Title: Reise ins heilige Land: Im Jahr 1829
Author: Graf Anton Prokesch von Osten
Release date: January 7, 2019 [eBook #58640]
Language: German
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Im Jahr 1829.
Tagebuch meiner Reisen.
Reise
ins
heilige Land.
Im Jahr 1829.
Von
A. Prokesch Ritter von Osten,
k. k. Major.
Wien.
Gedruckt und im Verlage bei Carl Gerold.
1831.
»Sie werden vergehen, aber du wirst bleiben. Sie werden alle veralten wie ein Gewand; sie werden gewechselt werden wie ein Kleid, wenn du sie wechseln wirst.«
Psalm CII. 27.
Die Oberfläche der Erde ist ein aufgeschlagenes Buch. Viele Blätter sind noch weiß gelassen, viele beschrieben, bald mit mehr, bald mit weniger ansprechender Geschichte, bald mit Hymnen und Klagen, bald mit Wissen und Kunst. Manche aus diesen wurden es mehrmals, und dennoch überschlägt man sie gerne; andere fesseln den Blick in Bewunderung, in Staunen und Ehrfurcht, und ihr uralter Text bricht unvergänglich durch die Überlage der späteren Jahrhunderte. Zu diesen letzten Blättern gehören die Landstriche zwischen dem Euphrat und dem Mittelmeere, zwischen dem blühenden Syrien und dem wüsten Arabien, die man unter dem Namen des heiligen Landes zusammen zu fassen gewohnt ist.
Diese Bezeichnung kommt von den Juden, in so ferne sie dies Land als das vorzugsweise von dem Gotte, den sie anbeten, sich und ihnen erwählte betrachten; sie gilt den Christen, in so ferne sie Söhne des Judenthumes sind, und hauptsächlich, weil in diesem Lande, wie auf einem großen Altar, das Opfer ihres Heilandes vollbracht wurde. Im Buche von der Weisheit Salomons (XII. 3.), so wie in dem der Makkabäer (II. I. 7.) ist der Ausdruck »heiliges [S. 6]Lands« schon zu finden. In jeder der alten Religionen waren gewisse Landstrecken für heilig erklärt.
Älter als diese Bezeichnung ist für das Land, von dem wir sprechen, die kürzere: das Land. »Zu der Zeit, da die Richter regierten, war Theurung im Lande,« sagt das Buch Ruth (I. 1.) und bezeichnet es nicht weiter. So ruft Jeremias aus: »Land, Land, Land, höre das Wort des Herrn!« (XXII. 29.) — »Meine Seele hört der Posaunen Schall, und die Feldschlacht, und das Geheul des Mordes, denn Verheerung kommt über das Land.« (IV. 20.)
Das Land Israel, das gelobte Land sind gleichfalls ältere Bezeichnungen, die denselben Raum umfassen, wie die früher genannten. Die Bücher Samuels und der Könige geben hiezu viele Belege. Der Samaritanische Text bezeichnet diesen Umfang klar: »Und der Herr zeigte ihm das ganze Land vom Flusse Ägyptens bis zum großen Flusse, dem Flusse Euphrat, und bis an das äußerste Meer; und der Herr sprach zu ihm: dieß ist das Land, das ich Abraham, Isaak und Jakob geschworen habe....« (V. Mos. 34.) Und: »Alle Orte, darauf eure Fußsohle tritt, sollen euer seyn; von der Wüste an und von dem Berge Libanon und von dem Flusse Phrat bis au das äußerste Meer soll eure Gränze seyn.« (V. Mos. XI. 24).
Oft für den Begriff des gesammten Landes gebraucht, [S. 7]aber eigentlich nur Theilen desselben gehörig, sind die Bezeichnungen: Land Kanaan, Gilead, Judäa. Unter Kanaan wurde im engern Sinne das Land westlich dem Jordan verstanden, denn der Herr spricht zu Moses, im Lande der Moabiter, also östlich vom Jordan: »wenn ihr über den Jordan gegangen seyd in's Land Kanaan« (IV. Mos. XXXIII. 51); unter Gilead häufig das Land östlich dem Jordan, welches von den Stämmen Ruben, Gad und halb Manasse bewohnt wurde; daher (Josua XXII. 9): »Also kehreten nun die Rubeniter, Gaditer und der halbe Stamm Manasse und gingen von den Kindern Israel aus Silo, die im Lande Kanaan liegt, daß sie in's Land Gilead zögen, das sie erbeten auf Befehl des Herrn durch Mose.«
Daß der Jordan die Ostgränze von Kanaan machte, geht aus der Vergleichung mehrerer Stellen unter sich hervor; z. B. sagt Moses (II. XVI. 35): »daß die Kinder Israel bis an die Gränze des Landes Kanaan Manna aßen;« Josua aber (V. 12) erzählt, daß das Manna aufhörte, sobald sie den Jordan erreicht hatten. — Der Herr straft Moses, indem er ihm verweigert, das gelobte Land zu betreten (IV. Mos. XX. 12), und als Moses in's Land der Moabiter gelangt war, sprach er zu ihm: »Gehe auf das Gebirge Aharim, auf den Berg Nebo, der da liegt .... Jericho gegenüber und besiehe das Land Kanaan, das ich den Kindern Israel zum Eigenthum[S. 8] geben werde und stirb auf dem Berge.... denn du sollst das Land sehen vor dir, aber nicht hineinkommen.« (V. Mos. XXXII. 49-52.)
Aus diesen Stellen aber geht hervor, daß nach der ersten Offenbarung des Herrn das Land Gilead keinen Theil des gelobten Landes ausmachen sollte; warum es dennoch zu einem solchen ward, erklärt sich aus der den Kindern Israel niemals gelungenen gänzlichen Unterwerfung von Kanaan. Nur in so ferne das gelobte Land überhaupt das den Israeliten zwischen Jordan und Meer vermeinte des Herrn bedeutet, finden wir vor der Trennung des Reiches, auch die Bezeichnung Israel auf diese Ausdehnung beschränkt. (Ezechiel XLVII. 18.)
In Kanaan ist der phönizische Gleichlaut χνά zu finden. Nach Sanchoniatan gab dieser Χνά, der später Phönix geheißen haben soll, den Phönikern den Namen. (Euseb. praep. Evang. II.) Er ist der Kanaan, von welchem die Genesis spricht (X. 15), der Gründer von Sidon und selbst von Jerusalem als Stadt der Jebusiten, überhaupt der Urvater der Stämme, welche das schöne Kanaan bewohnten, die Welt in ältester Zeit durchschifften und im Vertilgungskriege gegen die Kinder Israel Jahrhunderte hindurch standen. Diese, mit dem Schwerte des Glaubens bewaffnet und in Ägypten zur Lehre erzogen, daß zwischen Religionen kein Verträgniß, kein [S. 9]Zusammenwohnen, sondern nur ein Kampf auf Leben und Tod erlaubt sey, brachen zahlreiche Städte der gebildeten Kananiter, scheiterten vor anderen und bewahrheiteten damals schon den oft wiederholten Satz der Geschichte, daß zuletzt das gebildete Volk dem rohen unterliegt.
Judäa bezeichnet eigentlich den von dem Tribus Juda bewohnten Landstrich. Später hieß der eine Theil des Reiches so; der andere, im Gegensatze, Israel. Daß die Bezeichnung Judäa auch für das ganze gelobte Land genommen wurde, geht aus II. Chronik IX. 11 hervor, so wie aus den Parallelstellen Matth. XIX. 1. und Mark. X. 1. Spätere brauchen sie häufig in diesem erweiterten Sinne, wie Josephus, Ptolemäus, Rutilius, Eusebius u. a. m., und Medaillen des Titus Vespasianus tragen die Umschrift: Judaea capta.
Wir Neueren bedienen uns am häufigsten der Bezeichnung Palästina, verstehen aber nicht selten nur das eigentliche Kanaan darunter. Die Bibel kennt das Wort nicht. Philo braucht dasselbe als syrischen Ursprunges in der erwähnten engeren Bedeutung (de Abrah.). Die alten Ausleger der Genesis nehmen es nicht selten im weiteren Sinne; so auch die Griechen und Römer. Medaillen Vespasians sagen gleichfalls: Palestina in potestatem P. R. redacta. Die älteren christlichen und arabischen Schriftsteller bedienen sich dieser Bezeichnung [S. 10]häufig. Unter Theodosius erscheint die Eintheilung in das erste, zweite und dritte Palästina. — Als Theil von Syrien betrachtet, wird es schon von Herodot (VII. 89) Palästina genannt, oder auch das syrische Palästina (I. 105), eine von Anderen oft gebrauchte Bezeichnung.
Die Bedrückungen, welche Abdallah, Pascha von Akka, Tripolis und Seida, gegen viele in Palästina wohnende und des Schutzes Sr. Majestät des Kaisers genießende Christen und Juden sich erlaubte, veranlaßten im März 1829 meine Sendung nach diesem Lande. Er hatte die Freizügigkeit von Ort zu Ort mit Fesseln belegt, den Handel willkürlich beschränkt, dem k. k. Konsul von Akka eine bedeutende Geldsumme abgezwungen, ihn und dessen Familie mit Schimpf und Gefahren bedroht, endlich sogar zur Flucht in die Hände aufrührerischer arabischer Stämme nach Nazareth genöthiget, die Flagge Sr. Majestät, vor bald tausend Jahren auf den Wällen von Akka gegründet, vom Konsulate herunter reißen lassen und jede Verbindung mit unseren Kauffahrern einzig auf seine Willkür gesetzt. Diese Übelstände auszugleichen war mein Auftrag.
Ich ging zu Ende März von Smyrna mit der k. k. Korvette Veloce unter Segel. Der Himmel war trüb und es stürmte heftig aus Süd und Südost. Ich hätte klüger gethan, zwischen den Inseln von Vurla [S. 11]oder auf den Untiefen von Smyrna den Wechsel des Windes abzuwarten; aber gewohnt an die See, gefiel mir besser, dieß im Freien und unter Segel zu thun. Am Abend des 31. März war ich in den Gewässern von Ipsara. Die See ging hohl und es hing furchtbar schwer und schwarz ringsum am Himmel. Dabei regnete es und warf zeitweise Schnee und Hagel, so daß wir, überdieß von den über Bord schlagenden Wellen fortwährend durchnäßt, ungemein an Kälte litten. Wir hatten noch die Wahl, nach Phokäa, einem geräumigen Hafen der asiatischen Küste, oder in die Straße zwischen dieser und der Insel Lesbos zu flüchten; aber beide Richtungen hätten uns weit vom Wege abgebracht. Wir sagten uns, daß unser Schiff gut sey und auch die schwärzeste Nacht zu Ende gehe, und beschlossen die See zu halten. Um Mitternacht sprang der Wind nach Südwest um, und ging in Stöße über. Die See begann zu stäuben und zu kochen; das Schiff, ohnedieß sehr zum Rollen geneigt, arbeitete schrecklich. Vieles Tauwerk riß und wurde nur mühsam ersetzt. Wir zogen nach und nach alle Segel ein bis auf die Marsen des Haupt- und des Fockmastes. Um 4 Uhr war die Wuth am höchsten. Es versuche keine Feder, die Kraft des Elements zu malen, das plötzlich, wie lebendig gewordenes Gebirge, sich hebt und einherschreitet! — Der Mensch kann in solcher Stunde nichts mehr thun, als in die Treue seiner Breter und[S. 12] in Gottes Gnade hoffen. — Bei den gewaltsamen Schwingungen der Masten, und dem Froste, der die Glieder lähmte, wurde unsere Mannschaft nur schwer der Marssegel Meister, an welchen wir das letzte Reff nehmen ließen. Wir versuchten noch, gegen Sturm und See, die Richtung Südwest zu erzwingen und hielten uns hart an beide, bis endlich der Tag anbrach. Eine graue Verheerung — ein Chaos, wo alle Atome im Aufruhr stehen, umgab uns; Himmel und See lagen fest auf einander. Indessen, man sah doch! und die Blitze, diese Mitverschworenen des Schreckens und des Todes, übergossen zwar noch unsere Wangen mit Gluth, hatten aber über unsere Augen die verwundende Macht größtentheils verloren.
Um 1/2-6 wurde es plötzlich lichthell im NNW. Aber es war kein tröstliches Licht, sondern jener weiße Leichenglanz wie an Sternen, die verlöschen. Es thürmte sich schnell über einander und stand aufgerichtet wie ein Riese da. Alle Blicke starrten darauf. Jetzt begann es sich zu neigen und zu bewegen, und Blitze zuckten von Zeit zu Zeit daraus. Noch hofften wir, der Ouragan und diese ungeheure Wassermasse, denn das war es, würden nach einer, uns nicht gefährlichen Richtung getrieben; und wir durften dieß hoffen, so lange der Sturm noch in SW. fest stand. Aber wer schildert die Angst, als wir [S. 13]den Wind matter werden und immer westlicher abfallen sahen, und nicht mehr zweifeln konnten, daß der Ouragan den Sturm übermeistere! Wir konnten unsere Kanonen gegen die herannahenden Wasserhosen nicht brauchen wegen dem entsetzlichen Schwanken des Schiffes, das nun, da der Wind todt geworden war, die See aber noch den Andrang aus SW. behielt, uns alle fast betäubt schlug. Es nahte und nahte immer schrecklicher — und zerplatzte und richtete sich ohne Unterlaß wirbelnd auf; — jetzt war es da, faßte uns am Steuerbord — riß dessen ganze Bekleidung ein — brach die Ketten und Gurten ab, an welchen der Anker außen am Bug hing, und warf diese Last nach innen ins Schiff, so daß sie das Verdeck durchschlug — brach eben so die schweren Taue durch, womit die Boote im Schiffe befestiget lagen — riß diese und eine Menge Gegenstände mit sich fort, — zerbrach den Matrosen, die sich nicht schützen konnten, Arm und Beine, — öffnete die festgeschlossenen Lucken der Kajüte und der Offiziersgemächer, — füllte diese Räume und das ganze Verdeck mit Wasser und legte das Schiff auf die Wellen, so daß das Steuer nicht mehr griff. In dieser entsetzlichen Noth hatte Jeder so viel mit sich zu thun, daß kaum Einer an den Tod dachte. Die Einen schwammen auf dem Verdecke und suchten sich an Seilen zu fangen; die anderen tauchten aus den Lucken empor; die dritten klammerten sich fester an die Gegenstände, die ihnen zur Rettung gedient[S. 14] hatten; eine Zahl war betäubt durch den Schlag und durch die Wunden, und wußte gar nicht, was geschah; einer der Offiziere, der Lieutenant Sandry, war über Bord geschleudert worden und hatte sich wunderbar an einem Stricke im Fluge gefangen. Ich hielt mich an den Arm des Steuers und dachte in mir: »also noch fünf oder sechs Sekunden, und wir sind versunken!« —
Durch ein Zusammentreffen von Glück und Besonnenheit wurde das Schiff gerettet. Die Veranlassung hiezu war eine natürliche, aber ich traue keinem Menschen auf dieser Erde die Kraft zu, in solchem Augenblicke dies Natürliche anders als durch Instinkt zu errathen. Die Wassermasse, die uns umgeworfen hatte, war aus NNW. gekommen; die See kam, wie oben gesagt, aus SW. und zwar mit der Geschwindigkeit von sechs bis sieben Meilen. So wie die Wassermasse gegen die See anstürzte, lehnte sich diese ihr entgegen auf und dieser Rückstoß richtete uns empor. In diesem Augenblicke, da das Steuer wieder griff, hatte der Steuermann die Besonnenheit, es herumzuwerfen, so daß das Schiff die See in Rücken bekam und alsogleich von ihr getrieben wurde. Nun schlugen wir alle, ohne Wink oder Befehl, sondern durch den richtigen Takt getrieben, die Kanonenpforten backbord ein, und machten dadurch möglich, daß das Verdeck sich entleere und das Schiff Athem [S. 15]bekomme. Wo sind wir? — wohin? waren die ersten Fragen, die wir mit heiterem Auge, in dessen Winkeln noch der Schrecken nachglänzte, einer dem andern stellten. Es fand sich aus der Berechnung, daß wir vom nächsten Hafen unter dem Winde, Sigri auf Lesbos, etwa fünfzig Meilen entfernt waren. Wir hatten keine Wahl und nahmen alsogleich die Richtung dahin.
In dem Zustande, in welchem wir uns befanden, nach allen Seiten der See geöffnet, mit zerbrochenen Raaen und Stängen, mit zerrissenem Tau- und Takelwerk, Kajüte und Offiziersgemächer noch voll von Wasser, hatte unsre Lage mitten in der stürmenden See genug, was zu anderer Zeit erschrecken konnte. Damals aber schien uns, die wir der größten Gefahr so wunderbar entgangen waren, die geringere keine mehr.
Beschäftigt in vollem Maße mit Ausbessern, Wehren und Pumpen langten wir gegen Mittag in der Gegend an, wo, nach unserer Berechnung, die Hafeneinfahrt nahe vor uns liegen mußte. Aber die Wolkendichte erlaubte durchaus nichts zu sehen. So hoch die Berge von Lesbos im Rücken von Sigri sind, es war doch nicht möglich, irgend ein Stück Umriß derselben oder auch nur einen Farbenunterschied in den Wolken zu unterscheiden, der dem geübten Auge des Seemanns so oft das einzige Zeichen eines nahen Hintergrundes von Bergen ist. Unsere Verlegenheit war nicht klein, da die Einfahrt enge, voll Untiefen und[S. 16] Klippen, und die Küste zur Seite gewissen Untergang bringend ist, auch wir nicht auf hellere Zeit warten konnten, weil die See uns vor sich her trieb und das Schiff nicht im Zustande war, gegen die See zu halten. Wir durchflogen nochmals eilig unsere Berechnungen, und da diese die Linie unseres Laufes genau auf die Hafeneinfahrt gerichtet wiesen, so fuhren wir in Gottes Namen im Dunkel darauf los, das Beste hoffend und das Schlimmere zu nehmen entschlossen. Und es war uns zum Heile! denn richtig erreichten wir die Einfahrt und konnten sie erst dann erkennen, nachdem wir schon darin waren. Ein allgemeiner Jubelruf erscholl aus allen Theilen unseres Schiffes.
Im Hafen lagen die k. k. Kriegsbrigg Montekukulli und mehrere Kauffahrer, die uns sogleich mit dem Nöthigen an frischen Lebensmitteln und Wein beisprangen, denn alle unsere Hühner und Lämmer waren ertrunken und der französische Wein verdorben. Sechs Tage lang baute unsere Mannschaft und die der übrigen Schiffe, um die Veloce wieder herzustellen. Da Vorrath an bearbeitetem Material nicht fehlte, so stand die Korvette bald wieder segelfertig da, und während man zu Smyrna, dem Berichte eines österreichischen Kauffahrers zufolge, der uns bald nach neun Uhr gekreuzt hatte, uns versunken glaubte, waren wir guten Muthes und am 6. April Abends bereits wieder unter Segel.
Das Wetter blieb uns durch mehrere Tage günstig. Leichter Nordwest trieb uns in der Nacht rasch an Scio vorüber. Am 7. umsegelten wir Nikaria an der Westseite und kamen hart an Pathmos, dessen breites Haupt die Stadt und das Kloster zum heil. Johannes krönen; am 9. sank bereits Rhodus unter den Gesichtskreis und die Schneegebirge der Karamanischen Küste, der Kragus und Antikragus, wohin die Alten die Fabel von der Chimäre verlegten, stiegen empor. Ein Meteor fuhr, bald nach Sonnenuntergang, von Nordwest nach West, ungeachtet des hellen Tages noch glänzend, ja blendend weiß, durch die Luft und zerstob in Sterne, wie eine Rakete, mit einem Lichte dieser ähnlich, aber viel stärker und größer. Am 11. umwölkte sich der Himmel von Neuem und der Wind ging wieder nach Süd. Castelrosso (Megiste oder Cisthene) und Kap Khelidonia (sacrum promontorium) zeigten sich des Morgens, von Schneegipfeln des Taurus überragt; Tags darauf wurde die See stark bewegt, und der Himmel trüber. Cypern blieb uns unsichtbar, so nahe wir auch daran vorbeistrichen. Abends konnten wir kaum mehr fünfzig Meilen von der syrischen Küste seyn — aber wir wagten nicht, uns in der Nacht ihr zu nähern, denn Niemand an Bord kannte dieselbe. Wir legten daher um und brachten die lange Nacht hin- und herfahrend zu.
Der darauf folgende Tag war fast ohne Licht; nur graue Helle lag über See und Himmel, und auf Entfernung weniger Meilen unterschied das Auge nicht mehr die eine von dem anderen. Wir steuerten küstenwärts, mit Vorsicht erst und dann mit verdoppelten Segeln. Erst um zwei Uhr Nachmittags sahen wir oder erriethen vielmehr einige Umrisse von Gebirgen, zweifelhafte und schwebende Linien durch die Regenwolken zitternd. Sie wurden deutlicher — zeigten sich langgestreckt, hoch, wenig abgezeichnet. Wir konnten, der Berechnung zufolge, nur den Berg Karmel vor uns haben, und er war es auch und neben ihm die Küste von Sur bis Cäsarea. Die Ruinen einer Stadt hoben sich aus den Wellen; südlicher stieg ein hoher Thurm hervor. Wir steuerten nach diesem und erkannten erst spät, daß wir Cäsarea selbst vor uns hatten. Wir wandten nach Nord, erreichten Kap Karmel; da hatte sich der Himmel eben aufgehellt, die Sonne trat wie zum Abschied am westlichen Horizonte hervor, und ihre feuchten, zitternden Strahlen vergoldeten die Mauern und Minarete von S. Jean d'Acre. Wir warfen die Anker auf der Rhede von Kaipha.
Dies kleine Städtchen liegt am Fuße des Karmel nahe am Südostwinkel der Bai. Die Araber nennen es Hipha, die Juden Kepha oder auch Hepha, die Griechen und Lateiner meist Kaipha oder Kaiphas. Es ist ein ins Viereck von etwa[S. 19] vierhundert Schritt Grundlinie, ummauerter Ort, der nach jeder Seite drei Thürme weiset. An drei tausend Seelen bewohnen denselben, meist Türken aus der Barbarei; ein Zehntheil der Bevölkerung mag katholisch seyn; es gibt auch einige Griechen dort und zehn Familien Juden. Die Griechen haben einen Papas, die Katholiken einen Mönch aus dem Kloster auf dem Karmel, das von Rom aus erhalten wird und seine armen Jünger bis Tripoli, Haleb, Basra und Bagdad und bis nach Indien sendet. Der Ort erzeugt etwas Öhl, Baumwolle und Getreide, und führt des letztern aus. Die Umgebungen sind kahl und traurig. Weiße, erstorbene Wellen decken das östliche Gestade; kahle Höhen steigen im Süden auf; nur selten belebt ein Öhlbaum oder eine Dattelpalme das Gestade. Auf dem Abhange des Karmel steht auf Entfernung eines Flintenschusses ein Zwinger, welcher die Stadt im Zaume halten soll, und dermalen unbesetzt ist. —
Scherif Ibn-Idris, in seiner Erdbeschreibung, nennt Kaipha den Hafen der Landschaft Tiberias, und rühmt denselben als selbst für größere Schiffe gut. Heut zu Tage ist überhaupt nur von einer Rhede dort zu sprechen, und diese so versandet, daß die Boote sich kaum auf fünfzig Schritte dem Gestade nähern können. Die Bai von S. Jean d'Acre und selbst die Rhede von Kaipha gehören unter die gefährlichsten Stellen, um Anker zu werfen. Zwar[S. 20] ist der Grund feiner Sand (wir lagen in 8-1/2 Faden) und hält; aber die Winde üben eine ungeheure Gewalt in diesem nach der Westseite ganz offenen Trichter, wie stundenbreite Dünen hinlänglich darthun. Im Südostwinkel der Bai, eine Viertelstunde von Kaipha, ist die Mündung eines Flüßchens, des Kischon oder Kilson der Bibel (1. Könige, XVIII. 40). Nahe daran sind ausgebreitete Grundfesten und Reste uralter Bauten, in unförmlichen Haufen über einander liegend und vom Sande verschüttet, vielleicht, was noch übrig von Kilson (Gem. Schabbath, 26. 1.) oder Porphyreon ist, die entweder nur andere Namen für Kaipha sind, oder demselben ganz nahe lagen. An diesem Gestade und an dieser Stelle hauptsächlich wurde der kostbare Purpur erzeugt, die Farbe der Herrschaft und des Reichthums.
Zwei Menschen unter denen, die ich in Kaipha sah und sprach, zeichneten sich in mein Gedächtniß ein, der Befehlshaber der Stadt und ein Mönch. Jener, ein Mann aus Algier, empfing mich im mittleren Thurme der Seeseite, von Rauch und allen seinen Soldaten umgeben, arm wie ein Bettler, stolz wie ein König, und freimüthig wie ein Held. Dieser diente mir emsig und in verständiger Demuth im Kleinsten wie im Größten. Er war aus Malta und lebte schon seit fünf und zwanzig Jahren in seinem Häuschen zu Kaipha, das,[S. 21] rings umplankt und verschlossen, sammt dem Gärtchen vor dessen Thüre nicht größer war, als einer der Säle unserer Palläste. Priester, Arzt und Handwerker zugleich, lagen Bibel und Missale, Kräuterbuch und Phiole, Kruzifix und Haue, Palmenzweig und Türkensäbel in friedlicher Unordnung über einander, die, wenn ich so sagen darf, ein Abbild seines Innern war.
Der Zufall wollte, daß eben als ich anlangte, Abdallah Pascha sich auf seinem Landhause bei Kaipha auf dem Berge Karmel befand. Mit dem Stolze der Unwissenheit und dem Dünkel von Macht, der nicht selten den ausgearteten Fürsten des Orients eigen ist, und zu dessen Steigerung das Benehmen von eingebornen Christen und von Franken nachdrücklich beiträgt, wies er meine erste Botschaft, das Verlangen ihn zu sprechen, mit den Worten zurück: er aber verlange das nicht. Mein Ziel im Auge, ließ ich mich durch diese Äußerung nicht abschrecken. Ich schrieb sie zum Theil dem Umstande zu, daß das englische Bombenschiff Infernal auf der Rhede lag, das von dem Pascha auf gleiche, und schlimmere Weise behandelt war, und zwar durch eigene Schuld; denn der Kapitän desselben, ein junger und mit dem Stande der Verhältnisse unbekannter Mann, hatte zu Alexandrien, von wo er kam, sich vom Vizekönige von Ägypten Empfehlungsbriefe an Abdallah-Pascha erbeten, und diese[S. 22] ihm ankündigen lassen. In eben diesem Zeitpunkte aber war das Mißtrauen des Pascha gegen seinen mächtigen Nachbar auf einen so hohen Grad gestiegen, daß Empfehlung von diesem jeden Fremden in seinen Augen verdächtig machte. Er ließ demnach den Infernal wissen, daß kein Mann desselben die Küste betreten dürfe. Als dieß doch versucht wurde, ließ er die Ausgeschifften mit Gewalt zurückweisen, und, als Folge hievon, dem Schiffe bedeuten, binnen vier und zwanzig Stunden die Rhede zu verlassen, widrigenfalls er es durch die Kanonen der Küste hiezu nöthigen würde.
Bei diesem Stande der Dinge, und da ich mit unserem nach Nazareth geflüchteten Konsul Rücksprache nehmen mußte, um mit voller Kenntniß gegen den Gewalthaber auftreten zu können, ließ ich demselben sagen: »Ich begriffe seine Weigerung, mich zu sehen, und wollte für den Augenblick auch gar nichts, als Pässe und sicheres Geleite nach Jerusalem und den heiligen Orten.« Gleichzeitig ließ ich dem Konsul zu wissen machen, mich ruhig in Nazareth zu erwarten.
Der Pascha antwortete freundlich: er gewähre mir gerne, was ich verlange. Noch an demselben Abende hatte ich Briefe von ihm an den Statthalter des Pascha von Damaskus in Jerusalem, und an die Befehlshaber der Truppen in Jaffa und Ramle, so wie Pferde und Geleite, und am nächsten[S. 23] Morgen setzte ich meine kleine Karawane in Bewegung.
