laenger zu verweilen und ihre Behandlung umfangreicher zu gestalten, wohl auch bequemer fuer den Leser. Es lag so nahe zu diesem Zweck die gewohnte und gelaeufige Form von Vorlesungen zu waehlen, wie ich sie ueber diese Fragen oft gehalten habe. Was ich hier biete ist nur ein gedraengter Auszug aus diesen Vorlesungen, den ich am Schluss derselben zu diktieren und zur Grundlage von seminaristischen Uebungen zu machen pflege. Nach meinen Erfahrungen regt gerade diese gekuerzte Form der Darstellung am meisten zum Selbstdenken an. Sache des Lesers ist es bei den einzelnen Gedanken stehen zu bleiben und zu diesem Zweck fuer die erste Durcharbeitung das Inhaltsverzeichnis allein, fuer die wiederholte Durcharbeitung das Inhaltsverzeichnis und Register zu benutzen. Ich moechte das auch manchen Fachgenossen empfehlen, namentlich denen, die ueber eine mehr als "mittlere Begabung" verfuegen. Jedenfalls bin ich dann vor Missverstaendnissen geschuetzt, wie sie in der Philosophie an der Tagesordnung sind. Ich bemerke noch, dass die Zusammengehoerigkeit, der Grundbegriff meiner 1893 erschienenen Psychologie des Erkennens auch den Grundbegriff dieser Erkenntnistheorie bildet. *Halle*, 14. Juni 1901. INHALTSVERZEICHNIS. *Die Wahrheit und unser Wissen.* _Erster Hauptteil._ *Die Wahrheit.* Erster Abschnitt: *Was ist Wahrheit?* Erste Untersuchung. Die herkoemmliche Definition der Wahrheit 1 Was ist "Ding an sich"? Definition der Wahrheit; a) falsche, b) richtige Auffassung. Erkennen a) nach rationalistischer, b) nach empiristischer Auffassung. Gegenstand des Erkennens -- die Wahrheit. Inhaltsmerkmal der Wahrheit, Kennzeichen der Wahrheit. Zweite Untersuchung. Der ueberzeitliche Charakter der Wahrheit 3 Begriffsurteile. Thatsachenurteile. Auch die Wahrheit der letzteren hat einen ueberzeitlichen Charakter. Dritte Untersuchung. Bedeutung des ueberzeitlichen Charakters der Wahrheit 4 Ewige Bedeutung -- Grund der ueberzeitlichen Geltung. Nur als Glied der Gesamtwirklichkeit ist etwas wahr. Spinozas "sub specie aeternitatis". Gelten und Existieren, Wahrheit und Wirklichkeit. Vierte Untersuchung. Nur Eine Wahrheit fuer alle Denkenden 5 Aus der ueberzeitlichen Geltung folgt die Allgemeingueltigkeit fuer alle Denkenden. Die Wahrheit kein Produkt der menschlichen Organisation. Wahrheit kein Ding an sich, untrennbar vom Erkennen a) als Bewusstsein ueberhaupt, b) als menschliches Erkennen, dessen Hervortreten in der Zeit nicht bloss durch seine ewige Bedeutung bedingt ist, sondern auch selbst eine ewige Bedeutung hat. Die neuentdeckten Wahrheiten darum schon vor ihrer Entdeckung untrennbar vom menschlichen Erkennen. Fuenfte Untersuchung. Die Wahrheit und das Urteil 6 Das Bewusstsein der Wahrheit gleich der Beziehung auf die Objektivitaet. Erkennen und Urteil keine Abbildung der Wahrheit, sonst waere diese Ding an sich. Im Erkennen besitzen wir die Wahrheit selbst, nicht ihr Spiegelbild. Mit jedem Urteil treten wir in die ewige, ueberzeitliche, unvergaengliche, uebersinnliche Welt ein und fassen in ihr festen Fuss. Augustin, Eckhart. Nikolaus von Cues. Platons Ideenwelt das, was wir Wahrheit nennen. Zweiter Abschnitt: *Die Wahrheit und das Wesen der Dinge.* Sechste Untersuchung. Wesentliche und unwesentliche Merkmale 7 Das Wesentliche und das Wesen ist Ziel des Erkennens. Wesentlich nicht gleich notwendig dem Dinge oder notwendig fuer seinen Begriff. Die Merkmale sicher nach ihrem Werte verschieden. Ein Merkmal, das eine Unterscheidung eines Dinges von allen andern ermoeglicht, gehoert darum noch nicht in die Definition des Dinges. Das Notwendige gehoert (zum Teil wenigstens) zum Ausserwesentlichen. Siebente Untersuchung. Wie gewinnen wir die wesentlichen Merkmale? 8 Wesentlich nicht gleich allgemein oder konstant. Nicht durch Generalisation werden die wesentlichen Merkmale gewonnen, obgleich sie ihre Gewinnung vorbereiten kann, sondern, durch die der Generalisation vorausgehende Abstraktion. _Ein_ Fall, _Ein_ Beispiel genuegt fuer die Gewinnung; sie wird vermittelt durch den Blick des Geistes, den nicht alle besitzen, der der Intuition aehnlich ist und wie diese noch keine Erkenntnis bildet. Achte Untersuchung. Die wesentlichen (begrifflichen) Merkmale sind nicht aus den sinnlichen (vorstellungsmaessigen) abzuleiten 10 Sinnenbilder Grundlage alles Erkennens. Sinnenbilder der Ausdehnung und Bewegung selbst ausgedehnt und bewegt, schon darum verschieden von den Begriffen der Ausdehnung: Vielheit der gleichzeitigen Teile und Beruehrung, der Bewegung: Vielheit der aufeinanderfolgenden Teile und Uebergang. Sinnenbilder Zusammenfassungen von Empfindungen ohne gegenstaendlichen Charakter. Wie erhalten die Empfindungen gegenstaendlichen Charakter, oder wie werden sie zu Vorstellungen? Willensdinge -- Substanzen, Ursachen. Das Finden der wesentlichen Merkmale ein Schaffen; doppelte Funktion desselben: Vereinzelung der Teile des Ausgedehnten und Bewegten, Zusammenfassung der sich beruehrenden und ineinander uebergehenden -- beides Voraussetzung der betreffenden Urteile. Begriff und Sinnenbild von Punkt, Linie, Flaeche, Geist. Auch das negative Urteil setzt den Blick fuer das, was anders ist, voraus. Neunte Untersuchung. Das Wesen der Dinge 14 Nicht das Sinnenbild des Kreises, der Ellipse, eher die mathematische Formel, das Gesetz fuer beide, weiterhin das Gesetz fuer ihre Stellung unter den Kegelschnitten, endlich ihre Stellung in der Gesamtwirklichkeit -- das Wesen der Ellipse und des Kreises; Wesen und Wahrheit dasselbe. Wesen nicht unveraenderlicher Seinskern. Zehnte Untersuchung. Der Begriff der Philosophie 15 Wesen der Farbe, des Menschen unerkennbar. Trotzdem die Erkenntnis des Wesens das Ziel des Erkennens. Philosophie Wissenschaft vom Wesen der Dinge und Wissenschaft der Fragen. Wesen des Erkennens? Wesen der Erscheinung der Dinge in uns? Wesen der Orts- und Zeitbestimmungen? Erkennen kein Abbilden. Elfte Untersuchung. Die Wahrheit das hoechste Gut 18 Wahrhaft schoen, wahrhaft sittlich -- was alle als solches anerkennen muessen. Unser Begriff von den Dingen zu unterscheiden von dem Begriff, der ihr Wesen, ihre Stellung in der Gesamtwirklichkeit bestimmt. Fuer den ersteren gilt: nicht ohne dass es wahr ist, ist etwas gut und schoen, fuer den letzteren: dadurch, dass es wahr ist, ist es schoen, gut. Wesen und Wahrheit des Nichtseinsollenden, Scheinbaren? Seine Wirklichkeit nicht zu bezweifeln. Vielleicht ist es das anmasslich Selbstaendige. _Zweiter Hauptteil._ *Unser Wissen.* Dritter Abschnitt: *Kennzeichen der Wahrheit.* Zwoelfte Untersuchung. Bestandteile des Erkenntnisvorgangs 19 Wesentlich gleich zugehoerig, zusammengehoerig; Wesen gleich Zusammengehoerigkeit -- Grundbegriff des Erkennens. Das was zusammengehoerig ist, und seine Zusammengehoerigkeit zu unterscheiden. Das Vorgefundene a) Sinnenbilder, b) Vorstellungen Vorstufe des Erkenntnisvorgangs, Erste Stufe: Erfassung dessen, was zusammengehoerig, was wesentlich durch den Blick des Geistes -- keine Erkenntnis, eine Abstraktion als Hinsehen, Festhalten, eine schaffende Thaetigkeit. Ihr Ergebnis Einzelgebilde des Denkens, auf Grund deren erst die Urteilsthaetigkeit moeglich ist. Zweite Stufe: Einleuchten der Zusammengehoerigkeit kein Zwang, keine Noetigung, -- noch keine Erkenntnis. Dritte Stufe: Einsicht in die Zusammengehoerigkeit, Sehen, Wahrnehmen derselben, -- eigentliche Erkenntnis. Vierte Stufe der ersten entsprechend: Gedanklicher Ausdruck der Einsicht im Urteil erzeugt ein neues Gebilde des Denkens -- eine Verbindung, kein Einzelgebilde. Fuenfte Stufe der zweiten entsprechend: Bewusstsein der Wahrheit, der Objektivitaet. Fuenfte und zweite Stufe objektiv. Sechste Stufe: Gewissheit der dritten entsprechend Ausschluss des Zweifels, -- positiver Zustand. Sechste und dritte Stufe subjektiv. Einleuchten, nicht die Einsicht Kriterium, gemaess dem wir ueber wahr und falsch urteilen. Einsicht das, wodurch wir die Wahrheit erkennen. Dreizehnte Untersuchung. Gesetze des Erkennens 23 Es giebt nur Eine Wahrheit, keine einzelnen Wahrheiten. Entdeckung dieser Einen Wahrheit nach dem Gesetz der Zusammengehoerigkeit, dem Grundgesetz des Erkennens; (Synthese nicht Analyse). An seine Stelle treten die Gesetze fuer die Urteile: erstens Gesetz der Uebereinstimmung, Form eins und vier; zweitens Gesetz des Enthaltenseins, Form fuenf und acht. Drittens Gesetz des Widerspruchs, Form zwei und drei, Form sechs und sieben -- Gesetze fuer einzelne Urteile; viertens Gesetz des ausgeschlossenen Dritten fuer das Verhaeltnis zweier Urteile zu einander. Vier Kategorien: Ding, Eigenschaft, Vorgang, Beziehung; die Begriffe der einen Kategorie nicht der einer andern ueber- oder unterzuordnen. Verhaeltnis des Enthaltenseins verschieden von Ding und Eigenschaft, Ding und Vorgang, von untergeordneter Bedeutung fuer unser Erkennen. Urteil setzt Synthese voraus und schliesst diese als bedingenden Bestandteil ein, mag sein gedanklicher Ausdruck auch als Enthaltensein, Subsumtion, Analyse erscheinen; der sprachliche Ausdruck erscheint wieder als Synthese. Die wesentlichen Merkmale nicht einander ueber- oder untergeordnet, ausser wenn sie den gleichen Kategorien angehoeren; nicht in den Sinnenbildern enthalten. Auch die negativen Merkmale der Dinge nicht in ihnen enthalten. Vierzehnte Untersuchung. Gesetze des Erkennens (Fortsetzung) 29 Gesetze fuer das Einzelwirkliche als Subjekt der Urteile -- Urteilsgesetze: die genannten. Gesetze fuer den Zusammenhang des Wirklichen, den wir erschliessen -- Schlussgesetze: das Einheitsgesetz, das Gesetz der Kausalitaet oder der Ermoeglichung des Anfangenden, das Gesetz des Grundes. Drei Gedankengaenge, die zum Einheitsgesetz fuehren. Falsche Formulierung des Gesetzes der Kausalitaet; es ist verschieden vom Gesetz der Gleichfoermigkeit des Naturlaufs -- Sinn dieses Gesetzes -- fuehrt nicht auf das Gesetz des Widerspruchs zurueck. Gesetz des Grundes, ein Gesetz des Enthaltenseins in seiner Anwendung auf Urteile. Drei Formen des Gesetzes des Widerspruchs. Real- und Formalgesetze. Auch das Gesetz des Widerspruchs kann einen realen, den Fortschritt des Erkennens bedingenden Charakter haben. Fuenfzehnte Untersuchung. Erkenntnis und blinde Ueberzeugung 34 Erkenntnis hat einen vernuenftigen Grund in dem Einleuchten, blinde Ueberzeugung beruht auf Gewoehnung, auf Gefuehlen, die meist zuerst ein blindes Urteilen zur Folge haben, an das sich dann die Ueberzeugung anschliesst von der Wahrheit des Urteils, ferner oft von der (angeblichen, vermeintlichen) Einsicht und dem (vermeintlichen) Einleuchten. Gewissheit nach ihrer negativen Seite ohne Grade, die mit der Einsicht verbundene Gewissheit auch nach ihrer positiven Seite ohne Grade, waehrend die Gewissheit, welche den blinden Urteilen folgt, sich masslos steigern laesst, wie die Gewissheit des Fanatikers zeigt. Ausserdem: die vermeintliche Einsicht folgt dem Urteil, die wirkliche geht ihm immer voran. Sechzehnte Untersuchung. Zulaenglichkeit des Kennzeichens der Wahrheit 36 Vermeintliche Einsicht und wirkliche Einsicht nicht bloss durch die steigerungsfaehige und nichtsteigerungsfaehige Gewissheit und durch ihr Verhaeltnis zum Urteil von einander verschieden, die vermeintliche kann auch durch die wirkliche ueberwunden werden. Vier moegliche Faelle. Sinn des Gesetzes der Gleichfoermigkeit des Naturlaufs. Siebzehnte Untersuchung. Einsicht und Denknotwendigkeit 38 Einsicht keinerlei Noetigung. Notwendigkeit, Nichtandersseinkoennen oft nur Folgerung aus der Gewissheit. Das Verhaeltnis des Enthaltenseins ein Notwendigkeitsverhaeltnis; aber dieses Notwendigkeitsverhaeltnis nicht Grund unserer Einsicht in die Wahrheit der betreffenden Urteile. Dasselbe gilt von den Denknotwendigkeiten, die in dem zusammengehoerigen Nichtenthaltenen und in den Unvertraeglichkeitsverhaeltnissen bestehen. Warum es fuer unser Denken notwendig ist, der Eigenschaft ein Selbstaendiges (?), den Veraenderungen und Bewegungen ein Veraenderliches und Bewegliches, das beharrt, zu Grunde zu legen -- davon haben wir keine Einsicht. Dass das System der Wahrheit _notwendig_ einen Denkenden, das Anfangende _notwendig_ einen Ermoeglichungsgrund voraussetzt, ist nur eine Folgerung aus der Gewissheit, die wir vom Gesetz der Einheit und der Kausalitaet haben. Achtzehnte Untersuchung. Einsicht und Wille 43 Widerstreben gegen die erkannte Wahrheit -- letzte Quelle alles Unsittlichen. Vom Verstandesakte der Einsicht verschieden die Hingabe des Willens und das Ergriffensein des Gemuets. Beides wichtig fuer die sittlichen und religioesen Wahrheiten, die gewohnheitsmaessig festgehalten wieder zu blossen Verstandeseinsichten oder Kopfwahrheiten herabsinken, von denen das Leben unberuehrt bleibt. Die Wahrheit Gemeinschaftsgut, nicht Gut des egoistischen Willens, sittliches Gut, hoechstes Gut. Vierter Abschnitt: *Umfang unseres Wissens.* Neunzehnte Untersuchung. Schranken unseres Erkennens 45 Unterschied von Kategorien und Praedikabilien, der Kategorie Eigenschaft und der Praedikabilie Proprietaet. Verhaeltnis der Eigenschaft zum Ding verglichen mit dem Verhaeltnis des Anfangenden zum Ermoeglichungsgrund. Das Wesen sicher eine Kategorie, auch das ausserwesentliche Zufaellige und Notwendige gehoert doch zum Seienden und ist insofern Kategorie. Wann Gattung und Art Praedikabilien sind. Verschiedenheit, Gleichheit. Zahl Praedikabilien, Einheit sicher Kategorie. Die Endlichkeit als seiendes Nichtsein. Raum und Zeit, die Formalkategorien, Substanz und Kausalitaet, die Realkategorien, enthalten Raum und Substanz in der Beruehrung, Zeit und Kausalitaet in dem Uebergang, ein dem Denken inkommensurables, von ihm nicht aufzuhellendes Element. Wo diese Kategorien eine Rolle spielen, da kann, sofern dieses Element in Frage kommt, von Einsicht und Erkenntnis keine Rede sein. Was haben Raum und Zeit fuer eine Bedeutung, da sie einerseits als Formalkategorien das Sein der Dinge in keiner Weise vermehren und anderseits doch die Principien der Individuation bilden, durch die das Wirkliche seine Wirklichkeit erhaelt, da alles Wirkliche Einzelwirklichkeit ist? Die Wirklichkeit eine Realkategorie, da sie auf dem wirklichen Akt der goettlichen Selbstentaeusserung beruht, der den wirklichen Dingen eine Selbstaendigkeit leiht, die ihnen eigentlich nicht zukommt. Inwiefern ist das Wahre wirklich? Insofern Gott es nicht bloss denkt, sondern will? Der Schoepfungsakt ein Akt der Selbstentaeusserung. Symbolische Bedeutung von Raum und Substanz -- scheinbare Selbstaendigkeit, Unendlichkeit. Symbolische Bedeutung von Zeit und Kausalitaet -- thatsaechliche Abhaengigkeit, Beschraenktheit. Hat die Negation eine reale Bedeutung? Zwanzigste Untersuchung. Die Erkenntnis der Aussenwelt 51 Keine Erkenntnis der Beschaffenheit der aeusseren Dinge moeglich. Psychologische Erklaerung der Zusammensetzung der sogenannten sinnfaelligen Wirklichkeit. Ort der Dinge im Raum, wodurch bestimmt. Die Dinge sind keine blossen Sinnenbilder, Vorstellungen oder fortdauernde Moeglichkeiten von Empfindungen. _Unmittelbare_ Evidenz der Existenz dieser Dinge, die nicht nach dem Kausalitaetsgesetz erschlossen werden kann. Der Begriff der Ursache spielt in der Wahrnehmung keine Rolle. Die Naturdinge sind verschieden von Raum und Zeit, von Substanz und Kausalitaet, die nur zur Erscheinungsform der Dinge in unserm Bewusstsein gehoeren. Sie sind Gedanken Gottes, wie wir nach dem Einheitsgesetz schliessen. Es giebt keine unmittelbare Evidenz von der Nichtexistenz solcher Dinge. Beweis fuer ihre Existenz. Abstrakte Trennung von Leib und Seele bei Cartesius und in der Psychologie: Empfindungen als blosse Bewusstseinsvorgaenge, Anfangszustaende des Bewusstseins. Definition der Empfindungen ohne koerperliche Vorgaenge unmoeglich. Weder fuer das entwickelte Bewusstsein noch fuer das des Kindes sind sie blosse Empfindungen. Objektivationstheorie -- Ersatz dafuer. Empfindungen nicht als Empfindungen gegeben, sondern als Erkenntnismittel. Platons Schwungbrett. Aristoteles: kein Begriff ohne Phantasiebild. Verbindung unseres Bewusstseins nicht bloss mit unserm Koerper, sondern auch mit der Koerperwelt ueberhaupt. Wie weit reicht unsere Erkenntnis der Koerperwelt? Einundzwanzigste Untersuchung. Ueber die Erkenntnis des eigenen Bewusstseins 58 Brentano ueber die aeussere und innere Wahrnehmung. Bewusstheit uneigentliches Wesen. Auf Grund der Reflexion gewinnen wir eine Einsicht in die wirkliche Beschaffenheit der Bewusstseinsvorgaenge. Die angewendeten Vorstellungen urspruenglich sinnliche, aus dem sinnlichen Gebiet entlehnte, uebertragene, bildliche. Was ist sinnliches Gebiet? Inwiefern wird dasselbe durch die Empfindungen konstituiert? Nicht insofern sie Gegenstand der Reflexion sind. Falsch, dass wir von den Bewusstseinsvorgaengen blosse Vorstellungen haben. Uebertragung der sinnlichen Vorstellungen durch den Blick des Geistes fuer das Wesentliche, nicht in Urteilen. Methode der Psychologie: Isolierung der Empfindungen, Isolierung der Bewusstseinsvorgaenge. Uebergreifender Charakter der Bewusstseinsvorgaenge schon fuer das Zustandekommen der Sinnenbilder der Ausdehnung und Bewegung notwendig. Einheit des Bewusstseins. Einsicht in die Zusammengehoerigkeit mancher Bewusstseinsvorgaenge, in die Zugehoerigkeit zu unserm Bewusstsein. Erinnerung, was sie ist. Vergleich mit der Wahrnehmung. Warum wir bei beiden nicht von Einsicht sprechen. Unter welchen Vorbehalten bestehen auch die Erinnerungen in Einsichten? Einsicht in die Lueckenhaftigkeit unserer Erinnerungen, wodurch ermoeglicht? Selbstbewusstsein ist Einsicht in die Zusammengehoerigkeit des Bewusstseins mit unserm Ich. Humes Irrtum. Was das Ich ist, wissen wir nicht. Leibliches Ich. Ich getrennt vom Leib d. h. von dem Leibe wie er seinem Wesen nach ist ein Abstraktum. Einsicht in die Zusammengehoerigkeit unserer Bewusstseinsvorgaenge mit unserm Ich. Vergleich der Erkenntnis der Aussenwelt mit der Erkenntnis unserer eigenen Bewusstseinsvorgaenge. Bei den Bewusstseinsvorgaengen faellt die Erscheinung derselben im Bewusstsein mit dem Wissen, das sie von sich selbst haben, also mit ihnen selbst zusammen. Zweiundzwanzigste Untersuchung. Weitere Schranken unseres Erkennens 64 Keine Erkenntnis des Wesens der Aussendinge und Bewusstseinsvorgaenge, ihrer Stellung im System der Wahrheit. Die Zahl der blinden Wissensinhalte unuebersehbar gross. Blosse Kenntnisse keine Erkenntnisse -- Zusammengeratenes nicht Zusammengehoerendes. Associative Wissensinhalte -- alles Namen- und Wortewissen von dieser Art. Induktionsschluss ergiebt eine auf Einsicht beruhende Wahrscheinlichkeit. Dreiundzwanzigste Untersuchung. Die Erkenntnis der Innenwelt anderer 66 Nicht durch einen Schluss der Analogie vermittelt, sondern unmittelbar bei Kindern und Erwachsenen. Ansteckende Wirkung der Bewusstseinsaeusserungen und Bewusstseinszustaende. Actio in distans. Immediatum commercium animarum. Aristoteles, Locke, Pestalozzi als Zeugen fuer die Grenzen unserer Erkenntnis anderer. Wesen der Religiositaet: positive Seite der Moral, persoenliches Verhaeltnis. Selbsterkenntnis inwiefern schwieriger als die Erkenntnis anderer. Einsichtige Urteile ueber die sittliche Beschaffenheit anderer moeglich. Verehrungssinn. Worte ungewollte Selbstbeurteilungen. Vierundzwanzigste Untersuchung. Geschichtliche Erkenntnisse 70 Ist Glauben als Fuerwahrhalten auf das Zeugnis anderer minderwertig gegenueber dem Wissen? Mitgeteilte Urteile keine von uns gefaellten Urteile. Aeussere Einsicht in die Wahrheit vermittelt durch die Einsicht, dass der Mitteilende die Wahrheit sagen kann und sagen will. Statt Glauben und Wissen zu unterscheiden sprechen wir von Kenntnissen erster und zweiter Hand. Believe, faith. Glauben im religioesen Sinne. Kenntnisse zweiter Hand weitaus ueberwiegend. Begriffs- und Thatsachenurteile nach ihrem Erkenntniswert. Erkenntniswert der Naturwissenschaften, der Geschichte. Natur eine gebrochene Einheit, in der Geschichte haben wir eine wirkliche Vielheit. Das Einzelne in der Natur hat keinen Eigenwert, nur wertvoll als Exemplar einer Gattung. Vom Koerperlichen als solchem haben wir keine eigentlichen Erkenntnisse, wohl aber von den Beweggruenden und Triebfedern menschlicher Handlungen. Das Koerperliche hat im Geistigen seinen Zweck, das Umgekehrte unmoeglich. Zweckbegriff von den Anhaengern der mechanischen Naturauffassung durch die Entwicklungstheorie wieder eingefuehrt. Die Zielstrebigkeit des Aristoteles wird auf die Natur als Ganzes angewendet. Woher die Anpassung? Aristokratisches Prinzip in der Natur: nicht das Staerkere siegt der Regel nach, sondern das Vollkommenere. Entwicklung in der Natur sehr langsam, in der Geschichte augenscheinlich. Fortschritte in der Geschichte auf intellektuellem und religioesem Gebiete. Herstellung von Einheiten in Natur und Geschichte wie verschieden! Dort Mittelpunkte, Systeme des Aussereinanderliegenden, hier bewusste Einheiten vieler Personen. Persoenlichkeiten in der Geschichte Traeger von Ideen, damit Triebkraefte der Entwicklung. Neues in der Entwicklung: ex nihilo fit nihil. Bedeutung des Individuums in der Geschichte. Fuenfundzwanzigste Untersuchung. Kuenstlerische und wissenschaftliche Inspiration 77 Erfahrung, Vernunft und Offenbarung. Inspiration verschieden von dem Blick fuer das Wesentliche, von der schoepferischen Einbildungskraft. Kuenstlerindividualitaet. Intuitionen. Einfallen von Gedanken. Inspirationen: Zusammengehoerigkeiten hoeherer Art, aufgedraengte, aufgenoetigte Gedanken, Ergaenzungen des Blicks fuer das Wesentliche, -- noch keine Erkenntnisse. Zwei unverifizierbare Eingebungen ueber das Wesen des Koerperlichen. Einbildungen und Eingebungen. Letztere stammen aus dem Reich der Wahrheit, mit dem wir zusammenhaengen. Zwei Erkenntnisquellen als Ausgangspunkte fuer das Erkennen: a) Erfahrung, aa) Empfindungen, bb) Bewusstseinsvorgaenge, b) Eingebungen. Erkenntnis nur durch das Denken moeglich. Sechsundzwanzigste Untersuchung. Religioese Erkenntnisse 82 Religion was sie ist. Inspiration von Religion unabtrennbar -- sie giebt den Philosophen interessierende Weltanschauungen. Religion eine praktische Angelegenheit, hat bestimmte theoretische Voraussetzungen. Diese sind nicht darum wahr, weil sie sich bewaehren: a) Ausprobieren unmoeglich, b) Wirkungen auch rein psychologisch bei falschen Voraussetzungen moeglich. Religion nicht bloss Sache des Gefuehls. Das intellektuelle Element der Religion, richtig verstanden, nicht bloss Voraussetzung der Religion sondern ihr Wesen, sofern dieses in ihrer Wahrheit besteht. Die Wahrheit an sich das hoechste Gut. Darum Gott die Wahrheit. _Fuer uns_ ist Sittlichkeit ein hoeheres Gut. Fides quaerens intellectum. Notitia, fiducia, assensus. Der Inspirierte kann davon eine Einsicht gewinnen, dass er eine Inspiration empfangen hat. Die Verkuendigung der Inspiration als von Gott stammend -- Offenbarung. Mittelbare aeussere Einsicht in die Wahrheit der Offenbarung vermittelt durch die Einsicht, dass der Verkuendende die Wahrheit weiss und sagen will. Massgebend und entscheidend hierfuer die sittliche und religioese Beschaffenheit des Verkuendigers. Aeussere Einsicht vom religioesen Gesichtspunkte aus der inneren vorzuziehen. Schluss 87 Alle Wahrheit wegen ihrer ewigen Bedeutung -- Metaphysik. Wer diese leugnet, muss auch die ueberzeitliche Geltung und damit die Allgemeingueltigkeit der Wahrheit fuer alle Denkenden leugnen -- er verfaellt dem Skepticismus. a) Empiristischer, b) rationalistischer Wahrheitsbegriff. Beide setzen den metaphysischen Wahrheitsbegriff voraus. Nach jenem laesst sich nur entscheiden, was wahrscheinlich ist, nach diesem nur, was moeglicherweise wahr ist. Jener ist nuetzlich fuer die Sicherung unserer Lebenszwecke, dieser fuer die Verwirklichung eines Erkenntnisideals. Ein Pruefstein der Wahrheit ist weder der eine noch der andere. ------------------ *Druckfehler:* Seite 7 Zeile 13 lies statt Unveraenderliche *Veraenderliche*. DIE WAHRHEIT UND UNSER WISSEN. ------------------ Erster Hauptteil. Die Wahrheit. ------------------ Erster Abschnitt. Was ist Wahrheit? Erste Untersuchung. Die herkoemmliche Definition der Wahrheit. Seit Cartesius spielt der Gedanke einer gegensaetzlichen Trennung von Leib und Seele in der Philosophie eine Rolle. In aehnlicher Weise hat seit Kant der Gedanke einer gegensaetzlichen Trennung des Erkennens und seines Gegenstandes die Philosophen beschaeftigt, und zwar verstanden sie unter Gegenstand das sogenannte Ding an sich oder den Gegenstand, wie er unerkannter Weise ist. Beide Gedanken sind der Aristotelischen und mittelalterlichen Philosophie fremd. Der letztere Gedanke fuehrt zu einer Auffassung der gewoehnlichen Definition der Wahrheit, welche jede Erkenntnis der Wahrheit unmoeglich macht. Nach dieser Definition naemlich, auf die alle Eroerterungen ueber die Wahrheit vielfach unbewusst und unfreiwillig zurueckkommen, besteht die Wahrheit in der _Uebereinstimmung des Erkennens mit seinem Gegenstande_. Fassen wir hier Gegenstand in seiner gegensaetzlichen Trennung vom Erkennen als das Unerkannte oder so wie er unerkannter Weise ist, so kann von einer Erkenntnis der Wahrheit keine Rede mehr sein; denn der Gegenstand kommt uns doch nur innerhalb unsrer Vorstellungen und Gedanken, also vermittelt durch unser Erkennen, zum Bewusstsein. Was er abgesehen davon sein mag, darueber wissen wir nichts. Aber muss in jener Definition der Wahrheit das Wort Gegenstand notwendig im Sinne des unerkannten Gegenstandes, wie er unerkannter Weise ist, genommen werden? Wir werden der Absicht der gewoehnlichen Definition der Wahrheit gerecht, wenn wir den Gegenstand als das betrachten, was vom Erkennen weder gemacht noch geaendert wird und insofern vom Erkennen unabhaengig ist. Damit steht aber nicht im Widerspruch, wenn wir an einer unloesbaren Verbindung des Erkennens mit seinem Gegenstande festhalten und insofern von einer wechselseitigen Abhaengigkeit einerseits des Erkennens vom Gegenstande und anderseits des Gegenstandes vom Erkennen reden. Wenn das Erkannte auch nicht _durch_ das Erkennen ist, so bleibt doch die Annahme moeglich, dass es nicht _ohne_ das Erkennen sein kann und insofern von ihm abhaengig ist. Ausgeschlossen ist hierbei die rationalistische Annahme, dass das Erkennen seinen Gegenstand aus sich selbst schoepft; aber auch die empiristische Annahme ist unrichtig, dass dem Erkennen sein Gegenstand einfach gegeben wird. Das Gegebene ist noch nicht das Erkannte; das Erkennen darf den Gegenstand weder erzeugen oder auch nur aendern, noch kann es ihn als Unerkanntes als Ding an sich erfassen. Indes ganz abgesehen davon koennen wir die Definition, wie sie gewoehnlich gegeben wird, nicht gebrauchen, schon wegen der Unbestimmtheit und Vieldeutigkeit des Wortes "Gegenstand", und es wuerde daran auch dann nichts geaendert, wenn wir dieses Wort durch das nicht minder unbestimmte und vieldeutige "Wirklichkeit" ersetzten. _Fuer uns giebt es nur einen Gegenstand des Erkennens, und das ist die Wahrheit._ Wir nehmen an, dass wir die Wahrheit erkennen koennen, erklaeren uns aber ausser Stande, von dem was Wahrheit ist, eine Definition zu geben. Wenn wir aber auch keine eigentliche Definition von dem Begriff der Wahrheit zu geben vermoegen, so koennen wir doch wenigstens ein Merkmal dieses Begriffs aufweisen und in ihm uns seinen Inhalt vergegenwaertigen. Das Merkmal ist freilich kein letztes Unterscheidungsmerkmal, aber doch ein wesentlicher, wenn nicht der wesentlichste Bestandteil des Begriffs der Wahrheit. Wir koennen ferner auch ein Kennzeichen der Wahrheit angeben, an dem wir Wahrheit und Falschheit unterscheiden, und damit den Umfang dieses Begriffs bestimmen. Wie so oft muss auch hier die genauere Bestimmung des Umfangs einen Ersatz bieten fuer die unzulaengliche Festsetzung des Inhalts. Das Kennzeichen ist freilich nur ein aeusseres, aber als einziges unterscheidendes Kennzeichen nicht bloss praktisch unentbehrlich, sondern auch von entscheidender Wichtigkeit. Zweite Untersuchung. Der ueberzeitliche Charakter der Wahrheit. Aus Thatsachen und Gedanken, d. h. aus dem Vorgefundenen und aus unsren nicht willkuerlichen sondern dem Vorgefundenen entsprechenden Zuthaten, bauen sich die Wissenschaften auf. Wenigstens ist in dem, was wir Thatsachen nennen, das Vorgefundene das herrschende Element, waehrend in den Gedanken das Vorgefundene gegen die Zuthaten zuruecktritt. Zu den Gedanken gehoeren auch die Begriffsurteile oder Begriffssaetze wie: weiss ist nicht schwarz, ein Viereck nicht rund, ein gleichseitiges Dreieck gleichwinklig, zwei kleiner als drei usw., die das Gebiet der logischen und mathematischen Wahrheiten umfassen. Sie sind vollkommen wahr, auch wenn die Glieder, die sie miteinander verbinden, gar nicht existieren; auch wenn es so etwas wie weiss und schwarz, Viereck und rund, gleichseitiges und gleichwinkliges Dreieck, zwei und drei in Wirklichkeit gar nicht giebt, so bleibt doch die in diesen Urteilen ausgedrueckte Beziehung durchaus wahr. Sie ist ewig gueltig, ihre Wahrheit hat einen ueberzeitlichen Charakter. Richtig verstanden gilt das aber von allen Urteilen, die eine Wahrheit zum Ausdrucke bringen. Die Thatsachen unsres Bewusstseins, von denen nur wir allein jeder fuer sich Kenntnis haben koennen, und alle uebrigen Thatsachen von mehr oder minder langer Dauer -- wie sie z. B. in den Urteilen: ich freue mich jetzt, oder: die Lampe steht auf dem Tische, ausgedrueckt werden -- koennen nur wirklich oder wahr sein, wenn dies, dass sie jetzt oder eine zeitlang bestehen, fuer alle Zeiten gilt. Alle Wahrheit, auch die anscheinend nur einen Augenblick oder eine kurze Zeit bestehende, hat einen ueberzeitlichen Charakter. Sie hat trotz ihres scheinbar kurzen Bestandes eine ewige Gueltigkeit. Nur darum ist sie Wahrheit. Dritte Untersuchung. Bedeutung des ueberzeitlichen Charakters der Wahrheit. Aber wie ist das moeglich? Nur dadurch, dass auch die vergaengliche Thatsache eine ewige Bedeutung hat, aus der sich ihr Hervortreten in der Zeit erklaert. Nur aus dieser ihrer ewigen Bedeutung, die ihre zeitliche Existenz bedingt und begruendet, folgt notwendigerweise der ueberzeitliche Wahrheitscharakter der Thatsache. Eine ewige Bedeutung kann aber der zeitlichen und vergaenglichen einzelnen Thatsache nicht als solcher in ihrer Vereinzelung sondern nur als Glied eines groesseren ueber ihre Zeitlichkeit und Vergaenglichkeit hinausgehenden Ganzen zukommen; nur als Teil der Gesamtwirklichkeit, die als Ganzes wenigstens ueber die Zeitlichkeit und Vergaenglichkeit ihrer Teile hinausgeht. Schon im gewoehnlichen Leben sprechen wir bei Thatsachen nur von Wahrheit, wenn sie in den Zusammenhang des Wirklichen aufgenommen werden koennen und durch ihre Stellung in diesem Ganzen eine Bedeutung gewinnen. Dass ein Stein am Wege liegt, eine Person uns begegnet, nennen wir schwerlich eine Wahrheit, ausser wenn die