Title: Über die weiblichen Brüste
Author: Johann Georg Klees
Release date: July 23, 2016 [eBook #52628]
Language: German
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Anmerkungen zur Transkription
Der vorliegende Text wurde anhand der 1806 erschienenen Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Zeichensetzung und offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche sowie inkonsistente Schreibweisen wurden beibehalten, insbesondere wenn diese in der damaligen Zeit üblich waren oder im Text mehrfach auftreten.
Im Original gesperrt gedruckte Passagen werden hier in Fettdruck dargestellt.
VON
DR. JOHANN GEORG KLEES.
Dritte vermehrte Auflage.
Frankfurt a/m
in der Andreäischen Buchhandlung
1806.
Die Heilkunde, einer der erhabensten Gegenstände des menschlichen Wissens, ist auf dem höhern Gipfel ihrer Vollkommenheit nur dazu geeignet, alle in dem kranken Körper gegründeten Hindernisse des Lebensgenusses, und den Tod selbst, welchen der Philosoph unter dem Bilde des Schlafes, unter einer nichtsraubenden Formveränderung sich denkt, so viel als es jenes unumstößliche Naturgesez erlaubt, weiter zu entfernen.
Die Gesundheiterhaltungskunde, einer der verdienstlichsten Zweige der allgemeinen Heilkunde, macht es uns zur Pflicht, den gebildeten Nichtarzt über die Geschichte verschiedener Krankheiten, über die Ursachen, wodurch gelegentlich sie entstehen, und über die Mittel, wie sie sich vor ihnen am sichersten schüzzen könnten, zu belehren. Ein billiges, vernünftiges, und folglich entscheidendes Urtheil über den Arzt und seine Bestimmung können wir von der Welt nur dann erwarten, wenn wir sie ohne Rükhalt mit den Gränzen unserer Wissenschaft, und mit den Schwierigkeiten, welche bei der Heilung dieser oder jener Krankheit eintreten, bekannt gemacht haben. Wollen wir die vielen, und mancherlei schädlichen Vorurtheile in der Medizin, die nichts als Unheil[v] bringenden Marktschreier und den Einfluß ihrer Gewinnsucht auf den Kranken bekämpfen, und ausrotten; so kann das nur durch Überzeugung, durch eine lichtvolle Darstellung triftiger Gründe geschehen.
Unter diesen und ähnlichen Voraussezzungen, und weil ich wohl bemerkte, daß auch das zweite Geschlecht mit Büchern über wissenschaftliche Gegenstände sich beschäftigte, gab ich diesem vor einigen Jahren meine kleine Abhandlung: „über die weiblichen Brüste,“ in die Hände, mit dem einzigen Wunsche, zu nüzzen, und vielleicht etwas zu der so folgereichen Erhaltung der Schönheit und Gesundheit des Busens, was auf keine Weise gleichgültig seyn dürfte, beizutragen. Gegen alle meine Erwartung häufig wurde das Buch gelesen, in[vi] vielen öffentlichen Blättern empfohlen, und von allen Kunstrichtern, welche ihm ihre Aufmerksamkeit schenkten, erhielt ich die schmeichelhaftesten Versicherungen seiner Brauchbarkeit.