Durch Olivengärten und über Felder ritten wir um das Kap Karmel (1/2 Stunde), einige alte Reste und in Felsen gehauene Gräber nahe am Gestade zur Rechten lassend; zur Linken weidete unter den Bäumen die herrliche Zucht arabischer Pferde des Pascha. Das Vorgebirge ist steil, und zum Theile nackt, mit wagrechten Lagerungen Kalkstein, in welchen Hornstein eingesprengt sich befindet. Dieß ist der Charakter des ganzen Gebirges dießseits des Jordan. Eine von Mönchen zum Theil aufgemauerte, zum Theil in den Felsen gehauene Stiege führt längs dem äußersten Abfall des Vorgebirges hinauf, vorüber an einem türkischen Kloster zum Landhause des Pascha und weiter zum Kloster der Karmeliten, das an der Stelle erbaut seyn soll, wo Elias dem Herrn den Altar errichtete, und die vierhundert und fünfzig Baalspfaffen, und die vierhundert Propheten des Hains dem Zorne des gläubigen Volkes preis gab. (1. Könige, XVIII.) Abdallah Pascha hatte dies Kloster in einem Anfalle von Laune zerstören lassen, stellte dasselbe aber eben damals, durch die Pforte hiezu vermocht, wieder her.
Um das Vorgebirge gekommen, hat man herrliche Ebene vor sich, die sich bis Ramle, und weiter bis Gaza ausdehnt, und an Reichthum und [S. 24]an Kraft des Bodens von keinem Lande, das ich gesehen, übertroffen wird. Wahrlich diese Strecke verdient das gelobte Land zu heißen! — Ihre Breite ist zunächst die einer halben Stunde. Das Getreide wogte wie Wellen der See, denn die Ebene am Karmel auf dieser Seite ist trefflich bebaut durch die Bewohner des türkischen Dorfes Tzöri, das aus einem Olivenwalde am Abhange blickt. Ich vermuthe, daß der Ort Karmel, wo Nabal, der Gatte Abigails, die später Gemahlin Davids wurde, seine reichen Besitzungen hatte (1. Samuel, XXV.), auf diese Seite des Gebirges zu setzen komme. Eusebius erwähnt eines Ortes Karmel, der zu seiner Zeit noch bestand (Prokop. Comm. 1. Könige), und den schon Plinius kannte, nach welchem der Ort vormals Ekbatana geheißen haben soll (V. 19); Hieronymus aber zweier Berge dieses Namens, wovon der eine der allgemein auch heute noch so genannte ist, der andere aber südlicher gelegen haben soll (Comm. zu Amos, 1.). Wahrscheinlich versteht er darunter die Fortsetzung des eigentlichen Karmel, des südlichsten Gebirgsvorsprunges in Syrien, welche die östliche, mit dem Segen des Himmels bedeckte Hügelwand ist, und als solche die Verbindung mit den Gebirgen von Samaria und Jerusalem macht. —
Von Tzöri führt ein Weg nach einem Brunnen am Gestade, der treffliches Wasser hat, und ein uralter Bau ist. So wie man diesen Weg kreuzt[S. 25] (1 Stunde), hat man niedere Felsenriffe zur Rechten, die sich nach und nach zu niederen Felshügeln erheben, und gleichlaufend dem Gestade, dieses von der großen Ebene scheiden. Diese Riffe und Hügel sind voll eingehauener Gräber und Wohnungen, und voll Steinbrüche. Ein Bach grub sich den Weg durch dieselben. Ist man über diesen gekommen (1-1/2 Stunde), so bemerkt man Reste eines Thurmes, römischen Baues, auf den Hügeln selbst und bald darauf eine Straße quer durch dieselben gehauen. Die Reste einer mächtigen Verrammlung aus Werkstücken weisen sich am Eingange in diesen Paß, der einst mit einem Thore geschlossen war. Man gelangt durch denselben an das Gestade. Dieses hat eine schmale Ebene vor sich. Da steht, aus niederem Vorsprunge in die See, der Ort Athlit, mit Mauern, Thürmen und römischen Trümmern, jetzt nur von wenigen, und zwar türkischen Familien bewohnt.
Nun behält man die Hügelkette zwischen sich und der großen Ebene, und folgt dem Gestade. Man findet an diesem Wege eine Menge alter Brunnen, und in den Felsgrund abgeteufter Kornmagazine, denen auf der Halbinsel Munychia ähnlich. Dieselben gleichen an Form den Amphoren und antiken Krügen, worin man Öhl, oder andere Flüssigkeiten bewahrte, und den Wasserkrügen der Araberinnen am Nil. Sie haben einen runden, verhältnißmäßig schmalen Hals von zwei bis vier Fuß[S. 26] Durchmesser, und bauchen sich dann bis auf vierzig und mehr Fuß aus.
Zwanzig Minuten Weges unter Athlit ist ein zweiter Durchschnitt in der Hügelkette, gleichfalls Werk von Menschenhand. Auch stehen Mauerreste dort. An diese Stelle dürfte eines der Städtchen zu setzen kommen, die Strabo, als zwischen dem Karmel und Cäsarea liegend anführt, nämlich Sykaminopolis, Bukolopolis, Krokodilopolis u. a. m. (p. 758). Drei Viertelstunden weiter fanden wir das Beduinendorf Surfent, wo wir, da es Abend war, bei den Aeltesten einsprachen. Diese, im Vorhofe der Moschee versammelt, wiesen uns Ungläubigen die Moschee selbst als Schlafgemach an, und gaben uns die Stelle an der Kibla. Wir machten dort Feuer an, bereiteten den Kaffeh, aßen Schinken, tranken Wein und schliefen mit einigen zwanzig Hirten gemeinschaftlich. Bei einem in Religionssachen lauen Volke wäre dies Beispiel der Duldung wenig zu rühmen; bei diesem aber ist es ein Sieg der Gerechtigkeit. Um ein Uhr nach Mitternacht standen die Hirten auf, wuschen sich, nahmen ihre Keulen zur Hand und gingen zu den Herden. Wir wurden weder durch Neugierde, noch Mißtrauen, noch durch Zudringlichkeit geplagt.
Von Surfent bis an das Städtchen Tentura ist eine halbe Stunde Weges. Es hat einen Sumpf vor sich, der ein ummauerter Teich gewesen zu seyn[S. 27] scheint. Auf dem äußersten Vorsprunge des Ufers steht eine hohe Warte, Bau aus Römerzeit. Viele andere römische Reste, und einen künstlichen, nun versandeten Hafen weiset der Ort.
Die Bibel kennt Tentura unter dem Namen Dor, als eine kananitische Stadt, die bei der Vertheilung des Landes der einen Hälfte des Stammes Manasse zur Besitznahme zugewiesen wurde. Die Kinder Israel konnten aber die Stadt nicht erobern, und machten erst späterhin die Kananiter darin sich zinsbar. (Josua, XVII. 11-13, Richter, I. 27.) — Unter Salomo wurde die vierte der zwölf Regionen des Reiches nach ihr benannt und Abinadab, der eine seiner Söhne, schlug darin den Sitz auf. (Jos. Ant. VIII. 2.) Polybius kennt sie als eine feste Stadt, welche in den Kriegen zwischen Ptolemäus und Antiochus dem letzteren widerstand. (V.) Josephus erwähnt ihrer an mehreren Orten, und Claudius Julus sagt, daß wegen des Reichthums des Gestades an Purpurmuscheln die Phöniker sich dort anbauten, den Hafen gründeten und die Stadt mit Mauern umgaben (Phön. III.). Die Griechen gefielen sich, einen Sohn Poseidons, Dorus, als Gründer zu nennen (Steph. Εξνιχά ad voc. Doros), was wenigstens den Ursprung der Stadt in urälteste Zeit setzt, und so die biblische Angabe bestätiget. Auf Kaisermünzen führt Dora häufig den Beinamen die heilige, und auch[S. 28] den der unverletzbaren und der selbstherrschenden (ΔΩΡ. ΙΕΡ. ΑCΤΑ. ΑΤΤΟ.). Nach Einführung des Christenthums wurde sie ein Bischofsitz; jetzt ist sie ein Haufen Trümmer, in welchem etwa zweyhundert Menschen herumkriechen. —
Von Dor am Sandgestade fortwandelnd, das fußtief mit den schönsten Muscheln bedeckt ist, kommt man über zwei Bäche und an die Ruinen einer römischen Brücke über einer dritten (1-1/2 Stunde), der wahrscheinlich der Flumen crocodilon des Plinius, oder auch der Krysorroas des Ptolemäus, oder endlich der Cana des Josua (XVII. 9.) ist; dann an gewaltige Ufermauern (1/2 St.), zum Theil von Bogen getragen, hoch und über eine Viertelstunde lang. Diese schließen sich an die Ruinen von Cäsarea, welche die flache Uferhöhe krönen.
Auf einer Küste von der Beschaffenheit, wie die syrische, gegen welche der tägliche Westwind die See aus weiter Ferne ungehindert heranführt, und die überdieß schon in ältester Zeit von einem Schiffahrt treibenden Volke bewohnt wurde, mußte jede Stelle, die Schutz den Schiffen bietet oder mit verhältnißmäßig geringeren Mühen und Kosten als eine andere dazu eingerichtet werden konnte, ein Vereinigungspunkt für den Fleiß werden, und zur Gründung einer Stadt einladen. Eine solche Stelle ist die von Cäsarea. Senkrecht auf die Uferlinie streckt sich ein Felsenriff etwa 400 Schritte weit in die See vor.[S. 29] Kleine Einbuchten sind demselben zur Seite. Diese konnten von den phönizischen Seeleuten wohl nicht übersehen werden, und schon in ältester Zeit mag zu äußerst auf dem Riffe eine Warte aufgerichtet worden seyn, dem Schiffer ein Zeichen bei Tag und Nacht. Dahin deutet auch der ältere Name von Cäsarea, der, nach Strabo, der Thurm des Strato hieß, was einen Ort voraussetzen macht, der sich um eine schon bestehende Warte angesiedelt hat, wie heut zu Tage in Ägypten um die Telegraphenthürme Orte sich bilden. Herodes erweiterte und verherrlichte die Stadt am Ende der 192. Olympiade, d. i. acht oder neun Jahre vor Christo, und nannte sie, Augustus zu Ehren, Cäsarea. (Jos. Antiq. XVI. 9.) Was dermalen an Trümmern sichtbar ist, geht nicht über diese Epoche hinauf.
Noch stehen die Mauern und Thore der Stadt. Der Reisende findet darin Herberge unter den Trümmern, und Brunnen für ihn und seine Rosse; aber kein Mensch bewohnt diese Stätte, die vielmehr eine geflohene ist, aus Furcht vor den Beduinen. Ich umging und maß die Mauern, bestieg und durchkroch die Reste. Hohes Gras und Blumen, dicht und bis an die Brust reichend, decken den ganzen Stadtraum. Sie fordern zur Vorsicht auf, wohin man den Fuß setze, damit man nicht in die Brunnen, Gewölbe und Löcher stürze, die von der grünen Hülle bedeckt sind. — Cäsarea ist ein[S. 30] Rechteck von 540 Schritten Länge von Süd nach Nord, und 350 Schritten Breite von Ost nach West. Die Ostseite hat zehn Thürme; die gegen Nord deren drei und eine Art Bollwerk am nordwestlichen Winkel; die See- oder Westseite zeigt dermalen ebenfalls nur drei, es nimmt aber der nördliche Hafen mehr als die Hälfte der Entwicklung dieser Seite ein; die Südseite hat vier Thürme. Von der Südwestecke greift der Felsenriff vor, der den abgesonderten Bau des Schlosses trägt, dem wieder an der äußersten Spitze ein Wartthurm vorliegt. Starke Dämme sind von dem Schlosse hinaus in die See gezogen. Zur Linken dem Riffe und somit dem Schlosse bleibt der südliche Hafen. Beide Häfen waren durch die Kunst bis auf 200 Schritte Durchmesser erweitert und mit Mauern gesichert worden. Die Landseiten haben einen Graben zu 36 Fuß Breite, mit gemauerter Gegenwand vor sich. Thürme und Mauern sind geböscht, was ich für späteren Zubau halte, wahrscheinlich aus den Zeiten der Kreuzzüge. Die Mauern haben von 20 bis 30 Fuß Höhe, 6 Fuß Dicke; die Thürme, ungleichen Abstandes unter sich, von 50 bis 90 Fuß Breite. Die Stadt scheint vier Thore gehabt zu haben. Zwei derselben bestehen noch. Die Thorangeln rollten in Marmorkugeln. Das Thor der Ostseite ist verfallen. Wir ritten darüber weg in die Stadt. Das vierte, das nach dem innern oder nördlichen Hafen geführt haben dürfte, ist[S. 31] sammt den Hafenmauern verschwunden. Vor der Nordseite ist eine Art Glacis angebracht, hinter welchem die hohe Gestademauer beginnt. Alle Mauern sind aus Werkstücken mit Mörtel gebunden.
Das Schloß, von der Stadt durch einen 125 Fuß langen und 25 Fuß breiten Weg, welcher das Gestade beider Häfen verbindet, geschieden, ist ein Viereck, aus dem ein hoher Thurm emporsteigt. Eine Menge Säulenschäfte grauen, auch einige rothen Granites, offenbar aus Ägypten herübergeschleppt, sind als Werkstücke benützt. Der Damm an der Nordseite des nördlichen Hafens, so wie derjenige, der vom Schlosse auf etwa 200 Schritte südwest in die See gezogen ist, und auf dessen äußerster Spitze die Warte steht, sind fast ausschließlich aus Trümmern weit älterer Bauten und hauptsächlich aus Granitsäulen zusammengesetzt. Am Fuße des Schlosses, nordwärts, schon im Wasser des nördlichen Hafens, liegt ein Fußgestell aus einem einzigen Blocke Syenit zu 6' 4" Breite und Länge und 3' 2" Höhe. Die Mauern nach dieser Seite sind ungeachtet ihrer beträchtlichen Dicke eingestürzt. Ich bestieg den Thurm im Schlosse, der vor sich eine Cisterne und einen tiefen Schacht hat. Zwei Gewölbe im Thurme sind noch erhalten. Die Thorleisten der Eingänge zu denselben sind von Köpfen schlechter Arbeit getragen. Von der Spitze des Thurmes überblickt man die ganze Stadt, und weithin See und Land. Das[S. 32] südlichste Vorgebirge, welches das Auge erreicht, bleibt in S. 20° W; Athlit aber N bei O.
Die Ruinen im Innern der Stadt sind große Massen aus Backsteinen, bieten aber wenig Merkwürdiges. Im Nordwestwinkel steht hart an der Mauer eine unterirdische Kirche; Reste anderer Kirchen erkennt man, darunter eine von schweren Mauern, vielleicht die Kathedrale dieses einstigen Sitzes eines Erzbischofes, der zwanzig Bischöfe unter sich hatte.
Nahe außerhalb dem südlichen Thore sieht man die Form des Stadiums. Die Bekleidung desselben ist verschwunden, doch liegen ein paar Granitsäulen darin. Auf einem Blocke las ich den Namen Fibianus Candidus. Weiter trifft man auf eine andere Umwallung, welche der Vorstadt am südlichen Hafen angehörte. Auch an diesem Hafen sind viele Mauerreste aus älteren Trümmern, und Dämme schützen nach beiden Seiten die Einfahrt.
In der Apostelgeschichte, so wie überhaupt in den ersten Jahrhunderten des Christenthums erscheint Cäsarea als eine mächtige Stadt. Dahin retteten die Gefährten den Apostel Paulus, und ließen ihn nach Tarsus einschiffen (IX. 30). Zu Cäsarea wohnte »Cornelius, ein Hauptmann von der Schaar die da hieß die Wälsche« (X. I), den Petrus taufte. Herodes hielt gerne seinen Hof in dieser Stadt. »Er zog von Judäa hinab gegen Cäsarea, und hielt[S. 33] allda sein Wesen, denn er gedachte wider die von Tyrus und Sidon zu kriegen. Die aber kamen einmüthiglich zu ihm und überredeten des Königs Kämmerer Blastum, und baten um Frieden, darum, weil ihre Länder sich nähren mußten von des Königs Lande. Aber auf einem bestimmten Tag that Herodes das königliche Kleid an, setzte sich auf den Richtstuhl und that eine Rede zu ihnen. Das Volk aber rief: das ist Gottes Stimme, und nicht eines Menschen. — Alsobald schlug ihn der Engel des Herrn, darum, daß er die Ehre nicht Gott gab, und ward gefressen von den Würmern, und gab den Geist auf«. (XII.)
Paulus, auf seinem Rückwege aus Griechenland und Kleinasien, zu Ptolemais, d. i. S. Jean d'Acre gelandet, zog von dort den Landweg nach Cäsarea, wo Philipp der Evangelist, »der einer der Sieben war« (XXI. 8) wohnte. In dessen Hause wurde dem Apostel die Gefangennehmung geweissagt, die ihn kurz darauf zu Jerusalem traf, und die ihn wieder zurück nach Cäsarea in die Hand des Landpflegers Felix brachte (XXIII.); dort wurde er von dem Hohenpriester und den Ältesten angeklagt, und mußte, obwohl nicht überwiesen, ja sogar im Herzen von diesem Römer freigesprochen, aus Gleichgültigkeit oder Unentschlossenheit desselben, zwei Jahre in der Haft bleiben (XXIV.), bis er durch seine Beredsamkeit von dem Könige Agrippa[S. 34] das Zeugnis der Unschuld, und, auf das Recht des römischen Bürgers sich berufend, von dem neuen Landpfleger Festus die Erlaubniß erhielt, vor den Kaiser nach Rom gebracht zu werden. (XXVI.)
Zu Vespasians Zeiten wurde Cäsarea als Kolonie betrachtet und Flavia Augusta Cäsarea genannt. Scherif Ebn-Idris und Abulfeda kennen sie als mächtigen und starken Platz. So erscheint sie auch in den Kreuzzügen. Wann sie verfiel und endlich ganz verlassen wurde, und zur Stätte wilder Thiere und Räuber herabkam, weiß ich nicht zu beantworten. Ruhig lagen wir vor der Halle des südlichen Thores; ein Türke aus Damaskus hatte sich zu uns gesellt; wir verzehrten gemeinschaftlich das Mittagbrot, und holten uns Wasser aus dem Brunnen innen am Thore. Es war dieß ein öffentlicher Brunnen gewesen; ein paar Steinbecken stehen noch daneben. Wie manches Jahrhundert hindurch mag er Wasser den Bewohnern der Stadt gegeben haben, die nun ein Feld von Blumen und Disteln ist! —
Nachdem wir drei Stunden längs dem Gestade durch Sand und Muscheln, welche die schönsten Farben in Gelb, Blau und Purpur spielten, weiter geritten waren, wandten wir links ins Land, erst über Heide (1/4 St.), dann über Fruchtboden, Hügel und Sumpfstrecken bis ans Dorf Mohallet [S. 35](1/2 St.), das ich für das El-Mukhalid Buckinghams (Travels in Palestina, I. 217) und für das Mohaila des Relandus (Paläst. III.) halte. Dieser Ort, der einige Ruinen aus Römerzeit zeigt, ist nach meiner Ansicht auch einer und derselbe mit dem Moleahä der Notitia dignitatum Imperii Romani (Paris 1651. Sect. 21), indem diese die Cohors prima Flavia dahin verlegt, was auf die Nähe von Cäsarea deutet.
Wir ruheten dort unter einer Sykomore, die groß genug war, um mit ihren Zweigen uns und unsere Pferde gegen die Sonne zu schützen; wir waren aber unser Zwölf, denn es hatten sich auch ein Armenier aus Alexandria und ein Grieche aus Akka nebst Dienern an uns geschlossen. Mohallet liegt auf der Ostseite der Hügelscheide zwischen der See und der großen Ebene. Diese lag nun aufgethan vor uns mit ihrer Fülle von Getreide, mit ihren Öhl- und Johannisbrotbäumen, mit ihren zahllosen Herden von Rindern, Schafen und Pferden. Jenseits stieg das nackte Gebirge von Samaria empor und im NO. glänzte hoch im blauen Himmel eine riesige Schneemasse, der Antilibanon.
Von Mohallet bis Dschelir sind 3-1/2 Stunden Weges über Hutweide, Sanddünen und Feld. Man kommt halbwegs über einen starken Bach, den Nahr-el-Kassab, und findet dann Sumpf. Die [S. 36]See bleibt auf eine Viertelstunde zur Rechten. Später entfernt man sich bis auf eine Stunde von derselben. Dschelir ist ein arabischen Dorf, zwischen und auf zwei Hügeln liegend. Die Einwohner empfingen uns mit Steinwürfen. Wir brachten die Nacht in einer schlechten Hütte zu. Am Meere liegt der Ort Eujejalie, vielleicht Apollonia (Jos. Antiq. XIII. 23), welchen die Peutingerische Tafel halbwegs zwischen Cäsarea und Joppe setzt. —
Eine Stunde vor Tagesanbruch verließen wir die ungastliche Herberge, ritten über Hügel in ein Thal nieder, das links nach der Ebene und rechts nach der See sich öffnet, und kamen darin über einen starken Bach, Nahr-el-Arsuff, wo eine Steinbrücke auf Resten einer älteren steht (1 Stunde). Trümmer von Gebäuden sind zur Seite, rechts aber auf den Hügeln die ärmlichen Hütten des türkischen Dorfes Schech-Said. Auf der jenseitigen Höhe fanden wir ein Beduinenlager (1/2 St.), aus schwarzen Zelten bestehend, die ins Viereck geordnet waren und die Herden umschlossen. Man grüßte uns freundlich und bot uns Milch. Eine weite Ebene zeigt sich im Süden dieser Höhe und in derselben der Thurm der Templer von Ramle, noch 3-1/2 Stunde entfernt. Die Ebene ist voll Ortschaften. Wir kamen durch Tschelebi, Jasur, Gebra, Hadelet und Agrab. Alle sind von dichtem Gehäge indischer Feigen umgeben, die hier[S. 37] stärker und höher sind, als ich sie irgendwo sah. Alles ist oder war Blatt an diesem Gewächse, das eine Art Zerrbild eines Baumes ist. Ein Blatt wächst aus dem andern, aus dem Rande des Blattes die Blüthe und weiter die Frucht; das untere Blatt verholzt sich dann, schmiegt sich an das nächste, das in gleichem Zustande sich befindet, und so wird ein Stamm daraus. —
Ramle, welches Einige irriger Weise für Rama in Ephraim halten, ist wahrscheinlich die Arimathäa der Schrift (Hieron. Epist. Paulae). — Wir stiegen im Kloster des heiligen Landes ab, ein geräumiges, mit hohen Mauern umschlossenes Gebäude, zur Herberge für die Pilger von Philipp dem Guten, Herzoge von Burgund, gestiftet. Zwei spanische Mönche des heil. Franziskus, Pater Thomas und Cyrillus Simeon, der eine aus Murcia, der andere aus Kastilien, empfingen uns dort gut und bewirtheten uns mit etwas Fischen, Brot und Gemüse. Die Kirche des Klosters soll an der Stelle des Hauses Josephs von Arimathäa stehen, der den Heiland begrub. Sie ist klein, faßt aber leicht die jetzige katholische Gemeinde von Ramle, die nur aus zwei Familien besteht. Das Kloster genießt unverbrüchlichen Schutzes von Seite des türkischen Gouverneurs der Stadt, an welchen es dafür jährlich die geringe Summe von 100 Piastern und ein Geschenk von 4 Ellen Tuch gibt.
Ramle ist ein höchst anmuthig liegendes, reich umgebenes Städtchen, welches dermalen über 800 griechische und etwa 2000 mohamedanische Einwohner hat. Die letzteren sind ziemlich wohlhabend, ob der Fruchtbarkeit des Bodens. Sie feierten an diesem Tage eben ein Fest, so daß die Flur um die Stadt, die Brunnen und Wasserbecken voll von Frauen und Gefolge waren. — Abulfeda behauptet den Ursprung dieser Stadt durch Soleiman, den Sohn Abdulmeleks, nach der Zerstörung von dem auf ein Paar Stunden entlegenen Lydda (Geog. Man.), und ein christlicher Schriftsteller, Sanutus (Secret. fid. cruc. p. 152) behauptet gleichfalls die Gründung von Ramle durch die Araber. Anna Comnena, in der Alexiade, schreibt Ramel (XI). Es wird diese Stadt häufig in den Schriftstellern jener Zeit mit Lydda verwechselt. Sie muß vordem eine weit größere Ausdehnung gehabt haben, da die Gärten ringsum Cisternen und Ruinen in Menge zeigen. Im Norden der Stadt findet man eine Cisterne zu vier und zwanzig Gewölben, vier zu sechs, die noch dient und für ein Werk der Kaiserin Helena gilt. Pater Simeon, der uns führte, wies uns auch ein Kapellchen am Abhange im Felde, nun in Ruinen, das die Stelle bezeichnen soll, wo Simson dreihundert Füchsen die Schwänze zusammenband, je zwei zu zweien, Bränder dazwischen gab und sie so in die Felder der Philistäer laufen ließ. (Richter[S. 39] XV.) Die Stelle ist gut gewählt, denn herrlich breitet sich unabsehbar die Flur hin, welche so lange der Neid der Kinder Israel und zu allen Zeiten eine reiche war. Wir besuchten die Kirche der Johanniter, die der heil. Helena und die der Templer, die nun sämmtlich in Moscheen verwandelt sind. Die letztere, ein großer Bau, ist eine Doppelkirche, denn unter der einen steht unterirdisch die andere. An die Kirche schlossen sich Hospitäler und Wohngebäude. Das Ganze bildet ein Viereck, in dessen nördlicher Seite der oben erwähnte, weit sichtbare, zierliche Thurm steht. Hundert acht und zwanzig Stufen zu 9" führen auf dessen Spitze, deren nordwestliche Kante vor wenigen Jahren der Blitz stark verletzte. Ich wartete auf der Spitze des Thurmes, bis die Sonne unterging, das schöne Land der Philistäer weithin überblickend.
Der Malem des Gouverneurs, ein Katholik, der mit seiner Familie nach Jerusalem wollte, trug sich an, mit uns gemeinsame Karawane zu bilden. Wir gaben dieß gerne zu, und machten uns Abends 9 Uhr bei herrlichem Mondenschein auf den Weg. Die Frau, die Töchter und Mägde des Malem reiseten in Tragkörben, je zwei und zwei auf einem Rosse. Da sich auch ein Paar Türken aus Ramle an uns geschlossen hatten, so war unsere Karawane zahlreich, und bestand aus Katholiken, Griechen, Armeniern und Mohamedanern, alle zur Pilgerschaft nach der einen und[S. 40] selben Stelle, dem heiligen Grabe, vereiniget! — Am Dorfe Kebab (3 Stunden) verließen wir die Ebene und traten zwischen Hügel. Dort blieb uns ein anderes Dorf auf einer Höhe zur Rechten, Ruinen einer Warte in sich, die im Halbdunkel der Nacht sich riesig ausnahmen (1 Stunde). Ich halte dieß für die Stelle von Nikopolis, die früher Emmaus hieß und nicht zu verwechseln ist mit dem Dorfe Emmaus, das nur drei Stunden (60 Stadien) von Jerusalem entfernt lag. (Luk. 24. 13.) Der Talmud bezeichnet die Lage von Nikopolis genau durch die Worte: »Von Bethkoron bis Emmaus ist das Land gebirgig, von Emmaus bis Lydda Feld, und von Lydda bis ans Meer Ebene.« Das Itinerarium Veteri Hierosolymitano setzt die Entfernung von Emmaus bis Jerusalem auf 22 Miliarien, und von Emmaus bis Lydda auf 10; was die Entfernung der erwähnten Orte von diesen beiden bekannten Punkten wirklich ist. Hieronymus (im Commentar zu Daniel, Kap. 12) sagt: daß bei Emmaus das Gebirge von Juda beginnt, was ganz mit der Lage dieses Ortes übereinstimmt. Auch sieht man einige Reste alter Mauern dort. Josephus aber führt an, daß Emmaus mit Thürmen und Mauern umgeben war. (Antiq. XIII. 1.) Keine Stelle auf dem Wege von Jerusalem bis Lydda oder bis Ramle ladet [S. 41]so sehr zur Anlage eines Vorwerkes, eines festen Punktes ein, und als solcher erscheint Nikopolis in mehreren Kriegen der alten Zeit.