Betonung dieses Sachverhalts aus andren Gruenden etwa wegen eines gerichtlichen Verfahrens wichtig ist. Jedenfalls werden wir uns den Wahrheitscharakter der Thatsachen, der notwendig ein ueberzeitlicher ist, nur zum Bewusstsein bringen koennen, wenn wir sie der zufaelligen Aeusserlichkeiten, insbesondere ihrer Vereinzelung zu entkleiden und mit Spinoza zu reden sub specie aeternitatis zu betrachten suchen. Ob und inwiefern dies Streben von Erfolg gekroent ist oder zu inhaltlich bedeutsamen Erkenntnissen fuehrt, mag fraglich bleiben; aber davon haengt natuerlich die notwendige Ueberzeitlichkeit des Charakters der Wahrheit nicht ab. Eine Folgerung draengt sich auf: das Gelten steht hoeher als das Existieren; das Existieren ist nur moeglich durch das Gelten. Mit andren Worten: die Wahrheit steht hoeher als die Wirklichkeit und die Wirklichkeit ist nur Wirklichkeit durch die Wahrheit. Aber was ist Wirklichkeit, abgesehen von ihrer Wahrheit? Vierte Untersuchung. Nur Eine Wahrheit fuer alle Denkenden. Was fuer alle Zeit gilt, gilt natuerlich auch fuer alle Denkenden. Es giebt entweder keine Wahrheit, oder aber sie gilt fuer alle Denkenden. Die Wahrheit ist nicht ein Erzeugnis der menschlichen Organisation ueberhaupt oder jeder einzelnen menschlichen Organisation insbesondere, sodass sie nur fuer die Menschen gaelte oder gar fuer jeden einzelnen Menschen eine andere und besondere waere. Alle Erkenntnis hat nur Einen Gegenstand, das ist die Eine Wahrheit, die fuer alle Erkennenden dieselbe ist. Damit ist aber keineswegs gesagt, dass die Wahrheit unabhaengig vom Erkennen sei im Sinne der Transcendenz oder des Dinges an sich. Bei einer solchen Unabhaengigkeit hoerte die Wahrheit auf, Gegenstand des Erkennens zu sein. Die unaufloesliche Verbindung der Wahrheit mit dem Erkennen muss festgehalten werden, wie immer diese Verbindung zu denken ist. Ausserdem wird man von einer Abhaengigkeit der Wahrheit vom goettlichen Denken oder -- wenn man diesen Ausdruck vorzieht -- vom "Bewusstsein ueberhaupt" und auch vom menschlichen Denken reden duerfen, vorausgesetzt, dass das menschliche Denken, wenn es wahr ist, eins mit dem goettlichen ist. Gilt die Wahrheit, auch wenn wir sie nicht erkennen? Gilt das Gesetz der Gravitation, ehe es Newton entdeckte? Zweifellos! Aber was heisst das anders, als dass diese Wahrheit, wie alle andren, einen ueberzeitlichen Charakter hat, dass sie ewig gilt! Muss man dann aber nicht schliessen, dass die Wahrheit vorhanden sein kann, ohne unser Erkennen? Wir duerfen nicht vergessen, dass auch unser Erkennen, wie alle Thatsachen, einen ueberzeitlichen Charakter hat. Gewiss, es hat einen Anfang, es erlebt Veraenderungen, gehoert also der Zeit an, wie alle zeitlichen Thatsachen. Aber wir wissen nicht, wie sich spaeter zeigen wird, was es mit der Zeit auf sich hat, obgleich wir ihr die Bedeutung nicht absprechen. Sicher ist, dass das Zeitliche vom Ewigen abhaengig ist, dass es in seinem Hervortreten in der Zeit durch das Ewige bedingt und bestimmt ist. Das gilt auch von unsrem Erkennen. Aber nicht minder sicher ist, dass dieses Hervortreten in der Zeit auch eine ewige Bedeutung hat, und das verbuergt uns seine unaufloesliche Verbindung mit der Wahrheit, in der allein diese ewige Bedeutung ihren Grund haben kann. Fuenfte Untersuchung. Die Wahrheit und das Urteil. In jedem Urteile haben wir ein Bewusstsein der Wahrheit, wenn auch nur einschliesslich und der Sache nach. Ausdruecklich und der Form nach ist dies allerdings nur der Fall in dem Urteile: Es ist wahr, dass dies oder jenes zutrifft! Natuerlich handelt es sich hierbei nicht immer um ein Bewusstsein der wirklichen, sondern oft auch nur der bloss vermeintlichen Wahrheit. Dieses Bewusstsein geht seinem Sinne nach stets ueber die Verbindung der Vorstellungen im Urteile hinaus und weist auf einen Sachverhalt hin, der in der Verbindung der Vorstellungen zum Ausdrucke kommen soll, aber von ihr verschieden ist. Wir nennen das die Beziehung des Urteils auf die Objektivitaet, und diese ist mit dem in ihm enthaltenen Bewusstsein der Wahrheit ein und dasselbe. Wenn man das Urteil Ausdruck eines Sachverhalts nennt und darunter eben nur diese Beziehung auf die Objektivitaet oder das Bewusstsein der Wahrheit versteht, so ist dagegen nichts einzuwenden. Falsch waere es aber, wenn man das Wort Ausdruck im Sinne einer Nachbildung des Sachverhalts verstehen wollte. Das im Urteil sich darstellende Erkennen ist keineswegs eine bloss muessige Wiederholung der Wirklichkeit, ein blosses Spiegelbild derselben. Dem Bilde ist es eigentuemlich, eine Sache so wiederzugeben, wie sie unabgebildeter Weise ist. Waere das Erkennen ein blosses Bild der Wahrheit, so wuerde es die Wahrheit wiedergeben, wie sie unerkannter Weise ist. Die Wahrheit wuerde zum unerkennbaren Ding an sich. Im Erkennen haben wir nicht ein blosses Bild der Wahrheit sondern die Wahrheit selbst. Es ahmt sie nicht nach (homoiosis), sondern nimmt an ihr teil (koinonia), sie ist in ihr gegenwaertig (parusia). Wir nehmen im Erkennen die Wahrheit selbst in Besitz, nicht bloss ihr Spiegelbild, ihren Abdruck im Bewusstsein. Davon ueberzeugt uns immer wieder die Reflexion auf den Erkenntnisvorgang. Wichtig ist, dass wir im Urteile nicht bloss ueber die in ihm vorhandene Verbindung der Vorstellungen hinausgehen, sondern mit unsrem Denken oder, wenn wir auch das falsche Urteil beruecksichtigen wollen, wenigstens in Gedanken in die ueberzeitliche, ewige Welt, die fuer alle Denkenden in gleicher Weise gilt, hineinreichen und mit ihr im Zusammenhange stehen. Das ist die Bedeutung der Beziehung auf die Objektivitaet, die mit dem Bewusstsein der Wahrheit ein und dasselbe ist. Diese ueberzeitliche, ewige, fuer alle Denkenden gleicherweise geltende Welt ist die Welt, das Reich oder auch die Region, das System der Wahrheit. Jeder Urteilende tritt mit jedem Urteil in dieses allem sinnlichen Scheine nicht bloss sondern auch allem Vergaenglichen, Veraenderlichen so entgegengesetzte Gebiet ein und fasst in ihm festen Fuss. Unsere Darlegung erinnert nicht bloss an Spinoza, der alles sub specie aeternitatis betrachten will, sondern auch an Augustins veritates aeternae et immutabiles, die ihren Grund nicht in dem veraenderlichen menschlichen Denken und ebensowenig in den veraenderlichen Dingen der Welt sondern nur in Gott haben koennen. Sie erinnert ferner an den Satz von Nikolaus von Cues, der wieder an Eckhart anklingt, dass die ideelle Existenz der Dinge (in dem Gedanken Gottes) wahrer ist als die in Raum und Zeit erscheinende koerperliche Existenz. Sie erinnert endlich ganz besonders an die Ideenlehre Platons. Das, was wir Wahrheit nennen, ist in der That eine Platonische Idee, oder sie umfasst vielmehr die ganze Ideenwelt Platons, welche die Erscheinungswelt in ihrem Sein bedingt. Zweiter Abschnitt. Die Wahrheit und das Wesen der Dinge. Sechste Untersuchung. Wesentliche und nicht wesentliche Merkmale. Das Erkennen ist auf das Wesentliche gerichtet. Sein Ziel ist das Wesen der Dinge. Das Wesentliche soll im Gegensatz stehen zu dem Zufaelligen und scheint dann als das Notwendige, Unentbehrliche betrachtet zu werden. Es fragt sich, wem notwendig, wem unentbehrlich? Natuerlich dem Begriff des Dinges (Ding im allgemeinsten Sinne genommen, in dem es auch Eigenschaften, Vorgaenge und Beziehungen umfasst). Allein, fragen wir weiter, woraus besteht der Begriff? so lautet die Antwort: aus den wesentlichen Merkmalen. Durch Zurueckgreifen auf den Begriff kommen wir in der Erkenntnis dessen, was unter wesentlich zu verstehen ist, nicht weiter. Jedenfalls setzt die Unterscheidung wesentlicher und zufaelliger Merkmale die Annahme eines Wertunterschieds unter den Merkmalen voraus. Und an dieser Annahme wird festgehalten werden muessen. Schon wenn wir von der Gestalt und Groesse der Ausdehnung, von der Hoehe und Staerke eines Tones, von der Richtung und Geschwindigkeit der Bewegung reden, tritt dieser Wertunterschied deutlich hervor. Das erstgenannte Merkmal ist das vorzueglichere, dem das zweite als Eigenschaft untergeordnet wird. Aber nicht das Umgekehrte gilt. Man kann den Kaukasier nicht definieren als ein menschliches Weisses, den Menschen nicht als ein zweibeiniges und zweihaendiges oder als ein zweifuessiges ungefiedertes Wesen, wenn gleich diese Definitionen eine Unterscheidung des Kaukasiers von den andern Menschentypen und des Menschen von allen andern Dingen ermoeglichen. Warum nicht? Weil die weisse Farbe, die Zweifuessigkeit, Ungefiedertheit keine wesentlichen Merkmale bilden, das Weiss-Sein ausserdem sich dem Mensch-Sein nicht ueberordnen laesst. Die Alten hatten recht, wenn sie im Anschluss an Porphyrius nicht unterschiedslos alle Merkmale, die einem Dinge und nur ihm zukommen, in seine Definition aufgenommen wissen wollten, sondern nur gewisse wertvolle, die sie die wesentlichen nannten. Auch darin hatten sie recht, wenn sie von den wesentlichen Merkmalen nicht bloss die zufaelligen, wie z. B. die Farbe beim Menschen, unterschieden, sondern auch die notwendigen, die sogenannten Proprietaeten. Was notwendig zum Wesen des Menschen gehoert, wie z. B. die Zweifuessigkeit, ist darum noch nicht ein Bestandteil dieses Wesens. Siebente Untersuchung. Wie gewinnen wir die wesentlichen Merkmale? Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass wir weder die einer Reihe von Dingen gemeinsamen, sogenannten allgemeinen Merkmale, noch die im Laufe der Entwicklung eines Dinges sich gleichbleibenden sogenannten konstanten Merkmale mit den wesentlichen verselbigen duerfen. Es bedarf ferner nicht eines Durchlaufens einer Reihe von gleichen oder aehnlichen Dingen oder der Entwicklungsphasen ein und desselben Dinges um das Wesentliche an ihnen zu entdecken. Freilich kann nicht geleugnet werden, dass dieses Verfahren der Generalisation die Auffindung der wesentlichen Merkmale haeufig unterstuetzt. Sind die Umstaende und Verhaeltnisse der Gegenstaende, um deren Erkenntnis es sich handelt, sehr verwickelt und schwer ueberschaubar, so mag es unentbehrlich sein, aber doch nur fuer die Ausscheidung der unwesentlichen Merkmale, nicht unmittelbar fuer die Auffindung der wesentlichen. Die Abstraktion ist natuerlich frueher als die Generalisation, weil deren Bedingung. Durch die Abstraktion gewinnen wir unter andrem auch die wesentlichen Merkmale. Eine kleine Menge Wasser genuegt dem Chemiker, die Zusammensetzung des Wassers, alles Wassers aufzuweisen, eine einzige, beliebig gewaehlte Dreiecksfigur dem Mathematiker, die Eigenschaften aller Dreiecke darzuthun. Das bekannte Verfahren der Induktion, bei der von einer groesseren oder geringeren Zahl von Einzelfaellen ausgegangen und aus ihnen mit groesserer oder geringerer Wahrscheinlichkeit auf einen allgemeingueltigen Sachverhalt geschlossen wird, kommt ebenso wie das Verfahren der Generalisation nur dann zur Anwendung, wenn die Umstaende und Verhaeltnisse sehr verwickelt und schwer ueberschaubar sind. "Die wahre Methode geht" nach Liebig (von Liebig, Franz Bacon und die Methode der Naturwissenschaften 1863 S. 47) "vom einzelnen Falle, nicht von vielen Faellen aus". Das deutet auch Goethe an, wenn er (W. XXII. S. 264) sagt: "Was ist das Allgemeine? Der einzelne Fall. Was ist das Besondere? Millionen Faelle." Indes, was ist denn das Mittel fuer die Erfassung des Wesentlichen? Ein einfacher Blick des Geistes, ueber den freilich keineswegs jedermann verfuegt. Eine grosse Anzahl selbst von den wissenschaftlichen Forschern haengen an Einzelheiten, Aeusserlichkeiten, dringen nicht ein in den Kern der Sache, nicht in das, worauf es ankommt. Der Bloedsinnige und Dumme ermangelt dieses Blickes gaenzlich. Jener bleibt mit seinem sprunghaften Denken keinen Augenblick bei derselben Sache, dieser sieht, wie man zu sagen pflegt, vor lauter Baeumen den Wald nicht. Insbesondere zeigt dies der Ungebildete durch Heranziehung aller, auch der gleichgueltigsten Nebenumstaende bei Darstellungen und Erzaehlungen. Ihnen allen fehlt der Blick des Geistes fuer das Wesentliche. Etwas dieser eigentuemlichen Funktion des Bewusstseins Aehnliches haben wir in dem, was man in der Wissenschaft als Apercu oder Intuition bezeichnet. Man muss darunter auch einen, wie man sagt, vorausschauenden Blick des Geistes verstehen, durch den die wissenschaftlichen Ergebnisse, die das Ende einer laengren Gedanken- und Forschungsarbeit bilden und sie zum Abschlusse bringen, vorweggenommen oder unmittelbar aufgefasst werden. Freilich ist diese Vorwegnahme oder unmittelbare Auffassung keineswegs schon eine Erkenntnis. An sie anschliessend nimmt die eigentliche wissenschaftliche Gedanken- und Forschungsarbeit erst ihren Anfang, zunaechst sozusagen bloss probierend und tastend. Aber dieses eigentliche wissenschaftliche Verfahren erhaelt doch durch das im voraus erfasste Ergebnis seine Richtung und sein Ziel. Ihm liegt die Aufgabe ob, fuer das Apercu oder die Intuition den Beweis zu fuehren und sie dadurch zu einer wirklichen Erkenntnis zu erheben. Wir werden bald sehen, dass der Blick des Geistes, durch den wir die wesentlichen Merkmale gewinnen, darin mit dem wissenschaftlichen Apercu und der wissenschaftlichen Intuition Aehnlichkeit hat, dass wir durch ihn und fuer sich allein noch keineswegs Erkenntnisse gewinnen. Achte Untersuchung. Die wesentlichen (begrifflichen) Merkmale sind nicht aus den sinnlichen (vorstellungsmaessigen) abzuleiten. All unsrem Erkennen liegen Sinnenbilder zu Grunde. Auf das in den Empfindungen gegebene, das Sinnliche, Sinnfaellige, muss, sei es zur Begruendung, sei es zur Verdeutlichung unsrer Erkenntnisse, immer zurueckgegriffen werden; zur Verdeutlichung insbesondere dann, wenn es sich um die Erkenntnis des Nichtsinnlichen, Geistigen handelt. Die Grundbestandteile dieses Sinnlichen, Sinnfaelligen bilden die Sinnenbilder der Ausdehnung und Bewegung. Von beiden haben wir Tast- und Gesichtsbilder, auch von der Bewegung (etwa die Beruehrungsempfindungen von einem ueber die Hand kriechenden Sonnenkaefer), denen entsprechende Gesichtsempfindungen zur Seite gehen. Natuerlich sind diese Bilder selbst ausgedehnt und bewegt und heissen nur uneigentlich Bilder von der Ausdehnung und Bewegung. Das deutet schon darauf hin, dass wir unter der Ausdehnung und Bewegung etwas andres verstehen muessen als diese sogenannten Sinnenbilder. Was wir unter Ausdehnung und Bewegung verstehen, das zeigen die Worte Ausdehnung und Bewegung an. Diese Worte sind sozusagen Zeichen fuer ein in uns vorhandenes ruhendes Wissen, eine Wissensdisposition, eine Faehigkeit, in Urteilen darzulegen, was Ausdehnung und Bewegung ist, oder wenigstens jederzeit diese Worte richtig anzuwenden. Wir wissen, dass die Ausdehnung eine Vielheit gleichzeitiger einander beruehrender Teile, die Bewegung eine Vielheit aufeinander folgender, ineinander uebergehender Teile umfasst. Gleichzeitige Vielheit und Beruehrung, aufeinander folgende Vielheit und Uebergang, das sind die Bestandteile der Begriffe Ausdehnung und Bewegung, die wesentlichen (begrifflichen) Merkmale der Ausdehnung und Bewegung. Aber sind diese Merkmale nicht schon in den Sinnenbildern der Ausdehnung und Bewegung vorhanden, nicht in ihnen unmittelbar gegeben, sodass sie sich also von den sinnfaelligen, sinnlichen gar nicht unterscheiden oder hoechstens doch durch eine in Gestalt von Worten vermittelte Umformung aus ihnen abgeleitet werden koennten? Wenn die Sinnenbilder selbst ausgedehnt und bewegt sind, so sind diese Merkmale so in ihnen enthalten, wie in jedem andren Ausgedehnten und Bewegten. Aber um sie zu finden, dazu bedarf es eben eines Finders, der von den sinnlichen Empfindungen selbst verschieden ist, eben jenes Blickes des Geistes, dem wir die Gewinnung der wesentlichen Merkmale zuschreiben. Die Sinnenbilder an und fuer sich genommen sind nichts andres als Zusammensetzungen von Empfindungen, die je den Teilen der Netzhaut und Tasthaut entsprechen. Sie sind Zustaende des Bewusstseins, die noch gar nicht einmal einen gegenstaendlichen Charakter haben, noch nicht einmal als Objekte uns gegenuebertreten. Unsrem entwickelten Bewusstsein erscheint freilich ihre Gegenstaendlichkeit als etwas Selbstverstaendliches; aber doch nur darum, weil ihnen der Finder, der Blick des Geistes, gegenuebersteht. Wie werden urspruenglich aus den, sagen wir einmal bloss subjektiven Empfindungen -- an sich genommen sind die Empfindungen ja weder subjektiv noch objektiv -- Vorstellungen? Wie es scheint auf folgendem Wege. Mit den Bewegungen unsrer eigenen Glieder sind Willensimpulse verbunden; sie kehren regelmaessig bei den sogenannten willkuerlichen Bewegungen wieder und associieren sich so mit den Sinnenbildern der Ausdehnung und Bewegung dieser Glieder. Wenn nun Sinnenbilder der Ausdehnung und Bewegung, mit denen diese Willensimpulse nicht verbunden sind, in uns auftreten, so wird das Gedaechtnisbild dieser Willensimpulse reproduziert und auch diesen Sinnenbildern unterlegt. So treten dann diese Sinnenbilder als Willensdinge den Sinnenbildern, die von vornherein mit den Willensimpulsen verbunden sind, gegenueber. So erhalten diese erstren Sinnenbilder diesen letztren gegenueber, wie es scheint, urspruenglich einen gegenstaendlichen Charakter, oder, wie wir ohne Gefahr des Missverstandenwerdens besser sagen, sie werden zu Vorstellungen. Gegenstaende im eigentlichen Sinne als das dem Geiste Gegenueberstehende giebt es fuer ihn erst auf Grund des Urteils. Wir nannten die Sinnenbilder, mit denen associativ Willensimpulse verbunden sind -- auch von den Sinnenbildern, mit denen sie urspruenglich verbunden sind, koennen wir das Gleiche sagen, -- Willensdinge. Es ist bekannt, dass die Wilden ebenso wie unsere Kinder und Dichter alles als belebt und beseelt, alles als mit Gefuehl und Willen ausgestattet, auffassen. Diese Animismus genannte Erscheinung haelt natuerlich der fortschreitenden Erfahrung gegenueber nicht Stand. Der geworfene Stein und die freifliegende Taube werden bald unterschieden. Von dem Willensding bleibt dann nur uebrig, 1. dass es einen Raum ausfuellt, der nicht zugleich mit ihm von einem andren Dinge eingenommen werden kann -- das Willensding wird zur Substanz; 2. dass es jedem Eindringen in diesen Raum Widerstand entgegensetzt, also Einwirkungen ausuebt -- das Willensding wird zur Ursache. Man koennte denken, diese wesentlichen (begrifflichen) Merkmale der Dinge im engren Sinne seien wieder unmittelbar in den mit Willensimpulsen verbundenen Sinnenbildern der Sinnendinge gegeben. Aber auch hier gilt: es bedarf des Finders, des Blickes des Geistes, und erst dieser schafft, erzeugt, freilich nicht willkuerlich, sondern im engen Anschluss und gemaess dem Sinnenbild, in seiner Thaetigkeit von ihm bedingt und bestimmt, das wesentliche oder begriffliche Merkmal. Das Finden, Erblicken, auf geistigem Gebiete ist eben nicht ein materielles Aufnehmen sondern ein Erzeugen, ein Schaffen. Allein, sollte man nicht annehmen duerfen, dass wir diese begrifflichen Merkmale nur durch die urteilende Thaetigkeit gewinnen? Zumal wir ja die Vielheit der Teile des Ausgedehnten und der Bewegung anscheinend nur durch Unterscheidung der Teile im Urteile erhalten. Diese Unterscheidung im Urteil setzt die Erfassung der Teile als einzelner, sozusagen eine Unterscheidung durch den einfachen Blick des Geistes voraus. In der durch diese Unterscheidung gegebenen Vereinzelung sind die Teile im Sinnenbilde der Ausdehnung und Bewegung nicht vorhanden, sondern koennen erst durch den Blick des Geistes gewonnen werden. Dasselbe gilt dann natuerlich auch von dem Moment der Beruehrung und des Uebergangs, den andern begrifflichen oder wesentlichen Merkmalen der Ausdehnung und Bewegung, in denen die einzelnen Teile zu zweien zusammengefasst werden. Gewiss kommt in unsrem entwickelten Bewusstsein wie jene Vereinzelung so auch diese Zusammenfassung im Urteil zum Ausdruck. Aber wie die im Urteil gegebene Vereinzelung, so setzt auch die in ihm gegebene Zusammenfassung den einfachen Blick des Geistes, dem wir die Gewinnung der wesentlichen Merkmale zuschreiben, voraus. Diese durch den einfachen Blick des Geistes sich vollziehende Vereinzelung und Zusammenfassung erzeugt neue gedankliche Gebilde im Geiste, eben die wesentlichen, begrifflichen Merkmale, die wir mit den Worten gleichzeitige, aufeinanderfolgende Vielheit, Beruehrung, Uebergang bezeichnen und die die Grundlage der betreffenden unterscheidenden und zusammenfassenden Urteile bilden. Wir koennen nicht zugeben, dass die wesentlichen Merkmale, aus denen der Begriff nach allgemeiner Annahme besteht, in den Sinnenbildern oder Vorstellungen in dem hier erklaerten Sinne wirklich enthalten sind. In andren Faellen tritt uns das noch deutlicher entgegen. Wir haben Sinnenbilder vom Punkt, der keine Ausdehnung hat, von der Linie, die nur _eine_ Ausdehnung, von der Flaeche, die nur zwei Ausdehnungen hat, von einem luftartigen Gebilde als dem Geiste, der den ausschliessenden Gegensatz zu allem Koerperlichen ausmacht. Es ist einleuchtend, dass die hier genannten wesentlichen Merkmale des Punktes, der Linie, der Flaeche, des Geistes nur durch Negation des in den betreffenden Sinnenbildern Enthaltenen gewonnen werden koennen. Die Negation im eigentlichen Sinne hat nur im negativen Urteile ihre Stelle, aber diese im negativen Urteil gegebene Negation setzt den Blick fuer das, was anders ist, als das, was negiert wird, voraus. Neunte Untersuchung. Das Wesen der Dinge. Aber wir haben immer noch nicht erklaert, was das Wesentliche eigentlich ist oder worin das Wesen der Dinge besteht. Am einfachsten scheint die Sache bei den mathematischen Gebilden zu liegen. Das Wesen eines Kreises, einer Ellipse besteht natuerlich nicht in der gezeichneten und von uns gesehenen Linie, viel eher in der mathematischen Formel, durch welche das Verhaeltnis der Linie zu dem einen Mittelpunkt des Kreises und zu den beiden Mittelpunkten der Ellipse bestimmt wird, in dem Gesetze des Kreises und der Ellipse. Sicher kommt die mathematische Formel dem Wesen des Kreises und der Ellipse naeher als die gezeichnete und gesehene Linie, die, um gezeichnet und gesehen zu werden, im Widerspruch mit sich selbst mehrere Ausdehnungen haben muss. Aber macht die mathematische Formel das ganze Wesen des Kreises und der Ellipse aus? Sie gehoeren doch zu den Kegelschnitten und nehmen innerhalb derselben eine bestimmte, durch neue Formeln festgelegte Stellung ein. Diese gehoert nicht minder zu ihrem Wesen. Sie sind Linien, und Linien begrenzen Flaechen; Flaechen begrenzen Koerper, Koerper nehmen hinwiederum in der Gesamtheit des Wirklichen eine Stellung ein, an der auch die Linien teilnehmen. Auch diese Stellung zur Gesamtheit des Wirklichen gehoert zum Wesen des Kreises und der Ellipse, ja es ist einleuchtend, dass sie ihr eigentliches Wesen bilden muss, da aus ihr die Einzelstellung dieser mathematischen Gebilde und somit ihre mathematische Formel sich ergiebt und abgeleitet werden kann. Was vom Wesen des Kreises und der Ellipse gilt, wird vom Wesen aller Dinge behauptet werden muessen. Eine rohe Auffassung sieht in diesem Wesen einen beharrlichen, unveraenderlichen Seinskern, an dem sich die mit dem Begriffe des Dinges vertraeglichen Veraenderungen vollziehen sollen. Einen solchen unveraenderlichen Seinskern giebt es nicht in den Dingen. Die Veraenderungen sind Veraenderungen der Dinge, nicht an den Dingen. Man kann sich auch nicht auf den Begriff des Dinges berufen, um die mit seinem Wesen vertraeglichen Veraenderungen des Dinges zu gewinnen. Denn der Begriff, der die wesentlichen Merkmale umfasst, setzt das Wesen des Dinges voraus. Das unveraenderlich sich Gleichbleibende in den Dingen ist ihre Stellung zur Gesamtheit des Wirklichen. Sie verleiht den Dingen eine ueberzeitliche Geltung und eine ewige Bedeutung; in ihr besteht das Wesen der Dinge, und dieses Wesen ist mit ihrer Wahrheit ein und dasselbe. Wie die Wahrheit, so ist darum auch das Wesen unveraenderlich und ewig. In diesem hoechsten Sinne giebt es von jedem Ding nur Einen Begriff. Er ist der Ausdruck fuer seine Stellung in der Gesamtheit des Wirklichen, oder, wie wir auch sagen koennen, fuer seine Stellung in dem System der Wahrheit. Natuerlich ergiebt sich auch aus der Stellung eines Dinges in der Gesamtheit des Wirklichen, welche Veraenderungen es durchlaufen kann, oder welche Veraenderungen fuer die Geltendmachung dieser Stellung erforderlich sind. Zehnte Untersuchung. Der Begriff der Philosophie. Koennen wir wirklich fuer unser Erkennen das Eindringen in das Wesen der Dinge in diesem Sinne als Aufgabe in Anspruch nehmen? Geht eine solche Aufgabe nicht ueber die Kraft des Erkennens hinaus? Gilt das Wesen der Dinge nicht mit Recht fuer unerkennbar? Haben wir beispielsweise vom Wesen der Farbe eine Erkenntnis? Die Physiker sagen, die Farben seien Aetherschwingungen; die Physiologen nennen sie Empfindungen. Aber weder die einen noch die andren koennen uns sagen, was es mit den Aetherschwingungen und Empfindungen eigentlich auf sich hat, was ihr Wesen ist. Das Wesen der Farbe wuerden wir erst dann erkannt haben, wenn wir den ursaechlichen Zusammenhang zwischen den Aetherschwingungen und unsren Empfindungen und den Zweckzusammenhang zwischen beiden verstanden haetten, wenn wir wuessten, warum die Aetherschwingungen die Farben erzeugen und wodurch sie das vermoegen. Davon aber sind wir sehr weit entfernt. Wir wissen nicht, wie die durch die Aetherschwingungen erzeugten Gehirnvorgaenge es machen, dass die von ihnen ganz verschiedenen Farbenempfindungen auftreten, und noch weniger, warum es der toten und gleichmaessigen Aetherschwingungen bedarf, um die ganze Farbenwelt hervorzuzaubern, die der Kunst der Malerei ihre Existenz verleiht. Noch weniger koennen wir das Wesen des Menschen erkennen. Platon nannte den Koerper den Kerker und das Grab der Seele, moderne Physiologen betrachten das Bewusstsein als ein ueberfluessiges und unbequemes Nebenprodukt. Die Frage, warum der den Geist so oft behindernde Koerper mit dem den Koerper so oft zum Siechtum verurteilenden Bewusstsein verbunden ist, wird heutzutage kaum gestellt. Erst die Beantwortung dieser Frage wuerde uns Aufklaerung ueber das Wesen des Menschen geben. Aber wenn wir das Wesen der Dinge gar nicht erkennen koennen, warum denn von dieser Erkenntnis reden und von ihr so viel Aufhebens machen? Wir antworten: das Ziel des Erkennens ist unzweifelhaft das Wesen der Dinge, und wer die richtige Darstellung vom Erkennen geben will, darf dies sein Ziel nicht ausser Acht lassen; mag das Erkennen dasselbe auch nur unvollkommen und annaehernd erreichen. Man hat die Philosophie nicht mit Unrecht als die Wissenschaft vom Wesen der Dinge bezeichnet. Man muss sie folgerichtig auch als die Wissenschaft der Fragen bestimmen, denn sie steht mitten im Fragen und kommt aus dem Fragen gar nicht heraus. Aber ist das etwa eine ihrer unwuerdige Bestimmung? Ist die richtig gestellte Frage und das Bewusstsein, sie nicht beantworten zu koennen, wirklich wertlos? Jedenfalls ist diese Bestimmung ehrenvoller fuer die Philosophie, als wenn man sie, ihrer gegenwaertigen Lage nicht ganz unangemessen, als die Wissenschaft charakterisiert, in der jeder eine andere Meinung hat. Dass die Philosophie die Wissenschaft der Fragen ist, zeigt sich besonders, wenn wir den Begriff des Erkennens ins Auge fassen. Man spricht von Erscheinung im Gegensatz zum Wesen und unterscheidet die Erscheinung im metaphysischen und erkenntnistheoretischen Sinne. Unter der erstren sind die Veraenderungen der Dinge zu verstehen, die sich natuerlich aus ihrer Stellung in der Gesamtheit des Wirklichen ergeben und darum aus ihrem Wesen erklaeren lassen. Unter der letztren sind die Denkvorgaenge im weitesten Sinne des Wortes, die auch und in erster Linie die sinnlichen Empfindungen umfassen, zu verstehen. Sie vermitteln das Erkennen, und insofern sie das wirklich oder vermeintlich thun, gelten sie als Erscheinung der Dinge in uns. Was hat es mit dieser Erscheinung der Dinge in uns, diesen Denkvorgaengen, die das Erkennen vermitteln, auf sich? Was hat das Erkennen zu bedeuten, was ist sein Wesen? Nur eine blosse Abspiegelung, eine muessige Wiederholung der Dinge im Bilde? Sind auch die fuer unsre Erfassung des Wirklichen so notwendigen Ortsbestimmungen, die einerseits feste Punkte voraussetzen und anderseits sich doch in lauter Beziehungen aufloesen, und ebenso die Zeitbestimmungen, von denen das Gleiche gilt, Bilder einer von ihnen unabhaengig bestehenden Wirklichkeit? Dem Bilde ist es eigentuemlich, den Gegenstand so wiederzugeben, wie er unabgebildeterweise ist. Waere das Erkennen nur ein Bild des Wirklichen, so wuerden wir den Begriff des Dinges an sich nicht entbehren koennen. Um ihn zu vermeiden, mussten wir eine unaufloesliche Verbindung des Erkennens mit seinem Gegenstande, der Wahrheit annehmen. Aber erst, wenn wir die Art dieser Verbindung zu bestimmen vermoechten, wuerden wir das Wesen des Erkennens erkannt haben, mit ihm auch die Bedeutung der fuer unsere Erfassung des Wirklichen so notwendigen Orts- und Zeitbestimmungen. Elfte Untersuchung. Die Wahrheit das hoechste Gut. Insofern die Philosophie als Wissenschaft vom Wesen der Dinge und vom System der Wahrheit bezeichnet werden muss, ist sie auch die Wissenschaft vom hoechsten Gute: denn die Wahrheit ist in der That das hoechste Gut, dasjenige, wodurch alles andere Wert erhaelt. Wertvoll wird etwas nicht etwa dadurch, dass es der Wahrheit nicht ermangelt, sondern geradezu durch seine Wahrheit. Dass wir etwas aus sittlichen Gruenden thun sollen, dass etwas schoen ist, gilt natuerlich nur insoweit, als eben dies Thun-sollen und das Schoen-sein wahr ist. Wie wir gewoehnlich sagen, es gilt nur, wenn das sittlich Gebotene wahrhaft oder wirklich sittlich, das fuer schoen erklaerte wahrhaft oder wirklich schoen ist. Wahrhaft und wirklich gut oder schoen ist etwas nur dann, wenn es dem allgemein fuer alle Denkenden und fuer alle Zeit gueltigen, dem in diesem Sinne objektiv gueltigen Begriffe des sittlich Guten und des Schoenen entspricht. Mit diesem Begriff wuerde sich unser Begriff vom sittlich Guten und Schoenen erst decken, wenn wir ihn in seiner Stellung im System der Wahrheit erkannt haetten. So lange und so weit dies nicht der Fall ist, bleibt er missverstaendlich und einseitig; so lange ist er darum kein unzweideutiger und vor allem kein vollstaendiger Ausdruck des wahrhaft und wirklich Guten und Schoenen. Fuer unsren Begriff des sittlich Guten und des Schoenen, sofern er wirklich wesentliche Merkmale enthaelt, gilt: nicht ohne ihn giebt es etwas Gutes und Schoenes. Fuer den Begriff des sittlich Guten und Schoenen im System der Wahrheit gilt hingegen: nur durch ihn ist etwas schoen, ist etwas gut. Auch das Gute und Schoene erhaelt seine Wahrheit und Wirklichkeit lediglich durch seine Stellung im System der Wahrheit oder dadurch, dass es in diesem System eine Stelle hat. Aehnlich wie vom sittlich Guten und Schoenen sprechen wir auch von einem wahren, wirklichen Israeliten, von einem wahren, wirklichen Menschen, von wahrem, wirklichem Golde u. s. w. Der hier als Massstab zugrundeliegende Begriff, ein Soll-Begriff oder Idealbegriff, wird in allen diesen Faellen von uns als etwas Allgemeingueltiges geltend gemacht oder in Anspruch genommen, als etwas, das alle anerkennen muessen, und weist damit auf den ihm im System der Wahrheit entsprechenden Begriff hin. Was wahrhaft und wirklich ist, wird dadurch ueber die Vergaenglichkeit und Veraenderlichkeit hinausgehoben; es ist nicht bloss etwas Scheinbares, nicht etwas zum Verschwinden Bestimmtes, nicht etwas Nichtseinsollendes. Aber wenn dem Scheinbaren, dem Nichtseinsollenden auch kein Wert und keine Wahrheit zukommen soll, so ist es doch nichtsdestoweniger eine Wirklichkeit. Wie ist das moeglich? Auch das Vergaengliche und Veraenderliche, worin immer es besteht, ist nur wirklich durch seinen ueberzeitlichen Charakter, durch seine ewige Bedeutung. Sollen wir auch dem bloss Scheinbaren, dem Zufaelligen, dem Nichtseinsollenden einen ueberzeitlichen Charakter und eine ewige Bedeutung zuschreiben? Wirklich kann es nur durch diesen seinen ueberzeitlichen Charakter und seine ewige Bedeutung sein; nur durch sie wird es ueber den blossen inhaltleeren Schein, ueber den blossen sinnlosen Zufall hinausgehoben, wie der Schatten nur sein kann, indem er sich an die Dinge der Umgebung dessen heftet, von dem er ausgeht. Das Scheinbare, Nichtseinsollende, Zufaellige ist, wie spaeter klar werden wird, das nicht wahrhaft und wirklich sondern nur anmasslich und vorgeblich Selbstaendige, das die geliehene Selbstaendigkeit als wirkliche gebraucht und damit zum Schein herabsetzt. Zweiter Hauptteil. Unser Wissen. ------------------ Dritter Abschnitt. Kennzeichen der Wahrheit. Zwoelfte Untersuchung. Die Bestandteile des Erkenntnisvorgangs. Was wesentlich ist, ist einem Ding -- das Wort im weitesten Sinne genommen -- wesentlich, es ist ihm zugehoerig und gehoert mit ihm zusammen. So fuehrt der Begriff des Wesentlichen auf den des Zusammengehoerigen zurueck. Das zeigt sich insbesondere, wenn wir den alles Wesentliche zusammenfassenden Begriff des Wesens der Dinge naeher betrachten. Die Stellung der Dinge in der Gesamtheit des Wirklichen, d. h. also ihre Zusammengehoerigkeit mit allem Wirklichen, macht das Wesen der Dinge aus. Die Zusammengehoerigkeit ist der Grundbegriff des Erkennens, in dem uns seine wesentlichste Seite kund wird; das Wesen der Dinge und ihre Wahrheit ist sein Ziel, aber nur durch Erfassung des Zusammengehoerigen wird es erreicht. Das, was zusammengehoerig oder wesentlich ist, muss sorgfaeltig unterschieden werden von seiner Zusammengehoerigkeit oder Wesentlichkeit. Wir erfassen dasselbe mit einem Blick des Geistes, ueber den das entwickelte Bewusstsein verfuegt. Es ist vor allem wichtig zu beachten, dass dieser Blick nicht als eine Erkenntnis betrachtet werden kann. All unser Erkennen setzt ein Vorgefundenes voraus, nicht als seine Quelle, sondern als Ausgangspunkt fuer eine Reihe von Thaetigkeiten, die ihm vorangehen. Diesen Ausgangspunkt, also das Vorgefundene, bilden die Empfindungen und die aus ihnen zusammengesetzten Sinnenbilder. Auch die Willensdinge, die durch blosse Association der Sinnenbilder der Ausdehnung und Bewegung mit den Willensimpulsen entstehen, ferner die ersten Vorstellungen, die wir von einem uns Gegenueberstehenden gewinnen, gehoeren, wie die Sinnenbilder selbst zu den Voraussetzungen des Erkenntnisvorganges und koennen insofern dem Vorgefundenen zugerechnet werden. Durch den Blick des Geistes, der eine besondere Art der Abstraktion bildet, gewinnen wir den Begriff oder die wesentlichen Merkmale dieser Willens- oder Sinnendinge. Natuerlich belehrt uns dieser Begriff in keiner Weise darueber, was den Sinnendingen fuer die Gesamtheit des Wirklichen fuer eine Bedeutung zukommt. Hier zeigt sich insbesondere, dass die vielen Begriffe, auch wenn sie die wesentlichen Merkmale umfassen, also wirkliche Begriffe sind, von dem eigentlich einzig und allein diesen Namen verdienenden Begriff, der die Stellung des Einzelnen im System der Wahrheit bestimmt, ganz und gar verschieden sind. Zur Gewinnung dieses Begriffs bedarf es eines sozusagen alles zusammenschauenden Blicks; fuer die Gewinnung jener Begriffe genuegt der in Gedanken trennende Blick. Diese in Gedanken sich vollziehende Trennung ist der eigentliche Sinn der Abstraktion, des lateinischen abstrahere, des griechischen aphaireisthai, nicht das Absehen, viel eher das Hinsehen und Festhalten des einen, mit Vernachlaessigung und Beiseitesetzung des andren im Denken. Es ist klar, dass ein solches Trennen, gedankliches Isolieren ein neues gedankliches Gebilde eben das auf diese Weise Getrennte und Isolierte und zugleich Festgehaltene erzeugen, erschaffen muss. Die so erzeugten, geschaffenen Gebilde sind Einzelgebilde des Denkens und als solche im Denken vorhanden, nicht erst in Urteilen gegeben. Wenn man den Nachdruck auf das Absehen, Fallenlassen, das leicht als Ausscheiden, Verneinen gefasst werden kann, legt, so liegt der Gedanke nahe, diese wesentlichen Merkmale seien fuer uns nur in negativen Urteilen vorhanden. Aber das widerspricht einerseits der Selbstbeobachtung, der Reflexion auf das, was wir thun, wenn wir diese Gebilde festhalten: es ist ein einfaches Hinsehen, Hinblicken, dessen thatsaechlicher Nebenerfolg das Absehen freilich bildet, aber ohne als besonderer Vorgang hervorzutreten. Anderseits setzen diese negativen Urteile bereits die Isolierung der wesentlichen und unwesentlichen Merkmale also eben diese isolierten Gebilde voraus. Durch diese Isolierung gewinnen wir die wesentlichen Merkmale, die zu dem Sinnen- oder Willensding gehoeren: Ausdehnung, Bewegung, Nebeneinander, Nacheinander, Substanz, Kausalitaet. Was die Bedeutung dieser Worte ist, koennen wir freilich nur in Urteilen angeben; aber daraus folgt nicht, dass wir den Gedankengehalt dieser Worte auch nur durch Urteile gewinnen. Die Urteile, in denen wir die Bedeutung dieser Worte darlegen, setzen vielmehr die entsprechenden Einzelgebilde des Denkens voraus, in denen das in den Urteilen Verbundene isoliert wird. Diese gedanklichen Einzelgebilde schafft, erzeugt der Blick des Geistes, aber er entdeckt und findet sie zugleich. Das, was er findet und entdeckt, ist jedenfalls von dem Vorgefundenen verschieden, es ist eine Zuthat zu dem Vorgefundenen, die freilich nicht willkuerlich sondern ihm angemessen ist. Mit dieser Zuthat ist das in der Empfindung Gegebene, das Vorgefundene jedenfalls ueberschritten. Sie ist das, was wesentlich ist, das, was zusammengehoerig ist, wesentlich dem Dinge, zusammengehoerig mit dem Ding, in dessen Besitz wir zunaechst durch den genannten Blick unseres Geistes gesetzt werden. Die zweite ueber das Vorgefundene hinausgehende Stufe, die aber auch noch nicht als eigentliche Erkenntnis betrachtet werden kann, besteht darin, dass sich unsrem Bewusstsein die Wesentlichkeit des Wesentlichen, die Zusammengehoerigkeit des Zusammengehoerigen aufdraengt, dass der Gedanke daran sich als unabweislich darstellt. Das Sichaufdraengen der Zusammengehoerigkeit und Sichalsunabweislichdarstellen darf nicht falsch verstanden werden. Es ist ein _Einleuchten_ und hat darum mit aeusserem Zwange, der uns die Empfindungen aufdraengt, oder mit innerer Noetigung, die wir erfahren, wenn uns ein Gedanke verfolgt, nichts zu thun. Es wendet sich einfach an die Vernunft des Menschen. Nun folgt als dritte Stufe die eigentliche Erkenntnis, die in der _Einsicht_ der Zusammengehoerigkeit oder der Wesentlichkeit besteht. Selbstverstaendlich ist der sich unabweislich aufdraengende Gedanke oder das Einleuchten etwas von der Einsicht Verschiedenes. Nur in der Einsicht kann die Erkenntnis bestehen. An die Einsicht schliesst sich als vierte Stufe das Urteil an, das sich ganz auf die Einsicht stuetzt und nur als gedanklicher Ausdruck der Einsicht aufgefasst werden kann. Als fuenfte Stufe folgt das Bewusstsein von der Objektivitaet des Urteils oder das Bewusstsein der Wahrheit des Urteils, das seinen Grund in der zweiten Stufe, dem Einleuchten der Zusammengehoerigkeit hat. Es folgt als sechste Stufe die Gewissheit, der Gegensatz des Zweifels, der allen Zweifel ausschliesst und dem Bewusstsein die Festigkeit verleiht, wie der Zweifel dasselbe ins Schwanken bringt. Es ist nach dem Zeugnis der Reflexion ganz offenbar, dass die Einsicht, der eigentliche Erkenntnisakt, von ihrem gedanklichen Ausdruck im Urteil verschieden ist. Weniger deutlich giebt sich kund, dass von der Einsicht auch der Zustand der Gewissheit und das Bewusstsein der Wahrheit verschieden ist; aber beide setzen die Erkenntnis als vollendet voraus und duerfen darum nicht mit der Einsicht verselbigt werden. Das Urteil entspricht dem Finden der wesentlichen Merkmale durch den Blick des Geistes. Wie durch das letztere ein Einzelgebilde des Denkens erzeugt wird, so durch das erstere eben jene Urteil genannte Verbindung, sei es eines Sinnenbildes, sei es eines Einzelgebildes des Denkens mit einem andren Einzelgebilde, eben dem wesentlichen Merkmal. Wie das Einzelgebilde des Denkens im Worte seinen Ausdruck findet, so die Urteil genannte Verbindung im Aussagesatze. Aber sowohl das Einzelgebilde wie diese Verbindung sind gedanklicher Natur und muessen darum sorgfaeltig von dem sprachlichen Ausdrucke unterschieden werden. Der Auffindung des wesentlichen Merkmales folgt das Einleuchten und die Einsicht, dem Urteil das Bewusstsein der Wahrheit und die Gewissheit. Auch diese Glieder entsprechen sich: das Einleuchten dem Bewusstsein der Wahrheit und die Einsicht der Gewissheit. Es sind Zustaende, nicht Schoepfungen des Bewusstseins, von denen Einleuchten und Bewusstsein der Wahrheit einen objektiven, Einsicht und Gewissheit einen subjektiven Charakter haben. Das Kennzeichen der Wahrheit besteht fuer uns in dem Einleuchten, der zweiten ueber das Vorgefundene hinausgehenden Stufe des Erkenntnisvorgangs. Es liegt nahe -- und das geschieht oft genug -- die Einsicht fuer das Kennzeichen der Wahrheit zu halten; wird doch das griechische enargein und das lateinische evidentia oft genug mit Einsicht wiedergegeben oder die Einsicht naeher als das Einleuchten der Wahrheit erklaert. Natuerlich kann unter dieser Voraussetzung nicht von einem criterium secundum quod ausser fuer die nachtraegliche Reflexion, sondern nur von einem criterium quo cognoscitur die Rede sein. Wir verstehen unter dem Kriterium oder Kennzeichen der Wahrheit nicht diesen subjektiven Zustand der Einsicht sondern das Einleuchten, Sichaufdraengen der Zusammengehoerigkeit, die Unabweislichkeit des Gedankens derselben, die natuerlich etwas Objektives ist und darum auch die Objektivitaet des Urteils oder das Bewusstsein seiner Wahrheit begruenden kann. Dreizehnte Untersuchung. Die Gesetze des Erkennens. Die Wahrheit, das Ziel des Erkennens ist nicht eine zusammenhanglose Summe von Teilen sondern ein Ganzes, in dem jeder Teil den andern bedingt und traegt, kein Chaos sondern ein System, und dieses System ist der Wahrheit so wesentlich, dass eine einzelne Wahrheit nur Wahrheit ist durch ihren Zusammenhang mit dem Ganzen. Man kann darum streng genommen nicht von einer einzelnen Wahrheit sprechen sondern nur von einem Reiche der Wahrheit. Die verschiedenen zusammengehoerigen Wahrheiten als zusammengehoerige, also ihre Zusammengehoerigkeit zum Bewusstsein bringen, so den Zusammenhang aller Wahrheit herstellen, oder besser gesagt die Eine Wahrheit finden, das ist das Ziel des Erkennens. Die Ableitung und Erschliessung der einen Wahrheit aus der andren ist nur die Kehrseite dieses Zieles, seine bloss formale Folgeerscheinung, und von viel geringerer Bedeutung. Das ist freilich ein hohes, ein allzuhohes Ziel. Der Zusammenhang aller Wahrheit, oder, was dasselbe ist, das Wesen der Dinge zu erkennen, den Einen Gedanken zu finden, der ueber alles Licht verbreitet, ist uns bis jetzt versagt. Wir muessen uns mit einzelnen Strahlen dieses Lichtes begnuegen. Wir kommen nur wenig ueber die wesentlichen Merkmale der Dinge hinaus, und wenn wir darunter diejenigen verstehen, von deren Zugehoerigkeit zu den Dingen wir eine Einsicht haben, reichen wir in vielen Faellen nicht einmal an diese heran. So tritt fuer unser Denken an die Stelle des Gesetzes der Zusammengehoerigkeit, das uns die Aufgabe stellt, alle Wahrheiten in ihrer Zusammengehoerigkeit und somit als die Eine Wahrheit zu erfassen, das Gesetz der Uebereinstimmung, nach dem sich die Wahrheit und Falschheit unsrer einzelnen Urteile bestimmt. Wir unterscheiden vier, beziehungsweise acht Formen dieses Gesetzes, deren Wahrheit uns unmittelbar einleuchtet. Erstens, das Zugehoerige muss zugesprochen werden. Zweitens, das Zugehoerige darf nicht abgesprochen werden. Drittens, das Nichtzugehoerige muss abgesprochen werden. Viertens, das Nichtzugehoerige darf nicht zugesprochen werden. Zu dem Zugehoerigen gehoert auch das Enthaltene. Was in einem Subjekt enthalten ist, gehoert zu ihm, aber nicht das Gegenteil gilt: was in einem Subjekt nicht enthalten ist, kann ganz wohl ihm zugehoeren. Daraus ergeben sich die vier weiteren nicht die Zugehoerigkeit sondern das Enthaltensein betreffenden Formen. Fuenftens, das Enthaltene muss zugesprochen werden. Sechstens, das Enthaltene darf nicht abgesprochen werden. Siebentens, das Nichtenthaltene darf nicht als enthalten zugesprochen werden. Achtens, das Nichtenthaltene muss als enthalten geleugnet werden. Der Zusatz als enthalten in sieben und acht ist notwendig, weil auch das Nichtenthaltene zugehoerig sein kann. Was immer zugesprochen oder abgesprochen wird, wird als zugehoerig zugesprochen oder abgesprochen; deshalb bedarf es des Zusatzes als zugehoerig in drei und vier nicht, er ist ohne weiteres in diesen Formen eingeschlossen. Setzen wir voraus, dass das negative mit dem unendlichen Urteil: der Mensch ist nicht sterblich -- ist unsterblich; der Kreis ist nicht rund -- ist nichtrund, dieselbe Bedeutung hat, so ergiebt sich, dass die Formen zwei und drei und die Formen sechs und sieben dasselbe ausdruecken. Man kann sie im Gegensatz zu dem Gesetze der Uebereinstimmung als Formen des Gesetzes des Widerspruches bezeichnen, das eigentlich nur die negative Seite des Gesetzes der Uebereinstimmung bildet. Es ist ein Widerspruch nicht bloss das Nichtenthaltene als enthalten zu behaupten, wie es die siebente Form, sondern auch das Nichtzugehoerige als zugehoerig zu behaupten, wie es die dritte Form verbietet. Nicht bloss, was in einem Subjekt enthalten ist, kommt ihm zu, sondern auch das nicht in ihm Enthaltene, sofern es zu ihm gehoert. Wuerde nur das erstere ihm zukommen, so gaebe es keinen Fortschritt im Erkennen. Aber giebt es etwas nicht in einem Subjekt Enthaltenes, das trotzdem zu ihm gehoert? Ohne Zweifel, wenigstens fuer alle diejenigen, welche Sinnenbild und Vorstellung von dem Begriff, der die wesentlichen Merkmale umfasst, unterscheiden und von diesen wesentlichen Merkmalen behaupten, dass sie nicht in den Sinnenbildern oder Vorstellungen enthalten sind. Fassen wir unter dieser Voraussetzung das Subjekt unter der Vorstellung auf und legen ihm ein wesentliches Merkmal bei, oder fassen wir es unter einem wesentlichen Merkmal auf und legen ihm ein anderes wesentliches Merkmal bei, so schreiben wir offenbar dem Subjekt etwas zu, das nicht in ihm enthalten ist. Natuerlich kommt dem Subjekt auch das zu, was in ihm enthalten ist, und so ergiebt sich als besonderer Fall des Gesetzes der Uebereinstimmung das Gesetz des Enthaltenseins, das die Formen fuenf bis acht umfasst. Es giebt sehr vieles, was in einem Subjekt nicht enthalten ist und ihm doch nicht abgesprochen werden darf, vielmehr zugesprochen werden muss. Freilich liegt es sehr nahe, alle Urteile fuer analytische oder Erlaeuterungsurteile, d. h. auf dem Verhaeltnis des Enthaltenseins beruhende Urteile zu halten, wenn man bloss auf den gedanklichen Ausdruck der Urteile achtet. Allein diesem gedanklichen Ausdruck, der immerhin als blosse Analyse betrachtet werden mag, liegt eine Synthese zugrunde. Wir denken, ehe wir urteilen, das Subjekt unter dem Gesichtspunkt des Praedikats. Die Zusammengehoerigkeit beider draengt sich uns auf, wir sehen sie ein, und nun machen wir sie im Urteil geltend. Das alles sind wahre Synthesen, sie kehren bei allen Urteilen, die fuer den Fortschritt unsres Erkennens von Bedeutung sind, wieder. Fasst man das so unter dem Gesichtspunkte des Praedikats gedachte Subjekt als eine Einheit auf, so ist das Urteil natuerlich, wie es sich uns in seinem gedanklichen Ausdruck darstellt, ein bloss analytischer Vorgang. Waere es _bloss_ dies, dann gaebe es keinen Fortschritt in unsrem Erkennen, da alles Erkennen sich in Urteilen vollzieht, oder darin wenigstens seinen gedanklichen Ausdruck findet. Der Begriff des Enthaltenseins und des analytischen Verfahrens thut unsrem Erkennen nicht genuege; wir muessen ihn ersetzen durch den der Zusammengehoerigkeit und der Synthese. Vom Enthaltensein kann nur bei einander ueber- oder untergeordneten Begriffen die Rede sein; der uebergeordnete Begriff ist in dem untergeordneten enthalten. Dieses Verhaeltnis gilt also nur fuer die sogenannten logischen Teile, fuer die Gattungs- und Artmerkmale, nicht fuer die metaphysischen Teile. Geschwindigkeit und Richtung sind nicht in der Bewegung enthalten, Staerke und Hoehe nicht im Tone, sie sind Eigenschaften, notwendige Eigenschaften von Bewegung und Ton, ohne die beide nicht sein koennen, aber nicht Merkmale, die ihnen uebergeordnet werden koennten; oder genauer, die eine Gattung bilden, der Bewegung und Ton untergeordnet sind. Das Verhaeltnis des Enthaltenseins ist das Verhaeltnis des Allgemeinen zum Besondren. Es ist nicht das einzige, nicht einmal das wichtigste Verhaeltnis fuer unser Erkennen. Die Inhaltsmerkmale oder Constitutive eines Begriffs sind in ihm wirklich enthalten; sie sind ausser dem letzten unterscheidenden Merkmale auch Merkmale des hoeheren, uebergeordneten Art- oder Gattungsbegriffes, und verhalten sich darum zu dem Begriff in der That wie das Allgemeine zum Besondren. Der Gedanke liegt freilich nahe, dass dieses Verhaeltnis, wenn nicht das einzige, so doch das hauptsaechlichste fuer unser Erkennen bildet. Gilt doch allgemein bei den Aristotelikern das Praedikat des Urteils als der allgemeinere Begriff und wird hiernach das Verhaeltnis von Subjekt und Praedikat als ein Subsumtionsverhaeltnis bestimmt. Statt der Baum blueht, sollen wir hiernach sagen, der Baum ist bluehend, oder besser noch, ein bluehendes Etwas; statt der Mensch ist sterblich, der Mensch ist ein sterbliches Wesen. Auf diese Weise wird freilich das Urteil in das Subsumtionsverhaeltnis eingespannt. Aber die Eigentuemlichkeit der von diesem Verhaeltnis verschiedenen Verhaeltnisse von Ding und Vorgang, Ding und Eigenschaft werden dabei unterdrueckt und beseitigt. Man muss die vier Kategorien von Begriffen unterscheiden: Ding, Eigenschaft, Vorgang, Beziehung. In jeder dieser Kategorien giebt es ueber- und untergeordnete Begriffe, aber man kann die Begriffe der einen Kategorie nicht denen der andren ueber- oder unterordnen. Der Vorgang hat das Eigentuemliche eines zeitlichen Anfangs, Verlaufs und Endes, das einer Reihe von Veraenderungen eines Veraenderlichen gleichkommt. Die Eigenschaft hat das Eigentuemliche eines Unselbstaendigen gegenueber einem Selbstaendigen, das an dessen Sein teilnimmt und ohne dasselbe nicht vorhanden sein kann. Die Beziehung hat das Eigentuemliche, dass sie zwischen zwei Gliedern besteht und ohne diese Glieder nicht vorhanden sein kann. Ueberall handelt es sich hier um Verhaeltnisse, die vom Verhaeltnis des Allgemeinen zum Besondren oder vom Verhaeltnis des Enthaltenseins verschieden sind und fuer unser Erkennen eine viel wichtigere Rolle spielen. Die Eigenschaft ist das Endglied des Substanzverhaeltnisses, der Vorgang das Mittelglied des Ursachverhaeltnisses, die Beziehung das, was die Zusammenfassung der einzelnen Wahrheiten zu dem System oder Reiche der Einen Wahrheit ermoeglicht. Die einzige Moeglichkeit, alles auf das Verhaeltnis des Enthaltenseins zurueckzufuehren, besteht darin, dass man auch die sogenannten negativen Merkmale als in den Dingen enthalten oder als Inhaltsmerkmale derselben betrachtet. Dann ist in jedem Gegenstande alles Aussagbare enthalten. Allein negative Merkmale setzen negative Urteile voraus und haben nur in ihnen Halt und Bestand. Durch diese negativen Urteile werden sie aber gerade von den betreffenden Gegenstaenden ausgeschlossen. Man muesste also das Ausgeschlossene als eingeschlossen, d. h. das, was nicht zum Inhalt gehoert, als zum Inhalt gehoerend, oder das, was nicht Bestandteil des Inhalts ist, als Bestandteil des Inhalts betrachten, wollte man die negativen Merkmale fuer Inhaltsmerkmale erklaeren. Heutzutage, wo wir so stark sind in dem Voraussehen der Konsequenzen im praktischen Leben sowohl wie in der Wissenschaft, dass wir darueber die Prinzipien kaum noch beachten oder ununtersucht auf sich beruhen lassen, ist es nicht zu verwundern, dass alles zur Analyse draengt und von Synthese nichts wissen will. Aber der Natur und dem Wesen des Erkennens geschieht damit nicht genuege. Das ist es, was wir betonen moechten. Das Gesetz der Uebereinstimmung, des Enthaltenseins und des Widerspruchs sind Gesetze fuer die Einzelurteile, aber auch die einzigen Gesetze, nach denen die Wahrheit und Falschheit der Einzelurteile bestimmt werden kann. Sie sind in allen ihren Formen, jede fuer sich genommen, unmittelbar einleuchtend. Das gewoehnlich aufgestellte Gesetz des ausgeschlossenen Dritten ist nicht Gesetz fuer ein Einzelurteil sondern nur fuer das Verhaeltnis zweier Urteile zu einander. Es lautet: Wenn von zwei Urteilen eins dasselbe bejaht, was das andere verneint, -- so ist notwendig eins von beiden wahr, sie koennen nicht beide falsch sein, die Wahrheit ist nicht ein Drittes, von Bejahung und Verneinung nicht Betroffenes; -- sie koennen nicht beide wahr sein, eins von beiden ist falsch, auch die Falschheit ist nicht ein Drittes, weder in der Bejahung noch in der Verneinung Ausgedruecktes. Nach diesem Gesetze folgt aus der Wahrheit von eins die Falschheit des Gegenteils von zwei, aus der Falschheit des Gegenteils von zwei die Wahrheit von zwei; und dasselbe gilt von drei und vier, von fuenf und sechs, von sieben und acht. Eigentlich heisst das Gesetz nur: zwischen Bejahen und Verneinen giebt es kein Mittleres; Bejahen und Verneinen sind ausschliessende Gegensaetze. Dass sie es sind, kommt uns bei einem Vergleiche von eins und zwei, drei und vier, fuenf und sechs, sieben und acht zum Bewusstsein. Aber auch nur hier, wo es sich um das Einzelwirkliche handelt. Vierzehnte Untersuchung Gesetze des Erkennens. (Fortsetzung.) Giebt es keine weiteren Gesetze des Erkennens? Die genannten Gesetze sind eigentlich nur Gesetze fuer das Einzelwirkliche; sie geben Bestimmungen ueber das, was zu ihnen gehoert oder nicht zu ihnen gehoert. Sofern dieses Einzelwirkliche das Subjekt der Urteile bildet, sind sie Gesetze der Urteile. Aber das Einzelwirkliche ist Glied der Gesamtwirklichkeit, und diese seine Stellung zur Gesamtwirklichkeit macht sein eigentliches Wesen aus. Es muss auch Gesetze fuer den Zusammenhang alles Wirklichen geben, den wir auf dem Wege des Schlusses erkennen. Diese Gesetze sind darum Gesetze des Schlusses. Es sind drei Gesetze: das Gesetz der Einheit, das Gesetz der Kausalitaet und das Gesetz des Grundes. Es ist eine alte Rede vom Einheitsstreben unserer Vernunft. Aber Einheit ist nicht Einerleiheit, nicht Dieselbheit, sogern das auch der Analytiker annaehme. Die rein aeusserlichen Orts- und Zeitbestimmungen, deren wir zur Unterscheidung des Einzelwirklichen von einander beduerfen, setzen feste Punkte in Raum und Zeit voraus, die dann aber sofort sich in lauter Beziehungen aufloesen. Beziehungen ohne Beziehungsglieder sind undenkbar. Also muss ein ueber allen Zeit- und Raumbestimmungen stehendes Sein angenommen werden, das diesen Beziehungen Halt und Bestand giebt. Unser Bewusstsein, das ebenfalls dem Fluss der Zeit angehoert, kann dieses Sein nicht ausmachen. Man kann sich auch nicht darauf berufen, dass Raum und Zeit etwa nur Formen unserer Anschauung sind. Das mag sein, eine Bedeutung fuer die Welt der Wirklichkeit kommt ihnen unzweifelhaft zu, moegen wir dieselbe kennen oder nicht. Zu dem gleichen Ergebnis fuehrte schon den Aristoteles die Bewegung, die er als eine anfangslose betrachtete. Nehmen wir eine rueckwaerts sich erstreckende unendliche Zahl von Bewegungsgliedern an, von denen das nachfolgende Glied immer von dem vorausgehenden abhaengt, so haben wir lauter abhaengige Glieder; die unendliche Reihe ist so lange ohne Halt und Bestand, als wir nicht ein ueber ihr stehendes Unbewegtes, den unbewegten Beweger des Aristoteles annehmen, in dem die Bewegung ihren Grund hat, ohne dass er an ihr teilnimmt. Wir betonten frueher, dass es keine Einzelwahrheit giebt und demnach auch strenggenommen keine einzelnen Wesen, da alles mit einander im Zusammenhang steht, und das Eine in dem Andern seine Stuetze und seine Begruendung findet. Das Reich der Wahrheit ist ein Ganzes, keine Summe von Teilen, kein wirres Durcheinander, sondern eine nach Gruenden geordnete oder besser durch einen Begruendungszusammenhang gegliederte Einheit. Jede Wahrheit hat ihren objektiven Grund, auch die unmittelbar einleuchtenden Thatsachen und Prinzipien, fuer die wir einen Beweis nicht fuehren koennen und die in sofern _subjektiv_ fuer uns _grundlos_ sind. Man koennte sich das Reich der Wahrheit nun als ein System von Gliedern denken, die sich gegenseitig stuetzen und tragen. Allein die Beziehung zur Erkenntnis ist der Wahrheit wesentlich. Die Wahrheiten sind keine Dinge an sich, die wir so erkennen, wie sie unerkannter Weise sind. Ihr Einheitspunkt ist darum das ihnen allen gemeinsame goettliche Erkennen oder Denken, an dem unser Erkennen teilnimmt. In ihm haben sie ihren letzten _objektiven Grund_, ganz verschieden von dem subjektiven Grund unserer Einsicht. In diesen Gedankengaengen von den Zeit- und Ortsbestimmungen zu dem ueber Zeit und Ort Erhabenen, von der Bewegung zu dem unbewegten Beweger, von dem System der Wahrheiten zu dem Erkennenden und Denkenden, in dem es seinen Grund hat, macht sich das Einheitsgesetz unseres Denkens geltend. Es lautet: Das System der Wahrheit setzt einen Erkennenden voraus, in dem es seine Einheit hat. Als weiteres Gesetz unseres Erkennens bezeichnen wir das Gesetz der Kausalitaet: Was anfaengt zu existieren, setzt ein Anderes voraus, das bei seinem Anfange schon vorhanden ist und diesen Anfang ermoeglicht -- Gesetz der Ermoeglichung. Das Gesetz der Kausalitaet verhaelt sich aehnlich zum Einheitsgesetz wie das des Widerspruchs zum Gesetz der Uebereinstimmung. Wie das Gesetz des Widerspruchs zum Gesetze der Uebereinstimmung hinueberleitet, so das Gesetz der Kausalitaet zum Einheitsgesetz. Meistens muessen wir uns mit der Wegraeumung des Unwesentlichen begnuegen, und dazu verhilft uns das Gesetz des Widerspruchs immer, auch wenn wir nicht im stande sind, das Wesentliche oder eigentliche Wesen der Dinge zu erkennen. Meistens muessen wir uns auch zufrieden geben mit der Herstellung des Kausalzusammenhangs der Dinge mittels des Kausalitaetsgesetzes. Und diese Herstellung gelingt uns fast immer, wenn wir auch die Stellung der Dinge in der Gesamtheit des Wirklichen nach dem Einheitsgesetz nicht zu erkennen vermoegen. Falsch ist die Formel des Gesetzes: Was anfaengt zu existieren, setzt ein Anderes voraus, aus dem es notwendig hervorgeht. Diese Formel schiebt das Gesetz der Kausalitaet in das Gesetz des Grundes hinein, die Wirkung wird dadurch zur blossen logischen Folge herabgesetzt. Was immer unter dem causari verstanden werden mag, es ist verschieden von sequi. Das Gesetz der Kausalitaet in der von uns gegebenen Form ist unmittelbar evident. Es leuchtet uns unabweislich ein, dass kein Ding sich den Anfang seines Seins selbst geben kann, sondern eines Andern bedarf, das diesen Anfang ermoeglicht, obgleich die erstere Annahme keineswegs einen Widerspruch einschliesst. Sicher waere es widersprechend, wenn man annehmen wollte, ein Ding koenne freilich nicht selbst seinen Anfang ermoeglichen, und doch leugnete, dass dazu etwas von ihm Verschiedenes schon bei seinem Anfange Vorhandenes notwendig sei. Aber bedarf es einer Ermoeglichung des Anfangs? Darueber sagt uns das Gesetz des Widerspruchs nichts. Das Gesetz der Kausalitaet bejaht die Frage, und diese Bejahung drueckt seinen eigentlichen Sinn aus. Natuerlich ist das Gesetz der Kausalitaet auch ganz etwas andres, als das von der Gleichfoermigkeit des Naturlaufs, das auf induktivem Wege gewonnen wird, und als das viel weniger gesicherte Seitenstueck desselben, dass alle Denkenden unter gleichen Umstaenden gleiche Urteile faellen. Das Gesetz von der Gleichfoermigkeit des Naturlaufs ist nur eine Zusammenfassung unserer Erfahrungen von der Qualitaet der Ursachen oder Ermoeglichungsgruende, worueber uns natuerlich nur die Erfahrung und nicht das ganz allgemeine Gesetz der Kausalitaet oder Ermoeglichung belehren kann. Von Evidenz kann bei dem Gesetze der Gleichfoermigkeit keine Rede sein. Als letztes Gesetz erwaehnen wir das Gesetz des Grundes. Es lautet: Bei Bejahung des Grundes muss auch die Folge bejaht werden, und bei Verneinung der Folge muss auch der Grund verneint werden. Da eine Folge verschiedene Gruende haben kann, so gilt wenigstens nicht allgemein die Umkehrung des ersten Teiles des Gesetzes: Bei Bejahung der Folge muss auch der Grund bejaht werden. Da die Folge im Grunde enthalten ist, so gilt natuerlich immer: Wenn die Folge, das Enthaltene, nicht vorhanden ist, so ist auch der Grund, das die Folge notwendig Enthaltende, nicht vorhanden. Es handelt sich hier offenbar lediglich um das Verhaeltnis des Enthaltenseins. Das Gesetz des Grundes ist nichts andres, als das Gesetz des Enthaltenseins in seiner Anwendung auf zwei oder mehrere Urteile, die sich wie Grund und Folge verhalten. Natuerlich kann das Gesetz des Grundes ebensowenig wie das des Enthaltenseins zu einer Erweiterung unserer Erkenntnisse dienen und hat deshalb, wie dieses letztere, einen bloss formalen Charakter. Wenn wir das in einem Subjekt Enthaltene von ihm leugnen, das in einem bejahten Urteil enthaltene andere Urteil leugnen, oder auch trotz der Verneinung des enthaltenen Urteils das enthaltende bejahen, so verstossen wir nicht bloss gegen das Gesetz des Enthaltenseins und gegen das Gesetz des Grundes sondern auch gegen das Gesetz des Widerspruchs: wir widersprechen uns selbst. Insofern kann man die Form, welche wir, die Verneinung zu Huelfe