In einem bebauten aber engen Thale ruhten wir, und stiegen dann die steilen und felsigen Berge von Judäa hinauf, deren Rücken wir nach fünf Stunden Weges auf mühsamen und gefährlichen Pfaden erreichten. Hart unter demselben, an der Ostseite, liegt der Ort Errit-el-Enneb, mit netten und geräumigen Häusern aus Stein, welche Terrassen und mehrere Stockwerke haben. Er wird von Arabern bewohnt, die uns freundlich entgegen kamen. Dort steht auch eine verlassene Kirche der Templer, ein ehrwürdiger Bau, aus drei Schiffen bestehend, jedes zu sechs Pfeiler; nun Salzmagazin und Viehhürde. Auch andere Reste des Mittelalters bemerkt man dort. Die nächste Bergspitze krönt der Ort Suba, eine der folgenden Kaßr. Man reitet unter dieser weg (50 Min.), steigt einen steilen Pfad hinab und erreicht, ganz im Thale (35 Min.), Ruinen von Kirchen und Hospitien starken Baues. Daran rauscht ein Bach vorbei, über den eine Steinbrücke führt; am Abhange liegt das Dorf Kolonia, der Sitz eines arabischen Häuptlings, Bogooz. Das Gebirge rings ist unwirthbaren Anblickes; die weißen wagrechten Lagerungen des Gesteins scheiden Terrasse von Terrasse; aber diese sind wohlbepflanzt und gesegnet. Nach anderthalb Stunden erreichten wir die [S. 42]nächste Höhe und ritten über wüstes Steinfeld langsam fort. Da trat im Osten mehr und mehr hohes Gebirge hervor, einfach, langgestreckt, und begränzte den Gesichtskreis nach dieser Richtung; es war das Gebirge jenseits des todten Meeres. Im Westen hoben sich Hügel, steinig und nackt; aber die Schluchten wiesen lebendiges Grün, hochummauerte Klöster, Kirchlein und Moscheen. Vor uns stieg, olivenbekränzt, eine Höhe empor, mit Kirchengebäuden zu oberst, es war der Öhlberg. Bald darauf, quer über die Flachhöhe gezogen, erblickten wir hohe Thürme und Mauern, mächtige Kuppelgebäude und schlanke Minarete, alles von der Farbe des Felsens und wie daraus gehauen; Khodeß! rief der Führer der Karawane. Jerusalem! riefen wir alle — und sie war es; die heilige Stadt stand vor uns! —
Wir ritten durch das Pilgerthor früh 9 Uhr, und stiegen im Kloster der Terra Santa ab, diesem großen Hospitium aller abendländischen Pilger, das von einigen vierzig Franziskaner-Mönchen servirt wird, dermalen durchaus Spanier und Italiener. Unter den Fremden fanden wir zwei Kapläne der französischen Truppen der Morea, einen Irländer, mehrere Italiener u. s. w. Der Vorsteher des Klosters und überhaupt des kirchlichen Kreises des heil. Landes, welcher den Rang eines insulirten Abtes hat, war in der Kirche zum heil. Grabe eingeschlossen, wo er während der Charwoche zu bleiben pflegt. Der Prokurator wies uns einstweilen Zimmer an, und die Mönche[S. 43] waren auf das Freundlichste beeifert, uns gefällig zu seyn.
Dieses Kloster enthält die Kirche zum heil. Erlöser, und ist ein Bau mancher Jahrhunderte, ein Labyrinth von Gängen, Stiegen, Gemächern, Höfen, Gärten und Terrassen, von hohen Mauern umfangen und an die nördlichen Stadtmauern zwischen die Thore von Damaskus und Betlehem gelehnt.
Bevor ich irgend einen Gang unternahm, bestieg ich die höchste Terrasse des Klosters und besah das große Bild der Stadt. Sie deckt den Ausgang der Flachhöhe, die von Nord nach Süd sanft sich senket, eben wo dieselbe in mehrere Füße sich theilet, in vier nämlich; davon fallen zwei nach dem Thale Josaphat ab, das nahe am Nordostwinkel der Stadt seinen Ursprung nimmt und diese vom Öhlberg und weiter vom Berg der Verunreinigung (Mons offensionis, I. Könige 11) scheidet. Der dritte Fuß trägt das Südwestviertel und fällt im Süden gleichfalls nach Josaphat, im Westen aber nach einem aus der Flachhöhe in der Richtung südwest auslaufenden Thale ab; nach diesem auch der vierte, oder nordwestliche. Im Ganzen geht die allen gemeine Hauptrichtung der Neigung Ost und Südost. Wo in der Mitte der Stadt die vier Hügel sich mit sanfter Vertiefung finden, hebt sich ein fünfter, kleiner, felsiger, wie die Flachhöhe selbst solcher mehrere hat; [S. 44]dieser ist der Golgatha, und dort ragt mit zwei gewaltigen Kuppeln die Kirche den heiligen Grabes empor. Der nordwestliche Hügel ist der höchste, und trägt die Burg; der südwestliche, außerhalb der Mauern, die Gebäude, welche über den Gräbern der Könige David und Salomon errichtet sind; der südöstliche oder niedrigste die Moschee an der Stelle des Tempels Salomons. Die Stadt weiset ein Gedränge hoher Gebäude, alle mit Terrassen gedeckt, zwischen denen die Minarete, Kuppeln und Dattelpalmen, majestätische Gruppen bildend, emporragen. Der Öhlberg zur Linken, d. i. im Osten, nur durch das schmale Thal getrennt, ist höher als die Hügel der Stadt, und begränzet somit die Aussicht. Nach Süden und Westen strecken sich felsige Höhen, hier höher, dort niedriger, hin. Die allgemeine Farbe der Landschaft ist die graue. Grüne Feldstreifen durchziehen sie. Feierliche Ruhe herrscht in diesem Bilde, die demselben einen vereinenden und unvergleichbaren Ausdruck gibt. Jerusalem und dessen Umgebung sind keiner anderen Stadt und keiner anderen Gegend ähnlich. Man kann nicht auf dieser Stelle stehen, die, geschichtlich betrachtet, die Mutter einer der größten Weltumwandlungen ist, ohne daß tiefer Ernst das Gemüth überkomme und es in die Farbe der Landschaft selbst kleide.
Die Bibel erwähnt zum ersten Male Jerusalems im I. Buche Mosis 14. Kap. 18. V. — Damals hieß sie Salem, d. i. Friede! Man nimmt an, daß[S. 45] sie von Melchisedech, der in der angezeigten Stelle als Herr derselben genannt wird, im J. 2023 gegründet worden sey. Damals umfaßte sie die Hügel Morija und Akka. Fünfzig Jahre darauf eroberten die Jebusäer die Stadt und bauten eine Burg auf dem Hügel Sion. Sie nannten die Burg nach ihrem Stammherrn Jebusi, Kanaans des Sohnes Hams, des Sohnes Noahs Sohn (I. Mos. 10) Jebus. So wurde aus Burg und Stadt Jebus-Salem, und später mittelst einer in den morgenländischen Sprachen häufigen Verwechslung mancher Mitlaute, Jerusalem. — Josua, in seinem Verheerungskriege von Kanaan eroberte Salem; aber erst David verjagte die Jebusäer aus der Burg. Er setzte sich in derselben fest und nannte sie nach sich. Er erst durfte singen: »Zu Salem ist Gottes Gezelt und seine Wohnung auf Sion.« (Ps. 76.) Salomon verherrlichte die Königsstadt; aber fünf Jahre nach dessen Tode zog der Ägypterkönig Schischak (der Sesonchis des Manetho und der Scheschonk der königlichen Ringe des Tempels von Karnack u. s. w.; siehe meine Erinnerungen aus Ägypten II. p. 85) gegen Roboam und plünderte ganz Judäa und auch Jerusalem, »und nahm die Schätze aus dem Hause des Herrn und aus dem Hause des Königes, und alles, was zu nehmen war, und die goldenen Schilde, so Salomon hatte machen lassen.« (II. Chronik 12. Könige 14.) Hundert fünfzig Jahre nach Salomon eroberte [S. 46]Joas, König von Israel, Stadt und Burg, und plünderte beide. (II. Könige 14.) Der Kampf zwischen Assyrien und Ägypten, der siebenzig Jahre später ausbrach, führte Sancherib vor Jerusalem (II. Könige 18, 19. II. Chronik. 32), warf die Stadt und ihren König Josias unter die Waffen des Pharaonen Neko (Jerem. 46. II. Könige 23. II. Chronik 35. 36), und endlich unter diejenigen des Babyloniers Nebukadnezar, der die Mauern brach und ganz Juda in Gefangenschaft schleppte. (II. Könige 24. 25. II. Chronik 36.)
Siebenzig Jahre nach diesem schweren Gerichte des Himmels, da Cyrus Herr in Asien geworden war und den Juden die Heimath wieder eröffnet hatte, bauten Zerubabel, Esra und Nehemia Stadt und Tempel wieder auf. (Esra. Nehem.) Jerusalem diente den Persern, bis diese den Mazedoniern erlagen. Alexander ging im J. 3573 durch die Stadt. Philadelphus beschenkte den Tempel. Antiochus Epiphanes eroberte und plünderte Jerusalem; die Makkabäer errangen ihr die Freiheit. Pompejus unterwarf sie den Römern; Crassus beraubte den Tempel; die Parther plünderten sie. Herodes schwang sich zum abhängigen Herrscher auf; er und sein Geschlecht gaben Jerusalem ein Nachbild von Glanz und Leben; aber Judäa, als römische Provinz, lehnte sich auf, und Titus der Gütige vollbrachte die gänzliche Zerstörung der Stadt.[S. 47] Vom 14. April bis 1. Juli, Jahr 71 nach Christo, wurden aus einem einzigen Thore 115,880 Leichen aus der Stadt getragen; im Ganzen gingen in Jerusalem 1,100,000 Menschen, im Lande aber 238,460 Männer während dieser Schreckenszeit zu Grunde; 99,200 wurden gefangen und zu dreißig für einen Denar verkauft. (Josephus de bello Jud. VI. 16. VII. 17.)
Hadrian warf über den Haufen, was bis zu seiner Zeit aufs Neue gebaut war; baute darauf selbst und zwar nach der Ausdehnung, die noch besteht. Jerusalem hieß nun Aelia Capitolina. Der neue Name brachte den alten fast in Vergessenheit (Euseb. de martyr. Palaestinae XI.), weßhalb auch die arabischen Schriftsteller sie häufig nur unter dem Namen Aelia kennen. Als solche wurde sie, im J. 613, von Kosroes, dem Perser, erobert, wobei 90,000 Christen in die Hände der Juden fielen. Vierzehn Jahre darauf trug Kaiser Heraklius das Kreuz wieder hin. Aber schon im J. 636 fiel sie in die Hände der Bekenner Mohammeds; Omar eroberte sie nach viermonatlicher Belagerung und wurde darin ermordet. Nach vielem Elend und Jammer, nach mancher Belagerung und Einnahme in den Kämpfen zwischen den Geschlechtern der Kaliphen, kam sie zuletzt in die Hände der Fatimiten, denen sie die Kreuzfahrer (Freitag, 15. Juli 1099, 3 Uhr Nachmittags) abnahmen. Nun folgten sich dort neun Könige aus fränkischen Rittergeschlechtern, Gottfried v.[S. 48] Bouillon, Balduin I., Balduin II., Foulques d'Anjou, Balduin III., Amaury, Balduin IV., Balduin V. und Guido Lusignan, der Jerusalem im J. 1188 an Salaheddin verlor. Für jeden Kopf verlangte der Sarazene zehn byzantinische Goldstücke Lösegeld; er schätzte also den Menschen zu höherem Preise als Titus der Gütige. 14,000 Christen fielen aus Mangel dieser Summe in Sklaverei. Die Kirche zum heiligen Grabe wurde von den Syrern freigekauft; die übrigen Kirchen wurden in Moscheen umgewandelt. Im J. 1242 lieferte der Emir Saleh-Ismail von Damaskus, da er gegen den Sultan von Ägypten, Nehimeddin, zu Felde lag, Jerusalem in die Hände der Lateiner. Der Ägypter eroberte die unglückliche Stadt noch in demselben Jahre, und vertilgte alle Bewohner darin. Im J. 1291 wurden die Lateiner ganz aus Palästina vertrieben, und die Krone, die seit Salaheddin (trotz dem, daß Kaiser Friedrich II. mit dem Sultan Jerusalem getheilt, und auf dem heiligen Grabe die Krönung empfangen hatte) wenig mehr als ein Titel war, kam als solcher an das Haus Sizilien.
Seit der Eroberung Ägyptens durch Selim I., Jahr 1716, wohnt Ruhe in der von dem Verhängnisse schwerer als irgend eine andere getroffenen Stadt. Jetzt ist sie dem Pascha von Damaskus untergeordnet und wird durch einen Statthalter desselben regiert. Sie zählt 21,000 Einwohner, darunter 8000[S. 49] Mohammedaner, 3000 Griechen, 5000 Juden, 4000 Armenier und bei 1000 Katholiken und Maroniten. Ihr heutiger arabischer Name ist Khodeß; dieser ist auch wahrscheinlich ihr ältester bei den Arabern. Herodot nennt sie Kadytos (II. 159. III. 5.)
Der erste Weg, den ich durch die Stadt machte, war derjenige quer durch dieselbe von Nord nach Süd bis ans Thor von Sion und vor dasselbe. Dort, außerhalb den Mauern, bietet die Flachhöhe einen fast ebenen Platz von 200 Schritten Breite und 500 Schritten Länge. Ich denke, daß dahin Millo zu setzen komme. (Chron. 12. II. Chron. 32) Darauf steht zunächst außer dem Thore eine Kirche der Armenier, welche man das Haus des Hohenpriesters Kaiphas nennt (Matth. 26), ein schlechter Bau, etwa ein Paar Jahrhunderte alt. Weiter ist eine Moschee und daran ein Hospital; diese waren einst Kirche und Kloster, den Mönchen zum h. Franziskus von Donna Sanzia, Gemahlin des Königs Robert von Sizilien, im J. 1336 erbaut, und stehen auf der Stelle, wo man das Grab Davids und Salomons wissen will und lange verehrte. (Nehemias III.) Die Bibel sagt jedoch, daß beide in der Burg Davids begraben wurden. (Könige II. XI.) Vergleichstellen aus Jeremias (XXVI. XXXVI.) lassen vermuthen, daß unter dem Hause Davids und der Burg Davids verschiedene Orte verstanden wurden. Auf derselben [S. 50]Stelle soll auch das Haus Obed Edoms, des Gathithers, gestanden haben, wo die Arche des Herrn drei Monate hindurch beigesetzt blieb, bevor sie in Davids Burg gebracht wurde. (II. Sam. 6.) In der neuen Kirche wird diese Stelle verehrt als diejenige, wo Christus das letzte Osterfest hielt, das Abendmahl einsetzte, den Aposteln nach der Auferstehung erschien und den heiligen Geist über sie sandte; wo er Thomas die Finger in seine Wundmale legen hieß und sprach: »selig sind die, die nicht sehen und doch glauben;« wo er den Jüngern sagte: »gehet hinaus und prediget der ganzen Welt!« wo ferner die erste Kirche erhöht, der erste Bischof von Jerusalem, St. Jakob der kleinere, geweiht und durch St. Petrus das erste Konzilium gehalten wurde. In den Umfangmauern der Moschee zeigt man einige ältere Mauerreste, und sagt sie dem Hause angehörig, worin die Mutter des Heilands verschied. Auf dem freien Raume neben den erwähnten Gebäuden sind die Grabstätten der Christen, durch in den Boden gelegte Steine geschieden nach den verschiedenen Sekten, und eifersüchtig bewacht. — Ich besah noch Kirche und Kloster zum heil. Jakob, das schönste und reichste aller christlichen Hospitien in Jerusalem, einst den Katholiken gehörig, aber von diesen den Armeniern in der nicht erfüllten Hoffnung einer Kirchenvereinigung abgetreten. Die Wände der Kirche sind bekleidet mit in vergoldete Rahmen eingelegten Bildern; der Boden, aus feinem geglätteten Marmor, ist mit köstlichen Teppichen belegt; Kanzel[S. 51] und Thüren sind aus Schildkröte und Perlenmutter-Reichthum und Kunst zieren vorzüglich die kleine Kapelle, über der Stelle erbaut, wo der heilige Jakob enthauptet wurde, und die als ein vorzügliches Heiligthum verehret wird. Die Pilgerherberge ist geräumig und mit allem Nöthigen für Mann und Roß reichlich versehen. Es herrscht eine wohlthätige Reinlichkeit in allen Theilen dieses armenischen Hospitiums. — Von den weitläufigen Terrassen genießet man eines herrlichen Ueberblickes der Stadt, denn dies Gebäude krönt den südwestlichen Hügel, den ich für den Akka halte, während der nordwestliche oder höchste am wahrscheinlichsten der vielbesungene Sion ist. Morija, welcher den Tempel trug, und Bezetha sind die beiden östlichen. Mit ganzer Sicherheit läßt sich eigentlich nur Morija bestimmen, denn noch weiset er das geebnete Feld, vier Stadien ins Gevierte, worauf (Jos. d. bell. VI. 6) der Tempel stand. Da die vier Hügel Abfälle einer und derselben Höhe sind, so ist häufig Sion der allen gemeinsame Name, und noch häufiger wurden unter dieser Bezeichnung die beiden westlichen, Sion und Akka, begriffen.
Am Ostersonntage, früh 3 Uhr, also vor Anbruch des Tages, führten uns die Mönche in die Kirche zum heiligen Grabe; ein ehrwürdiger, mächtiger Bau; eine Welt, in welcher besonders zur Nachtzeit und bei dem Scheine von tausend Lichtern und [S. 52]Lampen, das Auge des Pilgers erst spät sich zurecht findet. Der erste Anblick schlägt mit Verwunderung und Ehrfurcht. Die Größe und Höhe der Mittelhalle, der Tempel im Tempel, die Gänge und Kirchen, die Stiegen und Höhlen; die verschiedenen Völkerschaften, welche zugleich den Gottesdienst üben; das Wohnen, Kaufen und Verkaufen in den Zwischenhallen; die Frömmigkeit, womit Christ und Mohammedaner vor demselben Grabe sich beugen, machen diesen Tempel zum Mittelpunkte der Welt. Er ist bei Tag und Nacht besucht und niemals leer. Die Marken der Zeit sind da ohne Kraft.
Am Eingange sah ich eine Zahl reich gekleideter Türken in einer Nische zur Linken auf Teppichen ruhn und die Pfeife schmauchen. Diese sind die Zöllner und Wächter des Tempels. Sie nehmen jedem Raja beim Eintritt vier Piaster d. i. einige zwanzig Kreuzer ab. Franken sind frei, außer sie wollen sich die heilige Grabstelle, das Allerheiligste, zu Stunden, wo es geschlossen zu seyn pflegt, öffnen lassen, in welchem Falle sie ein beliebiges Trinkgeld geben. Während alle Sekten des Christenthums wie Strahlen in diesem einen Mittelpunkte sich vereinigen, tragen sie ihren Haß und Neid bis auf diese heilige Stelle mit sich, und schlagen sich da mit ihren Ketten. Die eine verspottet und verfolgt die andere, und sucht ihr ein Stückchen Raum oder ein paar Lampen abzudrängen. Die Türken, mit unstörbarer Ruhe und[S. 53] Würde, halten die Ordnung aufrecht und gebieten jeder Sekte Achtung für die Rechte und Gebräuche der übrigen. Sie schreiten vor den Priestern bei den heiligen Umgängen einher, öffnen das Gedränge des Volkes jetzt für Katholiken, jetzt für Griechen, jetzt für Armenier, jetzt für Kopten u. s. w., für jede Sekte nach ihrer Reihe und Weise. Ohne die Türken führen an dem ersten Festtage die Christen sich einander in die Haare, und machten den Tempel zur Mördergrube. Das ist die Wahrheit; ich weiß wohl, daß sie eben keine erfreuliche oder ehrenvolle für uns ist. —
Ich besah alle Heiligthümer, und blieb eine halbe Stunde im Allerheiligsten. Dann wohnte ich dem österlichen Hochamte und dem dreimaligen Umgange nach Weise aller Pilger, mit brennender Wachsfackel in der Hand, bei, und besah zuletzt noch die Ceremonien der Griechen und Armenier, welche das Palmenfest, zuerst jene, dann diese, mit Amt und Umgängen feierten. Es war eine große Menschenmenge im Tempel. Ein Theil des ärmeren Volkes schläft und wohnt darin während der Festzeit. Das Geschrei des Marktes dringt aus den Hallen. Die Orgel der Katholiken, die Cymbeln und Metallplatten der Griechen und Armenier, die Gesänge der Priester und Gläubigen, das Geschwätz der Müßigen, die Ordnungsrufe der Türken dringen in und [S. 54]durch einander. Manche der sonderbarsten Gebräuche uralter Verbreitung im Orient, unserer viel zu verdorbenen Einbildung nicht faßlich, sind da herrschend. Wahrlich, es ist eine Welt, und rührend der Zusammenfluß der Völker und majestätisch die Nacht darin.
Ich will mich nicht in eine Kritik der heiligen Stellen einlassen. Der Glaube thut hierin das Meiste, und einige Klafter zur Rechten oder Linken thun nichts. Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Nachweisung der heiligen Stellen von den ersten Christen ihren Kindern überliefert wurde; ja es ist unwahrscheinlich, daß, während die Christen in Asien und Europa Kirchen baueten, sie nicht die durch ihren Meister und Heiland merkwürdig gewordenen Stellen gekannt haben sollen, welche die Zeitgenossen Christi kennen mußten. Sechs und vierzig Jahre nach der Zerstörung der Stadt durch Titus erhielten die Gläubigen von Kaiser Hadrian die Erlaubniß, über dem Grabe Christi ein Gotteshaus zu errichten (Epit. Bell. Sacror.). Bis Hadrian war aber seit Jakob, welcher im Jahre 35 nach Christi zum ersten Bischof von Jerusalem gesalbt worden war, eine ununterbrochene Reihe von Bischöfen. Dieß und die natürliche Voraussetzung, daß man seit erster Zeit die Gebete lieber auf geweihten als anderen Stellen gehalten habe, bürgen für die Treue der Ueberlieferung. Konstantin baute eine Basilika über dem heiligen Grabe.[S. 55] Hieronymus, der sich im Jahre 385 nach Bethlehem zurück zog, gibt eine Schilderung der heiligen Stellen, welche die Einerleiheit der zu seiner Zeit und der heute dafür angesehenen darthut; Eusebius und Cyrillus deßgleichen, und Gregor von Nissa eifert gegen den Mißbrauch der Pilgerschaften, denn damals schon kamen Pilger aus allen Weltgegenden dahin. Die Basilika Konstantins, von Kosroes zerstört, wurde von Heraklius wieder hergestellt. Omar ließ den Christen dies Gotteshaus. Hakem verwüstete es zum Theile (J. 1009). Die lateinischen Könige stellten es her und erweiterten es, um die Schädelstätte, Golgatha, wovon das Grab nur fünfzig Klafter entfernt liegt, mit einzuschließen. Wir wissen, daß erst Hadrian den Golgatha mit in die Stadt zog. Nichts natürlicher als daß das Grab Josephs von Arimathäa sich in dessen Nähe befand. Tausende ähnlicher Gräber sind rings um Jerusalem, und kaum eine Felsspitze ragt dort über den Boden, in die nicht ein Grab oder der Eingang zu einem solchen gehauen wäre. Familiengräber im Fels seines Ackers oder seines Gartens waren seit ältester Zeit in diesem Lande üblich. Joseph von Arimathäa hatte aber seinen Garten am Golgatha.
Der Tempel, den die lateinischen Könige hinterließen, hatte 120° Länge, 70° Breite und drei Kuppeln, [S. 56]wovon die über dem heiligen Grabe zu 30 Klafter Durchmesser. Balken von Cedern des Libanons bildeten die Decke. — Dieser Tempel verbrannte vor wenigen Jahren. Die Katholiken geben den Griechen Schuld, den Brand angelegt zu haben. Wahr ist, daß diese zur Zeit, als das Unglück geschah, die Kapitale und Materialien zum Bau des heutigen Tempels bereit liegen hatten, und seit sie denselben ausführten, die Katholiken aus vielen ihrer Vorrechte verdrängten.
Der heutige Tempel ist von der Ausdehnung des früheren. Innerhalb dem Umfange desselben, nach Art des Allerheiligsten in den meisten Tempeln der alten Welt, steht als ein für sich geschlossenes Haus das Allerheiligste dieses Tempels, nämlich das Grab Christi. Die Pforte sieht nach Ost und hat 4' Höhe und 2' 4" Breite. Vor derselben sind zwei große Kandelaber aus Silber aufgerichtet, und an den Seiten zwei Marmorbänke angebracht; über der Pforte aber, in Marmor gehauen, sieht man die drei Marien, den Erzengel Gabriel und den auferstehenden Heiland. Durch diese Pforte tritt man in das erste, ganz mit Marmor ausgelegte, von zwölf Säulen an den Wänden gestützte Gemach, das des Engels genannt, weil darin, auf Fußgestelle von Marmor und in Marmor gefaßt, das Stück Kalkstein bewahrt wird, an welches, wie man glaubt, von dem Engel, der zu Marien sprach, der Schlußstein des Grabes gelehnt worden war. »Und[S. 57] der Engel des Herrn kam vorm Himmel herab und wälzte den Stein von der Thür und setzte sich darauf; Und seine Gestalt war wie der Blitz und sein Kleid weiß wie der Schnee.« (Matthäi, 28).
Das zweite Gemach, 5' 11" lang, 5' 10" breit, 3' 7" hoch, ist das Grab des Heilandes, eine in das Leben des Felsens gehauene, mit Marmor ausgelegte Grotte. Ueber dem Eingange ist dieselbe Darstellung wie über dem ersten, aber statt der drei Marien, Magdalena, Jakobi und Salome, deren die Evangelien des Markus und Lukas im letzten Kapitel erwähnen, erscheinen hier nur die ersten beiden, wie bei Matthäus zu lesen. — Zur Rechten, im Eingange selbst, zeigt man den gespaltenen Schlußstein, in der Grotte aber die Grabstelle, wo aus einem Steinblocke von 2' 4" Höhe, 5' 11" Länge und 2' 10" Breite der Leichnam, mit dem Haupte nach Abend gewendet, lag. Eine Marmorplatte deckt diesen Block und dient als Altar bei Lesung der Messe. Den Hintergrund schmücken ein katholisches und ein griechisches Bild. Vier und vierzig Lampen brennen darin, fünfzehn aber im Vorgemache. Drei Löcher sind in der Decke angebracht, um den Dampf hinaus zu lassen; über der Decke steht eine Art Thurm morgenländischen Styles. Im Vorgemache zwischen der zweiten und dritten Säule zu beiden Seiten des Einganges, sind länglichrunde Löcher durch[S. 58] die Wand geschlagen, durch welche am Charsamstage der im heil. Grabe eingeschlossene griechische und armenische Bischof das heilige Feuer den Gläubigen reichen. Die einen behaupten und die anderen glauben nämlich, der heilige Geist steige an diesem Tage vom Himmel, und zünde die Kerzen an. Diese Szene ist die feierlichste des Jahres. Der türkische Gouverneur mit seinem ganzen Hofstaate wohnet derselben in der Gallerie der Katholiken bei (wobei die Mönche des heil. Franziskus ihm Erfrischungen reichen müssen), und auf seinen Wink geschieht das Wunder. Das Volk reißt sich um das Glück, ein Kerzchen am heiligen Feuer anzuzünden, und jeder trägt es in seine Herberge, sorgsam bemüht, daß es nicht verlösche. Es gibt Beispiele, daß Gläubige es von Jerusalem bis Konstantinopel gebracht haben. Reste uralter, längst verschwundener Religionen leben als Erbstücke in den heutigen fort. —
Ueber das Allerheiligste wölbt sich die große Kuppel des Domes. Eine runde Halle umgibt dasselbe, die von achtzehn Pfeilern getragen wird. Die Pfeiler haben 5' 10" Breite und 4' Abstand unter sich, mit Ausnahme der beiden Paare in West und Ost, wovon die ersten 4' 6", die anderen aber, von dreifacher Breite der übrigen, 20' Raum zwischen sich haben. Auf den Pfeilern ruhen zwei Stockwerke von Bogengängen, worin jeder Sekte ihr besonderer Gebetplatz angewiesen ist. Im Osten des[S. 59] heiligen Grabes zwischen den beiden breiten Pfeilern hindurch tritt man in die Kirche der Griechen, die geräumigste und reichste derjenigen, welche die Mittelhalle umgeben. Sie ist mit Gold, Bildwerken, Marmor und Lampen geschmückt, und über sie wölbt sich die zweite Kuppel, zu deren geschlossener Krone von außen eine Stiege hinaufläuft. Die mittlere allein ist mit Blei gedeckt und oben wie die Rotonda geöffnet. Den Mittelstein ihrer Kirche sehen die Griechen als den Mittelpunkt der Erde an. Was Wunder, betrachtet sich doch jeder Mensch als den Mittelpunkt der Schöpfung; und warum sollte er es nicht? — Im Norden des heil. Grabes, zwischen dem zweiten und dritten Pfeiler hindurch, geht man in eine Vorhalle, worin die Orgel der Katholiken aufgerichtet steht, und kommt dann in die Kirche derselben. An diese ist ein Hospitium angebaut, für die Mönche, welche den Dienst im heiligen Grabe haben. Aus Mangel an Geld ist dieses sehr verfallen, und der Regen bricht durch. Das obere Stockwerk gehört den Türken, die gerade über der katholischen Kirche Pferdeställe haben, denn ob der Neigung des Berges ist der Eingang in dies Stockwerk von der einen Seite ebenen Schrittes.
Aus der Vorhalle der Katholiken geht man in ihre Sakristei, und über Stiegen in den ihnen zugewiesenen Theil der Bogengänge. In dieser Vorhalle wird die Stelle verehrt, wo Magdalena den[S. 60] auferstandenen Heiland für den Gärtner des Ortes nahm, und er ihr zurief: »Weib, was weinest du?« (Joh. 20).
An der Nordseite, gleichlaufend mit der Außenwand der griechischen Kirche, ziehen zwei Gallerien hin; die erste ist diejenige, wo heut zu Tage Markt gehalten wird für das Volk, so im Tempel nachtet und wohnet. Getreide, Grünzeug, Speisen aller Art werden da mit dem üblichen Geschrei verkauft und gekauft. Die andere Gallerie hat an ihrem östlichen Ende eine Grotte, 7' lang und 6' breit, die man das Gefängniß Christi zu nennen pflegt, als den Ort, wo er vor der Kreuzigung, bis alles zu dieser Handlung bereit gelegt war, gehalten und verhöhnt worden seyn soll. Im Osten, hinter der griechischen Kirche läuft ein Bogengang, an dem mehrere Kapellen zur Linken angebaut sind, und zwar zuerst ein Altar der Armenier; dann Pforte und Aufgang ins griechische Kloster, welches an den Tempel gebaut ist; weiter die Kapelle zur Erinnerung an die Stelle, wo um die Kleider Christi gewürfelt wurde, »auf daß erfüllet würde die Schrift, die da sagt: sie haben meine Kleider unter sich getheilet und haben über meinen Rock das Loos geworfen« (Joh. 19. 24); weiter eine Stiege zu acht und zwanzig Stufen, welche in eine Grotte hinabführt. Dort ist die jetzt den Armeniern gehörige Kapelle der heil. Helena, von vier Säulen getragen, und der[S. 61] Sitz, wo sie während der Kreuzauffindung betete. Dreizehn Stufen tiefer gelangt man in die Grotte der Kreuzauffindung. Am oberen Ende der Stiege steht die Schimpfsäule, 2' hoch und 1' Durchmesser, auf welcher Christus verspottet und gekrönt wurde. Nachdem man abermals an einer Pforte, die zum griechischen Kloster führt, vorüber gekommen ist, steigt man über zwanzig Stufen auf die Schädelstätte, welche gerade Raum für eine Kapelle und Vorhalle hat. Die nördliche Hälfte der Kapelle enthält die Stelle der Kreuzigung. Da, wo man voraussetzt, daß Christus auf das liegende Kreuz geheftet wurde, ist eine Marmorplatte ausgebreitet. Die südliche Hälfte zeigt das Loch, worin das Kreuz aufgerichtet stand. Der Gekreuzigte sah abendwärts, als wenn sein letzter Hauch den Sieg vorzüglich nach dieser Richtung tragen sollte! — Das Kreuz des guten Sünders war also an der Nordseite. Der Vorplatz bezeichnet die Stelle, wo Maria weinte, und wo neben ihr stand der geliebte Jünger des Herrn. »Weib, siehe, das ist dein Sohn!« und Du: »Siehe, das ist deine Mutter!« (Joh. 19). Unter der Kapelle zeigt man eine Grotte und darin die Spaltung des Felsens. »Und siehe, der Vorhang des Tempels zerriß von oben bis unten, und die Erde erbebte, und die Felsen spalteten sich, und die Gräber thaten sich auf.« (Matth. 27). In dieser Spalte, so glaubt das Volk, wurde damals[S. 62] das Haupt Adams gefunden; denn auf dem Golgatha soll er Gott dem Schöpfer sein letztes Opfer gebracht haben. So knüpft die Sage die beiden Epochen der Gründung und der Erlösung des Menschengeschlechtes an eine und dieselbe Stelle der Erde. Dort waren bis zum letzten Brande auch die Ruhestätten Gottfrieds von Bouillon und Balduins; diesen gegenüber aber die vier anderer lateinischer Könige. Die Male bestehen noch, sind aber in der Mauer verborgen.
Neben dem Golgatha ist der Eingang in den Tempel und der Stein der Salbung, eine Platte aus dem Marmor des Sion, roth und gelbweiß, 7' 9" lang und 1' 11" breit. Dort knieen die Gläubigen aller Sekten zuerst und küssen mit Andacht den Stein. Neben dem Tempeleingang westlich folgt eine Halle, aus welcher die Stiege nach dem armenischen Theile der oberen Bogengänge führt. Aus dieser Halle tritt man zur Rechten zwischen dem zweiten und dritten Pfeiler in die große Mittelhalle, und hat den Kreisgang um die griechische Kirche vollendet. Alle Heiligthümer, mit Ausnahme des Grabes, fallen sonach in die östliche Hälfte des Tempels. Zwischen den Pfeilern der Haupt- und Mittelhalle sind kleine Gemächer angebracht, welche die Priester zu bewohnen pflegen.
Vormals theilte man die christlichen Besitzer des heil. Grabes in acht Völkerschaften, die Lateiner,[S. 63] die Griechen, die Abyssinier, die Kopten, die Armenier, die Nestorianer, die Maroniten und die Gregorianer. Jetzt bestehen dort nur mehr die ersten beiden, dann die vierte und fünfte. Die Griechen haben die oberste Hand und sind die Wärter des heiligen Grabes, was bis zum letzten Brande die Lateiner gewesen sind. Beide theilen unter sich den Golgatha, und die Griechen überlassen für den Charfreitag Abend ihren Theil (die Stelle der Kreuzerhöhung) den Lateinern. Diese besitzen allein eine Orgel, halten Lampen im Allerheiligsten und auf dem Salbungsteine (den sie an die Griechen verloren) und lesen die Messe, bevor die Griechen sie lesen dürfen. Dafür halten diese in der lateinischen Kirche Lampen. Die Gregorianer verloren an die Griechen das Gefängniß Christi und die Stelle der Kreuzerhöhung; die Abyssinier an die Armenier die Schimpfsäule; die Nestorianer an die Lateiner die Kapelle der Magdalena. Die Armenier besitzen die Kapelle der heil. Helena und die der Vertheilung der Kleider. Die Kopten haben eine kleine Kapelle außen an die Westseite des Allerheiligsten gelehnt, und sind die ärmsten und ruhigsten aus allen. Die großen Messen werden auf einem Tragaltare vor dem Eingange ins Gemach des Engels gelesen. Ist die Reihe hiezu an den Katholiken, so wird nur die rechte Hälfte der Kerzen auf dem Altare angezündet; so bei den Griechen nur die linke. — Der[S. 64] Neid und der Haß knien, wie Teufel neben der Unschuld, hier neben der Andacht und singen mit im Chor der Frommen.
Der erste Ritt, den ich außerhalb der Stadt machte, ging durch das Pilgerthor in das südwestliche Thal. Dieses, einerseits von dem Sion, anderseits von den Höhen eingefangen, worüber der Weg nach Bethlehem führt, ist enge und felsig. Man findet ein Bend darin, hundert Schritte breit und vierhundert lang;[A] offenbar ein uralter, neben dieser Königsstadt unerläßlicher und später oft erneuerter Bau, dessen, wenn ich recht verstehe, das zweite Buch der Chroniken erwähnt als eines Werkes des Königes Hiskias, des Zeitgenossen Sancheribs des Assyrers. (XXXII. 30 und zur Erläuterung Gihons, XXXIII. 14.) Die heute das Bend umgebenden Mauern sind sarazenisches Werk.
Die Thalwand zur Rechten zeigt viele Felsengräber, meist für Familien eingerichtet und bald aus einem, bald aus mehreren Gemächern bestehend, an Arbeit roh. Eine dieser Höhlen verehrt man als [S. 65]diejenige, worin die Jünger nach der Gefangennehmung Christi sich geborgen haben sollen. Sie ward von den Griechen behauen, bemalt und in ein Kirchlein umwandelt, auch am Eingange verziert, und ist ein Grab, wie die anderen, mit mehreren Kammern. Nahe daran ist eine andere Grabhöhle, in die ich durch ein enges Loch mich einschob. Sie besteht aus einer gewölbt ausgehauenen Halle zu 14 Fuß ins Gevierte und aus sechs Gemächern, zwei zu jeder Seite. Jedes Gemach hat zwei oder drei Felsenbänke, worauf die Leichname in Tücher gehüllt gelegt worden sind. In einem der hinteren Gemächer ist auch ein Schacht, wie in ägyptischen Gräbern; in anderen gehen Gebein- und Moderhöhlen in den Fels ein; alle diese Gemächer sind noch jetzt voll von Gebeinen. Über einer Grabhöhle las ich ....ΤΗC ΑΓΙΑC....CΙΩΝ. Sonst fand ich nirgend Aufschriften. — Höher am Abhange ist eine breite, tiefe, in zwei Theile getheilte und mit einem mächtigen Vorbau aus christlicher Zeit versehene Grotte, worin bis vor kurzem noch die Armenier zu begraben pflegten. Die Stelle wird der Blutacker genannt, Hakeldama, den Judas um das Blutgeld erwarb (Apostelgesch. I. 19), oder den die Hohenpriester, nachdem der Verräther ihnen die Silberlinge zurückgeworfen und sich erhenkt hatte, zum Begräbniß der [S. 66]Pilger um dieses Geld erkauften. »Und wird derselbe Acker der Blutacker genannt bis auf den heutigen Tag.« (Matth. 27)
Die Schlucht wendet östlich und führt in das Thal Josaphat, das hier nicht über hundert Schritte Breite hat. Auch dieses schließt, gerade unter der Vereinigung der beiden Thäler, ein Bend, vielleicht das Becken Asuja, dessen Nehemias (III. 16) erwähnt. Man findet eine tiefe Cisterne dort und eine nun verlassene Moschee. Jene wird der Brunnen Marias genannt. Das Thal läuft nach Süden aus und erweitert sich dort. Die Meinung, daß im Thale Josaphat das Gericht des Herrn werde gehalten werden, gründet sich auf die Stelle des Propheten Joel:
»Die Heiden werden sich aufmachen und herauf kommen zum Thal Josaphat: denn daselbst will ich sitzen, zu richten alle Heiden um und um.«..
»Schlaget die Sichel an, denn die Ernte ist reif; kommt herab, denn die Kelter ist voll, und die Kelter läuft über, denn ihre Bosheit ist groß.«
»Es werden Haufen Volkes seyn im Thale des Urtheils, denn des Herrn Tag ist nahe im Thale des Urtheils.«
»Sonne und Mond werden verfinstert und die Sterne ihren Schein versagen;«
»Und der Herr wird aus Sion brüllen und aus Jerusalem seine Stimme schallen lassen, daß Himmel und Erde beben. Aber der Herr wird seinem Volke[S. 67] eine Zuflucht seyn, und eine Feste den Kindern Israel.« (III. 17-21).
Die Auslegung, welche diese Stelle und eine andere desselben Propheten bei den Juden fanden, mußte in den Jahrhunderten, wo die Religion in voller Frische Herz und Einbildung der Christen beschäftigte, auch bei diesen Glück machen. Übrigens ist des Thales Josaphat in keinem anderen Theile der Bibel gedacht.
Steigt man dies Thal von dem Bend aufwärts, so hat man zur Rechten den Berg der Verunreinigung und dann den Öhlberg; zur Linken den Sion und den Morija. Der erste trägt seinen Nahmen von der Abgötterei, die darauf getrieben wurde; »da erhöhte Salomo einen Altar Chamos, dem Gräuel der Moabiter, auf dem Berge, der vor Jerusalem liegt, und Molech, dem Gräuel der Ammoniter« (Könige, XI. 7.) Aber Josia reinigte den Gottesdienst; »auch die Tempel, die vor Jerusalem waren, zur Rechten am Berge Mashith, welche Salomo, der König Israels, gebaut hatte Asthoreth, dem Gräuel von Sidon, und Chamos, dem Gräuel von Moab, und Milkon, dem Gräuel der Kinder Ammon, verunreinigte der König; und zerbrach die Säulen und rottete aus die Haine und füllete ihre Stätte mit Menschenknochen« (II. Könige, XXIII.)
In der schmalen Schlucht zwischen dem Sion[S. 68] und Morija, zur Linken des Pfades, wo ein mächtiger Felsblock sich thürmet, findet man die Quelle Rogel. Sie fließt in ein schönes antikes Becken, und wird aus diesem durch in den Felsen gehauene Kanäle weitet geführt. Unter dem Becken ist ein nun unbenutztes Bend. Wohlthuendes Grün ziert diese Schlucht und ihren Ausgang ins Thal Josaphat, dessen Wände kahl und schon im April ausgebrannt erschienen, und kaum hie und da einen Öhlbaum nährten. Der Quelle Rogel erwähnt schon das Buch Josua (XVIII. 16) als eines der Punkte, welche die Gränze des Gebietes Benjamin bestimmten. Das zweite Buch Samuels zeigt uns Jonathan und Achimaaz an dieser Quelle stehend, »und eine Magd ging hin und sagte ihnen, was Absolom zum Angriffe gegen seinen Vater eingeleitet hatte.« (XVII.) Das erste Buch der Könige nennt auch den Felsen an der Quelle Rogel: »Und da Adonia Schafe und Rinder und gemästetes Vieh opferte an dem Felsen Soheleth, der neben der Quelle Rogel steht, lud er alle seine Brüder, des Königes Söhne und alle Männer Juda, des Königes Knechte; aber den Propheten Nathan und Benaja, und die Helden und Salomo, seinen Bruder, lud er nicht.« — (I. 9. 10.)
Wie geklebt an die Wand des Berges zur Rechten, der Quelle gegenüber, höchst malerisch zwischen Grabeingängen und Todtenmalen, liegt das Dorf[S. 69] Silo oder Siloa, das noch an 30 Häuser hat; nicht zu verwechseln mit Silo, der Wohnung des Herrn. (Psalm 78. 60.)
Zur Linken, unten am Kedron, fließt die mit dem Orte gleichbenannte Quelle Siloa, wie die frühere so auch diese in ein antikes Becken. Da eben türkische Frauen darin sich badeten, so stieg ich nicht in dieß Becken hinab. An der Quelle, die Nehemias das Becken Seloah nennt, war einst ein Garten der Könige. (III. 15.) Jesaias schreibt Siloha (VIII. 6); eben so Johannes, da er die Heilung des Blindgebornen erzählt, den Christus an dieser Stelle sich waschen hieß (9.)
Hoch schauen die Mauern der Stadt vom Berge Morija ins Thal des Kedron. Dessen Bette ist tief eingeschnitten, enge; dessen Ufer sind ohne Baum. Ich fand diesen vielbesungenen Gießbach, dessen die Bücher Samuels, der Könige und der Chroniken oft erwähnen, ohne Wasser. Er zieht zwischen Gräbern hin, denn der östliche Abfall des Morija ist mit türkischen, der westliche des Öhlberges und des Berges der Verunreinigung mit jüdischen Malen bedeckt. Seit ältester Zeit scheint dieser Raum Grabstätten gewidmet zu seyn. Drei Male ziehen vor Allen den Blick auf sich. Das erste wird das Grab Josaphats, das zweite das des Zacharias, das dritte das des Absolom genannt. Alle drei sind antik, gemischten römisch-morgenländischen Geschmacks und mächtiger [S. 70]Ausführung. Das Grab Josaphats ist ein aus dem Leben des Felsens gehauenes Tempelchen zu 21 Fuß ins Gevierte und etwa 30 Fuß hoch. Zwei Säulen und zwei Halbsäulen, die sich an Pfeiler schließen, jonischer Ordnung, schmücken jede Seite. Auf dem Gesimse läuft ringsum ein Aufsatz aus Akanthusblättern, etwa 3 Fuß hoch, der mich an das Fries des Portikus von Esne in Oberägypten erinnerte. Dann folgt als Schluß nach oben eine vierseitige Pyramide, etwa 12 Fuß hoch. Der Eingang ist verschüttet oder unter der dermaligen Oberfläche. Die Arbeit an diesem Male ist reich, aber nicht rein. Das ganze Tempelchen steht in einer aus dem Felsen gehauenen Nische, jetzt sorgsam mit Gräbern belegt.
Durch die nördliche Wand dieser Nische ist ein Gang in den Felsen gebrochen, der in das Grab des Zacharias führt. Dieses besteht aus einer Folge von Gemächern, unverziert und roh. Das Atrium ist von drei Säulen getragen. Alles aus dem Felsen gehauen.
Das Grab Absoloms, des Sohnes Davids, steht etwas höher und gleich demjenigen Josaphats in einer Felsnische. Es ist ein Tempelchen zu 24 Fuß ins Gevierte, dessen untere Hälfte, die Zelle, außen mit zwei ganzen und zwei halben Säulen, die sich an Eckpfeiler lehnen, auf jeder Seite geschmückt und aus dem Felsen gehauen ist. Der Architrav hat als Zierrath Triglyphen und dorische Rosen und Tropfen. [S. 71]Die Säulen aber sind jonischer Ordnung. Das Tempelchen ragt etwa 18 Fuß über den Boden bis zum Aufsatz über dem Architrave. Daraus ruht ein anderer Aufsatz aus zwei Vierecken, das obere schmäler, beide aus mächtigen Werkstücken und mit besonderem Fries geziert. Aus dem zweiten steigt als Zierde ein Spitzdach, das sich nach oben wie eine Blume aufschließt und wahrscheinlich mit Akanthus endete. Es gleicht dem obern Theile des Males des Lysikrates zu Athen. Was gebaut an diesem Male Absoloms ist, mag 20 Fuß Höhe haben. An der Hinterwand der Felsnische sieht man ein Tympanon, und darunter blickt ein verschütteter Eingang hervor. Auch das Grab Absoloms ist innen verschüttet, doch kann man zu oberst hineinkriechen. Was man da von den Wänden sieht, ist unverziert.
Es versteht sich, daß diese Male nicht aus der Zeit ihrer Namen seyn können. Josaphat ward im Grabe seiner Väter beigesetzt (Könige XXII. 51.); über Zacharias weiß ich nichts zu sagen; für ein besonderes Mal Absoloms spricht zwar entschieden folgende Stelle:
»Absolom aber hatte sich ein Mal aufgerichtet, da er noch lebte; das stehet im Königgrunde. Denn er sprach: ich habe keinen Sohn, darum soll dieß meines Namens Gedächtniß seyn; und hieß das Mal nach seinem Namen und heißt auch bis auf den heutigen Tag: Absoloms Stätte« (II. Sam. XVIII. 18.)
Diese Stelle erklärt, nach meiner Ansicht, wohl, warum man dem Male, das heut zu Tage das Grab Absoloms heißt, diesen Namen gab; nicht aber beweiset sie, daß der Name richtig gegeben wurde. Die Bauart spricht klar darüber ab.
Höher hinauf am Kedron, am Fuße des Öhlbergs, zeigt man den Garten Gethsemane, ein mit trockener Haltmauer umfangenes Grasplätzchen, in welchem acht uralte Öhlbaume stehen. Man glaubt, daß sie aus der Zeit Christi sind, was durch die Versicherung des Josephus, daß Titus während der Belagerung alle Bäume auf hundert Stadien in die Runde niederhauen ließ (Bell. Jud. VII. 15), zweifelhaft wird. Indessen im Jahre der Eroberung Jerusalems durch die Muselmänner bestanden diese Bäume schon, denn sie zahlen nur acht Medinen; zu einer Medine aber wurde damals jeder Öhlbaum besteuert. Der Nachwuchs seit der Eroberung zahlt die Hälfte der Ernte. — Diese Stelle, mit welchem Auge man sie ansehen mag, ist eine derjenigen, deren Geschichte unwiderstehlich die Seele mit Rührung durchdringet. Welcher Held auf der Bühne des öffentlichen Lebens hat nicht eine Stätte Gethsemane, wo unter der Last des Neides und Hasses der Feinde, unter den Leiden des Undanks, der Schwäche und des Leichtsinns der Freunde, wo unter den Vorgefühlen der schweren Opfer und Prüfungen, wozu jedes edle Streben der Menschen verdammet, seine Seele trauert und zagt,[S. 73] betrübt bis in den Tod, und sein Herz fleht, daß, so es möglich sey, die Stunde vorübergehe! In solchen Augenblicken überzählt man die Wenigen, die wahrhaft an Einem hängen, und spricht im Geiste zu ihnen: »Bleibet hier und wachet mit mir!« Aber ach, auch von diesen, wie gering ist die Zahl derer, die eine Stunde mit ihm wachen! »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.« (Matth. 26.)
Die Stelle, wo Christus betete: »Vater, überhebe mich dieses Kelches! aber dein Wille geschehe, nicht der meine,« lag vom Garten auf Entfernung eines Steinwurfs. (Luk. 22.) Man weiset eine Grotte an Gethsemane als diese Stelle, und die Katholiken haben dieselbe zum Gottesdienste eingerichtet. Nahe daran ist auch die schöne, in eine Felsnische eingesenkte Kirche über dem Grabe der heil. Jungfrau, des heil. Joseph, der heil. Anna und des heil. Joachim. Man steigt über fünfzig Stufen in diese Kirche hinab, die nun ausschließend den Griechen gehört. Von allen Sekten hochverehrt, hatten auch alle eine Betstelle darin, und selbst die Türken ein frommes Plätzchen, an dem sie gerne der tiefen Andacht sich hingaben, mit welcher sie überhaupt Jerusalem betrachten. Ihnen ist sie die heilige Stadt, uns ein Mährchen von ehemals. Was aber bei uns die wirkliche Geschichte des Tages ist, das sagen die Worte des Evangelisten: »Und alsbald trat er zu[S. 74] Jesu und sprach: Gegrüßet seyst Du, und küssete ihn ...« (Matth. 26.)
Gethsemane und der Abhang des Morija war von einer unzähligen Menge türkischer Frauen und Mädchen besetzt. Auf allen Straßen kamen türkische Pilger unter Gesängen, lautem Gebet und vorgetragenen Fahnen und wurden von den Frauen mit dem Entgegenwerfen von Rosen und Palmzweigen empfangen. Gegen uns Christen hob manche schöne Hand einen Stein auf. Auch die Muselmänner haben zu unserer Osterzeit heilige Feste zu Jerusalem, und zwar durch acht volle Tage. Aus Ägypten, Arabien und Damaskus strömen sie nach der heiligen Stadt, wie wir aus den Ländern im Abend.
Bei Gethsemane führt eine Steinbrücke über den Kedron. Daran steht eine tiefe Cisterne. Steigt man nach der Stadt hinauf, so kömmt man an der Stelle vorüber, wo der heil. Stephan gesteiniget wurde (Apostelg. VII.), und dann nach dem Thore, das nach ihm heißt. Darauf sind vier Löwen eingehauen. Durch dasselbe gelangt, hat man zur Rechten ein Wasserbecken, 150 Fuß lang und 40 Fuß breit, mit aufgemauerten Wänden, ein Bau aus Byzantinerzeit, denke ich, nun als Garten benützt. Die Priester halten es für das Stagnum Salomonis, für die Piscina probatica oder des Becken Bethesda, dessen Wasser man zu den Zeiten Christi eine heilende Kraft zuschrieb. (Joh. V.).
Nicht ferne vom Thore St. Stephans weiset man das Haus des Pilatus, ein großes Gebäude neuerer Zeit über den Ruinen eines älteren. Dort beginnt die Via dolorosa, eine der Hauptstraßen der dermaligen Stadt, wo die Leidensstationen durch liegende Säulenschäfte, ursprünglich von der Kaiserin Helena gesetzt, angegeben sind. Dem Hause des Pilatus gegenüber ist das Gewölbe der Geißelung. Ruinen einer Kirche stehen an derjenigen Stelle, wo (nach Bonifazius und Anselmus) die heil. Jungfrau dem Sohne auf seinem letzten Wege begegnete und in Ohnmacht sank, hundert zwanzig Schritte vom Hause des Pilatus. Fünfzig Schritte weiter wendet die Straße aus West nach Süd. An dieser Ecke soll Simon von Kyrene das Kreuz übernommen haben. (Luk. XXIII. 26.) Nahe daran ist die Stelle, wo Christus sich wendete zu den nachfolgenden Frauen und ihnen zurief: »Weinet nicht über mich, ihr Töchter Jerusalems! weinet über euch und eure Kinder!« (Luk. XXIII. 28.) Gerade vor sich hat man das Haus des bösen Reichen, den die Juden Nabal nennen, und an dessen Schwelle Lazarus lag. (Luk. XVI.) Nach Kurzem wendet die Straße wieder nach Westen und hundert zwanzig Schritte von der ersten Wendung zeigt man das Haus der Veronika. Nach anderen hundert Schritten aber ist der Aufgang zum Golgatha, der jetzt durch eine Mühle führt. Von dieser Stelle ist diejenige der Kreuzigung [S. 76]noch zweihundert Schritte entlegen, also beträgt die ganze Länge der Via dolorosa fünfhundert und neunzig Schritte.
Der höchste Berg in der nächsten Umgebung von Jerusalem ist der Öhlberg. Am Osterdienstage, mit frühem Morgen, bestieg ich denselben auf dem Wege, der an Gethsemane vorüberführt. Die Lage dieses Berges im Osten der Stadt, durch das Thal des Kedron geschieden von ihr, ist aus alten und neuen Schriftstellern bekannt; ebenso, daß er schon in ältester Zeit wie heut zu Tage vorzüglich mit Öhlbäumen bekleidet war.
Auf der halben Höhe des Abhanges wies man mir einen Fels als die Stelle, wo Christus über den Untergang der Stadt weinte.