nehmend, dem Gesetze des Grundes geben koennen: Bei Bejahung des Grundes darf nicht die Folge verneint und bei Verneinung der Folge nicht der Grund bejaht werden, als dritte Form des Gesetzes des Widerspruchs bezeichnen. Das, was wir als erste Form des Gesetzes des Widerspruchs bezeichnen koennen: Das Nichtzugehoerige nicht zusprechen oder als zugehoerig bejahen, ist natuerlich von etwas anderer Art als die dem Verhaeltnis des Enthaltenseins entsprechende zweite und dritte Form des Gesetzes. Wer gegen diese zweite und dritte Form verstoesst, widerspricht sich selbst, wer hingegen gegen die erste Form verstoesst, legt bloss einem Subjekt ein nicht zu ihm gehoerendes Praedikat bei, das im Subjekt nicht enthalten ist, ihm also auch nicht widerspricht. Aber er legt doch ein nicht zugehoerendes Praedikat als zugehoerend bei und begeht in sofern einen Widerspruch. Das Gesetz der Uebereinstimmung, das Einheitsgesetz und das Gesetz der Kausalitaet sind Realgesetze, die den Fortschritt unsres Denkens ermoeglichen und begruenden, muessen darum als Gesetze des Erkennens im strengen Sinne bezeichnet werden; das Gesetz des Enthaltenseins und das Gesetz des Grundes sind Formalgesetze, nach denen der Inhalt der gewonnenen Erkenntnis zergliedert wird, also eigentlich Denkgesetze. Indes auch durch Verneinung des Nichtzugehoerigen und ebenso auch durch Verneinung des Nichtenthaltenen findet entschieden ein Fortschritt des Erkennens statt. Insofern kann auch das Gesetz des Widerspruchs eine reale Bedeutung haben. Fuenfzehnte Untersuchung. Erkenntnis und blinde Ueberzeugung. Wir unterschieden den Blick, der die zusammengehoerigen Merkmale entdeckt; das Sichaufdraengen oder Einleuchten der Zusammengehoerigkeit; das Sehen, Wahrnehmen dieser Zusammengehoerigkeit oder die Einsicht in dieselbe, worin der eigentliche Erkenntnisakt besteht; den gedanklichen Ausdruck der Zusammengehoerigkeit im Urteil; das Bewusstsein der Objektivitaet oder Wahrheit des Urteils, das dem Einleuchten oder Sichaufdraengen der Zusammengehoerigkeit entspricht; endlich die Ueberzeugung von der Wahrheit oder Gueltigkeit des Urteils, die zur Gewissheit wird, wenn sie jeden Zweifel ausschliesst. Die thoerichte Frage, ob das Ding so ist, wie wir es mit den leiblichen Augen sehen, stellen wir nicht, auch nicht die, ob ein solches Ding existiert, sondern die andere, was das Ding seinem Wesen, seiner Wahrheit nach ist. Das haengt natuerlich von seiner Stellung in der Gesamtheit des Wirklichen ab und kann nur mit dem Auge des Geistes gesehen werden. Das auf Einsicht beruhende Urteil und die auf Einsicht beruhende Ueberzeugung haben natuerlich, wie die Einsicht selbst, in dem Einleuchten der Zusammengehoerigkeit einen vernuenftigen sie vollkommen rechtfertigenden Grund, der aber, wie wir sehen werden, keineswegs zwingend ist. Einsicht darf nicht mit Denknotwendigkeit verwechselt werden. Allein Urteil und Ueberzeugung koennen auch ohne vernuenftigen Grund eintreten. Wir sprechen dann von blindem Urteil, blinder Ueberzeugung. Natuerlich hat auch das blinde Urteil und die blinde Ueberzeugung einen Grund, nur keinen zureichenden, wirklich rechtfertigenden Grund. Ihr Grund besteht in den Gefuehlen des Gefallens und Missfallens, der Abneigung und Zuneigung, in der durch die Meinung anderer, zu der auch die oeffentliche Meinung gehoert, entstehenden Gewoehnung, in den von dort her ruehrenden Vorurteilen der Familie, des Standes, der Nation, der Konfession, des Berufs, in der Erziehung, in ererbten und erworbenen Gehirndispositionen, endlich im Egoismus und Lebenstrieb, der sich im Wettbewerb und im Kampfe ums Dasein kundgiebt. Aus allen diesen Gruenden entsteht zunaechst ein blindes Urteilen, oder gedankliches Behaupten, das, wenn es oft genug wiederholt wird, eine blinde Ueberzeugung zur Folge hat, die freilich auch unmittelbar aus diesen Gruenden, insbesondere aus den Gefuehlen der Abneigung und Zuneigung, des Gefallens und Missfallens, dann aus dem Egoismus und Lebenstriebe hervorgehen kann. Diesem blinden Urteilen und Ueberzeugtsein folgt dann das vermeintliche Sehen, Wahrnehmen der Zusammengehoerigkeit, die vermeintliche Einsicht in dieselbe, die natuerlich keine Erkenntnis ist, weil sie des vernuenftigen Grundes, auf dem alle Erkenntnis beruht, ermangelt. Die Erkenntnis ist wirkliche, nicht bloss vermeintliche Einsicht in die Zusammengehoerigkeit und beruht auf dem Einleuchten dieser Zusammengehoerigkeit. Diese wirkliche Einsicht geht immer dem Urteil, der gedanklich behaupteten Zusammengehoerigkeit, voran und unterscheidet sich dadurch wesentlich von der vermeintlichen Einsicht. Wie solche blinden Urteile und Ueberzeugungen des vernuenftigen, sie rechtfertigenden Grundes ermangeln, der nur in dem Einleuchten der Wahrheit bestehen kann, so ermangeln sie damit auch des Kennzeichens der Wahrheit, das eben in diesem Einleuchten besteht. Wenn sie wahr sind, so sind sie doch nur zufaelliger Weise wahr; eine Buergschaft fuer ihre Wahrheit bieten sie in keiner Weise. Mit der in der Einsicht bestehenden Erkenntnis ist immer eine Gewissheit verbunden, sie ist von derselben unabtrennbar. Unter Gewissheit aber verstehen wir eine Ueberzeugung, die jeden Zweifel ausschliesst. So lange wir zweifeln, hin- und herschwanken, oder auch die Gruende fuer oder gegen eine Sache abwaegen, erkennen wir nicht. Wenn wir aber sagen: das ist zweifelhaft, entweder weil gar keine Gruende dafuer sprechen, oder weil die Gruende, die dafuer sprechen, nicht durchschlagend sind; wenn wir ferner sagen: das ist wahrscheinlich oder das ist unwahrscheinlich, weil mehr oder weniger Gruende fuer eine Sache sprechen als fuer ihr Gegenteil, so ist das eine Erkenntnis; wir sagen so, weil wir es einsehen. Eine wahrscheinliche oder zweifelhafte Einsicht giebt es nicht, sondern nur eine Einsicht, dass etwas wahrscheinlich oder zweifelhaft ist. Die Einsicht ist eben immer mit der Gewissheit verbunden und von ihr unabtrennbar, aber auch die blinde Ueberzeugung kann jeden Zweifel ausschliessen und so zur Gewissheit werden. Von dieser Art ist unzweifelhaft die Ueberzeugung des Fanatikers oder desjenigen, der blindlings einem Andern in rueckhaltloser, unbedingter Weise vertraut. Ihre Ueberzeugung schliesst sicher jeden Zweifel aus und muss darum als Gewissheit bezeichnet werden. Freilich ist das eine blinde Gewissheit, die von der auf Einsicht beruhenden und von ihr unabtrennbaren Gewissheit verschieden ist. Offenbar hat die Gewissheit, insofern sie jeden Zweifel ausschliesst, also nach ihrer negativen Seite, keine Grade; nach ihrer positiven Seite hat sie allerdings, wenigstens als blinde Gewissheit, ebenso wie die blinde Ueberzeugung, Grade. Die blinde Gewissheit kann nicht als ein Maximum der blinden Ueberzeugung betrachtet werden, sondern ist durch die Leidenschaftlichkeit des Blindglaubenden einer Steigerung bis ins Unermessliche faehig. Anders scheint es mit der auf Einsicht beruhenden Gewissheit zu sein. Die Einsicht hat natuerlich keine Grade, sie ist entweder vorhanden oder nicht vorhanden. Ein Mehr oder Minder giebt es hier nicht. Dasselbe scheint auch von der mit der Einsicht verbundenen Gewissheit zu gelten. Sie ist nicht bloss nach ihrer negativen sondern auch nach ihrer positiven Seite ohne Grade. Sechzehnte Untersuchung. Zulaenglichkeit des Kennzeichens der Wahrheit. Es ist keine Frage, dass es ein vermeintliches Einleuchten giebt, dass wir oft glauben, die Zusammengehoerigkeit leuchte uns ein und doch hinterher bekennen muessen, dass wir uns getaeuscht haben. Wir wechseln nicht bloss unsere Ansichten sondern auch unsere Einsichten, verwerfen eine fruehere Einsicht als bloss vermeintlich und setzen eine andere moeglicherweise wieder vermeintliche an ihre Stelle. Alles auf Grund des, sei es wirklichen, sei es vermeintlichen Einleuchtens. Wie kann da dieses Einleuchten noch als massgebendes und entscheidendes Kennzeichen der Wahrheit betrachtet werden? Wir haben schon gezeigt, dass die mit Einsicht verbundene Gewissheit von andrer Art ist als die ohne Einsicht. Was von der Gewissheit gilt, die ohne Einsicht eintritt, muss natuerlich auch von der Gewissheit behauptet werden, die sich mit der vermeintlichen Einsicht verbindet. Da sich nun immer mit der vermeintlichen Einsicht ebenso wie mit der wirklichen eine Gewissheit verbindet, so koennen wir beide schon durch die Art der mit ihnen verbundenen Gewissheit unterscheiden. Aber auch abgesehen von diesem Unterschiede zwischen der vermeintlichen und wirklichen Einsicht koennen wir uns der ersteren erwehren und ihr gegenueber die letztere zur Geltung bringen. Der vermeintlichen und wirklichen Einsicht entspricht das vermeintliche und wirkliche Einleuchten oder Evidentsein eines Sachverhaltes. Es kann nun irgend etwas mittelbar oder unmittelbar einleuchtend sein. Alle des Beweises beduerftigen Saetze sind, wenn sie bewiesen sind, mittelbar einleuchtend; unmittelbar einleuchtend ist nach unsrer Auffassung nicht bloss das Gesetz des Widerspruchs, sondern auch das der Ermoeglichung oder Kausalitaet. Nehmen wir nun an, dass ein Satz in mittelbarer Weise einleuchtend zu sein scheint, so koennen wir, wenn sein Gegenteil mittelbar einleuchtend gemacht werden kann, einen Beweis hierfuer erbringen und dadurch den Schein des Einleuchtens beseitigen. Mag aber das Gegenteil des Satzes auch eines Beweises nicht faehig sein, in jedem Falle sind wir im stande, den Beweis, der fuer den in mittelbarer Weise scheinbar einleuchtenden Satz gefuehrt wird, zu pruefen und, falls sich hierbei ein Fehler ergiebt, durch diese Pruefung den Schein des Einleuchtens zu zerstoeren. Nehmen wir ferner an, dass ein Satz in unmittelbarer Weise einleuchtend zu sein scheint, so koennen wir fuer das Gegenteil einen Beweis zu fuehren suchen und dadurch den Schein des Einleuchtens entfernen. Es bleibt noch ein Fall als moeglich uebrig. Ein Satz koennte unmittelbar einleuchtend scheinen und sein Gegenteil auch nur unmittelbar einleuchten, sodass wir also keinen Beweis fuer dasselbe zu fuehren im Stande sind. Hier stehen nun freilich Ja und Nein einander gegenueber, und eine Entscheidung ist unmoeglich. Aber dieser vierte Fall ist in der Geschichte der Philosophie nicht vorgekommen. Heraklit und Hegel haben das Gesetz des Widerspruchs geleugnet, aber ihr Recht zu dieser Leugnung durch einen Beweis darzuthun gesucht. In neuester Zeit hat man das Gesetz der Kausalitaet nicht eigentlich geleugnet aber doch bezweifelt, dass es unmittelbar einleuchtend sei. Aber auch diesen Zweifel sucht man zu begruenden, indem man dem Gesetze der Kausalitaet das Gesetz von der Gleichfoermigkeit des Naturlaufs, das nur auf einer Induktion beruht, substituiert -- eine Zusammenfassung unsrer Erfahrungen ueber die Qualitaet der zu bestimmten Wirkungen gehoerenden Ursachen. Solche Gedankengaenge, die das unmittelbare Einleuchten gewisser Saetze bestreiten, kommen natuerlich im wirklichen Leben nicht vor. Man ist hier eher geneigt, das unmittelbare Einleuchten gewisser dem sinnlichen Schein oder einer unberechtigten Verallgemeinerung zu liebe aufgestellter Saetze zu behaupten, wie z. B. das unmittelbare Einleuchten des Satzes, dass die Sonne still steht. Hier ist es ein Leichtes, durch den Beweis des Gegenteils den Schein des unmittelbaren Einleuchtens zu zerstoeren. Es ergiebt sich, dass wir dem unleugbaren Vorkommen einer vermeintlichen Einsicht und eines vermeintlichen Einleuchtens nicht ratlos gegenueberstehen und uns hierdurch in der Annahme des Einleuchtens der Zusammengehoerigkeit als eines zuverlaessigen und entscheidenden Kennzeichens der Wahrheit nicht irre machen lassen duerfen. Wir koennen nicht bloss die wirkliche Einsicht von der vermeintlichen an bestimmten Merkmalen unterscheiden, wir koennen auch die entstehende vermeintliche Einsicht ueberwinden, und zwar durch die wirkliche Einsicht. Siebzehnte Untersuchung. Einsicht und Denknotwendigkeit. Die Einsicht oder Erkenntnis beruht, wie wir sahen, auf einem vernuenftigen, zureichenden, sie voellig rechtfertigenden Grunde. Es ist aber zu beachten wichtig, dass dieser Grund nicht zwingend wirkt. Einsicht hat nichts mit aeusserem Zwange oder innerer Noetigung gemein; sie kann darum auch keineswegs mit Denknotwendigkeit verselbigt werden. Allerdings kommt in unsren Schlussfolgerungen aus der Einsicht haeufig so etwas wie Denknotwendigkeit zum Ausdruck. Wir sagen: es kann nicht anders sein, es muss so sein. Wir sagen das nicht bloss, wenn es sich um begriffliche, sondern auch, wenn es sich um bloss thatsaechliche Wahrheiten handelt. Wenn wir sie einsehen, so erscheint uns das Gegenteil ausgeschlossen, also unmoeglich. Woher kommt das? Offenbar lediglich von der mit der Einsicht verbundenen Gewissheit. Wir sind gewiss, das heisst, aller Zweifel und damit auch die Moeglichkeit, dass es anders sein koennte, die Moeglichkeit des Gegenteils ist ausgeschlossen. So sagen wir denn eben wegen dieser Gewissheit: so muss es sein. Soll das etwa heissen, dass zwischen den zusammengehoerigen Gliedern, deren Zusammengehoerigkeit wir einsehen, ein Notwendigkeitszusammenhang besteht? Sicherlich nicht. Denn sonst duerften wir nicht in gleicher Weise reden, wenn es sich um bloss thatsaechliche Wahrheiten handelt, bei denen offenbar die Annahme eines Notwendigkeitszusammenhangs ausgeschlossen ist. Indes koennte immerhin die Einsicht ueberall da mit der Denknotwendigkeit verselbigt werden muessen, wo ein solcher Notwendigkeitszusammenhang des Zusammengehoerigen vorliegt. Das bedarf einer naehern Untersuchung. Es fragt sich, ob bei allen begrifflichen Saetzen eine solche Denknotwendigkeit vorhanden ist, und weiterhin, ob dort, wo sie vorhanden, die Denknotwendigkeit mit der Einsicht ein und dasselbe ist. In den Gesetzen des Erkennens und Denkens kommt anscheinend ueberall eine Denknotwendigkeit zum Ausdrucke. Gesetz der Uebereinstimmung: Das Zugehoerige _muss_ zugesprochen, _darf nicht_ abgesprochen, das Nichtzugehoerige _darf nicht_ zugesprochen, _muss_ abgesprochen werden. Das Gesetz des Enthaltenseins: Das Enthaltene _muss_ zugesprochen, _darf nicht_ abgesprochen, das Nichtenthaltene _darf nicht_ als enthalten zugesprochen, _muss_ abgesprochen werden. Das Gesetz der Einheit: Das System der Wahrheit setzt _notwendig_ einen Denkenden voraus. Das Gesetz der Ermoeglichung: Was anfaengt, zu existieren, setzt _notwendig_ ein Anderes voraus, das bei seinem Anfange schon vorhanden ist und diesen ermoeglicht. Das Gesetz des Grundes: Aus der Wahrheit des Grundes ergiebt sich _notwendig_ die Wahrheit der Folge, aus der Falschheit der Folge die Falschheit des Grundes. Das "muss", "darf nicht", "notwendig" drueckt hier zunaechst auch nichts anderes als die Gewissheit aus, die jeden Zweifel und damit die Moeglichkeit des Andersseinkoennens ausschliesst. Aber es verhaelt sich doch bei diesen Gesetzen mit der Notwendigkeit nicht gleichmaessig. Ein Notwendigkeitsverhaeltnis zwischen dem Ding und dem von ihm Ausgesagten liegt unzweifelhaft vor, wenn das Ausgesagte in dem Dinge enthalten ist. Natuerlich ebenso, wenn es sich nicht um Dinge sondern um Urteile handelt, wenn nach dem Gesetze des Grundes aus der Wahrheit des den Grund bildenden Urteils die Wahrheit des die Folge ausdrueckenden Urteils und wenn aus der Falschheit des die Folge ausdrueckenden Urteils die Falschheit des den Grund bildenden Urteils erschlossen wird. In diesen beiden Faellen, allgemeiner: in Urteilen, wo es sich um ein Enthaltensein handelt, mag man von einer Denknotwendigkeit reden, aber man darf eben nur dies mit dem Enthaltensein gegebene Notwendigkeitsverhaeltnis darunter verstehen. Wir sind durch nichts aeusserlich gezwungen oder innerlich genoetigt, das in einem Dinge Enthaltene von ihm auszusagen oder aus einem Urteil als dem Grunde ein anderes als seine Folge abzuleiten. Wir sehen freilich mit einer allen Zweifel ausschliessenden Gewissheit ein, dass das Urteil, in dem wir das in einem Ding Enthaltene von ihm aussagen, notwendig wahr sein muss, ebenso, dass das Urteil wahr sein muss, das sich als Folge aus einem andren Urteil als seinem Grunde ergiebt. Aber wiederum ist zu beachten wichtig, dass diese Einsicht in die Wahrheit der Urteile mit der im Enthaltensein gegebenen Denknotwendigkeit nichts zu thun hat, von ihr ganz und gar verschieden ist und sich in keiner Weise auf sie stuetzt. Es ergiebt sich, dass, wenn auch in Bezug auf das Enthaltensein von Denknotwendigkeit geredet werden kann, diese Denknotwendigkeit doch nicht mit der Einsicht verwechselt oder verselbigt werden darf. Auch in Bezug auf das zusammengehoerige Nichtenthaltene kann von Denknotwendigkeiten geredet werden. Man hat von jeher unterschieden zwischen den Proprietaeten oder wahren Eigenschaften, die nicht als Merkmale im Ding enthalten sind und ihm doch notwendig zukommen, und zwischen den Accidentien, die ihm zukommen koennen. Richtung und Geschwindigkeit sind fuer die Bewegung, Staerke und Hoehe fuer den Ton solche Eigenschaften, aber die bestimmte Richtung und Geschwindigkeit, die bestimmte Staerke und Hoehe sind nicht notwendig. Ohne jene Eigenschaften kann Bewegung und Ton gar nicht vorhanden sein, wohl aber ohne diese Bestimmtheiten. Die Zugehoerigkeit ist hier Denknotwendigkeit. Aber es ist zu beachten wichtig: nicht weil es denknotwendig ist, betrachten wir dieses Zugehoerige als zugehoerig, sondern nur darum, weil uns die Zugehoerigkeit einleuchtet und wir sie einsehen. Jede Eigenschaft setzt ferner ein Selbstaendiges, jede Bewegung, jede Veraenderung ein Bewegliches, ein Veraenderliches, ein Beharrliches voraus. Wir koennen das nicht anders denken; also wiederum eine Denknotwendigkeit innerhalb des Zugehoerigen, Nichtenthaltenen. Es scheint, als wenn dieser Denknotwendigkeit gar keine Einsicht entspricht. Wir sehen ein, dass und warum das Enthaltensein denknotwendig ist; aber wir sehen nicht ein, warum wir in unsrem Denken fuer die Eigenschaft ein Selbstaendiges, fuer die Bewegung ein Bewegliches, fuer die Veraenderung ein Veraenderliches voraussetzen muessen. Wir koennen nur sagen, die Einrichtung unsres Denkens bringt das so mit sich. Die Roete hat doch ihren eigenen Inhalt, ebenso die Bewegung, ebenso die Veraenderung. Warum setzt sie etwas voraus, das rot ist, sich bewegt, sich veraendert? Hier scheint bloss ein blindes Muessen vorhanden zu sein, das auf einer Einrichtung, auf einem Mechanismus unsres Denkorganismus beruht. Es scheint nicht unwichtig zu beachten, dass keine Denknotwendigkeit besteht, jedes Selbstaendige mit Eigenschaften auszustatten oder jedem Beharrlichen eine Bewegung oder Veraenderung zuzuschreiben. Wenn wir einem Selbstaendigen, einem Dinge eine Eigenschaft zuschreiben, ihm Bewegung oder Veraenderung beilegen, so geschieht das, weil uns die betreffenden Zusammengehoerigkeiten einleuchten. Auch bezueglich des Nichtenthaltenen und Nichtzugehoerigen giebt es Denknotwendigkeiten, die wir als Unvertraeglichkeitsverhaeltnisse bezeichnen. Sie sind ueberall dort vorhanden, wo von einem Subjekt ein Praedikat notwendig ausgeschlossen ist. Das gilt von allen Praedikaten, die das kontradiktorische Gegenteil des Subjekts ausdruecken. Es gilt ferner von allen Dingen -- das Wort im engern Sinne genommen -- unter einander. Da sie ein Eigensein haben und einander gegenueber selbstaendig sind, koennen sie nicht von einander ausgesagt werden. Bei vielen Praedikaten macht sich in ihrem Verhaeltnis zu einander diese Unvertraeglichkeit geltend, die nur die Kehrseite der Notwendigkeit ist. Sie koennen nicht zugleich von demselben Subjekt ausgesagt werden; so: Bejahen und Verneinen desselben Gegenstands, Wollen und Widerstreben in Bezug auf denselben Gegenstand, die sogenannten kontraeren Gegensaetze arm und reich, jung und alt, gross und klein, schwarz und weiss usw. Dass wir diese Praedikate als unvertraeglich miteinander oder mit dem Subjekt erkennen, hat seinen Grund natuerlich lediglich in dem Einleuchten der Unvertraeglichkeit, nicht in der mit ihr gegebenen Denknotwendigkeit, sodass also auch hier Denknotwendigkeit und Einsicht als etwas ganz Verschiedenes erscheint. Es fragt sich, ob nicht eine Denknotwendigkeit in dem Einheitsgesetz und dem Gesetz der Kausalitaet vorliegt, und weiterhin, ob nicht diese Denknotwendigkeit mit der Einsicht als ein und dasselbe gesetzt werden muss. Zunaechst ist einleuchtend, dass es sich fuer uns nicht darum handeln kann, zu entscheiden, ob zwischen dem Denkenden und dem System der Wahrheit, zwischen dem den Anfang irgendwie Ermoeglichenden und dem Anfangenden ein Notwendigkeitszusammenhang besteht, sondern lediglich darum, ob er von dem Einheits- und Kausalitaetsgesetz gefordert wird und in diesen Gesetzen zum Ausdrucke kommt. Beides wird nun geleugnet werden muessen. In dem Einheitsgesetz (das System der Wahrheit setzt einen Denkenden voraus, der alle Wahrheit erkennt) und in dem Gesetz der Kausalitaet (das Anfangende setzt ein anderes schon Bestehendes voraus, das seinen Anfang ermoeglicht) ist von einem Notwendigkeitsverhaeltnis zwischen dem Denkenden und dem System der Wahrheit, zwischen dem den Anfang Ermoeglichenden und dem Anfangenden in keiner Weise die Rede; ein solches Notwendigkeitsverhaeltnis wird darum auch von diesen Gesetzen nicht gefordert. Nur insofern kommt auch in diesen Gesetzen ein Notwendigkeitsverhaeltnis zum Ausdruck, als das System der Wahrheit notwendig einen Erkennenden, und das Anfangende notwendig einen Ermoeglichungsgrund voraussetzt. Es ist nichts dagegen einzuwenden, dieses Notwendigkeitsverhaeltnis als eine Denknotwendigkeit zu bezeichnen; aber wiederum gilt, dass diese Denknotwendigkeit nicht der Grund unsrer Einsicht in die Wahrheit dieser Gesetze ist, dass vielmehr dieser Grund, wie ueberall so auch hier, nur das Einleuchten der Zusammengehoerigkeit sein kann. Auch hier sind also Denknotwendigkeit und Einsicht ganz und gar verschieden. Achtzehnte Untersuchung. Einsicht und Wille. Da mit der Einsicht keinerlei Zwang oder innere Noetigung fuer uns verbunden ist, so sind wir im Stande uns derselben zu entziehen, wenn sie unsren Neigungen nicht entspricht, wie viele Erfahrungen unseres Lebens uns bestaetigen. Das Widerstreben gegen die erkannte Wahrheit ist eine leider nur zu haeufig vorkommende Thatsache. Wir koennen unsren Blick von dem Sichaufdraengen und Einleuchten der Zusammengehoerigkeit ablenken und auf etwas andres richten, uns dadurch die eintretende Einsicht aus dem Sinne schlagen, in den Hintergrund draengen, verdunkeln und sogar ganz beseitigen, um uns einem entgegengesetzten, blinden Dafuerhalten, das unsren Neigungen besser entspricht, hinzugeben. Aber auch wenn dies nicht der Fall ist, bleibt die Einsicht und das ihr folgende Urteil oft ein blosser Verstandesakt, selbst vorausgesetzt, dass entgegengesetzte Interessen vorhanden sind aber keinen Einfluss ausueben, weil der Wille nicht widerstrebt. Ganz verschieden von diesen Verstandesakten ist die Liebe zur Wahrheit, die sich in der Hingabe und Unterwerfung des Willens unter die Wahrheit und in dem Ergriffen- und Unterjochtwerden des Gemuetes von der Wahrheit kundthut und der Vertiefung in die Wahrheit, insbesondere in ihren ueberzeitlichen Charakter, zu folgen pflegt. Es ist klar, dass die Wahrheitserkenntnis erst durch diese Mitbeteiligung des Willens und Gemuets eine Bedeutung fuer unser inneres Leben erhaelt. Die Anerkennung der erkannten Wahrheit, das Festhalten an ihr trotz entgegengesetzter Neigung ist eine strenge sittliche Pflicht, ja die hoechste sittliche Pflicht, denn alles Unsittliche hat seine letzte Wurzel und Quelle in dem Widerstreben gegen die erkannte Wahrheit, was schon in dem blossen Sichabwenden und Unbeachtetlassen der eben aufleuchtenden Einsicht sich kundgiebt. Die erkannte Wahrheit ist ein sittliches Gut, nicht ein Gut des egoistischen Willens sondern ein Gut des Gemeinschaftswillens; ja sie ist das Gut der Gueter, das hoechste Gut, denn alle andren Gueter erhalten nur durch sie ihren Wert. Die Wahrheitsliebe ist Pflicht jedes Menschen, die gluehende Liebe zur Wahrheit ist die Tugend des wissenschaftlichen Forschers. Das Wort Kants vom guten Willen gilt im hoechsten Sinne von der Wahrheit: Das einzige, was nicht bloss in der Welt der wollenden Wesen, wie der gute Wille, sondern ueberhaupt um seiner selbst willen gut ist, ist die Wahrheit, denn alles andere ist nur gut durch sie. Das gilt von allen Wahrheiten. Einer besondren Beachtung beduerfen die sittlichen und religioesen Wahrheiten, die Wahrheiten, welche, allgemeiner gesprochen, unser praktisches Verhalten und unsre persoenlichen Beziehungen regeln. Sie muessen natuerlich den Willen in ganz andrer Weise beeinflussen und das Gemuet in Anspruch nehmen und doch bleiben gerade sie haeufig lediglich blosse Kopfwahrheiten. Die mit ihnen verbundene Einsicht ist natuerlich auch ein Verstandesakt. Sitte und Gewohnheit bringen es mit sich, dass man ihnen die Anerkennung im Denken und Reden nicht versagt. Diese Anerkennung wird als etwas Selbstverstaendliches betrachtet. Aber sie ist auch lediglich eine Anerkennung des Verstandes, die diesen Wahrheiten in gedankenloser Weise entgegengebracht wird, ohne dass der Wille und das Herz davon irgendwie beruehrt werden, selbst wenn das Leben des Anerkennenden den Wahrheiten durchaus widerspricht. Der Widerspruch zwischen den Gewohnheiten des Lebens, wie sie im Handeln sich kundgeben und zwischen der ebenfalls im Denken und Reden zur Gewohnheit gewordenen Anerkennung kommt gar nicht mehr zum Bewusstsein. Die Gewohnheit auf beiden Seiten laesst eine Reflexion gar nicht aufkommen und alles als selbstverstaendlich erscheinen. Das ist die Lage der meisten Menschen, die im Reden und Denken an der ihnen anerzogenen Moral und Religion festhalten, obgleich die Grundsaetze dieser Moral und Religion auf ihre Gesinnung, ihr Leben und Handeln gar keinen Einfluss ausueben. Ihre Moral und Religion ist lediglich zur Kopfwahrheit geworden. Wie oft werden Grundsaetze im Denken und Reden als selbstverstaendlich anerkannt und doch im Leben und Handeln ohne weiteres, wir muessen sagen gedankenlos, unbewusst, mit Fuessen getreten. Wer verurteilt in seinem Denken und Reden nicht den Egoismus, und wer zieht das zuerst deutlich, dann immer weniger deutlich, zuletzt gar nicht mehr als minderwertig erkannte eigene Ich nicht dem fremden vor? Vierter Abschnitt. Umfang unsres Wissens. Neunzehnte Untersuchung. Schranken unsres Erkennens. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Gegenstand und das Ziel des Erkennens nichts andres sein kann als die Wahrheit in ihrem ueberzeitlichen Charakter, der allein ihre Allgemeingueltigkeit fuer alle Denkenden verbuergt. Aber es fragt sich, ob die thatsaechliche Beschaffenheit der Erkenntnisvorgaenge dieser Aufgabe in jeder Hinsicht angemessen ist und gerecht wird. Um diese Frage zu beantworten, gehen wir von der seit Aristoteles und dem Neuplatoniker Porphyrius ueblichen Unterscheidung zwischen den Praedikabilien und Praedikamenten oder Kategorien aus. Unter Praedikabilien verstehen wir hoechste Aussagen ueber Begriffe, unter Praedikamenten oder Kategorien hoechste Aussagen ueber das Seiende. Man zaehlt nach Porphyrius fuenf Praedikabilien: Gattung, Art, Differenz, das Notwendige (Proprietaet), das Zufaellige (Accidenz), die wesentlichen Merkmale, welche in Gattung, Art und Differenz vorhanden sind, von den ausserwesentlichen notwendigen oder zufaelligen unterscheidend; ferner nach Aristoteles zehn Kategorien: Substanz, Eigenschaften, Groesse, Beziehung, Ort, Zeitpunkt, Lage, Thun, Leiden, Zustand. Die notwendigen Merkmale oder Proprietaeten sollen also etwas anderes als die Eigenschaften sein. Die Eigenschaft kann sowohl Proprietaet als Accidenz sein, sie kann dem Ding sowohl notwendig als zufaellig zukommen. Z. B. ist die weisse Farbe und das Kranksein eine Eigenschaft gewisser Menschen, aber doch nur ein Accidenz. Es gehoert zum Wesen der Eigenschaft, dass sie nicht ohne ein Selbstaendiges sein kann, dessen Eigenschaft sie ist, dass sie ein Selbstaendiges notwendig voraussetzt: aber darum ist sie noch nicht notwendig fuer dieses Selbstaendige. Das gilt nur von der Proprietaet. So setzt auch das Anfangende einen Ermoeglichungsgrund notwendig voraus, geht aber darum noch keineswegs aus diesem Ermoeglichungsgrund notwendig hervor oder ist mit ihm notwendig verbunden. Die Proprietaet gehoert, wie das Accidenz, zum Ausserwesentlichen; die Eigenschaft kann sowohl zum Wesentlichen als Ausserwesentlichen gehoeren. Man sieht, die Unterscheidung von Proprietaet und Eigenschaft laesst sich zur Not aufrecht erhalten und durchfuehren. Aber warum sollen die Proprietaeten, warum soll ueberhaupt das Ausserwesentliche nur eine Aussage ueber Begriffe enthalten? Gehoert das Ausserwesentliche nicht auch zum Seienden? Gattung und Art sind offenbar Praedikabilien, wenn man sie einfach nach dem Verhaeltnis des Allgemeinen und Besondern ins Auge fasst. Aber die Alten haben mit Recht Gattung und Art nicht bloss nach diesem Verhaeltnis bestimmt, sondern fuer beide nur die wesentlichen Merkmale in Anspruch genommen und die ausserwesentlichen auf Proprietaet und Accidenz verteilt. Ist aber nun das Wesentliche und weiterhin das Wesen ein blosses Praedikabile? und nicht vielmehr eine Kategorie? Ja, die Kategorie der Kategorien? Das Seiende ist doch eben nur ein Seiendes dadurch, dass es ein Wesen, eine Wahrheit hat. Verschiedenheit und Gleichheit sind sicher unmittelbar nur Aussagen ueber unsre Begriffe, keine Kategorien, ebensowenig das Nichtseiende, die Negation des einen vom andern; Mensch als Nicht-Pflanze z. B. Demnach kann auch die Zahl keine Kategorie sein; sie ist der Gattung verwandt und wie diese Zusammenfassung niederer Einheiten zu einer hoeheren Einheit; nur dass bei der Gattung in dieser hoeheren Einheit die niedern fuer das Bewusstsein verschwinden, waehrend sie bei der Zahl im Bewusstsein festgehalten werden. Aber wie steht es mit der Einheit im hoechsten Sinne? Ist sie auch keine Kategorie? Sicher ist sie eine Kategorie. Nur dadurch, dass das Seiende ein Teil der Einen Wahrheit ist und an ihr teilnimmt, ist es ein Seiendes; die Einheit wie das Wesen, wie die Wahrheit selbst ist in der That die hoechste Kategorie; sie ist von Wahrheit und Wesen nicht zu trennen, so wenig wie das Wesen von der Wahrheit und die Wahrheit vom Seienden. Es mag angemessen sein, das fuer ein Ding Notwendige und das ihm Zufaellige zu unterscheiden; aber wichtiger ist die Frage, ob etwas darum, weil es zufaellig ist, weniger zum Seienden gehoert. Zufaellig ist dem Menschen das Kranksein, das Krueppelhaftsein, wohl auch die Farbe, die schwarze, gelbe, rote Haut; aber sind diese Eigenschaften darum weniger seiend, weil sie zufaellig sind? Was hat es mit dem Zufaelligen ueberhaupt in Hinsicht des Seins auf sich? Fragen wir endlich, ist die Wirklichkeit eine Kategorie? Auch die nichtseinsollende Wirklichkeit? Sicherlich wird man diese Frage bejahen muessen! Wir kommen auf den ersten Teil derselben zurueck. Wie steht es mit der Negation, die als Negation des Nichtzugehoerigen, Nichtenthaltenen fuer den Fortschritt unsres Erkennens von so grosser Wichtigkeit ist? Hat sie eine reale Bedeutung? Wenn man sagt, das eine ist bloss nichtseiend mit Bezug auf das andere, nicht aber an sich, so vergisst man, dass das Nichtsein des andern die Beschraenktheit, die Endlichkeit des einen, gleichsam das im einen selbst vorhandene Nichtsein voraussetzt. Was hat es mit diesem anscheinend seienden Nichtsein auf sich? Wie die Praedikabilien von dem Gedanken des Enthaltenseins, von dem Verhaeltnis des Allgemeinen zum Besondren beherrscht sind, so tritt fuer die Tafel der Kategorien die sinnliche, sinnfaellige Wirklichkeit (Substanz, Groesse, Ort, Lage) in den Vordergrund. Das entspricht in gewisser Hinsicht der thatsaechlichen Beschaffenheit unsrer Erkenntnisvorgaenge, aber in keiner Weise dem Zwecke derselben. Je mehr wir uns von der sinnfaelligen Wirklichkeit entfernen, desto inhaltleerer wird anscheinend unser Denken. Wir haben immer weniger Anlass, mit der Negation zu unterscheiden und zu trennen. Das Verhaeltnis des Enthaltenseins tritt in den Vordergrund, das Denken ist sozusagen in dasselbe eingespannt, die Einheit wird zur Einerleiheit, das Wesen zum inhaltsleeren Allgemeinen; selbst die Wahrheit kommt auf das Enthaltensein zurueck (immanenter Wahrheitsbegriff). Und doch hat das Verhaeltnis des Enthaltenseins fuer unser Erkennen nur eine untergeordnete Bedeutung. Die sogenannte sinnfaellige Wirklichkeit kann, wie wir noch sehen werden, nur die Bedeutung eines Erkenntnismittels haben, das wohl die Richtung des Erkennens, aber nicht sein Ziel bestimmt. In dieser thatsaechlichen Beschaffenheit unsrer Erkenntnisvorgaenge liegt offenbar eine Schranke fuer das seinem Ziele zustrebende Erkennen. Als weitere Schranken unsres Erkennens lehrt eine eingehende Betrachtung die Kategorien des Raumes, der Zeit, der Substanz und Kausalitaet kennen, die in unsrem Erkennen die groesste Rolle spielen. Vergleichen wir das System der Wahrheit, wie es unsrem Erkennen gegeben wird oder entgegentritt, einem Gebaeude, in dem wir das Gerueste oder Fachwerk von der ausfuellenden Masse, einem Gewebe, in dem wir die Kette von dem Einschlag unterscheiden, so koennen Raum, Zeit, Substanz und Kausalitaet als das Gerueste oder Fachwerk fuer das Gebaeude der Wahrheit oder als die Kette fuer das Gewebe, das sie bildet, bezeichnet werden. Die Kategorien Raum und Zeit setzen die Sinnenbilder der Ausdehnung und Bewegung voraus, gehen aber weit ueber diese Sinnenbilder hinaus; sie bestehen in einer begrifflichen Bearbeitung derselben, die nicht etwa bloss das in ihnen Enthaltene wiedergiebt, sondern auch das fuer das Denken ihnen Zugehoerige hinzufuegt. Aber in dieser begrifflichen Bearbeitung steckt ebenso wie in den entsprechenden Sinnenbildern ein irrationales oder dem Denken inkommensurables Element. Es ist fuer Ausdehnung und Raum die Beruehrung der Teile, welche das den beiden wesentliche Nebeneinander ausschliesst; es ist fuer Bewegung und Zeit der Uebergang, der das der Bewegung und Zeit wesentliche Nacheinander ausschliesst. Zwischen zwei nebeneinander liegenden Orten giebt es keinen dritten, beiden gemeinsamen; zwischen zwei auf einander folgenden Zeitpunkten keinen dritten, beiden gemeinsamen. Und doch setzt das die Beruehrung und der Uebergang voraus, wenn wir mit dem Denken zu erfassen suchen, was sie besagen. Die Kategorien der Substanz und Kausalitaet verlangen, dass dem Sinnenbild des Ausgedehnten und Bewegten der der innern Erfahrung entstammende Willensimpuls in associativer Weise unterlegt wird. Dadurch entstehen aus dem Ausgedehnten die den Raum ausfuellenden und damit Widerstand entgegensetzenden Dinge -- neue, umfassendere Sinnenbilder, deren begriffliche Bearbeitung die Begriffe der Substanz und Kausalitaet ergiebt. Auch diese enthalten das irrationale, dem Denken inkommensurable Element in verstaerktem, verdoppeltem Masse. Die Beruehrung wird fuer die Substanz zur Quelle des Nebeneinander, trotzdem sie eigentlich das Nebeneinander ausschliesst. Der Uebergang wird fuer die Kausalitaet zur Quelle des Nacheinander, trotzdem der Uebergang das Nacheinander ausschliesst. Natuerlich sind die Begriffe von Raum und Zeit, von Substanz und Kausalitaet nicht etwa bloss umgeformte Sinnenbilder oder sinnliche Empfindungen, sie sind das Erzeugnis einer begrifflichen Bearbeitung und gehen insofern weit ueber das sinnliche Gebiet hinaus; aber in ihnen bleibt ein aus der Empfindung stammendes, fuer das Denken nicht aufzuhellendes, undurchsichtiges Element. Trotzdem schon in den Sinnenbildern der Ausdehnung und Bewegung und mehr noch in den umfassenderen Sinnenbildern, die aus ihnen durch associative Verknuepfung mit dem Willensimpuls entstehen, am meisten aber in der begrifflichen Bearbeitung dieser Sinnenbilder der synthetische Charakter unsres Erkennens zum Ausdrucke kommt, kann doch in allen unsren Erkenntnissen, in denen diese Sinnenbilder und die aus ihnen durch begriffliche Bearbeitung gewonnenen Kategorien der Zeit, des Raumes, der Substanz und Kausalitaet eine Rolle spielen, von einem Einleuchten des Zusammengehoerigen und von einer Einsicht in dasselbe keine Rede sein; ausser insofern wir von dem in den Sinnenbildern enthaltenen und in diesen Kategorien wiederkehrenden irrationalen Element absehen. Sehen wir von diesem irrationalen Element ab, so bleibt uns eine blosse Mannigfaltigkeit in Raum und Zeit uebrig, ueber die wir, was das Verhaeltnis und die Zusammenordnung der Teile angeht, einleuchtende und einsichtige Urteile zu faellen im Stande sind. In den Gesetzen des Erkennens und Denkens, die wir als einleuchtend und einsichtig betrachten, haben wir von den Vorstellungen Substanz und Kausalitaet natuerlich keinen Gebrauch machen koennen. Das Gesetz der Uebereinstimmung spricht von Dingen, aber in ganz allgemeinem Sinne, wonach Eigenschaften, Vorgaenge, Beziehungen auch als Dinge gelten koennen; nicht aber im Sinne der Substanzvorstellung. Im Gesetze der Kausalitaet haben wir nur von der Ermoeglichung des Anfangs reden koennen, nicht von der Kausalitaet im Sinne der Ursachvorstellung als hervorbringender Ursache. Dass etwas in einem bestimmten Zeitpunkte anfaengt, hat fuer uns keine groessere Schwierigkeit zu denken, als dass es in einem bestimmten Zeitpunkte oder an einem bestimmten Orte vorhanden ist. Man koennte in dem Einheitsgesetze unsres Erkennens den Einen Erkennenden als Traeger und Erzeuger des ueberzeitlichen, natuerlich auch ueberraeumlichen Systemes aller Wahrheit auffassen; aber es ist einleuchtend, dass das Wort Traeger in diesem Falle nicht im Sinne der Substanzvorstellung und das Wort Erzeuger nicht im Sinne der Ursachvorstellung gedacht wird. Raum und Zeit bieten der Erkenntnis freilich noch eine andere Schwierigkeit. Sie verhalten sich voellig gleichgueltig gegen den Inhalt, passen sich jedem Inhalte an, vermehren den Inhalt in keiner Weise und bilden insofern einen Gegensatz zu Substanz und Kausalitaet. Man kann sie deshalb als Formalkategorien, Substanz und Kausalitaet im Gegensatz zu ihnen als Realkategorien bezeichnen. Die Frage nach der Bedeutung von Raum und Zeit fuer den Inhalt ist darum eine unabweisliche, um so mehr, da nur durch sie die Individualisierung der Dinge und Vorgaenge moeglich ist. Sie sind die Prinzipien der Individuation, durch die allein fuer unser Denken die Dinge aus der Sphaere der unbestimmten und darum bloss gedanklichen Allgemeinheit herausgehoben und zu Wirklichkeiten gestempelt werden, die nur Einzelwirklichkeiten sein koennen. Was haben Raum und Zeit im Reiche der Wahrheit fuer eine Bedeutung, wie unterscheiden sich Wahrheit und Wirklichkeit? das ist die fuer das Erkennen schwierige, vielleicht unloesbare, jedenfalls noch nicht geloeste Frage. Sagen wir, das Wahre ist wirklich, insofern es vom goettlichen Wesen nicht bloss gedacht sondern auch gewollt wird, Raum und Substanz sind der symbolische Ausdruck fuer die scheinbare Selbstaendigkeit der Dinge ihm gegenueber, Zeit und Kausalitaet der symbolische Ausdruck fuer die voellige Abhaengigkeit der Dinge von ihm, so sind das jedenfalls viel zu allgemeine Antworten, um als genuegend gelten zu koennen, obgleich sie eine ganze Weltanschauung und vielleicht die einzig moegliche enthalten. Natuerlich muss das Weltwirkliche sich in voelliger Abhaengigkeit von Gott befinden. Der Willensakt, dem es seinen Ursprung verdankt, kann ihm nur eine scheinbare, keine wirkliche Selbstaendigkeit verleihen. Wo gaebe es in der Welt auch etwas wirklich voellig Selbstaendiges? Es giebt kein gottfremdes, ihm nicht gehoerendes Sein -- ein solches wuerde ja eine Schranke fuer Gott, ein zweiter Gott sein. Unter dieser Voraussetzung ist jener goettliche Wille nur als Selbstentsagung, Selbstentaeusserung, Selbstverzicht Gottes zu denken, durch welche den Dingen der Welt eine Selbstaendigkeit geliehen wird, die ihnen eigentlich nicht zukommt. Diese geliehene Selbstaendigkeit kommt in Raum und Substanz, hingegen die wirkliche Unselbstaendigkeit, die unbeschadet jener besteht, in Zeit und Kausalitaet zum Ausdruck. Hiernach ist die Wirklichkeit nicht wie Raum und Zeit eine Formalkategorie, was man wegen des Zusammenhangs der Entstehung unserer Erkenntnis der Wirklichkeit mit den Kategorien von Raum und Zeit erwarten sollte. Sie beruht auf dem wirklichen Akte der Selbstentsagung und Selbstentaeusserung Gottes, dessen Ergebnis, die geliehene Selbstaendigkeit, nicht als etwas bloss Scheinbares betrachtet werden kann. Die auf ihren Wirklichkeitssinn pochenden Philosophen der Gegenwart werden diese Gedanken fuer uebersteigend oder gar verstiegen halten, das ist ebenso leicht als ueberfluessig. Wuenschenswert waere, dass sie endlich erklaerten, worin denn nach ihrer Meinung die Wirklichkeit im Unterschied von der Wahrheit bestehe und ob Raum und Zeit bloss fuer das Zustandekommen unserer Erkenntnis der Wirklichkeit oder auch fuer diese selbst eine Bedeutung haben. Zwanzigste Untersuchung. Die Erkenntnis der Aussenwelt. Wenn wir die Entstehung und Zusammensetzung unsrer Vorstellungen der Weltdinge und ihrer Ordnung in Raum und Zeit ins Auge fassen, wie sie nach dem gesicherten Ergebnis der Psychologie notwendig gedacht werden muss, so koennen wir keinen Augenblick darueber zweifeln, dass wir von der Beschaffenheit dieser Dinge keine Erkenntnis haben. Die Annahme, dass die Dinge so sind, wie wir sie wahrnehmen, beruht offenbar auf einer bloss vermeintlichen, durch die Psychologie voellig beseitigten Einsicht. Fuer den Kenner der Psychologie ist die Frage, ob die Dinge so sind, wie wir sie sehen, einfach ungereimt. Jeder hat sein besonderes, eigenes Gesichtsbild von den Dingen, und dieses besteht aus den Gesichtsempfindungen und den mit ihnen associierten Tastempfindungen: seine Stelle im Raum wird bestimmt durch die fuer das Zustandekommen dieser Tastempfindungen erforderlichen Muskelempfindungen der Arm- und Beinexkursionen. Zu einem uns gegenueberstehenden sogenannten Gegenstande wird das Ding durch die von unsren Bewegungen hergenommene und dem bewegten Gesichtsbilde zu Grunde gelegte Willensenergie, die allmaehlich verblasst und als Restbestand das den Raum ausfuellende und Widerstand entgegensetzende Ding uebrig laesst. Wenn wir die Dinge so wahrnehmen sollen, wie sie sind, dann muss diese ihre Beschaffenheit in blossen Empfindungen bestehen, und die Dinge koennen nichts als Vorstellungen sein. Allein niemand versteht unter den Dingen blosse Komplexe von Empfindungen oder Vorstellungen, auch nicht fortdauernde (unter gleichen Umstaenden immer wiederkehrende) Moeglichkeiten von Empfindungen; ganz abgesehen davon, dass diese Moeglichkeiten als reale Moeglichkeiten gedacht werden muessen und so einen Ermoeglichungsgrund der Empfindungen voraussetzen. Alle denken unter den Dingen etwas von den Empfindungen und Vorstellungen Verschiedenes. Muessen wir also auf die Erkenntnis der Beschaffenheit der Dinge verzichten, so fragt sich, ob wir nicht wenigstens die Existenz von Dingen, die uns unter der Huelle von Empfindungen bewusst werden, erkennen koennen. Davon nun, dass von uns verschiedene, durch die Empfindungen und Vorstellungen uns gegebene und unsrem Bewusstsein gegenwaertige Dinge existieren, davon haben wir eine unmittelbare Einsicht. Die Zusammengehoerigkeit dieser Empfindungen und Vorstellungen mit einem von uns verschiedenen Sein oder Etwas leuchtet uns unmittelbar ein. Die Einsicht davon laesst sich nicht wegdisputieren; sie bleibt bestehen, auch wenn die anfaengliche Einsicht, dass wir die Beschaffenheit der Dinge erkennen, beseitigt oder als eine bloss vermeintliche Einsicht erkannt ist. Es ist wichtig zu beachten, dass die Einsicht eine unmittelbare ist und die Zusammengehoerigkeit uns unmittelbar einleuchtet. Sie ist nicht vermittelt durch die Einsicht, die wir vom Gesetz der Kausalitaet haben. Wir schliessen nicht daraus, dass die Empfindungen ohne unser Zuthun in uns entstehen, auf etwas von uns Verschiedenes, das ihren Anfang ermoeglicht. Gegen diesen Schluss ist mit Recht eingewendet worden, dass die Empfindungen moeglicherweise aus uns entstehen koennten, ohne dass wir darum wuessten. Unsre Erkenntnis von den Dingen der Aussenwelt, sofern es sich um ihre Existenz handelt, ist eine streng unmittelbare; von dem Bewusstsein einer Ursache, eines Anfangs und einer Ermoeglichung des Anfangs ist in ihr nichts zu entdecken, wie das schon oft hervorgehoben worden ist. Fuer die Nichtexistenz der Dinge in dem Sinne, in dem wir sie verstehen, ist eine unmittelbare Evidenz nie in Anspruch genommen worden, kann auch, so viel ich sehe, in Zukunft nicht in Anspruch genommen werden. Sie sind natuerlich verschieden von den Empfindungskomplexen, den Willensdingen, von ihrer Substanz und Kausalitaet, deren Entstehung und Zusammensetzung uns die Psychologie mit durchsichtiger Klarheit kennen lehrt. Sie koennen Gedanken sein und sind nach unsrer Auffassung Gedanken Gottes, oder wenn man lieber will, des Bewusstseins ueberhaupt (Berkeley, Rehmke), also nicht Gedanken unsres oder meines individuellen Bewusstseins. Sie sind nicht Dinge an sich, die wir erkennen, wie sie unerkannterweise sind, sondern ein von Ewigkeit und vor uns Gedachtes, und unsre Erkenntnis derselben ist nur ein Nachdenken eines Vorhergedachten. Giebt es keine unmittelbare Evidenz der Nichtexistenz der Dinge in diesem Sinne, so ist der seltene Fall, wo sich Evidenz und Evidenz wie Ja und Nein gegenueber stehen, also ausgeschlossen, der einzige Fall, in dem wir uns auf eine Evidenz nicht berufen koennten. Fuer die Nichtexistenz von Dingen in unsrem Sinne scheint auch kein Beweis gefuehrt werden zu koennen. Positivisten wie Stuart Mill, welche sich auf die fortdauernde Moeglichkeit der Empfindungen, aus denen sich das Vorstellungsbild der Dinge ergiebt, zurueckziehen, muessen diese Moeglichkeit als reale fassen und beduerfen daher fuer sie eines Ermoeglichungsgrundes, den sie nur in den Dingen in unsrem Sinne finden koennen. Idealisten wie Berkeley, Rehmke koennen gegen die Annahme von Dingen als Gedanken Gottes oder des Bewusstseins ueberhaupt von ihrem Standpunkte aus keinen Beweis zu erbringen versuchen. Hingegen koennen wir unsere Annahme von solchen Dingen, die wir durch unmittelbare Einsicht gewinnen, auch noch durch einen Beweis stuetzen. Seit Cartesius ist in der Philosophie die abstrakte Trennung von Leib und Seele, von Koerperwelt und Bewusstsein, die von ihm aus bloss methodischen Gruenden eingefuehrt wurde, zu einer gewohnheitsmaessigen Annahme geworden, ueber deren Recht oder Unrecht kaum noch reflektiert wird. Aristoteles und den mittelalterlichen Philosophen war diese Annahme voellig fremd. Auch unsere Psychologie setzt die abstrakte Trennung von Leib und Seele als selbstverstaendlich voraus, sie geht darum von den Empfindungen als den Anfangszustaenden des Bewusstseins aus und legt auf Grund derselben und im Anschluss an sie den reichen Inhalt des Bewusstseinslebens dar. Das bietet methodische Vorteile und ist insofern nicht zu verwerfen. Allein schon eine Definition der Empfindung ist unmoeglich ohne Zuhilfenahme koerperlicher Vorgaenge, der Sinnesreize und Gehirnerregungen. Ausserdem wird niemand bestreiten, dass das Kind von Empfindungen als Bewusstseinsvorgaengen noch nichts weiss. In unsrem entwickelten Bewusstseinsleben treten ferner die Empfindungen nie als Empfindungen, als Bewusstseinsvorgaenge auf. Man hat deshalb gesagt, sie seien uns nicht als Empfindungen sondern als objektivierte Vorstellungen gegeben. Was heisst das? Werden Empfindungen je objektiviert und dadurch zu Vorstellungen? Die Theorie der Objektivation und Projektion ist veranlasst durch die Farben, die Empfindungen sind und doch von uns in der Ferne als den Dingen anhaftend gesehen werden. Allein mit den Farbenempfindungen sind entsprechende Tastempfindungen associiert, die wir nur haben koennen, wenn wir den Gegenstand beruehren. Es ist darum begreiflich, dass wir beim Sehen des Gegenstandes uns in Gedanken an seinen Ort versetzen und ihn nun unmittelbar, wie mit den Tastempfindungen so auch mit den Gesichtsempfindungen der Farben umkleiden (hierin liegt der Grund, wie bei der Eroerterung ueber die Erinnerung deutlich werden wird, warum wir bei der aeussern Wahrnehmung nicht leicht von einer Einsicht reden). Wir wuerden nicht von objektivierten oder gar projizierten Empfindungen als dem unmittelbar Gegebenen reden, sondern vorziehen zu sagen, dass uns die Empfindungen nicht als Empfindungen urspruenglich gegeben sind sondern als Erkenntnismittel. Auf einer gewissen Stufe des entwickelten Bewusstseins hoeren schon beim unmuendigen Kinde die Empfindungen auf unverstandene Zustaende zu sein. Es erhebt sich der auf das Wesen der Dinge und die Wahrheit gerichtete Blick des Geistes, durchdringt die sinnliche Huelle der Empfindungen, die in jedem andere und besondere sind, und erfasst das fuer alle Zeit und darum auch fuer alle Denkenden den Empfindungen irgend entsprechende, jedenfalls mit ihnen zusammengehoerende Sein und Etwas, d. h. das fuer alle Zeit und fuer alle Denkenden gueltige Wesen der Dinge in der unbestimmten Weise, wie es eben dem Begriffe des Seins und Etwas entspricht. Natuerlich bleibt die Empfindung das Kleid, die Huelle dieses unbestimmten Seins und Etwas, der Stuetzpunkt, das Schwungbrett, um mit Platon zu reden, fuer diesen Blick des Geistes, das er nicht entbehren kann. Empfindungen als Bewusstseinsvorgaenge sind Abstraktionen, als Erkenntnismittel fuer die Aussenwelt sind sie das urspruenglich Gegebene. Aber auch fuer die hoechsten Begriffe koennen wir dieses Erkenntnismittel, wie Aristoteles zuerst sieht, nicht entbehren. Kein Begriff ohne Phantasiebild -- dieser Satz stammt von ihm. Er will sagen: kein Begriff ohne wieder auflebende Empfindungen, die als Erkenntnismittel funktionieren. Dem Blick des Geistes, der das den Empfindungen entsprechende Sein findet oder entdeckt, folgt das Einleuchten der Zusammengehoerigkeit und diesem die Einsicht in die Zusammengehoerigkeit. Aber nur von dem ganz unbestimmten Sein und Etwas der Dinge, das freilich fuer alle Zeit und fuer alle Denkenden gilt, giebt uns diese Einsicht Kunde, nicht von seiner Beschaffenheit. Etwas Naeheres von seiner Beschaffenheit, freilich noch unbestimmt genug, erfahren wir nach dem Einheitsgesetz unsres Erkennens, nach dem alle Wahrheit und damit alles Wesen der Dinge Gedanke Gottes ist. Hiernach muss dann auch das mit den Empfindungen zusammengehoerende Sein und Etwas als Gedanke Gottes gefasst werden. Davon haben wir dann eine mittelbare, eine durch das Einheitsgesetz vermittelte Erkenntnis. Wir gehen bei unsrer Beweisfuehrung davon aus, dass nicht bloss unser Leib sondern auch die Koerperwelt mit unsrem Bewusstsein eine Einheit bilden. Denn nur unter dieser Voraussetzung scheint eine unmittelbare Erkenntnis der Koerperwelt aus den Empfindungen und durch sie, wenn auch nur ganz unbestimmt, als eines Etwas oder Seienden moeglich zu sein. Aber besteht jene Annahme zu recht? Koennen wir wirklich nicht bloss von einer Einheit unsres Leibes, sondern auch der Koerperwelt mit unsrem Bewusstsein reden? Zunaechst unterscheidet das Kind seinen eigenen Leib noch nicht von fremden Koerpern. Erst die Schmerzgefuehle, welche mit den Angriffen auf den Leib verbunden sind, machen ihm klar, dass es sich mit dem eigenen Koerper anders verhaelt als mit fremden Koerpern. Dann steht doch auch der eigene Koerper mit der ganzen Koerperwelt in einer auf bestaendigem Austausch beruhenden Verbindung; sie bilden mit einander eine unaufloesliche Einheit, in dem es kein Leeres und keine Spruenge giebt. (Horror vacui. Natura non facit saltus.) Natuerlich leugnen wir nicht, dass das Verhaeltnis des Bewusstseins zu dem, was wir unsren Leib nennen, ein andres ist als zu den fremden Koerpern. Aber erstens ist dies Verhaeltnis uns unbekannt; zweitens ist es nicht zu allen Teilen des eigenen Leibes das gleiche, scheint zu vielen Teilen desselben vielmehr kein engeres zu sein wie zu der uebrigen Koerperwelt; drittens endlich ist dieses Verhaeltnis, was die Erkenntnis des eigenen und der fremden Koerper angeht, sicher das gleiche, und bloss in dieser Hinsicht kommt dieses Verhaeltnis fuer uns hier in Betracht. Wir fragen endlich, wie weit denn unsre Einsicht bezueglich der Aussenwelt reicht? Wir antworten: genau so weit, als unsere wirkliche Erkenntnis; denn diese ist mit der Einsicht ein und dasselbe. Natuerlich gehoert Raum und Zeit, Substanz und Ursache, nicht minder aber auch Materie und Kraft, in denen die gleichen irrationalen, dem Denken inkommensurabeln, durch dasselbe nicht aufzuhellenden Elemente enthalten sind, bloss zu der Erscheinung der Welt in unsrem Bewusstsein. Abgesehen von den Urteilen ueber das in diesen Formen Verbundene giebt es keinerlei Einsicht von ihnen, was natuerlich nicht hindert, dass wir von dem in diesen Formen Gegebenen, unter ihnen Erfassten eine Einsicht haben. Sehen wir aber von dieser Erscheinung der Aussenwelt in uns ab, so bleibt kaum etwas anderes uebrig, als ein unbestimmtes Seiendes, das freilich im Gegensatz zu dieser Erscheinung objektiv fuer alle Zeit und fuer alle Denkenden gueltig ist, und in diesem Sinne existiert. Giebt es eine Vielheit von Dingen in der Aussenwelt, die wir freilich nur nach den sinnfaelligen Eigenschaften ihrer Erscheinung unterscheiden koennen? Wir werden behaupten muessen, dass wir davon eine einsichtige Erkenntnis haben, sofern es sich um die grossen Himmelskoerper einschliesslich unsrer Erde und um die kleinen Menschen-, Tier- und Pflanzenkoerper handelt, auch bezueglich der Atome der Physiker, bezueglich der Aggregatzustaende Luft, Wasser, Erde, ferner der Berge, Fluesse, Thaeler, Meere. Aber was diese vielen Dinge der Natur sind, die wir nur nach ihrer Erscheinung im Bewusstsein bestimmen und unterscheiden koennen, insbesondere, wodurch sie sich in Wirklichkeit unterscheiden, wissen wir nicht. Die Vielheit stellt sich uns ferner als eine gebrochene Einheit dar. Natuerlich haben wir auch von den Ergebnissen der beschreibenden Naturwissenschaften, sofern sie wirklich wissenschaftliche Ergebnisse sind, einsichtige Erkenntnisse, bei denen freilich immer vorbehalten bleibt, was es mit den Koerpern, von denen sie handeln, eigentlich auf sich hat, was sie abgesehen von ihrer Erscheinung in unsrem Bewusstsein sein moegen. Das Gleiche gilt von den Ergebnissen der Chemie, Astronomie, Physik, Mechanik und zwar in um so hoeherem Grade, je weiter wir uns in diesen Wissenschaften von den verwickelten Verhaeltnissen des Einzelwirklichen entfernen, jemehr wir von ihnen abstrahieren. Bis an die aeusserste Grenze der Abstraktion gehen wir in der Geometrie und Arithmetik, und daher ruehrt die durchsichtige Klarheit der Saetze dieser Wissenschaften. Bei der Geometrie bleibt freilich noch der Raum und die Ausdehnung mit dem in ihnen enthaltenen irrationalen Elemente gleichsam als Hindernis einer vollkommen uneingeschraenkten Einsicht bestehen, die wir erst fuer die Saetze der Arithmetik, bei der auch dieses Hindernis in Fortfall kommt, in Anspruch nehmen koennen. Einundzwanzigste Untersuchung. Ueber die Erkenntnis des eigenen Bewusstseins. Die Erkenntnis der Aussenwelt ist, wie wir sehen, ueberall durch unueberschreitbare Schranken eingeengt. Wenn wir von der Existenz der Dinge und Vorgaenge der Aussenwelt und ebenso der Beziehungen zwischen ihnen auch eine wirkliche, in der Einsicht bestehende Erkenntnis haben, so bleibt uns die naehere Beschaffenheit dieser Dinge und ebenso der Vorgaenge doch verborgen. Wir koennen sie nur nach ihrer Erscheinung in unsrem Bewusstsein naeher bestimmen, und diese mag fuer ihre Unterscheidung ausreichen, kann uns aber ueber ihre Beschaffenheit keine Belehrung geben. Der Aussenwelt steht die Innenwelt unsres Bewusstseins gegenueber. Koennen wir von dieser Einsichten, Erkenntnisse gewinnen, die umfassender und vertiefter sind, wie manchmal behauptet wird? Von einer Reihe von Forschern, die sich an Brentano anschliessen, wird angenommen, dass wir Einsichten ueberhaupt nur von den Gegenstaenden der innern Wahrnehmung, also von der eigenen Innenwelt haben koennen, nicht aber von den Gegenstaenden der aeussern Wahrnehmung, also von der Aussenwelt, sofern sie Gegenstand der aeussern Wahrnehmung ist. Jedenfalls ist jeder Bewusstseinsvorgang durch das Merkmal der Bewusstheit charakterisiert, das man als ein Wissen des Bewusstseinsvorganges um sich selbst bezeichnen kann. Jeder hat sich selbst zu seinem Inhalte. In diesem Sinne kann man sagen: jede Vorstellung stellt etwas vor, mag sie richtig sein oder nicht, und das ist der nicht von ihr verschiedene Inhalt. Dieses Wissen des Bewusstseinsvorganges um sich selbst muss natuerlich immer wahr sein: in ihm kann es keinen Irrtum, keine Falschheit geben. Aber es ist kein eigentliches Wissen, kein namentliches, vorstellungsmaessiges, begriffliches Wissen. Wir gewinnen durch dasselbe noch keine Vorstellungen, Begriffe von den Bewusstseinsvorgaengen. Dieses uneigentliche Wissen ist keine Einsicht, keine Erkenntnis. Aber wir koennen ueber die Bewusstseinsvorgaenge reflektieren und diese Reflexion, selbst ein Bewusstseinsvorgang, ist von den Bewusstseinsvorgaengen, die ihren Gegenstand bilden, verschieden. Durch die Reflexion nun gewinnen wir zweifellos nicht bloss von der Existenz sondern auch von der Beschaffenheit der Bewusstseinsvorgaenge eine Einsicht, eine Erkenntnis. Wir stehen ihnen nicht ratlos gegenueber wie den Dingen und Vorgaengen der Natur oder muessen uns mit einer ganz unbestimmten Erkenntnis derselben begnuegen. Wir wissen, was es mit ihnen auf sich hat, wodurch sie sich von einander unterscheiden auf Grund von Merkmalen, die wir in den Bewusstseinsvorgaengen selbst finden. Allerdings sind alle unsere Vorstellungen, die wir von den Bewusstseinsvorgaengen haben, aus dem sinnlichen Gebiete entlehnte, uebertragene, urspruenglich also sinnliche und mit Bezug auf die Bewusstseinsvorgaenge nur bildliche Vorstellungen. Wir beduerfen dieser Kruecken der sinnlichen Vorstellungen bei jedem Schritte, den unser Denken thut und koennen ihrer nirgends entraten, auch nicht, wenn es sich um die Erkenntnis unserer Bewusstseinsvorgaenge handelt. Aber wir wissen sehr wohl zwischen dem urspruenglichen und uebertragenen Sinne dieser Vorstellungen, z. B. der Vorstellung Vorstellen, zu unterscheiden und geben ihnen unwillkuerlich bei der Uebertragung auf die Bewusstseinsvorgaenge eine diesen entsprechende andere Bedeutung. Hier kommt das mit jedem Bewusstseinsvorgang verbundene, uneigentliche Wissen des Bewusstseinsvorgangs um sich selbst zur Geltung und verhindert eine Herabziehung der Bewusstseinsvorgaenge in das sinnliche Gebiet. Die Empfindungen, insofern sie Erkenntnismittel der Aussenwelt sind und als solche immer unter Mitwirkung der Sinnesorgane, sei es der aeussern, sei es bloss der innern, der Gehirnerregungen, funktionieren, gehoeren dem sinnlichen Gebiete an, ja sie konstituieren dasselbe. Insofern wir aber bei der Reflexion ueber die Empfindungen von dieser ihrer koerperlichen Seite absehen, bilden sie, wie alle Bewusstseinsvorgaenge, einen Gegensatz wie zu allem Koerperlichen, so auch zu allem Sinnlichen. Es ist unrichtig zu sagen, dass wir von den Bewusstseinsvorgaengen nur Vorstellungen haben und nicht wissen, was diesen Vorstellungen eigentlich entspricht; von unsren gegenwaertigen Gefuehlen, gegenwaertigen Wollungen und gar von unsren gegenwaertigen Vorstellungen sollen wir blosse Vorstellungen haben. Es leuchtet unmittelbar ein, dass diese Annahme falsch ist, abgesehen von den widersinnigen Konsequenzen, zu denen sie fuehrt. Muessten wir ja dann auch von den Vorstellungen unsrer Bewusstseinsvorgaenge nur Vorstellungen haben und von diesen Vorstellungen wieder nur Vorstellungen und so fort ohne Ende. Man koennte denken, die Uebertragung der aus dem sinnlichen Gebiete entlehnten Vorstellungen auf die Bewusstseinsvorgaenge koenne nur in Urteilen geschehen. Allein diese Urteile setzen das Einleuchten der Zusammengehoerigkeit der Bewusstseinsvorgaenge mit den Vorstellungen und die Einsicht in diese Zusammengehoerigkeit voraus, die Uebertragung geht also, wie der Einsicht und dem Einleuchten, so auch dem Urteil voran, und wir werden sie dem Blick des Geistes zuschreiben muessen, dem wir die wesentlichen Merkmale verdanken. Man kann die Bewusstseinsvorgaenge isolieren, wie wir das thun, wenn wir sie durch uebertragene Vorstellungen naeher bestimmen. Das ist ein abstraktes Verfahren, welches zu diesem Zwecke angewendet werden kann und in der Psychologie gute Dienste thut. Aber man darf nicht glauben, dass die Bewusstseinsvorgaenge in Wirklichkeit auch isoliert von einander sind. Sie liegen nicht nebeneinander wie die Atome eines Koerpers, haben vielmehr einen uebergreifenden, die gleichzeitigen und sogar auch die vorangehenden Bewusstseinsvorgaenge mit umfassenden Charakter. Ohne dieses Uebergreifen ist das Zustandekommen des Sinnenbildes der Ausdehnung, in dem die gleichzeitigen Empfindungen, und des Sinnenbildes der Bewegung, in dem die aufeinanderfolgenden Empfindungen in bewusster Weise zusammenhaengen oder einen bewussten Zusammenhang bilden, nicht zu erklaeren. Die den einzelnen Bewusstseinsvorgaengen eigentuemliche Bewusstheit oder das Wissen um sich selbst greift hier auch auf die andern gleichzeitigen oder vorausgehenden und nachfolgenden Empfindungen hinueber. Das, was wir Einheit des Bewusstseins nennen, vermoege deren wir von _unsrem_ Bewusstsein reden und dieses den fremden Bewusstseinen gegenueberstellen, hat hierin seinen Grund. Es ist zu beachten wichtig, dass wir nicht