»Und als er nahe hinzu kam, sah er die Stadt an und weinte über sie.«
»Und sprach: Wenn du es wüßtest, so würdest du auch bedenken zu dieser deiner Zeit, was zu deinem Frieden dienet. Aber nun ist es vor deinen Augen verborgen.«
»Denn es wird die Zeit über dich kommen, daß deine Feinde werden um dich und deine Kinder eine Wagenburg schlagen, dich belagern und an allen Orten ängstigen.«
»Und werden dich schleifen und keinen Stein auf dem andern lassen; darum, daß du nicht erkannt hast die Zeit, da du heimgesucht bist.« (Luk. XIX.)
Diese Stelle soll auch dieselbe seyn, wo Titus[S. 77] sein Zelt aufschlug. Und wirklich ist aus diesem Standpunkte der Blick über die Stadt, die sich sanft geneigt entgegenbreitet, völlig. Von hier aus besah ich mit meinem Glase die Moschee el-Sakhra, die von Omar auf dem Platze des Tempels Salomons erbaut wurde. Die Kreuzfahrer machten eine Kirche daraus. Saladin stellte die Moschee her. Sie nimmt das ganze südöstliche Viertel der heutigen Stadt ein und krönet die Flachhöhe Morija. Auf dem mit Marmor belegten Platze erhebt sich ein Fußgestell, 200 Schritte lang, 150 breit und acht Stufen hoch. Darauf ruht ein achteckiger Tempel, über den eine Kuppel sich wölbt mit Blei gedeckt. Diese endet in eine Spitze, die den Halbmond trägt. Die Fenster des Tempels, acht an der Zahl, sind so hoch als die Wände. Die Hauptfarbe ist die grüne; der Bau leicht und fein. Um den Platz läuft eine Rasenstelle, und diese ist von zwölf Portiken zu zwei und drei Bogen aus weißem Marmor umgeben. Den weiteren Umfang bilden ansehnliche Gebäude, die zur Moschee gehören. Der Rasenplatz mag 500 Schritte Länge und 460 Breite haben.
So viel von außen. Kein Ungläubiger darf durch die Portiken treten; er setzt sich dem Tode aus. Ein Englander wagte kurz vor meiner Ankunft dreimal in den Tempel zu gehen, und wurde, trotz der Verkleidung, beim dritten Male erkannt. Halbtodt geschlagen rettete ihn die Wache des Gouverneurs, und die Mönche zum heil. Erlöser kauften ihn von diesem[S. 78] für 3000 Piaster los. Das Innere dieser Moschee, wo man den Stein zeigt, von welchem Mohammed sich auf zum Himmel schwang, ist mit Mosaik geziert. Sechzehn Marmorsäulen tragen das erste Stockwerk und eben so viele die Kuppel. Nach jeder Weltgegend sieht eine Pforte, wie dieß schon im alten Tempel der Fall war. (Hesekiel XL.) Sechs Marmor- oder Porphyrsäulen stützen dieselbe.
Ich kann hier nicht umhin zu bemerken, daß die Schilderung, welche die Bücher der Könige und der Chroniken von dem Salomonischen Tempel machen, auf eine den ägyptischen Tempeln sehr ähnliche Bauart weisen. Ägypten war auch zu Salomons Zeit das Musterland der Kunst für den ihm verbündeten Nachbarstaat. Es ist auch wahrscheinlich, daß Salomo, so wie er tyrischer und sidonischer Werkleute zum Behauen des Holzes und der Steine und tyrischer Künstler zu den Arbeiten in Erz, Gold und Elfenbein sich bediente (Könige V. VI.), ägyptische Meister zu Rathe gezogen habe, da er ja selbst die Tochter eines Pharaonen zur Gemahlin hatte und ihr das Wohnhaus am Tempel erbaute. (VII. 8. IX. 24.) Die Pracht und der Reichthum dieses Tempels können nur demjenigen unglaublich scheinen, der die ägyptischen Tempel nicht sah. Diese, in ihrer Zerstörung, beurkunden genug die ungeheure Kraft der Religion in jener Zeit, und den Umfang des Aufwandes, der für sie gemacht wurde. Ließe die Herrlichkeit Ägyptens nicht auf die Entwicklung der[S. 79] Kunst in dem nächsten Nachbarlande gegen Osten schließen; die Schilderung selbst, die wir in der Bibel davon lesen, wäre Beweises genug. Daß diese Kunstbildung nicht erst von den Juden nach Palästina gebracht, sondern von ihnen dort vorgefunden wurde, geht aus vielen Stellen hervor. Aus den Städten Hadad-Esers und aus denen seiner übrigen Nachbaren nahm David eine große Menge von silbernen, goldenen und ehernen Gefäßen (Chron. XIX.) und die reiche Tyrus, deren Schiffe dem Könige Salomo dienten, war damals bereits auf einer Höhe der Entwicklung, die Jerusalem ein glänzendes Muster gab. (Könige V.) Wo aber kamen die ungeheuren Schätze hin, die im Tempel verwendet und aufgehäuft waren, die hunderttausend Centner Goldes und die tausendmal tausend Centner Silbers? (Chron. XXIII. 14.) Die Tempel von Ägypten und die Stellen der Bibel antworten darauf, die von der Eroberung Jerusalems durch den Pharaonen Schischak (Könige XXIV.), von dem Heereszuge des Königs von Syrien Hasael (II. Könige XII.), von der Plünderung durch Joas, König von Israel (II. Könige XIV.), von den Brandschatzungen Sancheribs, Königs von Assyrien (II. Könige XVIII.) und des Pharaonen Neko (II. Könige XXIII.), endlich von der Vernichtung des Reiches durch den Babylonier Nebukadnezar (II. Könige XXIV. XXV.) sprechen.
»Meister,« sagte einer der Jünger zu dem Herrn, da[S. 80] sie aus dem Tempel gingen, »welche Steine, welch ein Bau!« — Und Jesus antwortete: »Ja, staune an diesem mächtigen Bau, und doch, kein Stein wird da über dem andern bleiben und keiner seyn, der nicht zerbrochen werde!« — Und so ist es auch gegangen.
Aber zurück zu unserer Wanderung auf dem Öhlberge. Von der Stelle der Beschauung kam ich zu einigen Grotten, welche man die Gräber der Propheten nennt, dann zu einer Cisterne zu zwölf Bogen. An dieser sollen die Apostel das Glaubensbekenntniß verfaßt haben. Nahe daran, wo die Trümmer einer Kapelle stehen, wird der Platz verehrt, wo Christus das Gebet des Herrn lehrte, und dreißig Schritte weiter, an einem Öhlbaume, derjenige, wo er das Weltgericht verkündete (Matth. 24. 25. Mark. 13). Aus der Spitze endlich steht die Moschee (einst Kirche) der Himmelfahrt. Ein kleines, achteckiges, nacktes Gebäude umschließt einen Stein, worin man den Abdruck eines linken Fußes sieht, der im Begriffe des Aufschwunges ist. Das Haupt des Entschwebenden muß nach Norden sehend gedacht werden.
Auf dieser Höhe war seit ältester Zeit ein Gebetplatz. »David aber ging den Öhlberg hinan und weinete und sein Haupt war verhüllet und er ging barfuß ... und da David auf die Höhe kam, wo man Gott pflegte anzubeten« u. s. w. (II. Sam. XV.) Die Stelle, weithin die Gegend beherrschend,[S. 81] drang sich selbst zum Gottesdienste auf. Darum ist auch treffend das Bild Hesekiels: »Und die Herrlichkeit des Herrn erhob sich aus der Stadt und stellete sich auf den Berg, der ihr gegen Morgen liegt.« (XI. 23.) Eben so schön ist dasjenige in Zacharias. XIV.
Vom Öhlberge den Blick ringsum sendend, ist demselben wüstes, trauriges Land nach allen Seiten aufgethan. Hügel über Hügel geworfen scheinen ein Bild der Zerstörung. Im Norden ist Flachhöhe, über die aus 35° nordwestlich von hoher Felsspitze eine Moschee schaut, einst das Kirchlein Samuels und in frühester Zeit Silo, wo die Gemeinde des Herrn die Stifthütte aufrichtete und Josua das Loos warf zur Theilung des Landes. (Jos. XVIII.) Im Süden, nach Hebron hin, öffnet sich das Thal. Im Osten sieht man die breite Ebene von Jericho, den Jordan, und eine lange Strecke des todten Meeres, jenseits aber hohes, glattes, gleichförmiges, ausdruckloses Gebirge, Pisga in der Bibel genannt (V. Buch Mos. 34), von welchem herunter Moses das Land überblickte, das zu betreten ihm nicht gegeben war, und in das die Kinder Israel unter Josuas Führung zur Eroberung von Kanaan niederstiegen. Das Land zwischen Jerusalem und dem Jordan ist wie verbrannter Boden, aschenfarb und braun; nur in den Schluchten sind Feld, Feigen-, Mandel- und Öhlbäume, diese aber voll Kraft und[S. 82] Farbe. Die Entfernung vom Öhlberg zur Mündung des Jordans ins todte Meer ist sechs Stunden, kann aber in gerader Linie deren kaum drei betragen.
Ein Trupp Beduinen lag eben damals, jede Annäherung verbietend, in der Ebene von Jericho; dieß ließ uns einen Ritt an das Gestade des todten Meeres nicht ausführen.
Wir kamen durch das Dorf Bethphage, noch heute so genannt, und bis an den Brunnen, an welchem Christus mit den Aposteln auf dem Rückwege von Jericho auszuruhen pflegte; dann nach Bethania, wo man uns des Lazarus Grab zeigte, ein Gemach und eine Grotte, 26 Stufen tief in den Felsen gehauen, den Katholiken gehörig und zum Gottesdienste eingerichtet. In Abutiß, einem nahen Dorfe, wies man uns das Haus Magdalena's, und weiter östlich die Stelle, wo Christus die Büßerin traf. Alle Höhen im Osten des Öhlberges sind voll von Steinbrüchen, Grotten, Gräbern, tiefen und großen Brunnen und in den Felsen gehauenen Getreidebehältern.
Auf dem Rückwege zeigte man uns an der Südseite des Öhlberges die Stelle, wo sich Judas erhängt haben soll. —
Die Stellen, welche den christlichen Gläubigen in der Stadt insbesondere zur Verehrung empfohlen werden, sind außer den schon erwähnten das Haus des Zebedäus, nun eine griechische Kirche; das[S. 83] Haus Simon des Pharisäers, nun eine zerstörte Kirche an der Via dolorosa; nicht ferne davon das Kloster zur heil. Anna mit der Grotte der Empfängniß, nun eine Moschee; der Ort der Erscheinung des auferstandenen Heilandes den drei Marien; das Haus der Maria, Mutter des Johann Markus, wohin Petrus sich begab, nachdem er von dem Engel gerettet worden war, nun eine Kirche der Maroniten; der Kerker des heil. Petrus, nun eine verfallene Kirche und, nicht ferne davon, der Ort wo Abraham seinen fünf und zwanzigjährigen Sohn Isaak opfern wollte (Jos. Ant. I. 13), nun mitten in einer Wiese zwischen Ruinen, nicht ferne vom heiligen Grabe. Indische Feigen bewachsen die eingestürzten Wände, und Palmen wiegen ihre Kronen darüber.
Das griechische Kloster und Hospitium am Tempel zum heil. Grabe ist von Konstantin und Helena gestiftet. Zwei Kapellen sind darin, groß und reich und mit vielen Gemälden geziert. Von der Terrasse dieses Klosters gelangt man auf diejenige des Tempels selbst, von welcher ein anderer herrlicher Ausblick über die Stadt ist. Ich verweilte auf den Zinnen des Tempels in der Stunde des Sonnenuntergangs. Eine Farbe der Wehmuth war über das ganze Gemälde ausgegossen, nur in den Klagliedern Jeremias errathen und ausgesprochen! — Im fernsten Süd glänzte mir ein Streifen der arabischen[S. 84] Wüste entgegen, brennend in Gelb. Die Sandfelder Nubiens, schweigend und leblos, mit ihren schwarzen Felsmassen lebten in meiner Erinnerung auf, und es war mir als habe die Geschichte ein ähnliches Bahrtuch über den Boden gelegt, worauf ich stand.
In der Nacht kam Regen und Gewitter. Der Donner rollte über der Tochter Sions. — Am nächsten Morgen waren die Berge ringsum wie mit frischem Teppich des heitersten Grüns belegt.
Die Mauern der heutigen Stadt sind ein Werk Soleimans, des Sohnes Selims, aus dem Jahre 1543. Sie sind durchaus gut erhalten, besser als diejenigen irgend einer türkischen Stadt, Konstantinopel nicht ausgenommen, stark, aber unbewaffnet. Geht man durch das Thor der Pilger, von den Christen auch das Thor von Bethlehem, das Thor von Jaffa, von den Mohamedanern Bab-el-Kzalil (Thor des Erwählten) oder auch Bab-el-Khalil (Thor Abrahams) genannt, so hat man zur Linken die Schlucht zwischen dem Sion und dem Hügel des Blutackers, gerade vor sich aber die sanft aufsteigende Flachhöhe. Das Thor sieht nach NNW. Die Ummauerung nimmt links desselben die Richtung Süd und folgt durch 440 Schritte der Kante des Sion. Die Thürme und Mauern des Schlosses in der Stadt, die Burg Davids genannt, sehen über die erste Hälfte dieser Strecke, der ein Bollwerk vorgelegt ist, für 36 Geschütze nach vornen und 7 nach Süd eingerichtet.[S. 85] Die Schießscharten sind dermalen fast alle vermauert, und ein paar geringe Stücke bilden die Bewaffnung dieses neuesten Baues. Aus der Richtung von Süd wendet die Ummauerung nach Ost, zieht quer über die Fläche des Sion und erreicht nach 240 Schritten das Thor von Sion, Bab-el-Nebi-Dahud (Thor des Propheten David). Von dort senkt sich der Boden. Längs dem Abhange des Sion hinab zieht die Ummauerung noch 364 Schritte nach Ost, dann den Morija hinauf erst 100 Schritte NO., dann 140 ONO. und wieder 100 NO.; weiter längs der Kante des Morija abermals 300 Schritte Ost. Durch die Westseite des zweiten Thurmes dieser Strecke geht das Pförtchen Bab-el-Mograbi (Barbareskenpforte) d. i. die Porta sterquilinia, durch welche die Juden Christum nach der Gefangennehmung zu Pilatus führten. Die Ummauerung bricht rechtwinklich aufwärts, 80 Schritte, wo eine vermauerte Pforte steht, und der Weg aus dem Thale Josaphat, Silo gegenüber, heraufkommt. Hoch über die Mauer schauen Gebäude zur Moschee el-Sakhra gehörig. Längs der Kante des Morija, wo diese am höchsten und steilsten ist, zieht die Ummauerung Ost 200 Schritte; dann Nord 450 Schritte bis an die goldene Pforte (Bab-el-Darabie). Diese, ein römischer Bau, aus zwei Bogen korinthischer Ordnung bestehend, führt gerade auf den [S. 86]Platz el-Sakhra. Sie wird von den Türken vermauert gehalten, denn durch diese soll, der Sage zufolge, an einem Palmsonntage ein christlicher Eroberer einziehen. Von dort bis zum Thor des heil. Stephan (Bab-el-Sidi-Mariam, Thor der Jungfrau Maria) sind 250 Schritte Nord. Nun beginnt die Flachhöhe sanft sich zu heben. Nach 490 Schritten, abermals Nord, erreicht die Ummauerung die Nordostecke, der Thurm Tankreds genannt. Der Abfall, längs der Ostseite der Stadt hoch und steil, verschwindet nun, denn nahe an dieser Ecke nimmt das Thal Josaphat seinen Ursprung, dort auch der Kedron. Die Flachhöhe im Norden der Stadt hat da ihre Verbindung mit dem Öhlberge.
Die Nordseite der Ummauerung ist die eigentliche Angriffsseite. Sie bildet einen ausspringenden Winkel. Es zieht nämlich ein Theil derselben West, der andere Südwest 430 Schritte in der ersten Richtung, wovon zweihundert sanftaufsteigend, führen bis zum Pförtchen Herodes oder Ephraim, das durch den sechsten Thurm geht. Im Graben am dritten Thurm ist eine gedeckte Cisterne und ein Schöpfbrunnen daneben, dem ein Marmorsarg als Trog dient. Die Cisterne war, als ich sie sah, gefüllt.
Hinter dem Pförtchen senkt sich die Mauer durch 146 Schritte, und hebt sich dann wieder durch 170. Dort ruht sie auf Felsen, und nimmt dann die Richtung Südwest. Nach 180 Schritten trifft sie das[S. 87] Thor von Damaskus (Bab-el-Cham), auch das Säulenthor genannt (Bab-el-Hamond), das zierlichste aus allen, in der Einsenkung der Hügel liegend. Vor demselben an der Straße steht ein Brunnen. Von dort steigt die Ummauerung durch 500 Schritte wieder auf den Sion, springt 60 Schritte stumpfwinklich aus und hat in diesem Vorsprunge ein Wasserbecken vor sich. Dort zeigen sich auch auf wenige Schritte von den Mauern Reste der älteren oder römischen, Massen von Steinfülle mit schweren Quadern bekleidet. Nach 320 Schritten quer über die Höhe, mit vier Vorsprüngen, jeder zu 10 Schritten, erreicht man den anderen Winkel der Nordseite, der durch einen auf Felsen ruhenden Thurm zu 26 Schritten Breite gebildet wird. Dort endet der Graben, der vom Thore St. Stephan bis zu dieser Stelle der Ummauerung vorliegt, meist in den Felsen gehauen ist, bald 6 Fuß, bald 8 Fuß Tiefe und bis 24 Schritt Breite hat.
Nun geht die Mauer 60 Schritte tief ein, hält aber noch während 158 die Richtung S.N., worauf sie diejenige von S.S.O. nimmt und nach 300 Schritten das Thor von Bethlehem wieder erreicht.
Die Stadt hat demnach sieben Thore, und die Ummauerung in ihrer ganzen Entwicklung 5616 Schritte Länge. Vierzig Thürme und sechs und zwanzig Halbthürme oder Flanken [S. 88]brechen dieselbe. Davon fallen auf
die | Nordseite | 1816 | Schritte, | 15 | Thürme, | 17 | Flanken |
" | Westseite | 968 | " | 10 | " | 5 | " |
" | Südseite | 1618 | " | 9 | " | 2 | " |
" | Ostseite | 1214 | " | 6 | " | 2 | " |
Die Mauern sind von behauenen Steinen, mit Mörtel verbunden, hinlänglich dick, mit Deckungen, Stiegen und Auftritten versehen, im Durchschnitt 22 Lagen hoch, die Lage zu 28 Zoll. Die Zinnen halten zwei andere Lagen. Die ganze Höhe der Mauern beträgt also 56 Fuß. Am niedrigsten sind sie an der Südseite, wo sie zur Porta sterquilinia aufsteigen; am höchsten von dieser bis zum Südostwinkel. In dieser Strecke dienen die Reste älterer Mauern; es ruhen nämlich die zwei und zwanzig neuen Lagen auf fünf Lagen riesiger Werkstücke. Der Südostwinkel der letzten vierzehn Lagen, und der anderen zwei und zwanzig, und ist die mächtigste und zugleich, da der Berg ins Thal Josaphat abstürzt, die am wenigsten nahbare Stelle der Ummauerung. — Die Thürme haben durchaus Vierecke oder Rechtecke zur Grundfläche. Ihre Abstände unter sich sind ungleich. Die Breite derselben ist es auch, und wechselt von 6 bis 24 Schritten. Sie greifen von 4 bis 14 Schritte aus der Mauer vor. Die stärksten Thürme sind die beiden südlichen der Westseite; derjenige zwischen dem Südwestwinkel und dem Thore von Sion; der erste und dritte [S. 89]östlich von diesem Thore (jener ist fünf Schritte vorragend und 16 breit; dieser bildet den Winkel der Wendung aus Ost nach Nordost, hat 18 Schritte Breite und 8 und 9 Schritte Vorsprung); der Thurm Tankreds; der Thurm auf dem Felsvorsprung in der Nordseite, endlich derjenige welcher das westliche Ende dieser Seite bildet. Die Halbthürme (Flanken) greifen von der Breite eines Schrittes bis zu der von zehn vor. Die stärksten sind zu beiden Seiten des Nordwestwinkels.
Obgleich die Nordseite die eigentliche des Angriffes ist, so kann dieser doch mit Vortheil über die halbe Ost und Westseite ausgedehnt werden. Die Nordseite, als auf den Ausläufen der Flachhöhe geführt, ist beherrscht; ihr schwächster Punkt an der Pforte Ephraim.
Die Burg (auch der Thurm Pisani genannt) steht hart innerhalb dem Pilgerthore, und ist ein mit tiefem Graben umgebenes Rechteck zu zweihundert Schritt Breite und etwa sechzig Länge. Sie ragt mit zwei hohen Thürmen über die Stadtmauer zur Linken des Pilgerthores, weiset gegen Süd andere zwei von bedeutender Stärke, und eben so viele gegen Ost, zwischen welchen der Eingang ist. Diesem wurde kürzlich eine Batterie vorgelegt, um die Stadt bequemer im Zaume zu halten. Diese Burg ruht ohne Zweifel über derjenigen Davids, die ihrerseits auf der Burg der Jebusiter ruhte. »David aber gewann die Burg Sion, das ist Davids Stadt.«[S. 90] (Chron. III. 5) »David aber wohnte auf der Burg; darum heißt man sie Davids Stadt« (e. d. 7.). Die Stelle ist die beherrschende der Stadt. Eine Burg in ihr kann daher nicht anderswo, als an diese Stelle gesetzt worden seyn. Ein Beleg hiezu sind auch folgende Worte: »Und der Knabe auf der Warte hob seine Augen auf und schaute; und sieh, eine Menge Volkes kam auf dem Wege herbei, an der Seite des Berges« (II. Sam. 13). Von keinem Orte der Stadt überschaut man besser die Wege, so von der Flachhöhe nach der Stadt führen, als von derjenigen, wo die Burg noch heut zu Tage errichtet steht. Von ihren Zinnen liegen vor dem Blicke zwei Wasserbecken auch heute noch so nahe, daß man sich an dem Anblicke eines darin Badenden hinlänglich ergötzen kann, das eine in der Schlucht gegen Westen des Pilgerthores, das andere, innerhalb der Stadt, im Norden der Burg; das eine oder das andere nimmt man für das Becken, worin David, von den Zinnen der Burg herab, Bethseba, das Weib Urias des Hethithers belauschte.
Da zu den Zeiten Christi der Golgatha außerhalb den Mauern der Stadt lag, aus vielen Stellen der Bibel aber, und so auch aus der Natur des Bodens klar hervorgeht, daß im Osten, Süden und Westen und an der Nordostseite die Ummauerung der damaligen Stadt derjenigen der heutigen gleich kam, so ist nur die Strecke vom Pilgerthore bis zu[S. 91] demjenigen von Damaskus als vorgeschoben zu betrachten, und es ist wahrscheinlich, daß damals die Ummauerung von dem auf dem Felsvorsprunge stehenden Thurme der Nordseite längs dem Abfalle der Höhe Bethseda südlich zog, die Via dolorosa durchschnitt und den Morija hinaufstieg, dort aber sich mit einem vom Pilgerthore, östlich den Sion herabziehenden Theile der Ummauerung traf. Die Bibel deutet häufig auf eine doppelte Mauer; z. B. »Und er (Hiskiä) ward getrost und besserte die Mauern aus, wo sie lückig waren und machte Thürme darauf, und bauete draussen noch eine Mauer« — (II. Chron. XXXII. 5). »Darnach baute er (Manasse) die äußersten Mauern an der Stadt Davids von abendwärts an Gihon im Bach, und da man zum Fischthor eingeht, und umher am Ophel, und machte sie sehr hoch« (II. Chron. XXXIII. 14).
Diese Mauern wurden aber durch die Babylonier niedergerissen. Als Kyros den Juden die Rückkehr ins Vaterland gewährte, erlaubte er ihnen zwar den Tempel wieder aufzubauen; als sie aber, unter Artaxerxes (Arthasastha), auch die Mauern wieder herstellen wollten, verbot dieser König es zunächst (Esra. IV.), weßhalb auch Nehemia schreibt: »Und ich ritt zum Thalthor aus bei der Nacht, vor dem Drachenbrunnen und an das Mistthor; und that mir wehe daß die Mauern Jerusalems [S. 92]zerrissen waren, und die Thore mit Feuer verzehrt. Und ging hinüber zu dem Brunnenthor und zu des Königes Teich; und war da nicht Raum meinem Thier, daß es unter mir hatte gehen können« (II. 13. 14). Im folgenden Kapitel schildert Nehemia auf das genaueste den Zug der Ummauerung, wie unter seiner Leitung sie dennoch erbaut wurde. Der Bau, eigentlich gleichzeitig auf der ganzen Länge der Entwicklung geführt, fing am Schafthore an, ging von da nach dem Fischthor, wieder nach dem alten Thore, über die breite Mauer nach dem Thalthore, nach dem tausend Ellen davon entlegenen Mistthore, weiter nach dem Brunnenthor, und vorbei an der Quelle Siloe (Seloah) am Garten des Königes und an den Stufen, die von der Stadt Davids heruntergingen, an den Gräbern Davids, am Teich Asuja und an der Burg der Krieger bis an den Winkel am Rüsthause, der hinauf die Höhe zog und wovon ein Theil schon auf der Höhe selbst lag. Weiter machte die Ummauerung ein paar Winkel bis nach einem hohen Thurme, der vom Königshause heraussah, umschloß den Ophel (den ich für gleichbedeutend mit der Höhe Bethzeda halte), wo das Wasserthor stand, ging nach dem Roßthore und weiter nach dem Rathsthore bis an die Nordostecke, worauf sie das Schafthor wieder erreichte.
Aus dieser Folge ergibt sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit folgende Bestimmung: das Schafthor ist (Joh. V.) das heute nach dem heil. Stephan genannte. In den Raum von diesem bis zum Südostwinkel der heutigen Stadt fielen das Fischerthor und das alte Thor. Der Südostwinkel selbst ist die breite Mauer. Durch die Südseite gingen das Thalthor, das Mistthor (Porta sterquilinia), das Brunnenthor. Der Garten des Königs lag zwischen den Quellen Siloe und Rogel; an dieser letztern, die Schlucht hinauf, führten die Stufen zur Stadt Davids, die also, im weiteren Sinne des Wortes, den ganzen auf dem Sion gelegenen Theil von Jerusalem in sich begriff. Die Gräber Davids, worunter nur dann die eigentlichen Königsgräber zu verstehen sind, wenn man die Bezeichnung: »die Stadt Davids,« so oft im obigen Sinne versteht, als die Bücher der Könige sagen, »und wurde begraben in der Stadt Davids,« waren sonach an der Stelle, die man heute noch dafür bezeichnet. — Der Teich, oder vielmehr das Becken Asuja ist das in der Schlucht vor der Westseite, oder das etwas südlicher liegende. Die Burg der Krieger bezeichnet insbesondere das Schloß oder die Stadt Davids im engeren Sinne. Das Rüsthaus muß am nordwestlichen Abhange des Morija gelegen haben. Das Königshaus ist eines der Nebengebäude des Tempels. Das Wasserthor fällt in[S. 94] die Thalung nach dem heutigen Thore von Damaskus; das Roß- und Rathsthor in die Nordseite.
Die Bibel nennt aber noch einige andere Thore: nämlich das Thor Ephraim und das Eckthor, vierhundert Ellen von einander abstehend (II. Könige, XIV. 13); das Kerkerthor (Nehem. XII. 39); das Ziegelthor (Jerem. XIX.); das Thor Benjamin (Jerem. XXXVIII. 7); das innere Thor (Hesek. VIII. 3).
Schon aus dem Umstande, daß Joas, König von Israel, die Stadt zwischen dem Thore Ephraim und dem Eckthore angriff, beweiset sich, daß dieselben höchst wahrscheinlich an der Nordseite sich befunden haben. Das erstgenannte als ein kleineres ist vielleicht erst in späteren Zeiten wieder erneut worden, und wahrscheinlich ein und dasselbe mit dem heute sogenannten. Das Eckthor scheint nahe am Thurme Tankreds gewesen zu seyn, der die Nordostecke der heutigen Stadt bildet und 430 Schritte vom Pförtchen Ephraim absteht. Das Kerkerthor scheint ein inneres gewesen zu seyn, oder im Winkel nach der Schädelstätte gelegen zu haben. Das Ziegelthor, als nach dem Thale Ben Himmon sehend, fällt in die Südseite, und ist wahrscheinlich eines und dasselbe mit dem Brunnenthore. Die beiden anderen scheinen gleichfalls innere Thore, und deuten auf Mauerabschnitte innerhalb der Stadt, wie[S. 95] man deren heut zu Tage noch in allen orientalischen ummauerten Städten sieht. —
Außerhalb der Stadt zwischen dem Thore von Damaskus und der Pforte Ephraim, auf einen Steinwurf vom Graben, hebt sich ein niederer felsiger Hügel. Darin befindet sich eine Grotte, deren Eingang der Stadt zugewendet und durch ein schmales Gärtchen und dessen Umfangmauer geschlossen ist. In dieser Grotte soll Jeremias seine herrlichen Klaglieder verfaßt haben, die, so wahr am heutigen Tage, mit den Worten beginnen:
»Wie liegt die Stadt so wüste, die voll Volkes war! Sie ist wie eine Wittwe. Sie, die eine Fürstin war unter den Heiden und eine Königin in den Ländern, sie muß nun dienen!«
Jetzt wohnt ein muselmännischer Heiliger in dieser Grotte und verkauft Grabstellen in ihr und im Gärtchen, so davor liegt. Der innere Raum der Grotte ist fast rund, zu zwei und vierzig Schritte Durchmesser, von zwei massiven Pfeilern getragen, in der Mitte etwa 30 Fuß hoch. Der Meißel hat der Natur nachgeholfen. Rundum an der Wand, 1-1/2 Fuß über dem Boden, laufen einige Zoll hohe Durchzüge im Stein, so daß man ringsum ein Seil ziehen könnte. An dem rechten Pfeiler haben die Muselmänner einen Gebetplatz.
Die Flachhöhe im Norden der Stadt, die auf eine Stunde Länge fast eben so viele Breite hat, [S. 96]ist ein Gemenge von Felsspitzen, die von zwei bis zwanzig Fuß über den Boden ragen, und zwischen denen Saaten und Öhlbäume stehen. Fast jede dieser Spitzen zeigt den Eingang in eine Todtenkammer, in die man bald ebenen Fußes geht, bald abwärts steigt. Die Eingänge sind jederzeit rechtwinkelig, manchmal mit einem Fries und Tympanen versehen, meist aber unverziert. So viele davon ich auch besah, ich konnte nirgends eine Inschrift entdecken.
Die Beschreibung zweier genügt, um die übrigen zu kennen. Nicht ferne von der Grotte Jeremiä ist eine Nische, fünfzehn Schritte breit und vierzig lang in den Felsen gehauen, in deren linker Wand ein nur wenige Fuß hoher, gewölbter Durchgang sich befindet. Durch diesen tritt man in einen Hof zu vierzig Fuß ins Gevierte, von geglätteten Felswänden umfangen. Durch die südliche Wand, siebzehn Schritte breit, ist der Eingang in ein Vorgemach, das sieben Schritte Tiefe hat. Das Fries über dem Eingange ist von feiner Meißelarbeit; es besteht zu oberst aus mehreren Leisten, dann folgt eine Reihe Triglyphen, die mit Blumenkränzen, Rosen, Trauben, Palmen- und Akanthuszweigen wechseln, und darunter eine Rinne mit Tropfen unter den Triglyphen und Zweigen; weiter ein schönes Band aus Weinblättern, Granatäpfeln, Blumengewinden und Pinienfrüchten, endlich der gewöhnliche [S. 97]Architrav. Diese Zierden sind hoch und schön ausgehauen; ihre Wahl und Anordnung erinnert an die Schilderung der Meißelarbeiten im Tempel des Salomon, so wie die Bücher der Könige sie geben. Das Vorgemach ist unverziert. Durch den Boden desselben, zur Linken, kriecht man in ein Loch, das bis 8 Fuß Länge und 2 Fuß Höhe haben mag, und kommt in ein Gemach zu 22 Fuß ins Gevierte. Dieses hat in der Hinterwand zwei Thore. Das linke führt in einen Saal, in welchem die Eingänge zu sechs Gemächern, jedes für zwei oder drei Leichenstellen, sich finden; das rechte in einen ähnlichen Saal, das außer den sechs Seitengemächern noch eines acht Stufen tief unter sich hat. Durch die rechte Seitenwand des ersten Gemaches kommt man in ein anderes zu 15 Fuß ins Gevierte und 10 Fuß hoch; aus diesem aber in zehn Seitenkammern.
Alle diese unterirdischen Gemächer sind in den Felsen gehauen, und gegen unsere Grüfte gehalten eben so wunderbare Werke, als die ägyptischen durch Pracht, Ausdehnung und Zierath solche gegen die jüdischen sind. Die Thore haben nur 2 Fuß 6 Zoll Breite und sind oben gerundet. Die Thüren liegen häufig darneben. Jede besteht aus einem einzigen starken, einfach verzierten Steinblocke. Jedes Gemach hat in der Mitte des Bodens eine Rinne, 8 Zoll breit und eben so tief; jeder Saal in der Mitte eine Vertiefung, so zwar, daß nur längs den Wänden der höhere Auftritt besteht. Sehr merkwürdig[S. 98] sind die Leichendeckel, die in einigen Kammern noch ganz, in andern in Trümmern zu sehen sind. Sie haben 7 Fuß Länge, aber nur 11 Zoll Breite und sind innen ausgehöhlt, außen aber mehr oder weniger fein mit Eichen- und Weinblättern, mit Blumen und Früchten verziert. Sie müssen unmittelbar auf den Leichen geruhet haben. In der Wand zur Seite der Schlummerstätte ist nicht selten eine kleine, seichte, dreieckige Nische, gerade groß genug, um eine Lampe zu fassen. Man sieht den oberen Winkel nicht selten noch geschwärzt.
Man nennt diese Grabhöhlen die Gräber der Könige. Welcher Könige? Die des Reiches Juda wurden großentheils in der Stadt Davids begraben (Könige XIV. XV. — II. Könige VIII. IX. XII. XIV. XV. XVI. XXI.); Ausnahme machten Manasse, Amon, Josias, die im Garten Usa begraben wurden. (II. Kön. XXI. II. Chron. XXXV.) Lag dieser auf der Flachhöhe, so kann die obige Bezeichnung allerdings eine richtige seyn, und würde sich dann auf die genannten Könige dieses Reiches anwenden lassen. Schon Joram und Joas waren nicht in den Gräbern der Könige beigesetzt worden (II. Chron. XXI. XXIV.), und von Usias sagt die Chronik: »und sie begruben ihn bei seinen Vätern im Felde bei dem Begräbnisse der Könige.« (XXVI. 23.) — Die Gräber der Makkabäer können [S. 99]diese nicht wohl seyn, da dieselben vom Meere aus sichtbar gewesen seyn sollen. Nicht unwahrscheinlich sind es die Gräber der Familie Herodes, die Josephus als im Norden der Stadt gelegen schildert. Mir schienen Anlage und Verzierung aus römischer Zeit, obwohl nicht durch römische Hand bewirkt. — Pausanias (VIII. 16) und Josephus (Ant. XX. 2) sprechen auch von bewunderungswürdigen Gräbern der Helena, Gemahlin des Monobazus, Königs von Adiabene, die im ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung lebte, sammt ihrem Sohne Itazes nach Jerusalem zog und dort die jüdische Religion annahm. Drei Pyramiden sollen über ihrer Grabstätte, drei Stadien weit von der Stadt, aufgerichtet worden seyn. Die Pyramiden bestehen nun freilich nicht mehr, was nichts für die Bezeichnung unserer oben beschriebenen Ruhestätten beweiset. Diese letzteren sind aber für eine weit größere Zahl von Leichen eingerichtet. Pausanias spricht von einer besondern Schließungsweise der Grabstätte dieser Königin, und der Mönch Bernardino von Gallipoli in seinem sonst verdienstlichen Trattato delle piante ed immagini de' sacri Edifizi di terra santa, Firenze 1620, erzählt bei Schilderung der Spelonche Regie von etwas ähnlichem. Ich habe davon nichts gesehen, und finde überhaupt seine Zeichnung dieser Gräber ganz und gar unpassend auf diejenigen, die man mir und Andern als die Gräber der Könige wies.
Eine Stunde weiter gegen Nord, wo sich die Flachhöhe, der Spitze des Kirchleins Samuels gegenüber, senkt, und ein Thal nach Osten ausläuft, sind die Gräber der Richter. Der Eingang ist mit Akanthus im Fries und Tympanum verziert; eben so die kleine Pforte, die aus dem fünf Schritte tiefen Atrium in ein Gemach, zu 29 Fuß 8 Zoll ins Gevierte, führt. In diesem sind in der linken Seitenwand, in zwei Reihen über einander, dreizehn Geschiebe, d. i. wagrechte Löcher, 16 Zoll breit, 26 Zoll hoch und 7 Fuß 6 Zoll tief, unten eben, oben gerundet und jedesmal vorne in ein vertieftes Rechteck eingefangen. In jedem Geschiebe war nur für eine Leiche Raum, und zwar ohne Sarg; man wickelte dieselbe wahrscheinlich in Leinen und gab Spezereien hinzu. (II. Chron. XVI. 14.) Die Eingangswand dieses Gemaches, das eben hoch genug ist, um darin stehen zu können, hat zur Linken ebenfalls ein solches Geschiebe, zur Rechten aber ein anderes Gemach und zwar eingesenkt. Durch die rechte Seitenwand kommt man in ein Gemach, das unten neun Geschiebe, oben aber eine breite Steinbank ringsum zeigt, als habe man da die Leichen erst umwickelt und bereitet, bevor man sie in ihre letzte Wohnung schob. Durch die Hinterwand gelangt man in ein Gemach mit zwölf Geschieben oben und neun unten, und durch eine Stiege links zuerst in eines zu drei und dann in ein anderes zu dreizehn Geschieben.
Ich halte diese Gräber für weit älter als die früher beschriebenen. Sie sind auf wenig Raum berechnet. Ähnliche gibt es auf der syrischen Küste, gegenüber der Insel Ruad (Aradus), bei Sidon und in der Nähe von Damaskus. (Maundrell, Voyage d'Alep à Jérus. 1525) Ich erinnere mich in keinem anderen Lande deren gesehen zu haben.
Nicht ferne von den Gräbern der Richter (mir unbekannt, warum man sie so heißt, denn die Bibel gibt nirgends einen Wink hievon) ist eine in den Felsen gehauene Cisterne. Eine genaue Untersuchung der Höhlen, Gräber, Nischen, Cisternen und anderen Behälter des weiten Feldes im Norden Jerusalems müßte eine lehrreiche Ausbeute geben.
Ich brachte den Abend dieses Tages mit einem seltsamen Manne zu, Joseph Wolff, Missionär in Jerusalem, und seiner Gemahlin Lady Georgiana Wolff, der bei einem ungeheuren Wissen und einem Muthe, der des edelsten Märtyrers würdig wäre, eine Menge von Narrheiten im Kopfe hatte; eine Vermählung, die man so häufig in ausgezeichneten Köpfen sieht, und die für die nahe Verwandtschaft des Wahnsinns mit dem Verstande zeugen. Er und seine Gemahlin weihten sich in Jerusalem der Judenbekehrung, und er hatte deßhalb eine freie Ausforderung an alle Schriftgelehrten dieses Volles ergehen lassen und war zu jeder Stunde bereit, Mann gegen Mann, den Kampf aufzunehmen. Er versicherte[S. 102] mich mündlich und schriftlich, daß, Daniel zufolge, in siebzehn Jahren alle Juden Christen seyn würden. Ohne die Bekehrung überhaupt in Zweifel zu ziehen, rieth ich ihm aus Freundschaft, die Frist der Prophezeiung wenigstens um hundert Jahre hinaus zu rücken. Ich glaube, daß man mir auch hierin nicht Unrecht geben, noch meine Absicht verkennen wird.
Der Vorsteher der katholischen Gemeinde in Jerusalem bewahrt als Bevollmächtigter des Papstes im heiligen Lande das Recht der Ertheilung des Ordens vom heiligen Grabe, der von Gottfried von Bouillon im J. 1099 gestiftet worden ist, und dessen Statuten mehrere Päpste, namentlich Benedikt XIV. erneuerten und festsetzten. Der Vorgang bei Aufnahme in diesen Orden, die auch mir zu Theil wurde, ist ob der geschichtlichen Erinnerungen und der Stelle, wo sie geschieht, ergreifend. Wir versammelten uns hiezu eines Morgens vor Sonnenaufgang am Allerheiligsten, und zogen sodann in die den Katholiken zugehörige Kapelle im Tempel. Alle versammelten Mönche und Brüder beteten laut. Dann setzte sich der Abt des heiligen Landes auf einen Thronsessel. Kniend vor demselben, spricht der Aufzunehmende den Schwur des Bundes in seine Hände. Ein Mönch gürtet dem Ritter sodann die Füße in seidene, goldverbrämte Kamaschen und schnallt die Spornen Gottfrieds von Bouillon demselben an. Diese sind aus Metall, ganz einfach, stark, 8 Zoll lang,[S. 103] wovon 5 auf die Spitze kommen, mit einem scharfen Stern, dessen Dornen 1 Zoll 4 Linien Länge haben. Das Schwert Gottfrieds, eine 30 Zoll lange, zweischneidige, flache Klinge mit 5 Zoll langem einfachen Kreuzgriff, dessen Querarme nach unten etwas eingekrümmt sind, in einer Lederscheide, Knopf und Beschläge aus Metall, wird entblößt in die Hand gegeben, darin umgürtet; endlich empfängt man um die Brust Gottfrieds Kreuz, aus Metall mit Granaten geziert, an langer, metallener Kette hängend. Zwischen jedem Abschnitte der Ceremonie finden Gebete Statt, und zwischen den beiden letzten der eigentliche Ritterschlag mit Gottfrieds Schwert auf Haupt und Achseln, worauf man von allen Brüdern und Mönchen umarmt wird und sie umarmt. Vormals geschah die Aufnahme in diesen Orden vor dem heiligen Grabe selbst, jetzt aber findet sie in der katholischen Kapelle bei verschlossenen Thüren Statt. — Während dieser Scene hörten wir Gepolter über uns. Was war es? — Pferdegetrappel; denn die Türken haben Stallungen gerade über dieser Kapelle.
Um der seltsamen, die Zeit der Stiftung malenden Privilegien und Pflichten willen, gebe ich in Folgendem das Diplom des Ordens, das mir überreicht wurde.
Fr. Thomas a Monte Asula,
Ordinis Minorum strictioris Observantiae S. P. N. Francisci, Provinciae Seraphicae Concionator, Sac. Theologiae Lector, Sini. Dni. Papae in Lateranensi Archi-Basilica jam Poenitentiarius, Sac. Congregationis de Propaganda fide Responsalis, Missionû. Aegypti, et Cypri Praefectus, in Partibus Orientis Commissarius Apostolicus, Sacri montis Syon, et SS. Sepulcri D. N. I. C. Guardianus, ac totius Terrae Sanctae cum plenitudine potestatis Custos, humilisque in Domino Servus.
Universis, et singulis Christi Fidelibus praesentes nostras Litteras inspecturis, vel legi audituris, salutem ab eo, qui est vera Salus.
Ex gestorum monumentis tenemus invictissimos Heroes Carolum Magnum Imperatorem semper Augustum, Ludovicum VI. Philippum sapientem, Sanctum Ludovicum IX. Philippum Hispaniarum Regem, aliosque multos reipublicae Christianae magnanimos Reges, et Principes, Dei honoris, et Catholicae fidei nedum Zelatores, verum etiam strenuissimos defensores, sese, bonaque sua Deo immortali sponte obligasse, et noviter emancipasse, fortissimosque diversis temporibus Equites sub quibusdam regulis creasse; ad hunc finem dumtaxat, ut nefariis infedelibus devictis, sanctam Jerosolymorum Urbem, ac resurgentis Domini sepulcrum libere custodire, et pro viribus defendere valerent. Et tunc, aura secunda Equestris hujusmodi effloruit dignitas, cum inter Christianorum Principum,[S. 105] contra infedeles multos, demandatas expeditiones, praeclarus, Dux Godefridus de Bullion memoria dignus, anno à Partu Virgineo 1099; in sanctae Civitatis expugnatione copioso trecentorum millium, cruce signatorum militum, ab Urbano II. Pontifice Maximo comparato exercitu, ultra trecentorum millia hostium, favente Deo devicit. Capta Jerosolyma, unanimi omnium voto praelaudatus Godefridus in Jerosolymorum Regem solemniter proclamatus est. Quo in munere, nulla interposita mora, ardenti (quo flagrabat) animo, Christi Domini Mausoleum in curam sibi recepit. Utque rite custodiretur, sacrum Ordinem ejusdem SS. Sepulcri Equitum sub ssmis. legibus instaurare et instituere, non est sane dedignatus: ac proinde plurimos illustrissimos, ac nobilissimos viros, resurgentis Domini sepulcri continuo creavit Equites; cosque rubeis crucibus in scuto argenteo insculptis armavit, et decoravit: Decernens in posterum, ut eas vestibus appositas, tum in bello, cum Regum in aulis, nec non quorumcumque fidelium coetibus pro gentilitio stemmate deferre tenerentur. Unde, Christianissimi Reges, ut erectores, ita et rectores hujus sacri Ordinis fuere. Sicque, fulcimento tali munitus, quondam Equitum Ordo auspicato florescebat. Sed proh dolor! capta iterum ab infidelibus Jerosolyma anno 1187, habenas Ecclesiasticas Urbano III. moderante, et cunctis ab Asia pulsis Catholicis, ss. Equestris Ordo pene sopitus, et extinctus remansit. Unde merito facta est quasi vidua Domina gentium, et ex omnibus charis ejus, quis amplius non erat ei solatium praebiturus. In moestitudine tamen positam, ubi Domino placuit, consolatus est eam, stimulando ani[S. 106]mum devotissimi Roberti utriusque Siciliae Regis, ut ab Aegypti Sultano, ssmae. Redemptionis Loca pro viribus compararet. Quod quidem Laudatus Princeps (Clemente V. Piscatoris vices gerente) non sine difficultate, ac sumptibus, pro nostri seraphici Patriarchae S. Francisci Assisiatis, humilibus filiis obtinuit; atque eis in persacrato monte Syon, ubi fuerunt miracula tanta patrata, et in praegrandi, ac praeomnibus sanctiore, Resurrectionis Domini Basilica commorandi facultas fuerit dilargita. Quo circa SS. D. Alexander Papa VI. anno 1496. ad innovandam non solum perantiqui Instituti praelaudati Ordinis Equestris jam fere abolitam memoriam, imo etiam ad augendam erga Christi sepulerum fidelium pietatem, et religionem, eorumque animos, pro SS. Locorum recuperatione vehementer excitandos, persacrati montis Syon, ac SS. sepulcri D. N. I. C. Guardiano, ejusque Vicario generali (hoc est totius Terrae Sanctae Praesidi) eorumque successoribus pro tempore existentibus, hujusmodi Equites SS. sepulcri, ut olim, creare, armare, et instituere misericorditer indulsit. Posthac, Leo X. die 4. Februarii 1616; Pius IV. die 1. August 1561; Alexander VII. die 3. Augusti 1565; Benedictus XIII. die 3. Martii 1727. idem concessere, et laudavere. Ultimo autem Benedictus, eo nomine, Pontifex XIV. dum pro gubernio Terrae Sanctae, statuta et Constitutiones approbavit, praefatam gratiam creandi Equites SS. sepulcri, per suos Antecessores superibus Terrae sanctae respective impertitam, speciali favore confirmavit per Bullam incipientem: In supremo militantis Ecclesiae: datam Romae 7. Januarii 1746. Pontificatus vero sui sono sexto. Quod ita sane a praedecessoribus nostris [S. 107]hucusque exequutum est, ut dehinc Equites permulti fuerint creati, et in praesentiarum creentur. In quorum numerum: Illmûs. Dnûs. Antonius Prokesch, ex nobili familia Austriaca, S. M. I. R. A. in Exercitu Dux, et diversorum Ordinum Eques. etc. supra dicti Ordinis Equestris SS. sepulcri Laureari, et splendoribus insigniri maximopere expostulavit. Nos igitur piis ejus precibus inclinati (solerti indagatione circa ea quae Catholicae fidei puritatem spectant, prius facta, et diligenti inquisitione super hisque ex antiquissimis Legibus in vero Christi Equite requirebantur, jam habita) Praefatum Illmûm. Dmûm. Antonium etc. in omnibus idoneum, ac tanto honore dignum reperimus. Emisso itaque (ut moris est) voto perse ipsum, Nos, Apostolica qua in hac parte peculiariter fungimur, autoritate, Eum SS. sepulcri D. N. S. C. Equitem armavimus, creavimus, insignivimus, et condecoravimus; nec non torquem auream de more solemni, cum pendenti cruce ad collum ejusdem, proprio Loco SS. sepulcri imposuimus die 23. mensis Aprilis anni 1829. Adque per praesentes à Nobis condecoratum, insignitum, creatum, et armatum, nominamus, declaramus, et publicamus, cum singulari potestate stemmata hujusmodi deferendi assiduo, tum publice, cum private, et iisdem pro Insignibus, utendi; nec non omnibus, privilegiis, indultis, gratiis, exemptionibus, et praerogativis, quibus caeteri ejusdem Equestris Ordinis Equites gaudent, vel in posterum gaudebunt, perfruendi. In quorum omnium et singulorum fidem hoc Diploma, manu nostra subscriptum, ac pendente sigillo majori Resurrectionis Dominicae munitum, expedire decrevimus. Vale, Deusque suum,[S. 108] pro defensione et exaltatione sanctorum Locorum, tibi praestet auxilium.
Privilegia, Equitibus SS. sepulcri, à Pontificibus, Imperatoribus, et regibus concessa. 1. Equites SS. sepulcri praecedere debent reliquos alios cujuscumque Ordinis, seu Militiae: exceptis illis Velleris aurei vulgo: del Toison d'Oro, nuncupatis. 2. Possunt legitimare eos, qui ex legitimo Matrimonio non sunt nati; baptismale nomen mutare: arma seu stemmata concedere, et Notarios creare. 3. Bona Ecclesiastica, pro tuenda fide Christi, licet sint uxorati, possunt tenere absque Ecclesiae praejudicio. 4. Ubique locorum sunt exempti ab omnibus gabellis, et tributis tam vini, quam cerevisiae et aliorum. 5. Tempore belli sunt exempti â vigiliis, et â militum hospitio. 6. Si corpus patibulo appensum in via repererint, educto gladio de vagina possunt praecidere laqueum, et ut sepulturae mandetur imperare.
Obligationes. Ad quas tenentur Equites SS. sepulcri ex juramento et voto professionis eorum. 1. Equites SS. sepulcri, data opportunitate, debent quotidie audire Missam. 2. Cum opus fuerit, bona temporalia, et vitam exponere tenentur, dum bellum universale contra infideles paratur, et in propria venire persona, aut mittere idoneam. 3. Sunt obligati sanctam Dei Ecclesiam, ejusque Ministros ab eorum persecutoribus defendere, ac pro viribus ab iisdem liberare. 4. Debent injusta bella, turpia stipendia, et lucra, hastiludia, duellum, et caetera hujusmodi (nisi causa militaris exercitii) vitare. 5. Debent inter Christi fedeles pacem, et concordiam procurare, Rempublicam [S. 109]exornare, cultum Divinum promovere, opera pietatis exercere, verbo et exemplo monita salutis cunctis praebere, ac sese tanto honore dignos demonstrare.
Fr. Thomas a Monte Asula
Terrae Sanctae Custos.De mandato Rmi in Christo Patris.
F. Coelestinus ab Aunano Terrae
Sanctae Secretarius.(L. S.)
Der Weg nach Bethlehem führt vom Pilgerthor nach der Höhe des bösen Rathes, wo die Hohenpriester die Verdammung Christi beschlossen haben sollen. Es stehen die Ruinen einer Kirche dort und eine Moschee daneben. Das Feld ringsum ist baumlos und felsig; es hat eine halbe Stunde Durchmesser. Auf dem Hügel zur Rechten gewahrt man die Reste eines Thurmes, fast zum Steinhaufen umwandelt. Man nennt die Stelle den Thurm Simeons des Alten. Schön zeigt sich das griechische Kloster S. Elias, in der Einsattlung zweier sanfter Höhen aus dichtem Öhlwald mit hohen Mauern ragend, rechts aber das Dorf Atamon, auch das Dorf Simeons des Alten genannt, und weiter im Thale Bethsafafa. Ein Paar hundert Schritte vor dem Kloster S. Elias (drei Viertelstunden von Jerusalem) steht ein alter, mit mächtigen Blöcken umgebener Brunnen; er wird als derjenige verehrt,[S. 110] woraus der Stern den drei Weisen emporstieg. Am Wege, der Klosterpforte gegenüber, findet man einen Öhlbaum, um welchen, nach morgenländischer Sitte, eine Betstelle gebaut ist; daran zeigt man im Felsboden eine Aushöhlung, worin der Prophet geruht haben soll. Bethlehem wird von dort aus sichtbar. Es ist nicht viel über eine halbe Stunde entlegen und nimmt sich auf dem kahlen Hintergrunde felsiger Höhen stattlich aus. Alle tiefen und alle wagrechten Räume zwischen den Felsschichten der Höhen sind trefflich bebaut; die Erde ist röthlich, das Gestein Marmor. Auf dem Wege dahin, eine Viertelstunde weiter, sind einige Reste alter Umfangsmauern aus trocken gefügten Blöcken, die ein Paar Fuß über den Boden ragen. Dort soll Rama gestanden haben, dessen Jeremias mit den von dem Evangelisten Matthäus wiederholten Worten erwähnt: »Und horch! bitteres Schluchzen und Klagegeheul auf Rama. Rachel weinet über ihre Kinder.« (XXXI. 15.) Auf wenige Schritte zur Rechten von den Ruinen zeigt man einen Mauersarg, 11 Fuß lang und 4 Fuß breit, unförmliches und offenbar türkisches Werk; auch von einer kleinen Moschee umfangen. Juden und Türken wallfahrten fleißig an diese Stelle, die sie das Grab Rachels nennen. Zahlreiche Aufschriften zeugen davon. Darneben ist eine Cisterne. Gräber der Muselmänner umgeben dieß Heiligthum, das allerdings die durch Überlieferung[S. 111] bekannt gebliebene Stelle bezeichnen kann. Das erste Buch Moses sagt: »Also starb Rachel und ward begraben an dem Wege gen Ephrath, die nun heißt Bethlehem.« (XXXV. 19.) Ferner Samuel: »Wenn du jetzt von mir gehst, so wirst du zween Männer finden bei dem Grabe Rachels, in der Gränze Benjamin, zu Zelzah.« (X. 2.) Diese Angaben beweisen einmal, daß das Grab Rachels ein in den frühen Jahrhunderten bekannter Gegenstand war, und dann, daß es in der Gränze des Gebietes von dem Stamme Benjamin und auf dem Wege von Jerusalem nach Bethlehem lag. Es hieße sonach gewaltsam die Wahrscheinlichkeit von sich stoßen, wollte man nicht annehmen, daß nach und nach die Merkzeichen der Stelle zwar wechselten, diese aber eine bekannte blieb, und die heut zu Tage dafür angegebene ist. Eben die Einerleiheit dieses Punktes mit dem von der Schrift dafür gehaltenen berechtigt zur Voraussetzung, daß der daran stoßende Ort derjenige ist, den Jeremias Rama nennt, und der vielleicht in früherer Zeit Zelzah hieß. Mehrere Orte tragen den Namen Rama, wie wir aus Jos. XVIII., Richter XIX., Samuel XIX. XXII. XXVIII., Könige XV. u. s. w. ersehen. Er wurde von den Griechen auch mit ΰψηλήν, Höhe, Hochfeld, übersetzt, eine Bezeichnung, die sich trefflich aus die Örtlichkeit der Ruinen am Grabe Rachels anwenden läßt.