bloss eine wirkliche Einsicht und Erkenntnis von der Existenz und Beschaffenheit der Bewusstseinsvorgaenge haben, sondern ebenso auch von ihrer Zugehoerigkeit zu unsrem Bewusstsein, oder dass sie unsere Bewusstseinsvorgaenge sind. Auch von dem besonderen Zusammenhange zwischen Vorstellungen und Gefuehlen, Gefuehlen und Wollungen, zwischen Ueberlegung, Entschluss, Vorsatz, Ausfuehrung -- mag uns die Art dieses Zusammenhangs auch dunkel bleiben -- haben wir eine Einsicht, eine wirkliche Erkenntnis, also wenigstens davon, dass dieser Zusammenhang besteht. Wir wissen, was wir beabsichtigen, und wann wir ohne Absicht handeln und darum fuer den Erfolg unserer Handlungen entweder gar nicht oder nicht voellig verantwortlich sind, und dieses Wissen beruht auf einer Einsicht und Erkenntnis. Das Gefuehl der Reue und der Verantwortung und ihr Gegenteil hat darin seinen Grund. Giebt es auf Einsicht beruhende Erinnerungen, sind Erinnerungen wirkliche Erkenntnisse? Zweifellos koennen sie das sein und sind es in Wirklichkeit oft genug. Eigentlich koennen wir uns nicht an Dinge und Vorgaenge, sondern nur an unsere Wahrnehmung der Dinge und Vorgaenge erinnern. Die Erinnerung ist ein Wissen der Zusammengehoerigkeit eines vergangenen Bewusstseinsvorganges mit dem gegenwaertigen, daher seiner Zugehoerigkeit zu unsrem Bewusstsein. Dass uns diese Eigentuemlichkeit der Erinnerung bei der Erinnerung selbst weniger zum Bewusstsein kommt, hat seinen Grund darin, dass wir bei den Erinnerungen uns ganz in die Zeit des vergangenen Vorgangs versetzen und mit unsrem Denken nur bei ihm verweilen; aehnlich wie wir bei der Wahrnehmung uns an den Ort des Gegenstandes versetzen. Das ist auch der Grund, warum wir nicht leicht von einer Einsicht sprechen weder bei der Erinnerung noch bei der Wahrnehmung. Die Einsicht setzt immer zwei Glieder voraus, deren Zusammengehoerigkeit uns einleuchtet. Bei dieser Versetzung in die Zeit des erinnerten und an den Ort des wahrgenommenen Gegenstandes scheint aber immer nur ein Glied vorhanden zu sein. Kommen wir aber auf dem Wege der Reflexion dazu, die Erscheinung des Dinges in unsrem Bewusstsein von dem wahrgenommenen Dinge selbst oder den gegenwaertigen Erinnerungsakt von dem vergangenen erinnerten Bewusstseinsvorgang zu unterscheiden, so leuchtet uns die Zusammengehoerigkeit beider ein, und wir begreifen, dass wir auch bei der Wahrnehmung und Erinnerung von einer Einsicht sprechen muessen. Sehen wir unter dieser Voraussetzung ab von der Bedeutung der Zeit, der Vergangenheit in ihrem Verhaeltnis zur Gegenwart, die wir nicht kennen, sehen wir ferner ab von Ausdehnung, Bewegung, Raum, Substanz, die nur die Erscheinung der Dinge und Vorgaenge im Bewusstsein ausmachen koennen (falls bei der Erinnerung auch aeussere Dinge und Vorgaenge, sofern sie wahrgenommen wurden, in Frage kommen), so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass es Erinnerungen giebt, die in einer Einsicht oder wirklichen Erkenntnis bestehen. Die ganz klaren und deutlichen sind von dieser Art. Wer kann leugnen, dass er eine auf Einsicht beruhende Gewissheit davon hat, heute Morgen aufgestanden zu sein, einen Spaziergang gemacht zu haben, auf demselben jemand getroffen oder gesprochen zu haben, von Kummer erfuellt gewesen zu sein beim Tode eines Angehoerigen, beim Verlust eines Vermoegens usw.? Sogar darueber, ob unsere Erinnerung ungenau, lueckenhaft, verschwommen ist, koennen wir unter Umstaenden eine auf Einsicht beruhende Gewissheit haben. Ist das Gedaechtnisbild von einem frueheren Bewusstseinsvorgang von dieser Beschaffenheit, so werden die mit dem frueheren Bewusstseinsvorgang verbundenen Gefuehle auch nur zum Teil in lueckenhafter, verwischter Weise wieder aufleben. Das hat eine Spannung, ein Unbehagen zur Folge, worin wir etwa den psychologischen Anknuepfungspunkt fuer das Einleuchten der Nichtzusammengehoerigkeit, (die in diesem Falle als Nichtangemessenheit bestimmt werden muss) des Gedaechtnisbildes mit dem Bewusstseinsvorgang erblicken koennen, der die Einsicht in diese Nichtzusammengehoerigkeit folgt. So sicher es aber auch ist, dass wir Erinnerungen haben, die in Einsichten bestehen und also wirkliche Erkenntnisse sind, so sind die bei der Erinnerung gewonnenen Einsichten doch mancherlei Einschraenkungen unterworfen, und wir muessen ihnen gegenueber mancherlei Vorbehalte machen. Noch mehr ist das der Fall, wenn wir von der Erkenntnis unseres Ich sprechen. Wie jeder Bewusstseinsvorgang ein Wissen, freilich ein uneigentliches Wissen von sich selbst hat, das wir seine Bewusstheit nennen, so hat auch das, was wir unser Ich, unser Selbst nennen, ein Bewusstsein von sich. Wir haben ein Ich-Bewusstsein, ein Selbst-Bewusstsein, die Zusammengehoerigkeit unsres Ich, unsres Selbst mit diesem Bewusstsein von sich leuchtet uns unmittelbar ein; davon haben wir eine Einsicht, eine Erkenntnis, eine unmittelbare Einsicht, die jeden Zweifel ausschliesst. Wenn Hume behauptet, dass er in sich jederzeit nur ein Buendel von Vorstellungen findet, so hat er eben vergessen, dass dazu ein Vorfinder, eben das Ich, erforderlich ist. Aber was ist dieses Ich, dieses Selbst? Das ist eine andere Frage. Und hier fehlt uns offenbar die Einsicht oder Erkenntnis. Sicher ist es nicht unser Koerper oder einer seiner Teile, die Augen, die Ohren, die wir, auch abgesehen von ihrer Erscheinung in unsrem Bewusstsein, unterscheiden muessen, obgleich das Wort Ich lange Zeit hindurch von unsren Kindern und von vielen Erwachsenen ihr Leben hindurch nur oder fast nur von ihrem Leibe verstanden wird, also von dem leiblichen Ich; obgleich ferner das Ich von dem, was dem Leibe, abgesehen von seiner Erscheinung im Bewusstsein, entspricht, nicht getrennt werden kann, soll es nicht zu einem blossen Abstraktum werden. Ohne dieses, dem sinnlich erscheinenden Leib Entsprechende ist ja kein Bewusstsein denkbar, und ohne Annahme des Bewusstseins koennen wir auch von keinem Ich reden. Sicher ist es ferner keine Substanz, die nur zur Erscheinungsform der koerperlichen Dinge gehoeren kann. Auch mit dem Selbst-Bewusstsein oder Ich-Bewusstsein, das nur sein Merkmal bildet, kann das Ich und Selbst nicht verselbigt werden. Es ist der Ausdruck fuer die Zusammengehoerigkeit der Bewusstseinsvorgaenge zu Einem Bewusstsein, aber doch kein blosses Wort; vielleicht ist es das Band dieser Zusammengehoerigkeit, das sich ebenso zu der Gesamtheit der Bewusstseinsvorgaenge verhaelt wie der Eine Denkende zum Reich der Wahrheit. Hier sind wir auf blosse Vermutungen angewiesen, es fehlt uns jede Einsicht und damit die wirkliche Erkenntnis. Wenn wir urteilen: ich freue mich, ich bin traurig, ich stelle mir vor, so haben wir zweifellos eine Einsicht und wirkliche Erkenntnis von der Zusammengehoerigkeit unsrer Bewusstseinsvorgaenge mit dem Ich- oder Selbstbewusstsein, von ihrer Zugehoerigkeit zu unsrem Bewusstsein, diese leuchtet uns unmittelbar ein. Aber vorbehalten bleibt, was es mit dem Ich und Selbst auf sich hat. Wir sehen, nicht bloss fuer die Erkenntnis der Aussenwelt, auch fuer die Erkenntnis unsrer eignen Innenwelt giebt es unuebersteigliche oder wenigstens bis jetzt nicht ueberwundene Schranken; auch hier muessen wir Vorbehalte machen, wenn wir von Einsicht und wirklicher Erkenntnis reden wollen. Freilich besteht, was die Erkenntnis der Aussenwelt und die unsrer eigenen Innenwelt angeht, ein wesentlicher Unterschied. Sehen wir vom Ich ab, so wissen wir doch, was wir unter Haenden haben, wenn wir uns mit den Bewusstseinsvorgaengen beschaeftigen; wir kennen ihre Merkmale und koennen sie danach von einander unterscheiden, waehrend wir von den Dingen und Vorgaengen der Natur in der That nicht wissen, was sie sind, und sie lediglich nach ihrer Erscheinung in unsrem Bewusstsein von einander unterscheiden koennen. Bei den Bewusstseinsvorgaengen faellt natuerlich ihre Erscheinung im Bewusstsein mit ihnen selbst zusammen. Denn diese ihre Erscheinung im Bewusstsein ist nichts anderes als das mit ihnen verbundene Wissen von sich selbst, das wir ihre Bewusstheit nennen. Die Reflexion ist nur eine Wiederholung dieses mit jedem Bewusstseinsvorgange verbundenen Wissens von sich selbst. Zweiundzwanzigste Untersuchung. Weitere Schranken unseres Erkennens. Eine Schranke unsrer Erkenntnis, der Innen- und Aussenwelt, haben wir bisher absichtlich unerwaehnt gelassen. Wir erkennen das Wesen der Dinge und Vorgaenge der Natur wie der Vorgaenge unsres Bewusstseins, ihre Wahrheit, erst dann, wenn wir ihre Stellung in dem System aller Wahrheit erfasst haben. Davon sind wir aber mit all den eroerterten Einsichten und Erkenntnissen noch weit entfernt. Wir gewinnen mit ihnen sozusagen nur die Glieder dieses Systems. Ueber ihren Zusammenhang innerhalb desselben, auf den doch alles ankommt, bleiben wir voellig im Dunkeln. Das ist die letzte, hoechste, eine allgemeine Schranke unserer Erkenntnis, die sowohl fuer die Erkenntnis der Aussenwelt wie fuer die Erkenntnis der Innenwelt gilt. Weitere, naeher liegende, ebenfalls allgemeine Schranken unsrer Erkenntnis beduerfen einer besondren Eroerterung. Wir bezeichnen gewoehnlich als unser Wissen alles das, von dem wir eine Gewissheit haben. Die Gewissheit verbindet sich aber auch oft genug mit einem blinden Dafuerhalten und ist in diesem Falle ohne vernuenftigen Grund. Wenn wir die zahlreichen Quellen des blinden Dafuerhaltens ins Auge fassen, wenn wir insbesondere erwaegen, wie oft unsre Zuneigungen und Abneigungen, unsre Interessen auf unsre Ueberzeugungen einen massgebenden und bestimmenden Einfluss ausueben, wie oft nach dem Sprichwort der Wunsch der Vater des Gedankens ist, werden wir kaum zweifeln koennen, dass die Zahl der auf blindem Dafuerhalten beruhenden und darum des Charakters der Vernuenftigkeit entbehrenden Wissensinhalte sehr gross ist und kaum ueberschaetzt werden kann. Diese Wissensinhalte koennen natuerlich nicht als Erkenntnisse im eigentlichen Sinne gelten. Von den Erkenntnissen im eigentlichen Sinne muessen ferner die sogenannten Kenntnisse, die auf einer blossen Kenntnisnahme, auf einem blossen Kennenlernen beruhen, sorgfaeltig unterschieden werden. Sie bilden die unuebersehbar grosse Gruppe der associativen Wissensinhalte, bei denen ebenfalls in keiner Weise von einer Einsicht die Rede sein kann. Wir haben Gesichtsempfindungen von den Dingen; mit ihnen zusammen treten die Gehoersempfindungen oder Gehoersvorstellungen von den auf diese Dinge angewendeten Worten auf; sie associieren sich mit den ersteren und werden gelegentlich, wenn sich die Gesichtsempfindungen wiederholen, reproduziert. Wir sagen dann, das Ding heisst so und so. Das ist natuerlich ein lediglich associatives Wissen, ohne alle Einsicht. Alles Namen- und Wortwissen in der eigenen und fremden Sprache, alle Benennungsurteile sind von dieser Art, da die Namen und Worte nur willkuerliche Zeichen sind fuer das, was sie bedeuten. Nicht bloss mit den Worten steht es so, es ist vielfach nicht anders mit den Sachen. Wie selten haben wir verhaeltnismaessig eine Einsicht in den Zusammenhang der Teile, aus denen wir die Dinge zusammensetzen, der Eigenschaften, die wir ihnen beilegen, des Geschehens in Natur und Geschichte, wenigstens wenn wir ueber die naechsten Zusammenhaenge bei diesem Geschehen hinausgehen wollen. Die Wissenschaft stellt sich die Aufgabe, diese Zusammenhaenge darzulegen, oder, was dasselbe ist, die Gesetze fuer dieselben zu finden. Aber wie weit ist sie von der Loesung dieser ihrer Aufgabe entfernt. Sehr oft haben diese Zusammenhaenge fuer uns nur den Charakter des zufaellig Verbundenen oder des Zusammengeratenen, von dem es nur ein associatives Wissen geben kann, weil das Bewusstsein der Zusammengehoerigkeit und damit die Einsicht fehlt. Es ist endlich klar, wenn wir auf Grund einer geringeren oder groesseren Zahl von Einzelfaellen einen allgemeinen Satz aufstellen, wenn wir mit andren Worten einen Induktionsschluss ziehen, so hat dieser Satz, je nach der Zahl der Faelle, eine groessere oder geringere Wahrscheinlichkeit, aber von dieser Wahrscheinlichkeit haben wir doch eine Einsicht, eine wirkliche Erkenntnis, eine Einsicht in seine Wahrscheinlichkeit. Dreiundzwanzigste Untersuchung. Erkenntnis der Innenwelt andrer. Wir haben gesehen, wie wir zur Erkenntnis unserer eigenen Innenwelt gelangen und welche Schranken fuer diese Erkenntnis vorhanden sind. Aber wie steht es mit unserer Erkenntnis der Innenwelt andrer? Haben wir eine auf Einsicht beruhende wirkliche Erkenntnis von fremden Bewusstseinen? Allgemein wird jetzt angenommen, dass diese Erkenntnisse, wenn es wirkliche Erkenntnisse sind, auf dem Wege des Analogieschlusses zustande kommen. Mit unsren Bewusstseinsvorgaengen sind Ausdrucksbewegungen, z. B. Lachen und Weinen mit Freude und Trauer, ausserdem Mienen, Gebaerden als Zeichen bestimmter Gefuehle, Worte als Zeichen bestimmter Gedanken verbunden. Nehmen wir diese nun an andren wahr, so schliessen wir, dass auch bei ihnen die gleichen Bewusstseinsvorgaenge vorhanden sein muessen. Sollte wirklich alle Erkenntnis fremder Bewusstseine auf diesem Wege zustande kommen? Sollte beispielsweise das Kind die Freude, die Trauer, den Zorn und Unwillen der Mutter, ihre Liebe, ihren Beifall nur auf diesem Wege kennen lernen? Ist das Kind, wenn es anfaengt in dieser Weise in das Bewusstsein der Mutter Blicke zu thun, wohl imstande, die mit seinen Bewusstseinsvorgaengen verbundenen Ausdrucksbewegungen, insbesondere seine mit ihnen verbundenen Mienen, die fast ausschliesslich in Betracht kommen, genau zu kennen, um sie mit den Mienen der Mutter vergleichen und daraus bei der Mutter auf aehnliche Bewusstseinsvorgaenge schliessen zu koennen? Das scheint den Beobachtungen, die wir am Kinde machen koennen, durchaus zu widersprechen. Aber auch soweit wir Erwachsene fremde Bewusstseine erkennen, spielt dieser schwerfaellige Analogieschluss, wie die Reflexion deutlich lehrt, keine Rolle. Unsre Erkenntnis der fremden Bewusstseine giebt sich uns als eine unmittelbare kund und, wie es scheint, kann sie auch beim Kinde keine andere sein. Aber wie ist das moeglich? Der blosse Anblick der Bewegung eines andren, z. B. beim Stossen einer Billardkugel, beim Springen ueber einen Graben, erzeugt in uns, wenn nicht die gleiche Bewegung, so doch den Ansatz dazu. Aehnlich kann man beobachten, dass die Gefuehlsaeusserungen eine ansteckende Wirkung ausueben. Begegnen wir finstern Mienen, so verduestert sich auch unwillkuerlich unsere eigene Miene. Wo alles lacht, muessen auch wir lachen; wo alles weint, koennen wir uns des Weinens nicht enthalten, und wenn wir auch nicht wirklich mitlachen oder mitweinen sollten, so werden wir doch froehlich oder traurig gestimmt. So lange wir Kinder sind und noch nicht gelernt haben, unsren Gefuehlsaeusserungen Zuegel anzulegen, werden wir nicht bloss froehlich mit den Froehlichen und traurig mit den Traurigen; wir lachen wirklich mit den einen und weinen mit den andren. Das ist die Regel. Natuerlich giebt es Ausnahmen, bei Kindern sowohl als bei Erwachsenen, wenn sie sehr egoistische, sehr gefuehllose Naturen sind. Das Merkwuerdige hierbei ist nur, dass die ansteckende Wirkung nicht bloss bei den Gefuehlsaeusserungen stehen bleibt, sondern sofort auch, und wie es wenigstens bei den Erwachsenen scheint, mit groesserer Sicherheit auf die Gefuehle selbst uebergeht. Nehmen wir nun an, dass wir von unsren Mitmenschen nach ihrer leiblichen Erscheinung bereits eine Erkenntnis gewonnen haben, ist es dann nicht natuerlich, dass wir in diesen uns aufgedraengten Gefuehlen und sonstigen Bewusstseinsvorgaengen ihre eigenen erblicken, dass die Zusammengehoerigkeit dieser ihrer Bewusstseinsvorgaenge mit ihrer leiblichen Erscheinung sich uns aufdraengt, uns unmittelbar einleuchtet und wir so eine unmittelbare Einsicht, eine unmittelbare wirkliche Erkenntnis von dieser Zusammengehoerigkeit und damit von den fremden Bewusstseinen gewinnen? So erklaert sich denn die allbekannte Erscheinung von der unwillkuerlich in unsren Kindern auftretenden Abneigung gegen Personen, die Kinder nicht leiden koennen oder die von schlechter Gemuetsart sind. Das Gefuehl der Abneigung gegen Kinder, gegen alle Menschen ueberhaupt, teilt sich den Kindern mit, und in diesem Gefuehle lesen sie gleichsam unmittelbar in der Seele des andren und sehen, was in ihr vorgeht. Ich brauche nicht zu bemerken, dass diese Erscheinung zu den Erfahrungen gehoert, die wir taeglich an uns selbst machen koennen und die somit als eine allgemein menschliche Erscheinung betrachtet werden muss, mithin auch fuer das Leben der Erwachsenen gilt. Die Unmittelbarkeit der Erkenntnis der fremden Bewusstseine hat im Grunde nichts Auffaelliges. Das Gegenteil ist nur scheinbar natuerlicher; der Raum, der uns anscheinend von dem fremden Bewusstsein trennt, gehoert selbstverstaendlich nur unserer Vorstellung an. Eine actio in distans, Einwirkung aus der Ferne muss nach dem jetzigen Stande der Naturwissenschaft sogar fuer die Koerperwelt angenommen werden, wenigstens so lange, als noch nicht nachgewiesen ist, dass die Gravitation zu ihrer Wirkung Zeit braucht; bis jetzt gilt diese Wirkung als eine unzeitliche oder zeitlose. Von der actio in distans der Koerper bis zum immediatum commercium animarum ist nur ein Schritt. Freilich hat die Erkenntnis anderer, insbesondere ihres Innern, auch ihre Schranken. Schon Aristoteles und Locke sagen, dass wir nicht wissen koennen, ob die Empfindungen etwa von rot und gruen, die wir beim Anblick von Blut und Gras haben, bei andren die gleichen und nicht vielmehr die umgekehrten sind, so dass ihnen beim Gras die Empfindung gegenwaertig ist, die wir beim Blut haben, und umgekehrt. Da wir alle von Jugend an gelernt haben, das Gras gruen und das Blut rot zu nennen, so wuerden natuerlich die sprachlichen Bezeichnungen die gleichen bleiben. Da ferner fuer unsre Erkenntnis andrer, so unmittelbar sie ist, doch ihre Gefuehlsaeusserungen massgebend sind, so muss natuerlich immer vorausgesetzt werden, dass diese Gefuehlsaeusserungen natuerliche sind und nicht etwa kuenstlich zum Zweck der Verstellung oder der schauspielerischen Darstellung hervorgebracht werden. Pestalozzi betont, dass darueber, ob eine Handlung aus selbstlosen oder selbstsuechtigen Motiven hervorgeht, ob sie mit andren Worten sittlich oder unsittlich ist, nur jeder bei sich selbst urteilen kann. Natuerlich gilt das Gleiche auch davon, ob neben dem negativen Moment der Selbstlosigkeit auch das positive Moment der rueckhaltlosen Hingabe an Gott, des persoenlichen Verhaeltnisses zu ihm, worin das Wesen der Religiositaet besteht, fuer das Zustandekommen der Handlung bestimmend war. Obgleich sich das nun nicht bestreiten laesst, so ist doch anderseits auch nicht zu leugnen, dass wir auf Grund von Erfahrungen, die wir an uns und an andren machen, andren mehr Vertrauen schenken koennen und muessen als uns selbst, andere fuer ehrlicher, uneigennuetziger, hingebender, opferwilliger halten muessen als uns selbst. In Bezug auf mich selbst bin ich doch eben wegen meiner Eigenliebe, die zum Selbstbeschoenigen und Selbstbetruegen fuehrt, viel mehr der Taeuschung ausgesetzt, als in Bezug auf andere. Abgesehen davon ist das in Wort und That vorliegende Leben des Einzelnen ebenso Ausdruck seines Innern wie die Gefuehlsaeusserungen, und wenn wir hier das Natuerliche, Nichtkuenstliche und Nichtverstellte von seinem Gegenteil unterscheiden koennen, muss das auch dort gelten. Ist aber dies der Fall, dann kann sich mit der Erkenntnis der Lebensfuehrung des Einzelnen, wie sie sich aeusserlich kundgiebt, auch die Vorstellung der Sittlichkeit, der Religiositaet verbinden und die Zugehoerigkeit dieser innern Vorzuege zu ihr uns einleuchten, sodass wir nun auch von diesem Leben nach seiner innern sittlich religioesen Seite eine Einsicht und wirkliche Erkenntnis haben koennen. Oft macht das Leben eines Menschen auf uns einen so ueberwaeltigenden Eindruck, dass wir bezueglich der Lauterkeit und Reinheit seiner Gesinnung eine durch nichts zu erschuetternde Ueberzeugung gewinnen und uns sagen muessen und wirklich sagen, dass, wenn hier keine Einsicht vorhanden ist, es ueberhaupt keine Einsicht giebt. Es ist merkwuerdig, dass die solchen seltenen Menschen Nahestehenden und mit ihnen Umgehenden trotz der entgegengesetzten Erfahrung, die sie an sich selbst und an andren machen, in diesem ihre Einsicht betreffenden Urteil uebereinstimmen, auch wenn der sogenannte Verehrungssinn in ihnen wenig oder gar nicht entwickelt ist. Natuerlich sind wir bei dieser auf Einsicht zurueckzufuehrenden Erkenntnis des Innern andrer auch auf ihre Worte als ungewollte und unbeabsichtigte Selbstbeurteilungen angewiesen, also auch auf die Mitteilungen andrer. Ob und inwiefern wir bezueglich der Mitteilungen andrer auch von wirklichen Erkenntnissen oder Einsichten reden koennen, darueber bedarf es einer besondren Untersuchung, der wir den Titel Geschichtliche Erkenntnisse geben, da die geschichtlichen Mitteilungen unter den Mitteilungen andrer die erste Stelle einnehmen. Vierundzwanzigste Untersuchung. Geschichtliche Erkenntnisse. Den Mitteilungen andrer gegenueber sind wir gewohnt, von einem Dafuerhalten zu reden, das wir mit dem geringschaetzigen Namen Glauben bezeichnen und insofern dem Wissen als etwas Minderwertiges gegenueberstellen. Wir vergessen dabei gewoehnlich, dass unser ganzes Gerichtsverfahren, auch wenn es sich bei ihm um Leben und Tod handelt, auf Zeugenaussagen, also auf einem Glauben in diesem Sinne beruht, und dass das Leben in der Familie, in der Gesellschaft, im Staate, jeder Verkehr mit unsresgleichen ohne ihn unmoeglich wuerde. Sicher ist, dass blosse Mitteilungen an sich genommen keine Einsichten sind, wenigstens nicht fuer diejenigen, denen die Mitteilungen gemacht werden. Mitgeteilte Urteile sind zunaechst noch keine von uns gefaellten Urteile, bei denen die Zugehoerigkeit des Praedikates zum Subjekt uns einleuchtet. Aber wir haben gesehen, wie unuebersehbar gross die Wissensinhalte sind, die wir uns selbst verdanken und bei denen ebenfalls von einem solchen Einleuchten keine Rede sein kann. Wir bezeichneten diese Wissensinhalte als Kenntnisse und unterschieden sie von den Erkenntnissen. Mit diesen Kenntnissen stehen die Mitteilungen zunaechst auf einer Stufe. Aber ebenso wie die blossen Kenntnisse koennen auch sie unter Umstaenden zu Einsichten oder Erkenntnissen erhoben werden. Es ist also insofern kein Grund vorhanden, sie den Wissensinhalten gegenueber, die wir uns selbst verdanken und die blosse Kenntnisse sind, fuer minderwertig zu halten. Sicher ist ferner, dass wir bezueglich der mitgeteilten Urteile sehr haeufig nicht zu einer unmittelbaren Einsicht in die Zusammengehoerigkeit des Praedikats mit dem Subjekte gelangen koennen, uns vielmehr mit der Einsicht, dass der Mitteilende die Wahrheit sagen kann und sagen will, begnuegen muessen, und dass wir erst hieraus auf die Zusammengehoerigkeit des Praedikats mit dem Subjekte schliessen koennen. Aber auch von den Wissensinhalten, die wir uns selbst verdanken und die zunaechst blosse Kenntnisse sind, gilt, dass wir sehr oft nur eine mittelbare Einsicht von ihnen gewinnen und sie nur durch diese mittelbare Einsicht zu eigentlichen Erkenntnissen erheben koennen. Wenn wir eine wirkliche Einsicht gewinnen, ist es in der That nicht von Bedeutung, ob dieselbe mittelbar oder unmittelbar ist, ebenso wenig, ob sie eine aeussere ist, vermittelt durch Einsicht in die Faehigkeiten und Gesinnungen der Mitteilenden, oder eine innere, vermittelt durch Einsicht in Saetze, die von selbst einleuchten. Auch die aeussere mittelbare Einsicht fuehrt in letzter Instanz auf Saetze zurueck, die durch sich selbst einleuchtend sind. Ich moechte deshalb vorschlagen, die im Deutschen (im Englischen hat sowohl believe dafuerhalten, als faith Glauben im religioesen Sinne eine ganz andere Bedeutung) uebliche Unterscheidung des Glaubens von dem Wissen fallen zu lassen und an ihre Stelle die andere von Wissensinhalten, die wir uns selbst und die wir andren verdanken, zu setzen. Es ist dies die bei den Englaendern uebliche Unterscheidung zwischen Kenntnissen erster und zweiter Hand. Das Wort Glaube bleibt besser wie das englische faith auf seine religioese Bedeutung beschraenkt. Ueberblicken wir nun einmal das unermesslich grosse Gebiet der Wissensinhalte, die wir andren verdanken, oder der Kenntnisse zweiter Hand, gegenueber der kleinen Zahl von Wissensinhalten, die wir uns selbst verdanken, oder der Kenntnisse erster Hand, und erwaegen wir die Konsequenzen, zu denen es fuehrt, wenn wir die erstren als minderwertig gegenueber den letztren betrachten wollen! Man bedenke, die ganze Geschichte, die Geographie fremder Laender und Voelker, die wir nicht selbst gesehen, die Reisebeschreibungen und Naturbeschreibungen von Gegenstaenden und Dingen, die wir nicht selbst erforschten, die Geschichte der Wissenschaften, auch die Lehren der Biologie, Chemie und Physik, selbst der Mathematik, die wir nicht nachgeprueft haben -- und welcher Fachmann waere im Stande, alles vor ihm Erforschte nachzupruefen? -- alles das sind Kenntnisse zweiter Hand, deren Wahrheit wir nur mittelbar erkennen, sofern wir auf sie aus der Einsicht, dass die uns diese Kenntnisse Mitteilenden die Wahrheit wussten und auch sagen wollten, schliessen. Koennen wir diese saemtlichen Wissensinhalte, weil wir sie der Mitteilung andrer verdanken, fuer minderwertiger halten als die geringe Zahl der durch eigene Thaetigkeit gewonnenen Wissensinhalte, die doch groesstenteils auch nur Kenntnisse sind und insofern mit ihnen auf einer Stufe stehen? Oder doch fuer minderwertiger als diejenigen unter ihnen, welche eigentliche Erkenntnisse sind, insbesondere als die Begriffsurteile der Arithmetik, der Logik, der Metaphysik und die diesen Begriffsurteilen sich naehernden, freilich nicht ohne Vorbehalt als Erkenntnisse zu betrachtenden allgemeinen Lehrsaetze der Geometrie, Astronomie, Physik, Mechanik? Wegen der allgemeinen Anwendbarkeit der Begriffsurteile und dieser sich ihnen naehernden Lehrsaetze ist ihr Nutzen fuer den Aufbau der Wissenschaften nicht hoch genug anzuschlagen, und insofern moegen sie hoeherwertig sein als die einfachen Thatsachenurteile. Aber der Erkenntniswert der Begriffsurteile ist offenbar nicht groesser als der der Thatsachenurteile. Hier wie dort besteht er in dem Einleuchten der Zusammengehoerigkeit und der Einsicht in dieselbe, was beides bei Thatsachen ebensowohl vorhanden sein kann als bei Begriffen. Ausserdem hat die Wahrheit der Thatsachenurteile ebenso einen ueberzeitlichen Charakter wie die Wahrheit der Begriffsurteile. Die meisten der auf Mitteilung beruhenden Urteile, ausser denen, die zu den erklaerenden Naturwissenschaften und zur Mathematik gehoeren, sind solche Thatsachenurteile; die geschichtlichen Wissenschaften bestehen fast lediglich aus ihnen. Es ist wichtig zu beachten, dass den geschichtlichen Thatsachen, die wir saemtlich der Mitteilung andrer verdanken, kein geringerer, im Gegenteil sicher ein hoeherer Erkenntniswert zukommt als, ganz allgemein gesprochen, den Wissensinhalten der Naturwissenschaften, von denen wir viele durch unsere eigene Beobachtung gewinnen und die wir, wenn sie durch Beobachtung andrer gewonnen wurden, nachpruefen koennen, die ferner wegen ihrer groesseren Einfachheit eher die Herstellung gesetzlicher, den Begriffsurteilen sich naehernder Zusammenhaenge ermoeglichen. Wir haben gesehen, dass sich uns die Natur als eine gebrochene Einheit, nicht als eine wahre Vielheit darstellt; damit haengt zusammen, dass das Einzelne in der Natur nur als Beispiel einer Gattung und Art und nicht als solches Bedeutung hat. Den Botaniker interessiert dieses bestimmte Exemplar einer viola tricolor nur als Beispiel der Art. Ganz anders in der Geschichte. Die geschichtlichen Personen bilden eine wirkliche Vielheit. Jede einzelne hat ihren Wert, ist sozusagen eine Gattung, eine Art fuer sich. Eben darum stellen die geschichtlichen Thatsachen dem Erkennen eine viel schwerer zu bewaeltigende Aufgabe als die Naturthatsachen; sie bieten dem Erkennen zu gleicher Zeit aber auch einen Reichtum und eine Lebensfuelle, hinter der die reichste und lebensvollste Ausstattung der Naturgestalten zurueckbleibt. Die Geschichte ist die Quelle von Gedanken, welche uns der Loesung des Raetsels des Weltgeschehens naeher bringen, waehrend die Natur unsren Fragen gegenueber verstummt. Von dem Koerperlichen, dem eigentlichen Gegenstande der Naturwissenschaft, wissen wir strenggenommen nicht, was es ist; von den Triebfedern und Beweggruenden menschlicher Handlungen, die sich uns als die Hebel der geschichtlichen Entwicklung darstellen, haben wir eine eigentliche, in einer Einsicht bestehende Erkenntnis. Ausserdem ist das Koerperliche sicher dem fuer die Geschichte massgebenden und bestimmenden Geistigen untergeordnet und hat in ihm seinen Zweck. Was haben beispielsweise die freilich bloss hypothetisch angenommenen Aetherschwingungen und die wirklich zu konstatierenden Luftschwingungen sonst fuer einen Zweck, als in unserem Bewusstsein die Farben und die Toene zu erzeugen und damit den Kuensten der Malerei und Musik zur Geburt zu verhelfen? Es giebt einen der Natur innewohnenden Zweckzusammenhang, der in der Ermoeglichung und Herausbildung des Bewusstseins, vor allem des menschlichen Bewusstseins, seine Spitze hat und in ihm, wie es scheint, seinen Abschluss findet. Es scheint nicht richtig, die Natur als Gegensatz zum Geiste zu betrachten; vielmehr stellt sie sich uns dar als eine Stufenleiter zum Geiste, der uns nicht bloss in unsrem Bewusstsein sondern mehr noch in der Geschichte offenbar wird. Man koennte sagen, die Natur oder Koerperwelt sei fuer uns, die wir allein das Bewusstsein seiner Beschaffenheit nach kennen, das Nichtbewusstsein, also Gegensatz des Bewusstseins. Allein das ist nur ein andrer Ausdruck fuer unser Nichtwissen. Eher kann man sagen, das Niedere sei um des Hoeheren willen, also in letzter Instanz alles fuer das Bewusstsein da. Herausbildung des Nervensystems als Bedingung der Empfindung, des Bewegungssystems als Werkzeug des Willens -- das scheint der ganze Zweck des tierischen und menschlichen Koerpers zu sein. Wofuer waere die Farbenpracht, der Formenreichtum der Pflanzenwelt, wenn nicht fuer das sehende Auge? Oder soll etwa das Bewusstsein seinen Zweck in der Natur haben und ihr als Mittel dienen? Allein die Natur geht die Jahrtausende hindurch ihren unabaenderlichen Gang nach ehernen Gesetzen, die das Bewusstsein entdecken und dann sich dienstbar machen, aber nicht im geringsten aendern kann. Das Antlitz des Weltalls und der Erde bleibt das gleiche Jahrtausende hindurch, ohne von dem Bewusstsein einen aendernden Einfluss zu erfahren. Die Benutzung der Naturgesetze zu seinen, naemlich des Menschen Zwecken, das sich Dienstbarmachen und