Rechts von diesem Grabe aus dem Berge liegt[S. 112] das Dorf Bethisallah, das von Griechen bewohnt und reich an Wein und Öhl ist. Auch ein Wasserbecken, länglichrund, zu hundert Schritt größeren Durchmessers, natürlich gebildet, jetzt ein Garten, findet man zwischen Rama und Bethlehem, links aber am Abhange einen Wasserzug, der bis vor Kurzem noch Jerusalem diente, jetzt aber unterbrochen ist; vielleicht die Quelle Gihon. (II. Chron. 32.)
Bethlehem, welches schon das erste Buch Moses nennt (XXXV. 19), und die auch im alten Testamente mit einem heiligen Glanze umgeben war durch die Geschichte der Moabitin Ruth, so würdig besungen in unseren Tagen durch eine unserer edelsten Frauen; Bethlehem, welche Israel einen Richter gegeben hatte (Richt. XII. 8) und den königlichen Sänger David (1. Sam. XVI.), und von der ein Prophet weißsagend sang: »du, die du klein bist unter den Tausenden in Juda, aus dir soll er kommen, der in Israel Herr sey, und welches Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist« (Mich. V. 1): Bethlehem krönet die Einsattlung zwischen zwei Hügeln und den einen dieser Hügel selbst; während das Kloster und die Kirche über der Geburtstätte Christi, einer stattlichen Burg gleich, auf dem anderen liegen. Das Thal, das dort den Ursprung nimmt, ist reizend durch trefflichen Anbau und durch die Fülle an Mandel-, Öhl- und Feigenbäumen. Vieles Volk war im Freien und [S. 113]grüßte uns mit einem buon giorno. Da es gut bewaffnet war, kühn auftrat und reiche Kleider trug, so hielt ich es für muselmännisches. Es bestand aber aus Christen, denn diese haben in Bethlehem das Recht, Waffen zu tragen. Es wohnen über 1000 Katholiken, an 1000 Griechen, 30 armenische und 40 türkische Familien in Bethlehem. Die ersten spielen den Meister. Sie tödteten vor Kurzem dem Pascha vier Soldaten von dreißig, die er dort hielt, und verjagten die übrigen.
Man führte uns am Kloster vorüber und hinter demselben auf die freie Höhe. Dort verehrt man die Grotte, in welcher die h. Jungfrau, kurz vor ihrer Flucht nach Ägypten, das Christuskind vor Herodes verborgen haben soll. Zwölf Stufen führen zu einem Altare hinab, vor dem drei Lampen brennen. Die Wände sind roh, das Gestein ist Kreide. Die Gläubigen sagen, einige Tropfen von der Milch der h. Jungfrau habe demselben die weiße Farbe gegeben. Darum glauben die Frauen auch, es erleichtere, als Pulver genommen, die Geburtschmerzen. Der Eingang dieser Grotte sieht nach Nord.
Der Zugang des Klosters ist mit breiten Steinen gepflastert, mit Brunnen und Aufsätzen begleitet, breit und ansehnlich. Kloster und Kirche sind es nicht minder, aber in Verfall, und wenn nicht Hülfe kommt, bald in Ruinen. Die Armenier haben die Oberhand in diesem Gotteshause, das erst vor wenigen Monaten von der katholischen Gemeinde verlassen werden mußte,[S. 114] weil dieselbe eine Geldforderung des Pascha nicht befriedigen konnte oder wollte. Die Kirche hat Kreuzform, ist aber am Vereinigungsorte des Stieles mit den Armen vermauert. Acht und vierzig Säulen, zu zwölf in der Reihe, tragen das Schiff; sie sind aus weißem Marmor, 18 Fuß hoch, haben 2-1/2 Fuß Durchmesser, 9-1/2 Fuß Abstand unter sich und eine Art korinthischer Knäufe von schlechter Arbeit. Die Querbalken und das Dach sind aus Cedernholz, sagt man; mir schien es von Cypressen. Die Wände waren mit Mosaik belegt, von der man Reste sieht, und auch mit Marmor, wovon der größere Theil von den Türken genommen und zu der großen Moschee in Jerusalem verwendet wurde.
Der dermalen benützte Theil der Kirche ist der obere des Kreuzes. Über der Mitte steht ein Altar der drei Könige und der Geburt, und ist der eigentliche Hauptaltar. Die Griechen haben einen Flügel daran; der andere Flügel und der Mittelaltar gehören den Armeniern. Die Katholiken dürfen dort gar nicht Messe lesen. Der vormals für sie bestimmt gewesene Eingang in die Kirche ist nun vermauert. Über dem Hochaltar sind die geheimnißvollen Grotten der Geburt und der Krippe. Zwei Stiegen führen hinab zur Rechten und Linken, jede zu sechzehn Stufen; die eine gehört den Griechen, die andere den Armeniern. Die Länge der Grotte der Geburt ist 37 Fuß 6 Zoll von Osten nach Westen; die Breite 11 Fuß[S. 115] 9 Zoll, die Höhe 9 Fuß. Die Geburtsstelle liegt an der östlichen Wand und fällt in eine gerundete Nische. Im Boden derselben, mit feinem Marmor belegt, ist ein flammender Stern aus Silber, der eine Kreisplatte grünlichen Marmors zu etwa 4 Zoll Durchmesser umgibt. Im Saum um diese Platte stehen die Worte: Hic de virgine Maria Jesus Christus natus est. Vierzehn Lampen brennen in der Nische, die, so wie die ganze Grotte, mit Seidenstoffen behängt und reich geziert ist. Wenige Schritte davon, in der südlichen Eintiefung, zeigt man auf der einen Seite den Stein der Krippe, auf der andern die Stelle, wo die drei Weisen ihre Geschenke niederlegten und anbeteten. Jener steht in ähnlicher Nische; ein Stern aus weißem Marmor umschließt eine Porphyrplatte; fünf Lampen brennen darüber. Ein Bild der Geburt Christi, von Jacopo Palma, schmückt den Hintergrund. Auf dem Altar der drei Könige ist ein Bild von demselben Meister, welches die Anbetung darstellt. Dieser Altar ruht auf dem Steine, wo die Jungfrau sitzend die drei Könige empfangen haben soll.
Der den Katholiken erlaubte Eingang in das Heiligthum, worin sie neunzehn, die Griechen siebzehn und die Armenier zehn Lampen halten, geht westwärts durch einen unterirdischen Gang. In diesem findet man zuerst den Altar Josephs, dann denjenigen der unschuldigen Kinder, unter welchem[S. 116] mit eisernem Gitter verschlossene Grotte die Gebeine der Gemordeten enthalten soll. Von dort kommt man in die zur Kapelle umwandelte Grotte des h. Hieronymus, worin er gewohnt und die Bibel übersetzt hat; nahe daran ist sein Grab, und auch dasjenige des h. Eusebius und der hh. Paula und Eustochia. Über jedem Altar steht ein Bild. Wirklich rührend im Ausdruck ist dasjenige der beiden Frauen, dieser Sprossen aus dem Geschlechte der Gracchen und Scipionen. Beide, Mutter und Tochter, schlummern den Schlaf des Todes; die Verwandtschaft und eine leise Wehmuth wohnen in ihren Zügen. Sie ruhen auf goldverbrämten Kissen aus rothem Sammt, die Mutter im schwarzen Pilgerkleide, die Tochter mit gelösten Haaren von Rosen durchflochten, den gekreuzigten Heiland in der Rechten gegen die linke Brust gelehnt, die noch unter der zarten Tunika zu beben scheint. Ein Paar Engelchen schweben darüber, und einer derselben reicht die Krone.
Von dort sind drei und zwanzig Stufen hinauf in die katholische Kirche, die klein, aber reich an Schmuck und Bildern ist; besonders ist das Bild der Geburt Christi in der hinter dem Hochaltare befindlichen Sakristei sehenswerth. Um der Bevölkerung zu genügen, mußte der Altar der Thüre gegenüber aufgerichtet werden, damit der Kreuzgang des Klosters die Frommen fassen könne.
Die Katholiken haben dermalen nur einen Wärter, der zugleich Schullehrer ist, und der katholischen Bevölkerung die paar italienischen Worte vorsagt, womit sie die Reisenden zu begrüßen pflegt. Doch fand ich einige maronitische Priester vom Libanon dort, welche einstweilen Seelsorge üben, stille Leute, höchst ruhigen Ausdruckes, ernst und einfach. Mit diesen nahm ich gemeinschaftlich das Mahl. Es war mir als säße ich mit Abraham zu Tische. —
Kloster und Kirche sind von der h. Helena erbaut und von christlichen Fürsten erneuert worden. Aber schon in der ersten Zeit hatten die Gläubigen ein Gebethaus über der Krippe des Heilandes. Hadrian stellte eine Statue des Adonis dort auf. Die heil. Helena warf diese nieder. Von der Terrasse des Klosters blickt man weit über stilles, felsiges, in Schluchten und auf Abhängen mit lebendigem Grün bedecktes Land. Wir hatten das Kloster
St. Elias in | N. 10° O. |
Bethlehem in | W. |
Arabisches Gebirge von | NO. bis SSO. |
den Weg nach dem Kloster Saba | O. bis N. |
die Grotte der Hirten | S. 75° O. |
die Grotte der heil. Jungfrau | S. 32° O. |
Lukas erwähnt der Grotte der Hirten (II. 8). Ich weiß nicht ob es eine und dieselbe mit der Höhle[S. 118] Adullam ist, die in den Kriegen Davids bekannt wurde. (II. Sam. XXIII.)
Ich kaufte in Bethlehem eine Zahl Heiligenbilder, Madonnen und Kreuze aus Holz oder Perlenmutter geschnitzt, oder mit solchen eingelegt, mit Mühe und Fleiß, aber ohne alle Kunstübung gemacht von den Bewohnern der Stadt; auch ein paar schöne Trinkschalen von den Arabern aus Wadi Musa, aus Stein des todten Meeres geschnitzt und mit Sprüchen des Korans versehen.
Am Engwege im Norden von Bethlehem wies man mir die Stelle, wo das Haus Davids gestanden haben soll (Sam. XVI. XVII. XX.). Von dort ritt ich zum Grabe Rachels und dann westwärts nach Bethsafafa (1/2 St.). Tausend Schritte vor diesem Orte sieht man eine tiefe Cisterne, zur Linken aber, auf einer Höhe, Schörafat. In der Ebene steht eine riesige Terebynthe, darunter die heil. Jungfrau auf ihrer Flucht nach Ägypten geruht haben soll. Auf den jenseitigen Höhen reitet man durch Rosengärten (wozu hier der Grund förmlich bereitet und bebaut wird, denn Rosenwasser und Rosenöhl sind Erwerbzeuge), durch Wein und Öhlpflanzungen und über einige Felder hinauf zum Dorfe Mälha (1/2 St.), das gleich den beiden erstgenannten nur von Muselmännern bewohnt ist; dann auf der Höhe fort, drei Tumuli zur Linken lassend, und hinab durch Terebynthen und Reben[S. 119] ins Dorf St. Johann (3/4. St.), das reizend liegt von wohlbebauten Hügeln umbreitet. Das Kloster daselbst wird von vierzehn spanischen Mönchen bewohnt, und ist das schönste katholische im heiligen Lande. Die Kirche, ganz mit Marmor ausgelegt, hat innen sieben und dreißig Schritte Länge, vier und zwanzig Breite, vier Pfeiler und Kreuzform. Durch ein vergoldetes Gitter steigt man zur Linken in die Grotte der Geburt Johannis hinab, mit weißem und schwarzem Marmor ausgetäfelt, mit Seidenstoffen und Goldfransen behangen. Im Hintergrunde ist die Nische, wo ein Stern aus weißem Marmor die Stelle umschließt: hic praecursor Domini natus est. Fünf Basreliefs in weißem Marmor decken die Wände dieser Nische. Das erste stellt die Heimsuchuug, das andere die Niederkunft, das dritte die Predigt in der Wüste, das vierte die Taufe Christi, das fünfte die Enthauptung vor. Die Arbeit daran ist mittelmäßig und geziert. In der schwarzen Marmordecke darüber ist ein Lamm aus weißem Marmor eingefügt, und darüber lieset man die Worte: Ecce agnus Dei. Über der Nische ist ein reicher Altar mit dem Bilde des Täufers. Die Kirche selbst hat sieben Altäre, eine Orgel, mehrere Gemälde von Werth, darunter einen Johannes in der Wüste, von Murillo, und eine schöne Heimsuchung in der Kapelle zur Rechten. Dort zeigt[S. 120] man auch einen Stein, worauf Johannes in der Wüste öfters gesessen haben soll.
Von der Höhe des Klosters fand ich
Cassr | N. 25° W. |
Colonia | N. 10° O. |
Johannis Grotte in der Wüste | W. |
das Haus der Heimsuchung | S. 60° W. |
den Berg der Makkabäer | NO. |
die Straße nach Bethlehem | OSO. |
den Berg Obed-Edoms[B] | O. |
Das Thal von St. Johann nach Colonia ist breit und baumreich. Es wird für das Terebynthenthal gehalten, worin David den Goliath erschlug. — Der Weg nach der Wüste des heil. Johannes führt zunächst am Hause der Heimsuchung vorüber, d. i. an den Ruinen eines Klosters, auf der Stelle erbaut, wo die Mutter des Vorläufers Christi gewohnt haben soll. In einer Grotte daran soll die heil. Jungfrau dieselbe begrüßet und die schönen Worte gesprochen haben, die Lukas im ersten Kapitel aufführt. Von dort nach der Wüste ist nicht über eine Stunde Weges. Das Wort Wüste ist unrichtig von der Öde gebraucht, in welche man tritt, und wo abermals eine Grotte zwischen Felsen und Bergen, verehrt wird als der Ort, wo Johannes gewohnt und geprediget hatte.
Wir ritten nach St. Johann zurück und nahmen weiter den Weg nach Jerusalem. Dieser führt längs dem Berge der Makkabäer hinauf, so genannt, weil dort ihre Gräber seyn sollen, hält sich dann auf der Flachhöhe, kreuzt ein Wiesthal, welches das Thal der Beduinen heißt, und kommt nach einer Stunde von St. Johann an das hochumthürmte griechische Kloster zum heil. Kreuze, das, ganz einsam, an der Stelle steht, die man als diejenige, wo der Baum zum Kreuze Christi gehauen wurde, verehrt.
Nach einer halben Stunde von diesem Kloster erreichten wir die Stadt. Vor dem Pilgerthore steht eine große Terebynthe, und nicht ferne davon sieht man ein großes Wasserbecken, offenbar uralten Ursprunges und höchst wahrscheinlich dasjenige, dessen das zweite Buch der Könige (XVIII. 17.) und Jesaias (VII. 3. — XXXVI. 2.) erwähnen. Die Örtlichkeit und die Bezeichnung »der obere Teich« sind hier entscheidend, und die letztere beweiset für das Alter auch des unteren Bends, dessen weiter oben erwähnt wurde. — Dort ist die Flachhöhe mit den weißen Todtenmalen der Türken besäet. Es war ein rührender Anblick; eine Menge Frauen beschäftigt zu sehen, an diesen Malen zu beten oder sie mit Rosen zu bestreuen.
Mir ließ die heilige Stadt, da ich von ihr schied, einen mächtigen, aber wehmuthvollen Eindruck zurück. Die Vergänglichkeit dessen, was so bedeutend war, ist eine große Lehre. Mein Leben unter Ruinen und selbst in Trümmer zerfallen, fühlt die Verwandtschaft im Schicksal mit diesen Resten.
Du bist nun verlassen, hochgepriesene Tochter Sions! Der Sänger wünschet dir: »Es müsse Friede seyn in deinen Mauern und Glück in deinen Palästen!« (Psalm. 122.) Aber richtig frägt der Prophet: »Wer will sich denn deiner erbarmen, Jerusalem? Wer wird denn hingehen und Dir Frieden erwerben?« — (Jerem. XV. 5.)
Jerusalem, als Wiege des Christenthums betrachtet, ist zweifelsohne ein trauriger, christliche Fürsten schmähender Anblick. Falsch ist, was Chateaubriand und andere Frömmler sagen, daß die Türken das heilige Grab mit Feuer und Schwert zerstören wollen. Wer hätte sie daran gehindert, würden sie es gewollt haben? — Im Gegentheile sind sie es, die erhalten. Was zerstöret, ist der Teufel des Neides zwischen den christlichen Sekten und die Versagung der kleinen Almosen, die zur Erhaltung der Bauten und Menschen unerläßlich sind. Der Tribut der katholischen Mönche an die Pforte ist nur 7000 Piaster, aber die Pascha und Statthalter wollen Geschenke, und die arabischen Häuptlinge der Umgegend, wie z. B.[S. 123] Bogooz, verkaufen ihren Schutz und das freie Geleite theuer. Dermalen hat das Kloster zum heil. Erlöser über anderthalb Millionen Piaster Schulden; aber es sind auch seit Jahren keine Zuschüsse aus Europa gekommen. Die Worte der Apostel (Röm. XV. — Korinth. XVI. — II. Korinth. IX.) sind längst verschollen.
Die katholische Gemeinde und ein englischer Reisender, John Porter, mit dem ich in freundschaftlicher Verbindung stand, gaben mir das Geleite bis zur Stelle im Norden des Pilgerthores, wo die Karawane, mit der ich nach Ramle zurückging, zusammen wartete. Eine Stunde, nachdem wir aufgebrochen waren, ritten wir unter Colonia weg. Die Straße war voll von Weibern und Kindern, die nach der Stadt gemalte Eier und Esswaaren zu Markte trugen. Wir tränkten unsere Pferde an einem Brunnen, 1/4 Stunde vor Errit-el-Enneb, und hielten unter den Feigenbäumen dieses Dorfes an. Es gehört so wie die meisten der Umgegend dem oben genannten Araberhäuptling. Die Bewohner eilten herbei und setzten sich freundlich zu uns, ein schönes, kräftiges Geschlecht, gelenkigen schlanken Baues und tiefdunkelen Auges. Sobald wir die Höhe hinter dem Dorfe erstiegen hatten, wies sich hellglänzend im West das Sandgestade von Jaffa, und hinter demselben die dunkle See. Nach anderthalb Stunden waren wir, den[S. 124] Felsensteig herunter, im Thal. Die schroffen Wände dienten großen Ziegenherden zur Weide, feinbehaarte Thiere, schwarz, mit rothgelber Zeichnung an Füßen, Bauch und Stirne, mit zurückgekrümmten roth bestrichenen Hörnern. Die Hirten waren mit Flinten und Keulen bewaffnet.
Im engen Thal, am Fuße der Höhen, stehen die Ruinen einer Kirche, die seit lange zerstört seyn muß, da aus dem Schutte große Terebinthen sich heben. Eine halbe Stunde weiter öffnet sich das Thal und beginnt der Anbau. Bald erreicht man zwei große, tiefe, aufgemauerte Brunnen und tritt dann in die Ebene, die ein Bild des gesegnetesten Landes der Erde gibt. Auf den Höhen sind hie und da Ruinen von Kirchen, Moscheen und Heiligengräber.
Ramle, von der Ostseite gesehen, trägt ganz besonders das morgenländische Kleid. Ruinen, Kuppelgebäude, Minarets, hohe Palmen, die über die weißen Terrassen der Häuser schauen; ein Vordergrund voll mächtiger Fülle an Gesträuchen und Bäumen; Grabwälder mit blinkenden Malen, Brunnen und Wasserbecken zur Seite, und über das Ganze ein wolkenloser aber blaßblauer Himmel gewölbt!
Wir stiegen im Kloster ab. Von der Terrasse desselben bleibt die Schlucht des Gebirges von Judäa, durch welche der Weg nach Jerusalem führt, in Ost. Strabo sagt, man behaupte von Joppe nach[S. 125] Jerusalem zu sehen (p. 759). Van Egmont berichtigt diesen Irrthum (Travels I. 297), Pockock bringt denselben wieder auf. (Descript. of the East. II. 3.) Die Wahrheit ist, daß man von Joppe nicht einmal bis Ramle sieht. Von Jerusalem, das am östlichen Abfall des Gebirges von Judäa liegt, und westwärts auf mehrere Stunden Breite den Rücken desselben als Scheidewand hat, ist es geradezu unmöglich die westliche See zu sehen. Wenn Josephus (de bello Jud. IV. 3.) erzählt, vom Thurme Psephina zu Jerusalem reichten die Blicke bis ans Meer, so ist dieß eine Übertreibung. Übrigens kann man ganz gut das Roth des Brandes am Himmel gesehen haben, als Judas Jamnia verbrannte (II. Makk. XII. 9). Man sieht von Jerusalem auch nicht das todte Meer, denn die Gegend ist nur nach Süd etwas geöffnet.
Gefoltert durch eine unzählige Menge von Mücken, die mich um die gehoffte Ruhe gebracht hatten, verließ ich Ramle, um nach Nazareth zu reisen. Der Weg führt nördlich durch die herrliche Ebene zwischen Feldern bis an das Dorf Hudieh (2-1/2 St.). Hinter diesem beginnt Hutweide und dauert durch drei Viertelstunden Weges, dann ist abermals bebaute Flur, bis zum Dorfe Mir (3/4 St.), das auf einem Hügelchen liegt. An der Straße stehen zwei Kreise von Sidirbäumen[C] zum Behufe der Reisenden. Während wir dort ruhten, kam ein Zug Jauchzender aus dem Dorfe. Männer eröffneten denselben, spielten auf Cymbeln und Hirtenflöten, sangen und schossen ihre Gewehre ab. Ihnen folgte ein schwer beladenes Kameel, worauf zwei Mädchen saßen. Dann kamen Weiber, die zum Theile weinten und heulten. Es war eine Brautabholung aus dem nahen Städtchen Lydda (Apost. Gesch. IX), welches die Römer Diospolis hießen, und das, wie so manches andere, heut zu Tage wieder den alten Namen trägt.
Eine Viertelstunde weiter steht ein Beduinendörfchen. Das Volk war um einen Araber versammelt, der für einige Para einen grauen großen Affen tanzen ließ. Unsere Ankunft zog die Aufmerksamkeit der Menge auf uns, und der Affe blieb verlassen, bis wir vorüber waren. An der Nordseite des Dörfchens fließt ein starker Bach, das größte Wasser zwischen Ramle und Nazareth, worüber eine Steinbrücke von sechs Bogen führt. Unter jedem Bogen sind zwei Mühlen angebracht. Diese zwölf Mühlen werden diejenigen von Jaffa genannt. Rechts auf eine halbe Stunde, in der Ebene, liegt das Schloß Raß-el-Eyn. Der Bach kommt an diesem vorüber aus dem Gebirge im Osten.
Eine Stunde weiter ritten wir durch den Ort Dör-Adeß, und, mit Abstand von einer halben [S. 127]Stunde von einem Punkte zum andern, über wellenförmigen bebauten Grund, durch das Dörfchen Kaffr-Suba, an einer einsamen Moschee, an einer zweiten und an Karentsauüh vorüber, das eine zerstörte Feste mit Ruinen einer Kirche ist, und etwas zur Rechten auf einer schwachen Höhe liegt. Dort ist auch ein Brunnen, der erste seit den Mühlen. Reisende aus Baalbeck und Damask hatten ihre Gezelte daran aufgeschlagen.
Anderthalb Stunden weiter ist Kahun, ein ummauerter Ort mitten in der Ebene auf einem Hügel. In solchen Nestern, hinter Mauern von etwa 15 Fuß Höhe, trotzen die arabischen Häuptlinge den Statthaltern des Sultans. Kahun, nebst einigen Orten im Gebirge von Napluß, standen eben damals im Aufruhr gegen den Pascha von Damask. Ich zählte, von Karentsauüh aus, sechzehn Orte am Gebirge oder auf demselben, jedes ummauert und einer Feste gleich, meist die Spitzen der Berge, so wie die Hügel der Ebene suchend, ein Umstand, der hinlänglich den fortdauernden Kriegzustand dieses Landes beurkundet. Unter dem Thore von Kahun wurden wir angehalten und mußten den Aga der Stadt abwarten, der seit früh Morgens auswärts war. Große Herden von Rindern zogen ein, denn die Sonne war im Untergehen; vieles Volt kehrte von den Feldern heim, wo wir es pflügen und ernten gesehen hatten; Mägde und Frauen gingen und kamen von dem Brunnen unten am Hügel, den[S. 128] länglich-runden irdenen Krug auf dem Kopfe. Die Tracht der arabischen Weiber ist hier dieselbe wie in Ägypten, ein blaues Hemde, und um den Kopf ein rothes Tuch gewunden, das längs dem Rücken hinabhängt.
Endlich kam der Aga. Er ritt ein gutes Roß, führte eine lange Lanze und war von einigen Soldaten begleitet. Er empfing uns sehr freundlich, ließ in der Burg ein großes Gemach für uns ausräumen, ein Mahl aus Fleisch und Reis bereiten, und leistete uns, bis dieß gebracht wurde, Gesellschaft. Er plauderte viel über die Weltangelegenheiten, und beklagte sich bitter über den Vizekönig Mohammed-Ali, den er als einen heimlichen Christen und Verräther am Sultan schilderte. Auch zwei Seeleute aus Tanger, Durchreisende wie wir, setzten sich zu uns, und zechten ganz wacker, sobald sie mit uns allein waren.
Drei Stunden nördlich von Kahun nimmt man die Richtung gegen Nordost und Ost durch die niederen Waldhügel, welche zwischen dem Karmel und dem Gebirge von Samaria die Verbindung bilden. Die Thäler sind bebaut und die sanften Höhen mit Wallnußbäumen bedeckt. Von Stunde zu Stunde trifft man Ruinen von Kirchlein, aber von Kahun bis auf den Rücken dieser Höhen keinen Tropfen Wasser. Dort (5-1/2 St.) ist eine schlechte Tränke, bald darauf ein frisches Bächlein, vielleicht der Bach Kedumim[S. 129] der Schrift (Richter. V. 21.). Im Schatten der Bäume, die dessen Ufer bekleiden, ließen wir die Gluth des Mittags vorüber gehen. Ein Türke aus Damaskus schloß sich an uns. Dann stiegen wir rasch in die Ebene von Esdrelon hinab, die acht Stunden lang und halb so breit, im Süden vom Gebirge von Samaria, im Westen vom Karmel, im Norden von den Höhen von Nazareth, im Osten von den Bergen Thabor und Hermon umschlossen ist, zwischen diesen beiden aber eine Verbindung mit der Ebene des Jordan hat. Sie ist bebaut, wird aber auch von Sümpfen und dem tief eingeschnittenen Kischon durchzogen. Wir irrten, um den Weg durch die Moräste zu finden, wagend und rathlos umher, bis ein Beduine uns die richtige Furt zeigte, erreichten nach drei Stunden die nördlichen Höhen, und nach andern zwei, am Dorfe Jaffa vorüberkommend, das in einem kahlen Bergkessel hochgelegene Städtchen Nazareth.
Da empfing uns in morgenländischer Tracht, aber mit dreieckigem Hute, dem Zeichen seiner Würde, der Vizekonsul Sr. Majestät zu Akka, Antonio Catafago, und führte uns in das Kloster ein, wo Gemächer für uns bereit waren. Abends aßen wir bei ihm, und fanden uns von seiner liebenswürdigen Familie umgeben, welche unter den Christen die reichste der syrischen Küste ist. Er und seine Frau [S. 130]sind italienischen Ursprunges; aber in Aleppo geboren. Wie ein Patriarch saß er inmitten von Söhnen, Töchtern, Schwiegersöhnen und Schnüren. Die Frau des einen Sohnes, auf dem Libanon geboren, war kaum dreizehn Jahre alt, und doch schon über ein Jahr verheirathet. Diamanten, Perlen und Goldstücke glänzten an der reichen türkischen Tracht dieser Frauen und Mädchen; ich glaube, daß jede fünfzigtausend Piaster Werth an solchen auf sich trug. Sie sprachen nur die Landessprache, d. i. die arabische, waren heiter und freundlich, von angenehmen Gesichtformen, mit tiefen schwarzen Augen, sehr weiß und rein an Farbe, und hatten die Augenlieder schwarz bemalt.
Im Kloster fand ich zwölf Mönche, deren Vorsteher, Pater Filkuka, ein Mährer, war, vormals Pfarrer zu Großmeferich. Seine Freude, einen halben Landsmann zu finden, war nicht gering, und er bot sein Bestes auf, um uns freundlich zu bewirthen. Das Kloster ist geräumig, gleicht einer Festung, hat Mauern und verschiedene Höfe, und eine schöne Kirche, als deren Heiligthum die unter dem Hochaltare befindliche Grotte der unbefleckten Empfängniß betrachtet wird. Diese ist auf die Weise der Heiligthümer in Jerusalem und Bethlehem mit Seide und Marmor reich ausgeziert. Eine Granitsäule hängt ganz seltsam in der Decke der Grotte, und war lange, und ist noch der Gegenstand der Verehrung [S. 131]der Wundergläubigen. Hinter dieser Grotte werden andere, als Wohnort der heil. Jungfrau, gezeigt, wobei man die Plätze angibt wo sie ruhte, kochte u. s. w. Auch besuchen die Pilger mit Andacht die Werkstätte Josephs, nun eine katholische Kapelle; das Haus des Heilandes, worin durch einen Felsblock ein natürlicher länglich-runder Tisch gebildet ist, an dem er oft mit seinen Zwölfen gesessen haben soll; die Synagoge, wo er zu lesen und zu lehren pflegte, nun eine griechische Kirche; endlich den Abhang, eine Viertelstunde vor der Stadt, wo ihn die Nazarener herabstürzen wollten (Luk. VI.). Alle diese heiligen Stellen finden wir in den Schriftstellern vom sechsten Jahrhundert bis zu unseren Tagen häufig geschildert. Die älteren sprechen aber auch von schönen Kirchen, welche die Kaiserin Helena dort errichtet hatte. Diese sind in Trümmern, und durch kleinere ersetzt.
Nazareth hat dermalen an 5000 Einwohner, darunter 1200 Christen; gute und bequeme Gebäude längs dem östlichen Abhange hinaufgebaut; vor sich, im Osten, einige Gärten und Felder; im Süden das Thal, das in die Ebene von Esdrelon ausläuft. Es behauptet sich in einer Art von Unabhängigkeit vom Pascha von Akka, zu dessen Gebiet es gehört. Die Christen haben auch da das Recht, Waffen zu tragen. Die arabischen Häuptlinge der Umgegend wohnen gerne darin, und betrachten es als einen Ort der Begegnung und Besprechung[S. 132] unter sich. Catafago und die Seinigen besitzen schöne Landhäuser daselbst. Gastfreund der Häuptlinge aus dem Gebirge von Napluß, flüchtete er hieher seine Familie, da diese von dem genannten Pascha im Sommer 1828 bedroht und aus Akka vertrieben worden war. Die Häuptlinge selbst trugen ihm Geld und Leute an, und unter ihrem Schutze war er sicher gegen die Gewalt des Statthalters.
Von Nazareth nach dem Jordan ist nicht über fünf Stunden Weges. Gleich außer dem Städtchen findet man den schönen Brunnen, der nach der heil. Jungfrau benannt wird. Man reitet längs den östlichen Höhen fort, auf diesen das Dörfchen Eyn-Mechel zur Linken, in der Ebene zur Rechten aber den Ort Dabura lassend, den Einige für das Städtchen Debora des Buches der Richter nehmen. Diese Annahme ist irrig, denn in diesem Buche heißt es: »Und sie wohnete unter den Palmen Debora zwischen Rama und Bethel, auf dem Gebirge Ephraim« (IV. 6.) Dabura scheint vielmehr das Dabrath des Josua (XIX. 12. XXI. 28.), welches Eusebius als Dabira kennt.
Hart an Dabura, das zwei Stunden von Nazareth entlegen ist, steigt der Thabor frei aus der Ebene, wie ein breiter Kegel empor. Dieser berühmte Berg, eine der Denksäulen im Gebiete der Religionen, ist eigentlich eine Fortsetzung der Höhen von Nazareth. Er fällt nach allen Seiten[S. 133] gleich steil ab. Eichen, wilde Pistazienbäume und dichtes Gesträuch decken dessen Rücken. Man braucht eine starke Stunde, um den Gipfel zu erreichen, weßhalb auch Jeremias in seiner Prophezeiung gegen Ägypten von dem »Schlächter aus Mitternacht,« der es besiegen wird, sagt: »Er wird daher ziehen, so hoch, wie der Berg Thabor unter den Bergen, und wie der Karmel am Meer!« (XLVI. 18.) Der Gipfel hat etwa eine halbe Stunde Umfang, ist geebnet und von Resten einer Umwallung, durch die an der Westseite ein Bogenthor (Bab-el Hauwa, die Windpforte) führt, umschlossen. Grundfesten und Cisternen deuten auf uralte Benützung dieser unvergleichbaren Stelle, von wo das Auge alles Land zwischen dem Karmel am Meere, den Schneegipfeln des Libanon und Antilibanon, den Gebirgen von Damaskus, des Landes Hauran und des steinigen Arabiens umfaßt. Schon zu den Zeiten der Einwanderung der Israeliten wird einer Stadt Thabor gedacht, die an die Priesterkaste gegeben wurde (Chron. VII. 77). »Wie waren die Männer,« fragte Gideon, die gefangenen Midianiter-Fürsten Sebah und Zalmuna, »die ihr erwürgtet zu Thabor?« — diese antworteten: »Sie waren wie du, und ein jeglicher schön, wie eines Königes Kind.« Er aber sprach: »Es sind meine Brüder, meiner Mutter Söhne gewesen. So wahr der Herr lebt, wo ihr sie hättet leben lassen, so wollte ich euch[S. 134] nicht tödten.« Und er tödtete sie. (Richt. VIII.) — Polyb (lib. V.) kennet Thabor unter dem Namens Atabyrium, worin der ursprüngliche Laut nicht verkennbar ist, und dem selbst derjenige des heutigen Dabura nahe liegt. Man könnte also auch Dabura und Atabyrium für einen und denselben Ort halten; aber Polyb sagt ausdrücklich, daß die genannte Stadt auf der Spitze eines fünfzehn Stadien hohen Berges lag, was wohl auf Thabor, nicht aber auf das in der Ebene liegende Dabura sich anwenden läßt. Josephus nennt den Berg selbst ορος Ιταβΰριον (Ant. V. 23.) und die oben liegende und ummauerte Stadt auch Αταβΰριον. — Adamnanus, ein Schriftsteller des siebenten Jahrhunderts (lib. II. de loc. sanct.) spricht von einem geräumigen Kloster auf dem Gipfel des Thabor und von Grotten, welche die Mönche daselbst bewohnten. In einer dieser Grotten wird noch von den Katholiken Gottesdienst gehalten, und zwar am Peterstage; nicht ferne davon auch von den Griechen, aber am Tage von Maria Geburt; beide betrachten die Stelle als diejenige der Verklärung.
Das mittelländische, oder wie die Israeliten es nannten, das große Meer und der See von Tiberias breiten dem Auge des auf dem Gipfel des Thabor Stehenden ihren glänzenden Spiegel hin. Die Berge von Samaria, diejenigen von Gilboa liegen nahe vor dem Blicke; am nächsten[S. 135] der Hermon, an Gestalt und Höhe dem Thabor gleich, aber auf breiterer Grundlage ruhend und mit einer weit sichtbaren Moschee gekrönt. »Mitternacht und Mittag hast du geschaffen; Thabor und Hermon jauchzen in deinem Namens« (Psalm. 89). — Am Fuße des letztern zeigt sich Naim, wo Christus den Sohn der Wittwe erweckte (Luk. VII. 11.), und Endor, so bekannt durch das Weib, das dem Könige Saul, am Vorabende seiner letzten Schlacht gegen die Philistäer, den Schatten Samuels herauf rief, der ihm die furchtbaren Worte sagte: »Morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir seyn!« (Sam. XXVIII.) — Auch die beiden Dörfchen erblickt man, wo in unseren Tagen die Franzosen die Schlacht am Thabor schlugen. Weit ausgebreitet aber liegt in ihrer ganzen Länge die Ebene von Esdrelon vor dem Blicke, wahrlich vom Himmel zum Schlachtfeld gebildet! — Vor meinem Geiste stiegen die alten Bilder empor, die neunhundert eisernen Wagen des Sissera, sein Kampf, seine Niederlage gegen die Männer der Stämme Naphtali und Sebulon, von dem begeisterten Weibe Debora geführt!
»Sebulons Volk wagte seine Seele in den Tod! Naphtali auch, in der Höhe des Feldes.«
»Die Könige kamen und stritten« ...
»Der Bach Kischon wälzte sie, der Bach Kedumim. Tritt, meine Seele, auf die Starken!«
»Da rasselten der Pferde Füße vor dem Zagen ihrer mächtigen Reiter ...«
»Gesegnet sey unter den Weibern Jael, das Weib Hebers des Keniters; gesegnet sey sie in der Hütte unter den Weibern!«
»Zu ihren Füßen krümmte sich Sissera, fiel nieder und legte sich, und krümmte sich, und fiel wieder zu ihren Füßen; und wie er sich krümmte, so lag er verderbet.«
»Die Mutter Sisseras sah zum Fenster hinaus, und heulete durchs Gitter: Warum verziehet sein Wagen, daß er nicht kommt? — Wie bleiben die Räder seiner Wagen so dahinten?...«
»Also müssen umkommen, Herr, alle deine Feinde! die dich aber lieb haben, müssen seyn, wie die Sonne aufgehet in ihrer Macht!« (Richt. V.)
Eine starke Stunde nordöstlich vom Thabor, am Fuße der Höhen von Nazareth, stehen zwei verlassene viereckige Kastelle. Die Stelle heißt Suchel-khan, oder auch der Khan von Dschäbel Tor. Wir fanden ein großes Treiben von Menschen dort, weil eben Montag war, und an diesem Tage dort Markt zwischen den Bewohnern von Nazareth und Tiberias und den Beduinen zu seyn pflegt. Diese bringen Pferde, Rinder, Schafe; jene Kleiderstoffe, Werkzeuge, Eßwaaren und Stuten, um sie bespringen zu lassen. Reihen gelegter Steine bezeichnen die den[S. 137] verschiedenen Waaren zugewiesenen Plätze, und Kauf und Verkauf gehen in voller Ruhe und Sicherheit vor sich. Ich trieb mich, ohne im mindesten belästiget zu werden, unter diesem Volke herum. Die Beduinen waren aus den Stämmen Anasi (aus der Wüste), Beni-Sohor (am Jordan), Szefech (am Thabor) und aus turkomannischen Horden. Diese Beduinen sind durchaus Hirten, und gehören nicht in die Klasse jener rein-arabischen Wanderhorden, die man in der Syrte, in Ägypten, in Nubien und im eigentlichen Arabien findet.
Die beiden Kastelle scheinen byzantischer Anlage und sarazenischen Zubaues. Sie liegen in Trümmern. — Von der Höhe des oberen hat man einen Ausblick in die Ebene des Jordan, wo sich der Ort Kokeb, 38° südöstlich, wie ein Vorgebirge krönend zeigt. Da wir uns östlich hielten, so hatten wir noch sanfte Höhen zu überschreiten, aus denen die Dörfchen Kuffre-Käne und Sahruni (1 Stunde) liegen. Das erste wird für das Städtchen Kana gehalten, wo Christus das Wasser in Wein verwandelte. Nachdem man eine von allen Seiten umschlossene Ebene, an deren Nordseite der Mons Christi oder Mons beatudinis (im Arabischen Kerun-Hottein), wo die Fünftausend gespeiset wurden, sich hebt, durchritten, und den Rücken der nächsten Hügelscheide erreicht hat, liegt zur Linken der See[S. 138] von Tiberias, ein riesiger Spiegel, der die Schneegipfel des Antilibanon und die finsteren Gebirgswände von Bethulia widerstrahlt, herrlich vor den Blicken; vor sich und zur Rechten aber zeigt sich, farblos und tief eingesenkt, die breite Flur des Jordan, dessen schimmernder Streif von dort, wo er aus dem See tritt, bis weit hinab gegen Süden wie das belebte Auge eines erstarrten Körpers dem Schauenden entgegenblitzt. Etwa tausend Schritte unter dem Ausflusse stehen eilf Steinbogen im Flusse, Trümmer einer Brücke. Dort erreichten wir, nach zwei Stunden Weges von Saruhni, den heiligen Fluß, in welchem noch heut zu Tage Christen, Muselmänner und Juden mit gleicher Andacht sich baden.
Es herrscht ein wunderbarer Geist der Stille und Verlassenheit in diesen Gefilden. Obwohl am Ufer und in der Ebene lange Strecken mit Tabak, Dura und Getreide bepflanzt sind; obwohl am südlichen Gestade des See's das Dörfchen Schannag sich zeigt, so ist es doch, als wohne kein menschliches Wesen auf dieser berühmten Flur. Sie ist eine abgeräumte Bühne; ihre Könige und Helden, ihre Entzückungen und Gräuel, ihre Jubelgesänge und ihre Thränen sind nicht mehr; Schweigen sitzt wie eine Mutter über der Vergangenheit und hüllet die Wundmale ihres Kindes ein.
Das Thal des Jordans trägt im Arabischen den Namen El-Ghor. Es wird an der Ostseite von steilen, nackten, wenig gezeichneten Gebirgen begleitet. Der Jordan, in vielen Windungen, hält sich meist an der Westseite. Hadrian Relandus (Palaestina Illustrata I. 4) gibt demselben 1200 Stadien Länge, was wenigstens um die Hälfte zu viel ist. Im Norden bildet der See von Tiberias, den die Bücher Moses das Meer von Kinnereth nennen, im Süden das todte Meer dessen Gränzen. Jericho in der südlichen Hälfte, und Scythopolis, die Betschean oder Betsan der Schrift, in der nördlichen, waren die vorzüglichsten Städte derselben. Ich halte die letztere für die heutige Kokeb.
Das Wasser des See's Tiberias ist klar. Keine einzige Barke belebte den weiten Spiegel, in den hoch herab, in Nordnordost, der Dschäbel El-Hesch, die Südspitze des Antilibanon, niedersah. Die Breite von El-Ghor mag da zwei Stunden betragen.
Auf dem zweiten Pfeiler der Ruinen der Brücke, bis zu dem ich das Wasser des Jordan durchwatet hatte, sitzend und das Reisemahl verzehrend, wurde mir ein malerisches Schauspiel zu Theil. Es zogen nämlich, aus dem Hauran zurückkehrend, Karawanen von mehreren hundert Kameelen durch die Ebene[S. 140] einher und über den Jordan nach Tiberias hinauf. Fünf bis sechshundert Reiter und Fußgänger begleiteten dieselben als Bedeckung. Es war die Sendung, die der Pascha von Akka jährlich auf die Pilgerstraße machen muß, die von Damaskus durch das Hauran nach Bosra und weiter über Wadi-Musa nach Mekka zieht. Ein beträchtlicher Theil der Truppenkraft des Pascha ist zum sicheren Geleite der Lebensmittel verwendet, welche zu Mezarib (Astaroth) niedergelegt zu werden pflegen. Die Dehlis sahen mich und die Meinigen nicht ohne Verwunderung auf dem Pfeiler im Jordan thronen; keiner aus ihnen gab uns aber auch nur ein böses Wörtchen. Sie gingen durch die Furt nahe unter der Brücke, wo der Fluß an achtzig Schritte Breite hatte, und in seiner größten Tiefe dem Fußgeher bis an die Brust reichte.
Das Wasser des Jordans ist leicht und angenehm. Ich sah viele Fische darin. Die Ufer sind dicht mit Rosenlorbeern und Bäumen besetzt. Nachdem ich mich gebadet und eine Flasche aus dem Flusse und eine aus dem See gefüllt hatte, ritt ich nach Nazareth zurück.
Der arabische Name des Jordan ist Scheriet-el-Kebir; der des Berges Thabor: Dschäbel Tor; der der Ebene Esdrelen: Merdji Ibn Aamer.
Am Morgen meiner Rückreise nach Akka war ich[S. 141] noch werkthätiger Zeuge eines christlichen Geschäftes zu Nazareth. Der Pater Vitus Filkuka bat mich, der Bekehrung eines Juden beizuwohnen. Es war ein armer Schneiderjunge aus Baireuth, weiß Gott wie nach dem Orient gerathen, und ihm von der Gemeinde zu Kairo zu diesem wohlthätigen Zwecke zugesendet. Die Abschwörung der Ketzerei und Aufnahme in den Schooß der christlichen Kirche geschah feierlich vor dem Hochaltare, wobei mein Landsmann eine deutsche Predigt hielt, die außer dem Aufzunehmenden und mir Niemand verstand, aber alle mit Erbauung anhörten. Ich hielt dem Jungen eine andere in derselben Sprache, wobei er in Thränen zerfloß, und das ganze Auditorium gerührt wurde.
Von Nazareth nach Kaipha führt der Weg über die Einsattlung im Norden des Städtchens und jenseits in ein reichbewässertes Thal, durch das ein Bach fließt, der ein Paar Mühlen treibt (1-1/2 St.). Dann reitet man über waldige Hügel. Von der Stelle, wo man die Bai von S. Jean d'Acre zuerst erblickt, liegt das Kirchlein auf der Höhe von Nazareth 43° südöstlich; S. Jean d'Acre 30° nordwestlich; das Vorgebirge des Karmel 75° nordwestlich; die höchste Spitze der Gebirge von Samaria südlich.
Am Ausgange der Waldhügel findet man das christliche Dorf Schfamer (2 St.), groß und mit[S. 142] einem Schlosse versehen, mit tiefen und guten Brunnen und vielen in Felsen gehauenen Getreidemagazinen. Durch ein baumreiches Thal steigt man in die Ebene nieder, erreicht die breiten Dünen des Gestades (2 St.), geht über den Kischon und folgt der See bis Kaipha (1-1/2 St.). Vor unseren Augen schoß ein Soldat des Pascha in der Ebene eine Gazelle; auch viele Hasen trieben wir auf. In Kaipha feierten die Bewohner eben die Bestätigung Abdallah's in den Paschaliken von Akka, Seida und Tripolis, eine Förmlichkeit, die alle Jahre Statt hat. Der Sultan ist nur dem Namen nach Herr in diesem Lande. Auf der Rhede von Kaipha lag mein Schiff; ich betrat es mit freudigem Gefühle, als wäre es ein Stück meiner Heimath.
Vorbereitet durch diese Reise und Carafago mit mir führend, ruderte ich am Morgen darauf in einem Boote des Veloce nach S. Jean d'Acre, das ich nach anderthalb Stunden erreichte. Man machte an dem Thore Anstand uns einzulassen, und wir mußten über eine Stunde auf die Erlaubniß hiezu warten. Man bewirthete uns jedoch einstweilen mit Kaffeh und Pfeife. Endlich wurde uns zugestanden, in des Konsuls Haus zu gehen. Von dort aus ließ ich dem Pascha wissen: ich wäre gekommen, um ihn zu sprechen. Er, auf einem seiner Landhäuser eine halbe Stunde im Norden der Stadt befindlich, [S. 143]wies mich an seinen Kiaja. Da ich über diesen Vortheilhaftes hörte, so ging ich zu ihm, und fand einen jungen schönen Mann, aus dem Kaukasus geboren, und Freund des Pascha. Es gelang mir, ihn zu bestimmen, an den Pascha zu schreiben, um diesen über die Besorgnisse der Eitelkeit zu beruhigen, die mir die Seele seines Widerstandes zu seyn schienen. Dieser Schritt führte zum Ziele. Während der Nacht, die ich im Konsulate zubrachte, erschien ein Offizier des Pascha mit der Botschaft: Abdallah sey, um mich zu sehen, in die Stadt zurückgekehrt und erwarte mich in der ersten Stunde nach Sonnenaufgang. Viele Offiziere kamen mich abzuholen. Ich fand längs der Straße des Pallastes die Soldaten in Reihe gestellt, und eben so im Pallaste selbst den ganzen Schwarm der Hausbedienten bis an die Thüre des Saales, in welchem der Empfang Statt haben sollte. Ich erwartete einen finsteren Mann zu sehen, aus dessen Augen die Flecken des Blutes nicht wegzutilgen wären, die er von Händen und Kleidern waschen konnte. Ich fand auf dem Divan sitzend in einer der Ecken dieses heiteren, sonnenhellen Gemaches, durch dessen Fenster See und Land in weiter Verbreitung sich zeigten, einen freundlichen Mann, nicht über drei und dreißig Jahr alt, etwas von Blattern bezeichnet, in einfachem, doch höchst reichem Kleide, einen Barbareskenmantel um sich, vorne durch diamantene Schließen gehalten, [S. 144]einen herrlichen Handschar im Gürtel von Diamanten strotzend, Blumen aus Schooß und Divan. So wie ich mich gesetzt hatte, reichte er mir einen Rosenstrauß. Er sprach mit Milde, Glanz und Feinheit über die Weltangelegenheiten, über die europäischen Fürsten, über den Sultan. Nach und nach leitete ich das Gespräch aus Catafago, und gewann ihn so sehr, daß er das Geschehene beklagte, die genommene Geldsumme zurückstellte, die Wiedereinsetzung des Konsulats und die feierliche Erhöhung der Flagge für den nächsten Morgen versprach und in alle übrigen Forderungen einging, die ich ihm unter dem Kleide von Wünschen vorbrachte. So sehr hängt im Orient jedes Geschäft an der Form, und auch das schwierigste gelingt, wenn diese nicht verletzt wird. Das Mißtrauen in die Europäer ist zu groß, als daß diese durch schriftliche Unterhandlung leicht zum Ziele kommen; aber im mündlichen Zusammenseyn, in Beobachtung der landesüblichen Ruhe, Heiterkeit und Schonung ist mit Niemanden leichter ein Geschäft glücklich zu Ende zu bringen, als mit dem Morgenländer, da, mit sehr seltener Ausnahme, die Grundlage seines Charakters die Wahrhaftigkeit ist.
Kaum waren wir zurück im Konsulate, so kam die Musik des Pascha; dann zu Besuch und Glückwunsch für Catafago nach und nach die ganze Stadt. Der Greis weinte vor Freuden, und Boten eilten nach Nazareth, um seine Familie für den nächsten[S. 145] Morgen auf die Spitzen des Gebirges zu bescheiden, damit sie am Kanonendonner sich ergetzen könnte.
Ich besah die Stadt. Sie ist ein Viereck von nicht viel über 500 Schritte Grundlinie, auf zwei Seiten von der See bespült. Die Mauern waren zur Zeit Buonapartes einfach; jetzt ist auf den Landseiten eine zweite Mauer vorgelegt. Das Landthor geht durch die Ostseite nahe am Gestade. Diese Seite hat drei, die Nordseite vier bastionirte Thürme. Die Courtinen an jener sind für drei, an dieser für vier Geschütze eingerichtet. Der Graben ist breit und tief. Die Festung ist mehr als irgend eine der levantischen Küste in Ordnung. Abdallah baute hinter der Mitte der Nordseite einen hohen, festen Thurm, welcher die Citadelle bildet. Fast alle Gebäude im Innern der Stadt sind von hohen Mauern eingeschlossen, was den Sturm auf dieselbe ungemein schwierig und gefährlich machen muß.
Außen, nach Nord und Ost, ist Wellengrund und Ebene. Einige Landhäuser beleben dieselbe, und im Nord gewährt eine Wasserleitung, mit vielen Bogen von einem Hügel zum andern gezogen, einen malerischen Anblick. Suterazi, d. i. Wasserhebpfeiler, bringen das Wasser nach der Stadt. Im Osten sieht man viele Grundfesten und sonstige Spuren des alten Ptolemais; im Inneren viele Granit- und [S. 146]Marmorschäfte, aus Cäsarea und Askalon herbeigebracht. Jene dehnen sich auf eine halbe Stunde längs dem Gestade und bis an die Mündung des Belus aus, dieses in der alten Zeit so geschätzten Flüßchens, wo das erste Glas erzeugt worden war. — Die Türken erstürmten Ptolemais, nach langer Belagerung, am 19. Mai 1291, und zerstörten die Stadt vom Grunde aus. Ein mächtiges Kaufhaus, eine ansehnliche Moschee und viele starke Privatgebäude scheinen zum Theil noch aus jener Zeit herüber zu leben; so auch die Ruinen der einstigen Kathedrale zum heil. Andreas, das Kloster der Hospitaliter, der Pallast des Großmeisters und die Reste eines Nonnenklosters, von welchem die Sage geht, daß, am Tage der Erstürmung der Stadt die frommen Frauen durch einmüthigen Entschluß sich die Nase abschnitten und das Gesicht verwundeten, um durch diese Entstellung die Gier der Sieger zurückzuschrecken. Dieß war ihnen auch gelungen, und sie fanden nur den Tod unter den Säbeln der Feinde.
Das Wasserthor geht nach dem Hafen, der klein, eng und ganz offen ist. Kriegsschiffe können nur auf der Rhede ankern. Auch diese ist sehr gefährlich wegen der Gewalt der Westwinde, welche die täglichen und das Heil des Landes sind. Die Hafenmauer ist eingestürzt, so daß das Schloß an der Spitze derselben nun abgesondert steht.
Akka hat dermalen 10,000 Einwohner, darunter 2000 Christen, wovon fast drei Viertheile Katholiken sind. Der Pascha hat das Monopol des Handels eingeführt, kauft das Getreide zu geringem Preise und sendet es nach den europäischen und andern Plätzen. Er war vor wenigen Jahren in offenem Krieg gegen die Pforte, die ihn vergeblich durch Derwisch-Pascha belagern ließ. Mehmed-Ali verglich ihn mit der Pforte. Seit aber dieser starke Nachbar den Besitz von Syrien für sich selbst angesprochen hat, ist die Eifersucht Abdallah's gegen denselben aufs Äußerste gebracht. Er war es, der eben als ich dort mich befand, den Marsch von 12,000 Mann geregelter ägyptischer Truppen, die Mehmed-Ali zu dem gegen die Russen stehenden Heere des Sultans senden wollte, in der festen Überzeugung hintertrieb, daß diese Truppen, einmal in Syrien angelangt, dies Land nicht wieder verlassen würden.
Am 1. Mai mit Sonnenaufgang war ich mit der Veloce vor Akka. Die österreichische Flagge, auf diesen Wällen gegründet, wurde, wie es verabredet war, in diesem Augenblicke auf dem Konsulate gehißt. Ich gab den kaiserlichen Gruß von ein und zwanzig Kanonenschüssen, den die Festung mit dem Abfeuern alles ihres Geschützes beantwortete. Die Haustruppen des Pascha, an 2000 Mann, standen dabei auf den Wällen, und kriegerische Musik tönte bis zu uns herab. Alles Voll der Stadt und der Umgegend war in Bewegung.
Nachdem die Feierlichkeit vorüber war, dankte ich der Festung mit der gleichen Zahl Kanonenschüsse, und sie gab mir den Gruß, Schuß für Schuß, zurück. Dann ließ ich die Segel in den Wind brassen, fuhr längs der Küste von Tyrus und Sidon langsam hinauf, und ging nach Cypern.
Wien.
Gedruckt und im Verlage bey Carl Gerold.
1831.
[A] Bend ist eine Verdämmung des Thales zum Wasserbecken. Diese vortrefflichen Bauwerke, in ganz Asien bekannt, sind an mehreren Orten, wie z. B. bei Konstantinopel, mit großer Pracht ausgeführt.
[B] So nannten mir die Mönche den Berg. Ich halte dafür, daß dorthin Kiriath-Jearim zu setzen komme. (Sam. VII. — 2 Sam. VI. — Chron. III.)
[C] Aus der Familie der Lotosbäume. Siehe auch Koran, Sure 24 und 53.