Beherrschen der Natur, das Zwingen derselben zum Gehorsam im Experiment kraft dieser Gesetze ist ferner unerklaerbar, wenn das Bewusstsein der Natur wie das Mittel dem Zweck untergeordnet oder um der Natur willen vorhanden waere. Es bleibt noch eine dritte Moeglichkeit, naemlich mit der mechanischen Naturauffassung den Zweckbegriff ganz zu eliminieren. Allein die Anhaenger dieser Auffassung koennen der Entwicklungshypothese nicht entbehren und fuehren mit ihr gleichsam durch eine Hinterthuer den Zweckbegriff wieder in die Wissenschaft ein. Die Entwicklungshypothese verlegt die Zielstrebigkeit, die Aristoteles zur Ermoeglichung der Selbstentfaltung und Selbstentwicklung fuer jedes einzelne Naturding in Anspruch nahm, in das Ganze der Natur. Das Niedere ist nach ihr dem Hoeheren untergeordnet und dient ihm als Mittel zum Zwecke. Man sucht freilich die Zweckmaessigkeit mechanisch zu erklaeren. Nur was seiner Umgebung angepasst und fuer den Verkehr mit ihr eingerichtet ist, soll daseinsberechtigt und lebensfaehig sein. Woher kommt die Anpassung und Einrichtung? Es passt sich selbst an, richtet sich selbst ein; vermoege seines Selbsterhaltungstriebes kommt es zur Selbstentfaltung und Selbstentwicklung. Das ist eben das, was Aristoteles Zielstrebigkeit nennt. Man sagt, das Staerkere erhaelt sich, weil es besser fuer den Kampf ums Dasein ausgeruestet ist. Aber das gilt nicht eigentlich vom Staerkeren, sondern vom feiner Organisierten, vom Empfaenglicheren, Reizbareren, also von dem Vollkommneren. Dieses ist das Staerkere. Mit andren Worten, die Entwicklung zum Vollkommneren, die Zielstrebigkeit setzt sich durch, haelt sich aufrecht. Der Geruchssinn des Parfumeriefabrikanten, der Geschmackssinn des Gourmands, der Gehoerssinn des Musikdirigenten, der Gesichtssinn des Mikroskopikers wird durch die infolge der Uebung und Gewoehnung wiederholt auftretenden und einander weckenden Empfindungen feiner, zarter, fuer Unterschiede empfaenglicher, keineswegs aber groeber, staerker. Waere das letztere der Fall, dann liesse sich durch Summierung der wiederauflebenden Empfindungen alles sehr leicht erklaeren, rein mechanisch; alle Vervollkommnung waere nur ein Staerkerwerden. Aber es ist anders in der Natur; man kann von einem aristokratischen Prinzip als dem herrschenden, in letzter Instanz ausschlaggebenden reden. Das Bessere, das Vollkommnere gewinnt im Allgemeinen den Sieg, das Staerkere nur ausnahmsweise. Dem gegenueber versagt die mechanische Erklaerung. Dass sich das Bessere, Vollkommnere durchsetzt und erhaelt, scheint ohne Zielstrebigkeit nicht erklaert werden zu koennen. Die fortschreitende Entwicklung der Natur ist nicht zu leugnen. Sie vollzieht sich durch Zusammenfassung des Nebeneinanderliegenden, Getrennten zur Einheit, durch Bildung kleinerer Ganzen, z. B. der Himmelskoerper im Weltenraum, der Krystalle, Pflanzen, Tiere auf der Erde, und innerhalb dieser letztern durch Herstellung von Mittelpunkten zuerst und dann von Systemen, die das kleine Ganze beherrschen: Ernaehrungs-, Nerven-, Bewegungssystem. Aber wie langsam geht diese Entwicklung vor sich, ihr Alter zaehlt nach Jahrmilliarden! Die eigentliche Staette unablaessiger, augenscheinlicher, fortschreitender Entwicklung ist die Geschichte. Insofern kann man sie als die an Intensitaet freilich alles Vorausgehende hinter sich lassende Fortsetzung der Natur bezeichnen. Auch in ihr handelt es sich um Herausbildung von Einheiten; aber diese Einheiten sind nicht Zusammenfassungen neben- und aussereinanderliegender Teile, sondern Einheiten, die in einem Bewusstsein von sich selbst, an dem alle ihre Glieder teilnehmen, bestehen: Volk, Staat, Gesellschaft, Nation. Einheiten ferner im strengen Sinne, naemlich geistige Einheiten, Persoenlichkeiten, welche die eigentlichen Traeger der geschichtlichen Entwicklung bilden. Sie sind Traeger von Ideen, welche die Massen bewegen. Darin liegt ihre Bedeutung. Die Geschichte bewaehrt sich gerade durch diese in ihr hervortretenden, in den Persoenlichkeiten verkoerperten Ideen als fortschreitende Entwicklung. Die Frage, ob es einen Fortschritt in der Geschichte giebt, sollte darum von rechtswegen gar nicht gestellt werden. Fuer die Wissenschaft und Religion hat man ihn nicht leugnen koennen; zeitweilige Rueckschritte sind nur Anlaeufe zu kraeftiger Erhebung. Man wird hienach nicht bestreiten koennen, dass die Geschichte einen viel bedeutsameren und gehaltreicheren Erkenntnisgegenstand ausmacht als die Natur. Es giebt ohne Zweifel in der fortschreitenden Entwicklung der Natur etwas Neues, das aus den vorausgehenden Faktoren nicht erklaert werden kann, -- das Organische gegenueber dem Unorganischen ist, wie das Tier gegenueber der Pflanze, ein solches Neues -- wenn man nicht etwa den Satz ex nihilo fit nihil zu leugnen versucht. Das gilt in noch viel hoeherem Grade von der Geschichte. Hier ist das Neue an das Individuum gebunden, und die Bedeutung des Individuums bedingt und bestimmt den geschichtlichen Fortschritt. Fuenfundzwanzigste Untersuchung. Kuenstlerische und wissenschaftliche Inspiration. Es giebt eine alte Unterscheidung von drei Erkenntnisquellen: Erfahrung, Vernunft und Offenbarung. Man begegnet ihr heute nicht mehr. Sie gilt fuer veraltet. Indes hat sie doch ihr gutes Recht. Die Redeweise: es war mir oder kam ueber mich wie eine Offenbarung, wird nicht selten gebraucht, und viele werden gestehen muessen, dass sie so etwas wirklich erlebt haben. Man spricht allgemein von einer kuenstlerischen Inspiration. Die schoepferische Einbildungskraft ist etwas andres. Worin liegt der Unterschied? Was ist unter dieser Inspiration, Eingebung, die als Offenbarung bezeichnet werden muss, zu verstehen? Es bedarf eines Blickes des Geistes, um das Wesentliche von dem Unwesentlichen in den Dingen unterscheiden, um die Merkmale ihres Begriffes auffinden und entdecken zu koennen. Nicht jeder verfuegt ueber diesen Blick. Viele bleiben an dem Aeusserlichen und Nebensaechlichen mit ihrem Denken haften. Wir sagen dann, sie koennen nicht denken. Wie sie des eigentuemlichen Erlebnisses, das wir als Einsicht bezeichnen, ermangeln und sich kaum ueber die Stufe des bloss associativen Wissens erheben, so fehlt ihnen auch der Blick des Geistes, durch den allein das Wesentliche erfasst werden kann. Eines solchen Blickes bedarf es nun auch, um den Gedanken zu erfassen, der in einem Kunstwerke ausgedrueckt ist. Aber fuer den Kuenstler selbst, der den Gedanken in dem Stoffe verwirklicht, genuegt dieser Blick nicht. Ihm muss der Gedanke _gegeben_ werden. Und das geschieht eben durch die Eingebung oder Inspiration. Sie ist, wie ersichtlich, von dem Blicke des Geistes, durch den wir das Wesen, den Kern der Sache erfassen, verschieden. Dieser Blick orientiert sich an der aeussern Erscheinung des Wesens, er ist durch sie bedingt und wird durch sie bestimmt, obgleich er sozusagen durch sie hindurchdringt und ueber sie hinausgeht. Die Inspiration oder Eingebung hingegen ist ein objektiver Zustand, der ohne unser Zuthun zustande kommt, dem gegenueber wir uns leidend verhalten. Sie setzt natuerlich in uns eine Empfaenglichkeit voraus, die mannigfach vermittelt ist; ihre Auffassung haengt darum von einer bestimmten Entwicklung des Bewusstseins ab. Man kann die Inspiration mit dem Einleuchten der Zusammengehoerigkeit vergleichen und muss dann die Auffassung der Inspiration mit der Einsicht zusammenstellen. Auch bei der Eingebung handelt es sich um Zusammenhaenge, um Zusammengehoerigkeiten, freilich andrer, hoeherer Art als bei dem Einleuchten, wie sie beispielsweise das Motto der Goetheschen Iphigenie darstellt: Alles irdische Gebrechen suehnet reine Menschlichkeit. In der schaffenden Thaetigkeit des Kuenstlers nun spielt vor allem die Inspiration oder Eingebung eine Rolle, sie macht sich die Phantasie des Kuenstlers dienstbar und laesst sie an seiner Schoepferkraft teilnehmen. Die so schoepferisch gewordene Phantasie schaltet und waltet mit ihrem sinnlichen Stoff gemaess der Eingebung, ihn formend und gestaltend. Natuerlich sagen wir nicht, dass alle Ideen, die unsren Kunstwerken zugrunde liegen oder die in ihnen verkoerpert sind, auf einer Eingebung beruhen. Oft ist das Kunstwerk ja nur eine Darstellung des in Erfahrung und Geschichte Gegebenen, freilich so, wie es sich im Geiste des Kuenstlers spiegelt, wie es seiner Auffassung entspricht. Diese Spiegelung oder Auffassung haengt natuerlich, wie die Auswahl der darzustellenden Gegenstaende, von der Individualitaet des Kuenstlers ab. Man wird demgegenueber schwerlich von einer auf Eingebung beruhenden Idee reden koennen, wenn man nicht etwa fuer diese Individualitaet, wie ueberhaupt fuer die Bedeutung des Individuums in der Geschichte etwas der Eingebung Analoges in Anspruch nehmen will, das nicht bloss Gedanken im menschlichen Bewusstsein sondern Wirklichkeiten erzeugt. Abgesehen davon wird man nicht leugnen koennen, dass vielen Kunstwerken, insbesondere Werken der redenden Kunst, Ideen zugrunde liegen, die auf einer Eingebung beruhen, die mit andren Worten aus dem in Erfahrung und Geschichte Gegebenen nicht erklaert werden koennen. Das Motto der Goetheschen Iphigenie ist unzweifelhaft eine solche Idee, wenn auch fuer Goethe diese Idee keine eigentliche Eingebung war, sondern dem reichen Schatze der Eingebungen entnommen wurde, die in der christlichen Religion gegeben sind und deren Mittelpunkt eben diese Idee bildet. Koennen wir auch von einer wissenschaftlichen Inspiration reden? Ohne Zweifel muessen wir es! Wird das Forschungsergebnis, zu dem man nur muehsam durch langwierige Arbeit gelangt, nicht meistens schon mit vorausschauendem Blicke vorweggenommen, und ist nicht dieser vorausschauende, das Ergebnis vorwegnehmende Blick der Ansporn, der uns zur Forschungsarbeit draengt, und das Licht, das uns hierbei leitet? Alle grossen wissenschaftlichen Entdeckungen, wie alle Entdeckungen ueberhaupt, scheinen so auf urspruenglichen Intuitionen zu beruhen, die vielfach Eingebungen sind. Das Ergebnis wird oft erst auf sehr verwickelten und verschlungenen Wegen gewonnen, und doch steht es uns von Anfang an deutlich vor der Seele. Wie ist das zu erklaeren, wenn das Ergebnis nicht eine Eingebung, Inspiration ist? Wir sprechen davon, dass uns Gedanken einfallen, wodurch der Fortschritt im Denken vielfach bedingt ist. Oft sind das freilich nur Reminiscenzen aus der Lektuere, aus den Gespraechen mit andren, oft nur mehr oder minder berechtigte Verallgemeinerungen, oft blosse Associationen. Aber wir wissen auch, dass das keineswegs immer der Fall ist. Nicht selten tritt uns ein Gedanke, der gleichsam aus der verborgenen Tiefe unsres Innern auftaucht, als etwas durchaus Neues entgegen, fuer das wir in unsrem bisherigen Geistesleben vergebens nach Anknuepfungspunkten suchen. Solche Gedanken werden wir doch Eingebungen nennen muessen. Das Ergreifen, Erfassen derselben im Bewusstsein ist von dem Blicke fuer das Wesentliche, der durch die Erscheinung der Dinge und Vorgaenge im Bewusstsein bedingt und bestimmt ist, verschieden. Solche Gedanken draengen sich uns auf, werden uns so aufgenoetigt, wie wir von den Empfindungen sagen, dass sie uns aufgedraengt, aufgenoetigt werden. Von unsrem Bewusstsein scheinen sie nicht hervorgerufen oder erzeugt zu werden; aus ihm scheinen sie nicht hervorzugehen oder zu entstehen, vielleicht aus den uns selbst verborgenen Tiefen unseres Wesens. Durch dieses Sichaufdraengen und Sichaufnoetigen, das die auf Eingebung beruhenden Gedanken mit den Empfindungen gemein haben, unterscheiden sie sich insbesondere von dem Wesentlichen, das wir durch einen einfachen Blick des Geistes erfassen, bei dem von einer innren Noetigung, einem innren Zwange nichts zu verspueren ist. Natuerlich bilden auch die eingegebenen Gedanken Zusammenhaenge, Zusammengehoerigkeiten, sie treten in der Form von Urteilen auf; aber das Einleuchten dieser Zusammengehoerigkeit und das mit ihr verbundene Einsehen, der Blick fuer das Wesentliche verbindet sich nicht ohne weiteres mit den eingegebenen Gedanken, ist auch grundverschieden von dem Sichaufdraengen, das die eingegebenen Gedanken wie die Empfindungen charakterisiert. Wie bei dem Blicke des Geistes fuer das Wesentliche, so ist auch bei dem ihm folgenden Einleuchten und Einsehen der Zusammengehoerigkeit von irgendwelcher Noetigung, irgendwelchem Zwange nichts zu entdecken. Die auf Eingebung beruhenden Gedanken stellen sich meistens dann ein, wenn der Blick fuer das Wesentliche versagt, sodass ihr Aufleuchten gleichsam einen Ersatz, eine Ergaenzung fuer diesen Blick bildet. Wir kennen das Wesen des Koerperlichen nicht, koennen es vielmehr nur nach seiner Erscheinung in unsrem Bewusstsein charakterisieren und naeher bestimmen. Wenn man das Koerperliche fuer den Gegensatz des Geistigen erklaert, so geschieht das auf Grund einer Eingebung in unsrem Sinne; der Erfahrung folgend wuerde es eher als eine Stufenleiter zum Geistigen hin betrachtet werden muessen. Aber auch diese Betrachtung findet in der Erfahrung keine ausreichende Stuetze und muss insofern ebenfalls als Eingebung bezeichnet werden. Natuerlich sind solche Eingebungen keine Erkenntnisse; es kommt darauf an, sie zu verifizieren. Die wissenschaftliche Arbeit hat in ihnen wohl einen Ansporn und ein Licht, aber sie beginnt erst mit der Eingebung und muss so lange fortgesetzt werden, bis die Zusammengehoerigkeit der Eingebung mit dem Wirklichen einleuchtet und eingesehen wird. Dann erst wird die Eingebung zur Erkenntnis. Der Ausdruck Eingebung ist insofern ein vorlaeufiger. Zu einer wirklichen, von der Einbildung sich unterscheidenden Eingebung wird ein Gedanke erst dadurch, dass wir ihn zu einer wirklichen Erkenntnis erheben. Von den beiden Gedanken ueber das Wesen des Koerperlichen, die wir erwaehnten, scheint sicher zu sein, dass sie zu wirklichen Erkenntnissen nicht erhoben werden koennen. Nach dem ersteren Gedanken, der die Natur als Gegensatz zum Bewusstsein fasst, muesste man die Natur etwa als Schranke des Bewusstseins, als symbolischen Ausdruck seiner Endlichkeit auffassen, dem sich dann die scheinbar unendliche Ausdehnung der Natur im Raume als symbolischer Ausdruck ihrer vorgeblichen Unendlichkeit zur Seite stellt. Nach dem letzteren Gedanken muesste man etwa annehmen, dass die Natur in einer stufenweisen Entwicklung allmaehlich zu einem geistigen Dasein verklaert wuerde, wie es die Anschauung des neuen Testamentes ist oder zu sein scheint. Aber was in beiden Faellen die Wirklichkeit der Natur eigentlich sein soll, bleibt voellig dunkel. Wenn wir an dem wirklichen Bestehen von Eingebungen nicht zweifeln koennen, so fragt es sich, woher sie kommen. Wir haben gesehen, dass das Wesen der Dinge in ihrer Wahrheit besteht und dass sie nur dadurch, dass sie wahr sind, wirklich sein koennen. Ihre Wahrheit ist Bedingung ihrer Wirklichkeit und ihr gegenueber das Massgebende und Entscheidende. Alle Dinge haengen so mit dem Reiche der Wahrheit, mit dem System der Wahrheit zusammen -- eine einzelne Wahrheit giebt es streng genommen nicht -- sind von ihm durchdrungen oder in dasselbe eingegliedert. Das gilt natuerlich auch von unsrem Bewusstsein, von unsrem Erkennen und allen dasselbe vorbereitenden Vorgaengen. Sie sind aufs engste mit dem Reiche oder System der Wahrheit verbunden, und aus dieser Verbindung erklaert es sich, dass scheinbar unvermittelt in uns Gedanken auftreten oder, wie wir gewoehnlich sagen, uns eingegeben werden. Es giebt sicher zwei Erkenntnisquellen, das Wort im weitesten Sinne genommen: nicht Quellen, aus denen wir die Erkenntnisse schoepfen, sondern Ausgangspunkte, zwei verschiedene Ausgangspunkte fuer unser Erkennen, die dasselbe bedingen und seinem Inhalte nach bestimmen. Das sind einerseits die Empfindungen als Erkenntnismittel der Aussenwelt und die Bewusstseinsvorgaenge als Erkenntnismittel der Innenwelt, beide zusammen das ausmachend, was wir als Erfahrung bezeichnen koennen, wenn wir darunter eben den Ausgangspunkt fuer das Erkennen verstehen. Diesen stehen anderseits die Eingebungen gegenueber. Die Erkenntnis ist natuerlich von beiden verschieden. Sie ist Sache des Denkens, der Vernunft, und besteht weder in einer blossen Umformung der Empfindungen, wie Condillac und die Sensualisten meinen, noch in einer blossen Umformung der Bewusstseinsvorgaenge. Dass uns die Eingebungen, die nur dem hochentwickelten Bewusstsein zuteilwerden koennen, in den an die Erfahrung sich anschliessenden Formen des Denkens gegeben werden, hindert natuerlich nicht, sie als Ausgangspunkt fuer das Erkennen in dem eroerterten Sinne zu betrachten. Sechsundzwanzigste Untersuchung. Religioese Erkenntnisse. Nimmt man an, dass es kuenstlerische und wissenschaftliche Inspirationen giebt, so wird man auch den religioesen Inspirationen seine Anerkennung nicht versagen koennen. Die Religion ist, ganz allgemein gefasst, das Bewusstsein von der Verbindung des Menschen mit Gott und ein auf Grund dieses Bewusstseins eingeleiteter Verkehr des Menschen mit Gott, der in der rueckhaltlosen Hingabe des Willens, der Person, des ganzen Wesens an Gott seinen Grund hat und in einer persoenlichen Beziehung zu Gott besteht. Wird nun unter Gott, wie es in der Religion der Fall ist, das ueber der Welt der Erscheinungen erhabene Wesen verstanden, in dem alles wirkliche Sein und alle Wahrheit ihren Grund hat, so ist begreiflich, dass gerade auf religioesem Gebiete die Inspirationen die groesste Rolle spielen. Sie sind von der Religion ihrem wahren Wesen nach unabtrennbar. Das kann man nur leugnen, wenn man dieses Wesen voellig verkennt oder in sein Gegenteil verkehrt. In allen weltbewegenden Religionen treten Seher, Propheten auf, die sich solcher von Gott empfangener Inspirationen ruehmen. Sofern sie eine neue religioese Bewegung herbeifuehren, nennen wir sie Gruender, Stifter der Religionen oder Verbesserer, Reformatoren. Der Inhalt ihrer Inspirationen sind keineswegs, nicht einmal groesstenteils, Zukunftsbilder, sondern die ganze Natur und Menschenwelt umspannende Gedanken, die ueber das eigentliche Wesen und die Wahrheit der Dinge, d. h. ueber ihre Stellung und Bedeutung fuer die Gesamtheit des Wirklichen oder im System der Wahrheit Licht verbreiten. Sie haben deshalb zu allen Zeiten das lebhafte Interesse des Philosophen geweckt, dem es um die Erkenntnis des Wesens und der Wahrheit der Dinge zu thun ist. Allerdings sind diese Gedanken in erster Linie praktischer Natur, denn die Religion ist zunaechst eine praktische, das Gefuehl und den Willen angehende Angelegenheit. Aber sie schliessen die umfassendsten und bestimmtesten theoretischen Voraussetzungen ein, ohne die sie Halt und Bestand verlieren und bei deren Veraenderung sie selbst voellig veraendert werden. Und diese theoretischen Voraussetzungen sind nicht etwa darum wahr, weil sie sich praktisch fuer das Gefuehl und den Willen bewaehren. Der Wert der Praxis liegt gerade darin, dass diese Voraussetzungen wahr sind. Wie alles in der Welt, so erhaelt auch sie ihren Wert nur durch die Wahrheit, die sie natuerlich nicht verbuergen und garantieren kann. Es ist eine den Religionsbegriff verflachende und entleerende Auffassung, wenn man erklaert, die Religion bestehe in blossen Gefuehlen, und wenn man sie in diesem Sinne mit Gesinnungen verselbigt. Als ob Gesinnungen ohne theoretische Grundlagen denkbar waeren! Gewiss, das Wesen der Religion, ihr Herz und ihre Seele besteht nicht in theoretischen Anschauungen, nicht in Lehren, sondern in der persoenlichen Hingabe der Menschen an Gott, in dem Opfer seiner selbst. Aber wie verschieden ist doch die stoische Hingabe an den Weltlauf, die auch von den Stoikern als Gehorsam gegen Gott bezeichnet wird, und die christliche Ergebung in den Willen Gottes! Worin liegt die Verschiedenheit? Nun darin, weil die diesen Gesinnungen zugrunde liegende Lehre eine andere ist. Heilswahrheiten sind nicht wahr, weil sie uns Heil bringen, sondern weil sie wahr sind, deshalb bringen sie uns Heil. Der Glaube als rueckhaltlose Hingabe an Gott setzt die Erkenntnis Gottes als der rueckhaltlosen Hingabe an uns voraus. Er soll den Frieden des Innern und die Kraft zum sittlichen Handeln bringen. Aber man kann nicht auf Probe glauben, abgesehen davon, dass das keine rueckhaltlose Hingabe waere. Mit andren Worten: die Erkenntnis, auf der der Glaube beruht und die uns seine Wirkung verbuergt, ist nicht um dieser Wirkung willen wahr, und der diese Erkenntnisse einschliessende Glaube erhaelt nicht durch diese seine Wirkung seine Wahrheit. Dass der Glaube seine Wahrheit nicht erhaelt durch seine Wirkungen, geht schon daraus hervor, dass die Wirkungen rein psychologisch auch eintreten, wenn der Glaube falsch ist, d. h. wenn die in ihm enthaltene Annahme, also das intellektuelle Element in ihm, nicht wahr ist. Ohne dieses intellektuelle Element, dass Gott ist, dass er die Liebe ist, kommt kein Glaube zustande, ohne dasselbe kann er keinen Augenblick bestehen. Ist es nicht wahr, so ist er Trug, Taeuschung, Einbildung, also voellig wertlos, trotz seiner guten Wirkungen. Aber hat das intellektuelle Element, von dessen Wahrheit wir reden, in der Religion nur Bedeutung als Voraussetzung, als bedingender Bestandteil? Muss man nicht vielmehr sagen, die Wahrheit sei das Einzige, was um seiner selbst willen geschaetzt werden muesse, alles andere koenne nur darum geschaetzt werden, weil es wahr ist (nur weil es wahr ist, ist es ja auch wirklich)? Wir sprechen von wahrer, wirklicher Liebe, von wahrer, wirklicher Sittlichkeit, von wahrem, wirklichem Menschsein und meinen damit eine Liebe, wie sie sein soll, eine Sittlichkeit, wie sie sein soll, einen Menschen, wie er sein soll. Das ist natuerlich Wahrheit in andrem Sinne; Wahrheit als Uebereinstimmung mit einem Ideal. Aber im hoechsten Sinne ist Liebe, Sittlichkeit, Mensch nur wahr, insofern sie eine Stellung in der Gesamtheit des Wirklichen haben, die durch das System der Wahrheit bestimmt wird, also als Glieder des Reiches der Wahrheit -- nur insofern haben sie eine ewige Bedeutung und einen unvergaenglichen Wert. Insofern ist dann die Wahrheit alles in allem, das einzige, das wahrhaft hoechste Gut. Dieser hoechste Sinn der Wahrheit muss auch fuer die Religion gelten. Als einzelne Wahrheit oder Teilwahrheit ist sie blosse Voraussetzung, bedingender Bestandteil der Religion; als Wahrheit im hoechsten Sinn ist sie auch fuer die Religion alles. Was Voraussetzung, bedingender Bestandteil und insofern Anfang fuer Glaube, Liebe, Sittlichkeit, Religion ist, dass muss auch das Ende, das hoechste Ziel sein. In diesem hoechsten Sinne wird in der christlichen Religion Gott als die Wahrheit bezeichnet und die Erkenntnis mit dem ewigen Leben verselbigt, oder das ewige Leben auf die Erkenntnis zurueckgefuehrt. "Das ist das ewige Leben, das sie Dich erkennen und den Du gesandt hast, Jesum Christum." In diesem hoechsten Sinne des Wortes Wahrheit wird dann auch in der christlichen Religion alles auf Gott, den Koenig im Reiche der Wahrheit, bezogen, alles sub specie aeternitatis betrachtet, alles nach seiner ewigen Bedeutung im Gegensatze zu dem vergaenglichen Scheine ins Auge gefasst und gewertet. In diesem hoechsten Sinne des Wortes Wahrheit endlich wird alle Wahrheit in der christlichen Religion als auf Eingebung, Inspiration, Offenbarung beruhend betrachtet. Fuer die Erkenntnis der Wahrheit in diesem hoechsten Sinne gilt dann freilich auch wieder Glaube, Liebe und Sittlichkeit als Bedingung. "Wer meine Worte haelt und danach thut, der wird erkennen, dass sie wahr sind". Insofern muss zugestanden werden, dass die Wahrheit wohl an sich, nicht aber fuer uns das hoechste Gut ist. Fuer uns ist die Sittlichkeit ein hoeheres Gut als die Wahrheit und hinwiederum die Seligkeit, der Friede, ein hoeheres Gut als die Sittlichkeit. Denn nur wenn wir die Seligkeit oder den Frieden erlangt haben, koennen wir sittlich leben, und das sittliche Leben hinwiederum ist Bedingung der Erkenntnis der Wahrheit im vollen Sinne des Wortes. Insofern gilt der Primat des Willens, nicht der Primat des Intellekts; insofern koennen wir auch die beiden letzten Glieder der fuer das Zustandekommen des Glaubens wichtigen Reihe notitia assensus (Einsicht) fiducia umkehren und sagen notitia fiducia assensus, was uebrigens auf den alten Satz von der fides quaerens intellectum hinauskommt. Man unterscheidet Eingebung und Offenbarung. Eingebungen, Inspirationen werden einem Einzelnen zuteil, und wenn dieser sie andren mitteilt als von Gott stammend oder auf Inspiration beruhend, so werden sie Offenbarungen genannt. Kann der, dem die Eingebung zuteil wird, diese wirklich als Eingebung erkennen? Will man das bezueglich der kuenstlerischen und wissenschaftlichen Eingebungen nicht leugnen, so ist kein Grund vorhanden, es fuer die religioesen Eingebungen zu bestreiten. Dass der religioes Inspirierte seine Eingebungen auf Gott zurueckfuehrt, spricht nicht dagegen. Gott ist ihm der Koenig und Herrscher im Reiche der Wahrheit, und vom Glaeubigen wie von dem Kuenstler und Gelehrten gilt, dass er sein ganzes Sein und Wesen von diesem Reiche der Wahrheit zu Lehen traegt und nur als Glied dieses Reiches ein Sein und Wesen besitzt. Wie alle Dinge, so stehen auch die bevorzugten Menschen, die Kuenstler, Gelehrten und religioes Inspirierten unter dem unmittelbaren Einflusse dieses Reiches und werden von ihm unmittelbar beruehrt. Warum sollten sie nicht eine Einsicht und darum eine wirkliche Erkenntnis davon gewinnen koennen, dass ein in ihnen auftauchender Gedanke nicht das Ergebnis ihres Nachdenkens, noch weniger das Endglied einer rein mechanisch sich vollziehenden Association, sondern etwas wirklich Neues ist, das nur jenem geheimnisvollen Reiche der Wahrheit entstammen kann, das wir um des ueberzeitlichen Charakters aller Wahrheit willen annehmen mussten? Koennen auch diejenigen, denen die Eingebung als von Gott stammend verkuendigt wird, eine Einsicht davon gewinnen, dass sie wahr ist, koennen sie mit andren Worten eine Einsicht davon gewinnen, dass der Verkuendende die Wahrheit sagen kann und sagen will? Denn diese Einsicht ist der einzige Weg, auf dem wir uns von der Wahrheit einer Mitteilung durch andre, sofern sie eben eine Mitteilung ist und bleibt, ueberzeugen koennen. Massgebend hierfuer und entscheidend ist einzig und allein der Eindruck der Persoenlichkeit des Verkuendigers nach seiner sittlichen und religioesen Seite. Es giebt und gab zu allen Zeiten Persoenlichkeiten, die in beider Hinsicht einen ueberwaeltigenden Eindruck auf uns ausueben, solange wir uns gegen solche Eindruecke nicht verhaertet und abgestumpft haben, wie wir ja auch gegenueber dem Eindrucke der Wahrheit, dem Einleuchten oder der Evidenz blind und gleichgueltig werden koennen. Wenn wir jenen ueberwaeltigenden Eindruck erfahren, dann ist es einfach konsequent, jedenfalls einzig vernuenftig, dass wir ihren auf Religion und Sittlichkeit sich beziehenden Aussagen rueckhaltlosen Glauben schenken oder sie auf Grund dieser mittelbaren Einsicht fuer wahr halten -- was auch immer geschieht, wenn nicht die eigenen Neigungen und Interessen jenen Aussagen widerstreiten. Ob wir unmittelbar von der Wahrheit dieser Aussagen eine Einsicht oder Erkenntnis gewinnen koennen, ist eine andere Frage, die aber fuer den Religioesen nur eine untergeordnete Bedeutung hat. Jener ueberwaeltigende Eindruck wird bei ihm ein Ergriffensein des Gemuets und Sichunterwerfen des Willens zur unmittelbaren Folge haben, das eine Verstaerkung durch die unmittelbare Einsicht in die Wahrheit jener Aussagen schwerlich und nie, sehr haeufig und leicht aber eine Abschwaechung erfaehrt, da die unmittelbare Einsicht in die Wahrheit selbst die Gefahr mit sich bringt, die Wahrheit zu einer blossen Verstandes- oder Kopfwahrheit herabzusetzen. Darum begnuegt sich der Religioese gern und freudig mit der aeusseren Einsicht in die Wahrheit der Offenbarung, die sich darauf stuetzt, dass der die Offenbarung Verkuendigende die Wahrheit sagen konnte und sagen wollte. *Schluss.* Man wird sagen, unsere Darlegung sei Metaphysik. Gewiss mit Recht! Wir kennen keine andren Wahrheiten als die einen ueberzeitlichen Charakter haben, und Wahrheit in diesem Sinne ist Metaphysik, auch wenn man sie durch ihre unloesbare Verbindung mit dem Erkennen davor schuetzt, Ding an sich zu sein. Wer die Metaphysik in diesem Sinne leugnet, fuer den giebt es keine Wahrheit mehr. Er ist unrettbar dem Skepticismus verfallen. Oder nicht? Man sagt, Wahrnehmungen, die sich bewaehren, sind wahr, wie die Wahrnehmung, dass Digitalis den Puls herabsetzt, Chinin Fieber beseitigt. Oder Wahrnehmungen, die sich als Teil einem widerspruchslosen System von Saetzen einordnen lassen, sind wahr. In beiden Faellen werden aus den Wahrnehmungen Erfahrungen. Das erstere ist die empiristische Wahrheitstheorie, das letztere die rationalistische. Aber es fragt sich, woher wir wissen, dass etwas sich bewaehrt, das etwas sich einem widerspruchslosen System von Saetzen einordnen laesst. Doch nur daraus, dass es uns einleuchtet und wir es einsehen. Was immer uns aber einleuchtet und was immer wir einsehen, das leuchtet uns ein, oder das sehen wir ein als eine Wahrheit, die fuer alle Zeiten und darum auch fuer alle Denkenden gilt. Das Sichbewaehrende ist, wie alles induktiv Erschlossene, nur wahrscheinlich, das Widerspruchslose nur moeglicherweise wahr. Oft wenn die Verhaeltnisse einfach ueberschaubar sind, haben wir schon bei der einzelnen Wahrnehmung eine Einsicht in die Wahrheit. Wir erkennen z. B. sofort, dass der gluehende Ofen verbrennt, dass Wasser aus Wasser- und Sauerstoff besteht; ebenso dass gleichseitige Dreiecke gleiche Winkel haben, dass Peripheriewinkel die Haelfte der Centriwinkel ausmachen. Dort bedarf es nur Einer Wahrnehmung, hier nur einer beliebig gewaehlten Figur. Das Probieren, Versuchen der Wiederholung einer Wahrnehmung oder ihrer Einordnung in ein System hat seinen Wert: die Wiederholung, um unsere Lebenszwecke zu sichern und zu foerdern, die Einordnung, um ein Erkenntnisideal zu verwirklichen; aber beides ist kein Pruefstein der Wahrheit. NAMEN- UND SACHREGISTER. *A.* *Abhaengigkeit* voellige aller Dinge von Gott S. 51. *Absehen* nicht das Wesen der Abstraktion S. 21, -- von dem in den Sinnenbildern der Ausdehnung und Bewegung und den entsprechenden Kategorien enthaltenen irrationalen Element S. 49, 57--58. *Abstraktion*, worin sie besteht S. 21--22, -- geht der Generalisation voran, durch sie gewinnen wir unter anderm auch die wesentlichen Merkmale S. 9, -- sie schafft neue Einzelgebilde des Denkens, ist verschieden von den negativen Urteilen S. 21--22. *actio in distans* S. 68. *Allgemein* nicht dasselbe mit wesentlich S. 8. *Allgemeingueltigkeit* Folge der ueberzeitlichen Geltung S. V, 5. *Analyse und analytisches Verfahren* nur die Kehrseite des Zieles des Erkennens, seine bloss formale Folgeerscheinung S. 24, -- thut dem Erkennen, nicht Genuege S. 27, 29; warum man alle Urteile fuer analytische halten koennte S. 26 und 27. *Analogieschluss*, ob notwendig fuer die Erkenntnis fremder Bewusstseine S. 67. *Animismus* S. 12. *Ansteckende Wirkung* der Gefuehlsaeusserungen und Gefuehle S. 67--68. *Anerkennen* der erkannten Wahrheit Pflicht S. 43--44. *Anfang* und Vorhandensein in der Zeit S. 50. *Apercu* und Intuition, inwiefern dem Blick fuer das Wesentliche aehnlich S. 10, -- inwiefern von ihm verschieden S. 80. *Aphaireisthai*, *abstrahere* s. *Abstraktion*. *Aristokratisches Prinzip* in der Natur: das Vollkommnere nicht das Staerkere siegt S. 75--76. *Aristoteles* gegen die Trennung des Erkennens vom Gegenstand S. 1, -- gegen die Trennung von Leib und Seele S. 54, -- seine Kategorienlehre, in der das sinnfaellige Wirkliche die erste Rolle spielt S. 45, 47, -- unbewegter Beweger S. 30, -- kein Begriff ohne Phantasievorstellung S. 55, 59. *Aristoteliker*: Praedikat der allgemeinere Begriff S. 27. *Art*, inwiefern sie zu den Praedikabilien gehoert S. 46. *Assensus*, inwiefern ihm die fiducia vorangeht S. 85. *Associatives Wissen* S. 65. *Association* der Willensimpulse mit den Sinnenbildern S. 12. *Aufgenoetigt*, *aufgedraengt*, Empfindungen, Gedanken, auch Eingebungen; aber nicht das Einleuchten, die Einsicht S. 22, 38, 78, 80. *Augustins* veritates aeternae S. 7. *Ausdehnung*, Sinnenbild und Begriff derselben S. 11, irrationales Element in der Ausdehnung S. 48. *Aussenwelt*, was darunter nicht zu verstehen ist S. 52, 57; wir haben von ihrer Existenz, nicht von ihrer Beschaffenheit eine unmittelbare Einsicht S. 53; warum wir bezueglich der Aussenwelt nicht leicht von einer Einsicht sprechen S. 61, 62 und 55; sie steht mit unserm Bewusstsein in untrennbarem Zusammenhang S. 56 und 63. *Ausgangspunkte* zwei verschiedene fuer unser Erkennen, Erkenntnismittel nicht eigentliche Erkenntnisquellen S. 81--82. *Ausserwesentlich* das Zufaellige, das Notwendige zum Teil, ob es zum Seienden gehoert oder nicht S. 46. *B.* *Bacon* und die Methode der Naturwissenschaften S. 9. *Bedeutung* der ueberzeitlichen Geltung der Wahrheit S. 4, -- von Raum und Zeit fuer das Reich der Wahrheit S. 30, 50, -- der Zeit S. 5, 62. *Begriff* von Ausdehnung und Bewegung verschieden von den entsprechenden Sinnenbildern und Vorstellungen S. 11--12, -- von Punkt, Linie, Flaeche, Geist desgleichen S. 14; -- umfasst die wesentlichen Merkmale S. 21, 7--8, -- umfasst nicht alle Merkmale, die einem Ding und nur ihm zukommen S. 8, 46, -- der Religion S. 69, 82; -- der Philosophie S. 15--17. Der _Eine_ Begriff, welcher die Stellung der Dinge im System der Wahrheit bestimmt, und unsere Begriffe S. 15, 18, 21. *Begriffsworte* enthalten eine Wissensdisposition, die betreffenden Urteile faellen zu koennen S. 11. *Believe* Dafuerhalten, S. 71. *Berkeley* ueber die Dinge als Gedanken Gottes S. 53, 54. *Beruehrung* enthaelt ein irrationales Element a) als Bestandteil der Ausdehnung, b) als Bestandteil der Substanz S. 48--49. *Beschraenktheit* als seiendes Nichtsein S. 47. *Bewegung*, Sinnenbild und Begriff derselben S. 11; irrationales Element in der Bewegung S. 48. *Beweis* fuer die Existenz der Aussenwelt S. 54--56. *Bewusstheit* Wissen des Bewusstseinsvorgangs um sich selbst S. 58, -- uneigentliches, nicht namentliches, nicht begriffliches Wissen, keine Einsicht oder Erkenntnis S. 59, -- hat einen uebergreifenden Charakter S. 60--61, -- analog dem Bewusstsein des Ich und Selbst von sich S. 63, -- ist die Erscheinung der Bewusstseinsvorgaenge im Bewusstsein, die sich in der Reflexion wiederholt S. 64, -- kommt bei der Uebertragung der sinnlichen Vorstellungen auf die Bewusstseinsvorgaenge zur Geltung S. 59. *Bewusstsein* der Wahrheit S. 6; unser Bewusstsein und die fremden Bewusstseine S. 61; Ich- und Selbstbewusstsein S. 63. *Beziehung* auf die Objektivitaet gleich Bewusstsein der Wahrheit S. 6--7, -- setzt zwei Glieder voraus S. 28, -- eine Kategorie S. 28. *Bild*, was ihm eigentuemlich ist S. 17. *Bildliche* Vorstellungen S. 59. *Blick des Geistes fuer das Wesentliche*, eine Abstraktion (s. d.) S. 9; -- schafft, erzeugt ein neues Gebilde des Denkens, ist Voraussetzung der Urteile der zergliedernden, der verbindenden, der negativen S. 13, 21, 14, -- vermittelt die Uebertragung der sinnlichen Vorstellungen auf die Bewusstseinsvorgaenge S. 60, -- erste Stufe des Erkenntnisvorgangs, noch keine Erkenntnis S. 20, 21; doppelte Funktion dieses Blickes: Vereinzelung, Zusammenfassung, Trennen, Zusammenschauen S. 13, 21. *Blinde* Ueberzeugung, worauf sie sich gruendet S. 34, -- Gewissheit, wodurch von der einsichtigen verschieden S. 36, -- Wissensinhalte sehr zahlreich S. 65, 25. *Brentano* ueber aeussere und innere Wahrnehmung S. 58. *C.* *Caput mortuum* das Ding an sich, ein toter Punkt S. VI. *Cartesius* Trennung von Leib und Seele S. 1, 54. *Causari* hervorgebracht werden, verschieden von sequi folgen S. 32. *Christliche* Ergebung und stoischer Gehorsam S. 83, -- Religion, Mittelpunkt derselben S. 79; inwiefern sie Gott als die Wahrheit erklaert S. 85. *Commercium immediatum animarum* unmittelbare, gegenseitige Beeinflussung der Bewusstseine S. 68. *Condillac* S. 82. *Criterium quo cognoscitur* -- das, wodurch wir erkennen, die Einsicht, Kennzeichen der Wahrheit im uneigentlichen Sinne S. 24. *Criterium secundum quod cognoscitur* -- das, gemaess dem wir erkennen, das Einleuchten Kennzeichen der Wahrheiten im eigentlichen Sinne S. 24. *Cues* Nikolaus v., ideelle Existenz der Dinge wahrer als die zeitraeumliche S. 7. *D.* *Definition* der Empfindung unmoeglich ohne Zuhuelfenahme koerperlicher Vorgaenge S. 54, -- der Wahrheit gewoehnliche, a) falsche Auffassung b) richtige Auffassung S. 1, 2. Was gehoert in die Definition? S. 8. *Denken*, inwiefern Gegenstand der Logik S. IV. *Denkgesetze* Formalgesetze: das Gesetz des Enthaltenseins und des Grundes S. 33. *Denknotwendigkeit* oft nur Folgerung aus der Gewissheit S. 39, -- in keinem Falle Grund unserer Einsicht in die Wahrheit S. 40, 41, 42. *Descartes* s. Cartesius. *Ding an sich* ein ungereimter Begriff S. VI, -- fuehrt zu einer Auffassung der Definition der Wahrheit, die alle Erkenntnis unmoeglich macht S. 1, die Wahrheit nicht Ding an sich S. 5, 6, 31. *Dinge im Allgemeinen* S. 50. *E.* *Eckhart* S. 7. *Eigenschaft*, das Eigentuemliche derselben S. 28, warum sie ein Selbststaendiges voraussetzt S. 41, und Proprietaet S. 46. *Einbildung* und Eingebung S. 81. *Einbildungskraft* schoepferische verschieden von Eingebung S. 77, 78. *Eingebung* verglichen mit dem Einleuchten, dem Blick fuer das Wesentliche, der Einsicht S. 10, 78, 80, -- noch kein Erkennen, vielmehr Ausgangspunkt (zweiter) fuer das Erkennen S. 81, 82, wann Gedanken Eingebungen sind S. 79, 81, worin die Eingebungen ihren Grund haben S. 81. *Einheit* Gesetz der Einheit S. 30, 31, -- Kategorie S. 47; -- gebrochene in der Natur S. 57, 73 -- des Bewusstseins S. 61. *Einleuchten* und *Einsicht*, Verschiedenheit beider S. 22, 23, 24, Einleuchten keinerlei Zwang S. 22, 34, 38, 43, 80, -- verglichen mit Inspiration und Auffassen der Inspiration S. 78, -- wirklich oder bloss vermeintlich S. 35, 36, 37, 38; Schein des Einleuchtens, wie beseitigt S. 37; Einleuchten unmittelbar oder mittelbar S. 37, 38. Einsicht innere und aeussere S. 71, 87. Einleuchten keine Erkenntnis, Grund der Erkenntnis S. 22, 34, 38, Einleuchten Massstab, Kennzeichen der Wahrheit; das, nach dem wir ueber Wahrheit und Falschheit urteilen S. 24. *Einsicht* Erkenntnis S. 23, Sehen, Wahrnehmen der Zusammengehoerigkeit S. 34, -- verschieden von Urteil, Bewusstsein der Wahrheit, Gewissheit S. 23, keine wahrscheinliche oder zweifelhafte Einsicht moeglich S. 35, 36 -- hat keine Grade S. 36, -- unmittelbare in die Existenz der Aussenwelt S. 53 -- in die religioes-sittliche Beschaffenheit eines Andern S. 70, diese der Grund, dass wir seinen Aussagen ueber Religion und Sittlichkeit Glauben schenken S. 87, -- subjektiv wie die Gewissheit S. 23; inwiefern kann die unmittelbare Einsicht grundlos, inwiefern der Grund der Einsicht, das Einleuchten, als subjektiv bezeichnet werden? S. 31, die vorausgehende Einsicht fuer die nachfolgende Reflexion eigentliches Kennzeichen der Wahrheit (criterium secundum quod), Einsicht an sich genommen nur uneigentlich sogenanntes Kennzeichen der Wahrheit (criterium quo) S. 24. *Einzelwirklichkeit* -- Gegensatz Gesamtwirklichkeit S. 4, Gesamtheit des Wirklichen S. 15. Gesetze fuer das Einzelwirkliche; auch das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten gilt nur fuer das Einzelwirkliche S. 29. *Empfindungen* a) als Gegenstand der Reflexion S. 60, b) als Erkenntnismittel S. 55, 59, c) isoliert vom Koerper bei Cartesius und in der Psychologie S. 54, Definition der Empfindungen S. 54. *Enargein* Einleuchten S. 24. *Einzelgebilde* des Denkens, die wesentlichen Merkmale S. 13, -- ueberhaupt das durch Abstraktion Geschaffene S. 21; das Urteil kein Einzelgebilde, vom Denken geschaffene Verbindung S. 23. *Enthaltensein*, Gesetz des Enthaltenseins fuer Begriffe S. 26; Gesetz des Enthaltenseins fuer Urteile -- das Gesetz des Grundes S. 32; im Enthaltensein eine Denknotwendigkeit vorhanden S. 40. *Entwicklung* fortschreitende in der Natur S. 76, 81, 74. *Entwicklungstheorie* fuehrt den Zweckbegriff wieder ein S. 75. *Erfahrung* Ausgangspunkt des Erkennens a) die Empfindungen als Erkenntnismittel der Aussenwelt, b) die Bewusstseinsvorgaenge als Erkenntnismittel der Innenwelt, -- keine Erkenntnis S. 82. *Erinnerung*, was sie ist S. 61; warum wir bei ihr nicht leicht von Einsicht reden S. 61--62, unter welchen Vorbehalten es einsichtige Erinnerungen gibt S. 62. *Erkennen* hat eine metaphysische Bedeutung S. V, VI; a) empiristischer Begriff, b) rationalistischer Begriff des Erkennens S. 2, -- Lehre vom Erkennen erster Teil der Logik, Lehre vom Denken zweiter Teil S. IV; das Erkennen und die Wahrheit S. IV, 2; die Wahrheit unabtrennbar vom Erkennen S. VI, 2, 5, 31, -- nicht Abdruck, Spiegelbild, muessige Wiederholung der Wirklichkeit, besitzt die Wirklichkeit selbst S. 6, 17. Erkennen gleich Einsicht verschieden vom Urteil S. 23, 6. *Erkenntnisideal* S. 88 *Erkenntnismittel* S. 55, 82. *Erkenntniswert* der Naturwissenschaften und Geschichte S. VI, 73, 76, -- der Begriffs- und Thatsachenurteile S. 72. *Erklaerung* mechanische der Natur, wann moeglich? S. 75, -- psychologische der Entstehung und Zusammensetzung unserer Vorstellungen der Weltdinge S. 52, 12. *Ermoeglichung* der Empfindungen S. 52, Gesetz der Ermoeglichung S. 32. *Evidenz evidentia* Einleuchten S. 24. *Ewigkeitscharakter* der Wahrheit S. V, 4. *Existenz* der Aussenwelt unmittelbar erkannt S. 53, -- des Ich desgleichen; keine Erkenntnis seiner Beschaffenheit S. 63--64. *F.* *Faith* Glaube in religioesem Sinne S. 71. *Fiducia* religioeser Glaube, der dem assensus der Zustimmung des Verstandes oder dem einsichtigen Urteil vorangeht, ein und dasselbe mit *Fides* quaerens intellectum religioeser Glaube, der die einsichtige Erkenntnis erstrebt d. h. die mit ihr verbundene aeussere Einsicht durch die innere zu ergaenzen sucht S. 85. *Farbe*, Wesen der Farbe S. 16, unsere Auffassung der Farben Grund der Objektivationstheorie S. 54, 55. *Formalgesetze* Denkgesetze, das des Enthaltenseins und des Grundes S. 33. *Formalkategorien* Raum und Zeit S. 50. *Formen* (3) des Gesetzes des Widerspruchs S. 33. *Formulierung* falsche des Kausalitaetsgesetzes S. 31--32. *Fragen*, ihr Wert S. 16--17, Philosophie Wissenschaft der Fragen S. 16, -- ob die Dinge so sind, wie wir sie wahrnehmen, thoericht, ungereimt S. 34, 52. *G.* *Gattung*, wann Proprietaet S. 46, 8, verglichen mit der Zahl S. 46. *Gebiet* das sinnliche konstituiert von den Empfindungen, inwiefern? S. 59. *Gedanken* aufgedraengte S. 80, 22, -- Gottes die Dinge der Welt S. 53, 54, 56. *Gefuehle* Grund der blinden Ueberzeugung S. 34; die Religion besteht nicht in blossen Gefuehlen S. 83. *Gegenstand* Unbestimmtheit des Wortes S. 2; einziger Gegenstand des Erkennens die Wahrheit S. 2; im eigentlichen Sinne giebt es nur auf Grund des Urteils Gegenstaende S. 12. *Gegenstaendlicher* Charakter der Vorstellungen, wie kommt er zu Stande S. 12. *Geist*, Blick des Geistes S. 9, 13--14, 20--21, 60; -- und Koerper S. 16, Begriff und Sinnenbild des Geistes S. 14. *Gelten* mehr als Existieren S. 4, vergl. ideelle Existenz in Gott wahrer als zeitraeumliche Existenz S. 7. *Gemuet*, Ergriffensein des Gemuets von der Wahrheit S. 43, 87. *Generalisation* S. 8--9. *Geschichte*, Erkenntniswert der Geschichte S. VI, 73, 76, Bedeutung des Individuums in der Geschichte S. 73, 77, Fortschritt in der Geschichte S. 76, Gedanken in der Geschichte S. 73, 76. *Gesamtheit des Wirklichen* s. *Einzelwirklichkeit*. *Gesetze* als Ausdruck des Wesens der Dinge S. 14; -- des Erkennens: Grundgesetz, Urteilsgesetze S. 25 u. 29, Schlussgesetze S. 30 ff., Gesetz der Gleichfoermigkeit des Naturlaufs S. 38. *Gewissheit* einsichtige und blinde, ihr Unterschied S. 35--36. *Glaube* in religioesem Sinne S. 84, 71, 72; als Fuerwahrhalten der Mitteilungen andrer S. 70. *Glaubensueberzeugungen* geschichtliche Erkenntnisse S. V, Kant ueber Glauben S. V. *Gleichheit* und Verschiedenheit Praedikabilien S. 46. *Goethe* ueber das Allgemeine und Besondere S. 9; Motto seiner Iphigenie S. 78, 79. *Gravitation* zeitlos S. 68, Gesetz der -- S. 5 *Gott* als Bewusstsein ueberhaupt S. 5, 53, -- der Eine Erkennende vom System der Wahrheit vorausgesetzt S. 30--31, 85, seinem Wesen nach Selbstentaeusserung, rueckhaltlose Hingabe S. 51, 84. *Grund*, Gesetz des Grundes S. 32--33; subjektiver, objektiver Grund der Wahrheit S. 30--31, 7. *Gut*, die Wahrheit an sich das hoechste Gut S. 18, 44, 84--85, nicht fuer uns S. 85, ein sittliches Gut, ein Gemeinschaftsgut S. 44. *H.* *Hegel* und die Evidenz des Gesetzes des Widerspruchs S. 38. *Heraklit* und die Evidenz des Gesetzes des Widerspruchs S. 38. *Homoiosis* Veraehnlichung S. 6. *Horror vacui* kein leerer Raum S. 56. *Humes* Irrtum ueber das Ich S. 63. *I.* *Ich*, inwiefern erkennbar S. 63--64. *Ideal* der Erkenntnis S. 88. *Ideelle Existenz* wahrer als zeitraeumliche S. 7. *Ideen*, Persoenlichkeiten in der Geschichte, ihre Traeger S. 76. *Ideenwelt* Platons dasselbe mit dem System der Wahrheit S. 7. *Immediatum commercium animarum* s. *Commercium*. *Inhaltsmerkmal* der Wahrheit S. 2; die negativen Begriffe keine Inhaltsmerkmale S. 28. *Induktion* S. 9, 66. *Individualitaet* des Kuenstlers S. 78. *Individuation* Prinzip der -- S. 50. *Intellectus* s. *Fides quaerens intellectum*. *Irrational* vom Erkennen nicht aufzuhellen S. 48. *Inkommensurabel* vom Erkennen nicht aufzuhellen S. 48. *Intuitionen* s. *Apercu*. *Inspirationen* s. *Eingebung*. *Isolierung* der Teile des Ausgedehnten und Bewegten durch die Abstraktion S. 13, 21, der Empfindungen und koerperlichen Vorgaenge S. 54, der Bewusstseinsvorgaenge S. 60. *K.* *Kant* ueber Glauben und Wissen S. V, sein Einfluss auf die Logik S. I; Trennung des Gegenstandes vom Erkennen -- Ding an sich S. VI und S. 1, -- vom guten Willen S. 44. *Kategorien* des Aristoteles S. 45, -- vier: Ding, Eigenschaft, Vorgang, Beziehung S. 28, Formalkategorien: Raum und Zeit; Realkategorien: Substanz und Kausalitaet S. 50, Wesen und Einheit sind Kategorien S. 46--47; Wirklichkeit eine Realkategorie S. 51. *Kausalitaet* Verursachung; Ursprung des Begriffs S. 12--13, 49, Ursache und Vorgang S. 28, Gesetz der Kausalitaet S. 31--32; irrationales Element S. 49; -- die Ermoeglichung nicht hervorbringende Ursache S. 31, 50, -- als symbolischer Ausdruck fuer die voellige Abhaengigkeit der Dinge von Gott S. 51. Siehe *Substanz*. *Kausalzusammenhang* S. 31. *Kenntnisnahme* verschieden von Erkennen S. 65. *Kenntnisse* keine Erkenntnisse S. 65--66, 71, -- erster und zweiter Hand S. 72. *Kennzeichen* der Wahrheit S. IV, 3, nicht die Einsicht sondern das Einleuchten S. 24. *Kinder* Erfahrungen an -- S. 67, -- unmuendige S. 55, wodurch belehrt ueber den Unterschied des eigenen von fremden Koerpern S. 56. *Koinonia* Teilnahme an einer Sache S. 6. *Kopfwahrheit* S. 45, 87. *Koerperwelt*, unser Bewusstsein unabtrennbar mit ihr verbunden S. 56, 63, doppelte Auffassung ihres Wesens S. 74, 81, dreifache Auffassung ihres Verhaeltnisses zum Geiste S. 74--75. *Konstante* Merkmale S. 9. *Kraft* enthaelt wie die Zeit und Kausalitaet ein irrationales Element, gehoert darum nur zur Erscheinung der Welt im Bewusstsein S. 57. *L.* *Leben* das ewige eine Erkenntnis S. 85. *Leib* und Seele untrennbar S. 1, 54, vergl. S. 63. *Locke* u. Aristoteles ueber die Schranken unserer Erkenntnis des Innenlebens anderer S. 69. *Logik* als Denklehre in erster Linie Erkenntnislehre S. IV, -- formale u. erkenntnistheoretische S. III--IV. *Logismus* formalistischer S. VI. *Lueckenhaftigkeit* der Erinnerung, wie erkannt S. 62. *M.* *Materie* siehe *Kraft*. *Mathematik*, ob fuer alle verstaendlich S. VII, warum und inwiefern ihre Lehrsaetze durch- (ein-)sichtige Klarheit besitzen S. 58, 49. *Mensch*, Begriff des Menschen S. 8, Wesen des Menschen S. 16. *Merkmale*, Wertunterschiede unter den Merkmalen S. 8, -- wesentliche und unwesentliche S. 6--7, 46, -- begriffliche und sinnfaellige S. 10 ff. *Metaphysik* vermeintliche Grundvoraussetzung das Ding an sich S. VI, Scheu vor der Metaphysik S. VI, Begriff der Wahrheit ist Metaphysik S. 87. *Metaphysische Bedeutung* des Erkennens S. VI. *Methode psychologische*, Isolierung der Empfindungen vom Koerper S. 54, der Bewusstseinsvorgaenge von einander S. 60. *Mill, Stuart* S. 54, 52. *Mittelalterliche* Philosophie S. 1, 54. *Mitgeteilte* Urteile keine selbstgefaellten S. 70--71. *Mitte* zwischen Bejahen und Verneinen ausgeschlossen fuer das Einzelwirkliche S. 29. *N.* *Nacheinander* in der Zeit ausgeschlossen durch den Uebergang S. 48. *Namenwissen* blosse Kenntnis S. 65--66. *Namentliches* begriffliches Wissen eigentliches Wissen S. 59. *Natur* Wissenschaft der Natur S. 57--58, Erkenntniswert geringer als der der Geschichte S. VI, 73, 76, Auffassung der Natur mechanische S. 75, Auffassung der Natur doppelte unverifizierbare S. 74, 81. *Natura non facit saltus* keine Spruenge in der Natur S. 56. *Nebeneinander*, ausgeschlossen durch die Beruehrung S. 48. *Neues* in Natur und Geschichte S. 77. *Newtons* Gravitationsgesetz S. 5. *Negation* nur im Urteil moeglich, setzt aber den Blick fuer das, was anders ist, voraus S. 14, 28. *Nichtsein* wirkliches S. 47. *Nichtseinsollendes* ob wirklich S. 19, 47. *Nihil.* *Ex nihilo fit nihil.* Aus Nichts wird Nichts S. 77. *Noetigung* keinerlei -- beim Einleuchten und der Einsicht. S. 22, 34, 38, 80. *Notwendigkeit des Denkens* scheinbare als Folge der Gewissheit. S. 39, 42--43 wirkliche einsichtige im Verhaeltnis des Enthaltenseins S. 40, wirkliche einsichtige in den Unvertraeglichkeitsverhaeltnissen S. 41--42, wirkliche einsichtslose S. 41. *O.* *Objektiver* Grund aller Wahrheit S. 31. *Objektivationstheorie*, Grund derselben S. 54, Ersatz derselben S. 55. *Offenbarung* im allgemeinen Sinne die Inspiration mit einschliessend S. 77, im Unterschied von der Inspiration S. 85--86. *Ort* der Dinge, Ursprung des Bewusstseins derselben S. 52. *Ortsbestimmung* loest alles in Beziehungen auf, setzt darum ein Unraeumliches voraus S. 30. Prinzip der Individuation S. 50. *P.* *Parusia* Gegenwart S. 6. *Pestalozzi* ueber die Schranken unserer Erkenntnis des Innern anderer S. 69. *Phantasie* schoepferische des Kuenstlers S. 78. *Phantasiebild* als Begleiter der Begriffe S. 55, 59. *Persoenliches Verhaeltnis* das Wesen der Religiositaet S. 69. *Persoenlichkeiten* in der Geschichte als Traeger der Ideen S. 76. *Philosophie* Wissenschaft vom Wesen der Dinge, Wissenschaft der Fragen S. 16. *Prinzip* aristokratisches in der Natur S. 76, -- der Individuation S. 50. *Platons* Theaetet S. VII, Ideenlehre S. 7, Ansicht vom Koerper S. 16, 55. *Psychologische Methode* Isolierung der Empfindungen vom Koerper S. 51, der Bewusstseinsvorgaenge von einander S. 60. *Primat des Intellekts, des Willens* S. 85. *Probe* auf Probe glauben in religioesem Sinne unmoeglich S. 84. *Porphyrius* ueber die Praedikabilien S. 45. *Proprietaet* und Eigenschaft S. 46. *R.* *Rationalistischer* Begriff des Erkennens S. 2, der Wahrheit S. 88. *Raum* als Kategorie S. 48, als Begriff S. 49, Formalkategorie, Prinzip der Individuation S. 50, symbolischer Ausdruck der scheinbaren Selbststaendigkeit der Dinge, der Unendlichkeit S. 51, 81, enthaelt ein irrationales Element, gehoert darum nur zur Erscheinung der Welt in unserm Bewusstsein S. 57. *Realgesetze* S. 33--34. *Realkategorien* S. 50. *Rehmke* S. 53, 54. *Religion*, positive Seite der Moral S. 69, ihr Wesen S. 82, 83, ihre doppelte Wirkung S. 84, vergl. S. 85, Bedeutung der Erkenntnis in der Religion S. 84--85. *Reflexion* verschieden von dem Bewusstheit genannten Wissen S. 59, Wiederholung desselben S. 64, Empfindung als Gegenstand der Reflexion S. 60. *S.* *Scheinbar*, inwiefern das Scheinbare wirklich S. 19, die geliehene Selbststaendigkeit verschieden von der anmasslichen nicht etwas bloss Scheinbares S. 51, 19, scheinbare Selbststaendigkeit, Symbol derselben S. 51, 81. *Schoepfung* Akt der Selbstentaeusserung S. 51. *Schranken* unuebersteigliche oder noch nicht ueberwundene fuer die Erkenntnis der Aussenwelt und unserer eigenen Innenwelt S. 64, fuer die Erkenntnis der Innenwelt anderer S. 69. *Schluss* der Analogie S. 67, der Induktion S. 66, 9. *Selbstbewusstsein* unmittelbare Einsicht in die Zusammengehoerigkeit der Bewusstseinsvorgaenge, die wir unsere nennen, mit dem Ich oder Selbst, S. 63, 61. *Selbsterkenntnis* S. 69. *Selbstentaeusserung* s. *Schoepfung*. *Seligkeit* als Friede, Voraussetzung der Sittlichkeit S. 85, 84. *Sensualisten* S. 82, VI. *Sinnfaellige* Wirklichkeit S. 48, -- Eigenschaften S. 57. *Sinnliches* Gebiet, wodurch konstituiert S. 59--60, sinnliche Merkmale S. 10. *Sinnenbilder*, was sie sind S. 11; die Grundbestandteile des Sinnlichen, Sinnfaelligen, die Sinnenbilder der Ausdehnung und Bewegung S. 10--11, einfache Sinnenbilder die genannten, aus ihnen entstehen erweiterte, neue, umfassendere S. 49, Sinnenbilder und Vorstellungen S. 11--12, Sinnenbilder und Begriffe S. 49. *Sittlichkeit* in dem negativen Moment der Selbstlosigkeit bestehend, das einer Ergaenzung bedarf S. 69, Kraft zum sittlichen Handeln S. 84; inwiefern fuer uns ein hoeheres Gut als die Wahrheit S. 85. *Skepticismus* -- Folge der Leugnung des metaphysischen Charakters der Wahrheit S. 87. *Spinoza* S. 4, 7. *Stoiker* S. 83. *Stoische Hingabe* S. 83. *Stufen*, Vorstufen und Stufen als Bestandteile des Erkenntnisvorgangs S. 20, 21, S. 21--23. *Subjektiv* grundlos was unmittelbar einleuchtet, hat einen objektiven Grund S. 31. *Subjekt* der Urteile das Einzelwirkliche S. 29, -- Sinnenbilder oder Vorstellungen und wesentliche Merkmale S. 26. *Substanz* entsteht aus dem Willensding S. 12, setzt ein umfassenderes Sinnenbild als die Ausdehnung voraus S. 49, begriffliche Bearbeitung, Begriff der Substanz S. 13, 49, enthaelt das irrationale Element in verdoppeltem Masse S. 49, gehoert darum nur zur Erscheinung der Welt in unserm Bewusstsein S. 57, symbolischer Ausdruck fuer die scheinbare Selbstaendigkeit der Dinge S. 51. *Synthese* Ziel des Erkennens, nicht Analyse S. 27, 29, 24. *Symbolischer Ausdruck* fuer die scheinbare Selbstaendigkeit der Dinge Raum und Substanz, fuer ihre voellige Abhaengigkeit Zeit und Kausalitaet S. 51, 81. *System* der Wahrheit wesentlich S. 30, 24, 15, 4. *T.* *Thatsachen*, Urteile ueber Thatsachen ueberzeitlich S. 4, -- und Gedanken, S. 3. *Trennung* abstrakte von Leib und Seele, Gegenstand und Erkennen S. VI, VIII, 1, 54, Abstraktion ein Trennen, Isolieren S. 21, 13. *U.* *Uebereinstimmung*, Gesetz der -- S. 25. *Uebergreifender Charakter* der Bewusstheit, warum notwendig, S. 60, 61. *Uebertragung* der sinnlichen Vorstellungen auf geistige Vorgaenge wie vermittelt? S. 59, 60. *Ueberzeugung*, blinde, ihr Grund S. 34--35, auch als Gewissheit von der einsichtigen Gewissheit verschieden S. 36. *Unerkennbarkeit* des Wesens der Dinge S. 16, 24--25. *Untrennbarkeit* der Seele vom Leibe (seinem Wesen nach), des Gegenstandes vom Erkennen S. VI, 1, 2, 5, 6, 31, 54. *Unvertraeglichkeitsverhaeltnisse* S. 41--42. *Urteil* gedankliches Gebilde, Verbindung von gedanklichen Einzelgebilden S. 23, sein gedanklicher Ausdruck eine Analyse, schliesst bei allen synthetischen, nicht auf dem Enthaltensein beruhenden Urteilen eine Synthese als bedingenden Bestandteil ein, sprachlicher Ausdruck wieder Synthese S. 26--27. *V.* *Verkuendiger* der Offenbarung, kann die Eingebung als solche erkennen S. 86, 79, wann glaubwuerdig S. 86--87, 69--70. *Verstandesakt* die Einsicht S. 43, 87. *Vorgefundenes* Grundelement der Thatsachen S. 3, von doppelter Art: Sinnenbilder und Vorstellungen S. 20--21. *Vorstellungen*, wie werden aus den Empfindungen Vorstellungen? S. 11--12, sinnliche und uebertragene S. 59, 60, keine blossen Vorstellungen von den Bewusstseinsvorgaengen S. 60. *W.* *Wahrheit*, metaphysischer immanenter empiristischer, rationalistischer Wahrheitsbegriff S. V, 48, 87--88, keine einzelne Wahrheit S. 81, 24, 20, 4, Wahrheit und Wirklichkeit S. 86, 84, 81, 19, 5--6, 4, V, Wahrheit und Wesen der Dinge S. 15, Wahrheit an sich hoechstes Gut S. 18, 85, Wahrheit kein Ding an sich S. 2, 5, 6, 31, 81. *Wahrscheinlichkeit* der Saetze der Induktion S. 66, das einzige, was die empiristische Wahrheitstheorie verbuergt S. 88, keine wahrscheinliche Einsicht sondern nur Einsicht in die Wahrscheinlichkeit S. 35--37. *Wesen* s. *Wahrheit* -- der Religiositaet S. 69, -- der Farbe, -- des Menschen S. 16, -- der Religion S. 83. *Wesentliche* s. *Blick fuer das Wesentliche*; -- Merkmale der Sinnenbilder noch keine Erkenntnis des Wesens S. 21; ob immer mit Einsicht verbunden? S. 25. *Wirklichkeit*, ganz und gar abhaengig von der Wahrheit S. V, 4, 5--6, 19, 81, 84, 86, Sinnfaellige Wirklichkeit S. 48, Wirklichkeit Realkategorie S. 51, Was ist Wirklichkeit? S. 51, 4, VII. *Wissen*, Wissens-Disposition S. 11, -- uneigentliches nicht namentliches, nicht begriffliches S. 59, Namenwissen S. 65--66, -- associatives S. 65, Wissen und Glauben S. 70--71. *Wissenschaft*, Naturwissenschaft S. VI, beschreibende S. 57, erklaerende S. 73, Geschichtswissenschaft S. 72--73. *Wissenschaftliche* Inspiration S. 79--81. *Z.* *Zeit* vergl. *Raum*, -- symbolischer Ausdruck der thatsaechlichen Abhaengigkeit und Beschraenktheit S. 51, Zeitlichkeit des Erkenntnisvorganges S. 5--6. *Ziel* des Erkennens, Synthese nicht Analyse S. 24. *Zielstrebigkeit* in der Natur S. 75. *Zulaenglichkeit* des Kennzeichens der Wahrheit S. 3, 36--38. *Zusammengehoerigkeit* S. VIII, 24, 20, 22, siehe *Einleuchten* und *Einsicht*. *Zweckzusammenhang* in der Natur S. 74. A. W. Zickfeldt Osterwieck Harz ANMERKUNGEN DER KORREKTURLESER Von den Korrekturlesern des _Project Gutenberg_ wurden mehrere Aenderungen am Originaltext vorgenommen. Seite 7 Zeile 13 lies statt Unveraenderliche *Veraenderliche* (Diese Anmerkung erscheint im Original auf Seite XVIII und wurde in der Gutenberg-Fassung beruecksichtigt). Auf den (Original-)Seiten XIII, 75, 90 und 91 wurden die Anfangsbuchstaben 'Ue' zu 'Ue' komprimiert. Es folgen paarweise Textzeilen im Original und in der vorliegenden geaenderten Fassung. sondern auch allem Vergaenglichen, Unveraenderlichen so entgegengesetzte sondern auch allem Vergaenglichen, Veraenderlichen so entgegengesetzte nicht enbehren koennen. Um ihn zu vermeiden, mussten wir nicht entbehren koennen. Um ihn zu vermeiden, mussten wir einer vermeinlichen Einsicht und eines vermeintlichen Einleuchtens einer vermeintlichen Einsicht und eines vermeintlichen Einleuchtens ein solcher Notwendigkeitszusammenhang des Zusammengegehoerigen ein solcher Notwendigkeitszusammenhang des Zusammengehoerigen reden, aber man darf eben nur dies mit dem Enthaltensein gegegebene reden, aber man darf eben nur dies mit dem Enthaltensein gegebene auch zum Seienden? Gattung und Art sind oftenbar Praedikabilien, auch zum Seienden? Gattung und Art sind offenbar Praedikabilien, Bakon und die Methode der Naturwissenschaften S. 9. Bacon und die Methode der Naturwissenschaften S. 9. Subjektiv grundlos was ummittelbar Subjektiv grundlos was unmittelbar ohne dass wir darum wuessten. Unsre Erkenntniss von den Dingen ohne dass wir darum wuessten. Unsre Erkenntnis von den Dingen Persoenliches Verhaeltnis das Wesen der Religioesitaet S. 69. Persoenliches Verhaeltnis das Wesen der Religiositaet S. 69. ***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK EINFUeHRUNG IN DIE MODERNE LOGIK. ERSTER TEIL.*** CREDITS January 5, 2008 Project Gutenberg TEI edition 1 Juliet Sutherland, Ralf Stephan, and the Online Distributed Proofreading Team at . A WORD FROM PROJECT GUTENBERG This file should be named 24172.txt or 24172.zip. This and all associated files of various formats will be found in: http://www.gutenberg.org/dirs/2/4/1/7/24172/ Updated editions will replace the previous one -- the old editions will be renamed. Creating the works from public domain print editions means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. 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THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE *Please read this before you distribute or use this work.* To protect the Project Gutenberg{~TRADE MARK SIGN~} mission of promoting the free distribution of electronic works, by using or distributing this work (or any other work associated in any way with the phrase "Project Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project Gutenberg{~TRADE MARK SIGN~} License (available with this file or online at http://www.gutenberg.org/license). Section 1. General Terms of Use & Redistributing Project Gutenberg{~TRADE MARK SIGN~} electronic works 1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg{~TRADE MARK SIGN~} electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to and accept all the terms of this license and intellectual property (trademark/copyright) agreement. 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To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation web page at http://www.pglaf.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at http://www.gutenberg.org/fundraising/pglaf. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation's web site and official page at http://www.pglaf.org For additional contact information: Dr. Gregory B. Newby Chief Executive and Director gbnewby@pglaf.org Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg{~TRADE MARK SIGN~} depends upon and cannot survive without wide spread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. 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