Von dieser Zeit an konnte es nur mein Bestreben seyn, jene Urtheile zu rechtfertigen. Ich habe daher noch viele zu meinem Gegenstande gehörige Bemerkungen und Erfahrungen gesammelt, und dadurch ist die gegenwärtige dritte Auflage beträchtlich vermehrt worden. Ganz umgearbeitet und vollständiger ist die Beschreibung des Baues und der Verrichtungen der weiblichen Brüste in dem gesunden und kranken Zustande. Bei der Lehre von der Behandlung derselben in dem Wochenbette, und von dem Entwöhnen des Kindes, und von der Beschaffenheit der Milch ist vieles neu hin[vii]zugekommen, so wie ich auch jezt erst einige Beobachtungen am Krankenbette beifügte, und dadurch die Anwendung der allgemeinen Regeln für bestimmte Fälle deutlicher zu machen hoffte. Eingestreuet habe ich hier und da mehrere nicht medizinische Stellen und Vergleichungen, um bei dem Lesen dem Ganzen mehr Unterhaltung zu verschaffen; und wenn hin und wieder einige Paragraphen nicht allen Leserinnen ganz verständlich wären, so dürfte das von Kunstverwandten mit der Forderung von Vollständigkeit entschuldigt werden, so wie ich mir in Absicht auf die Deutlichkeit des Vortrags manche Wiederholung gestatten mußte. Vielen der bewährtesten Schriftsteller unserer Zeit, und einigen meiner Vorgänger in demselben Fache, dankbar bekenne ich es, bin ich in die[viii]sem Buche gefolgt; ich habe ihren nuzzenreichen Lehren dadurch einen veränderten, vielleicht einen ausgebreitetern Wirkungskreis zu geben gesucht.
Möchten meine Leser diese erneuerte Bearbeitung eines so wichtigen Gegenstandes aus der populären Arzneikunde eben so gütig aufnehmen, als die vorigen!
Frankfurt
im Januar 1806.
Der Verfasser.
I. | Bau und Nuzzen der Brüste. | |
§. | 1. und 2. Einleitung. | |
3. Lage der Brüste. | ||
4. Zahl der Brüste. | ||
5. Hof. | ||
6. Warze. | ||
7. Hautbedekkung. | ||
8. Drüse. | ||
9. Pulsadern, Blutadern, Nerven und absorbirende Gefäße. | ||
10. Wachsthum der Brüste. | ||
11. Mitleidenschaft derselben. | ||
12. Milchbereitung. | ||
13. Milch. | ||
14. Beschaffenheit derselben. | ||
[x] | 15. Veränderung der Milch. | |
16. Anwendung dieser Beobachtungen auf die Heilkunde. | ||
II. | Krankhafte Erscheinungen bei dem Bau und den Verrichtungen der Brüste. | |
§. | 17. und 18. Verschiedenheit in der Form der weiblichen Brüste. | |
19. und 20. Besondere Abweichungen von dem gewöhnlichen Baue. | ||
21. Fehler der Brustwarze. | ||
22. Milch bei Männern. | ||
23. Fehler in der Milch und deren Bereitung. | ||
III. | Sorgfalt für die Brüste, vor und in den Jahren der Mannbarkeit, und in dem nichtschwangern Zustande. | |
§. | 24. und 25. Schönheit der weiblichen Brüste. | |
26. und 27. Diätetik im Allgemeinen. | ||
28. Ueble Haltung. Leidenschaften. | ||
29. Onanie. | ||
30. Beförderung der Reinlichkeit. Waschwasser. | ||
31. Sommerflekken. | ||
[xi] | 32. Schminkeverunreinigung. | |
33. Bedekkung des Busens. | ||
34. Entblößen desselben. | ||
35. Besondere Gewohnheiten dabei. | ||
36. Einfluß der Schnürbrüste auf den Busen. | ||
37. Nachtheile derselben im Allgemeinen. | ||
38. Vorzüge der modernen Kleidertracht. | ||
39.Möglicher Mißbrauch derselben. | ||
IV. | Sorge für die Brüste während der Schwangerschaft. | |
§. | 40. Erscheinungen an den Brüsten zu dieser Zeit. | |
41. Vorbereitungen der Warzen zu dem Stillen. | ||
42. Warzenhüte. | ||
43. Ringe von Federharz. | ||
44. Abhärtung der Warzen. | ||
45. Krankhafter Zufluß der Milch nach den Brüsten. | ||
46. Wundwerden der Brüste. | ||
47. Ausschlag an denselben. | ||
V. | Die Brüste nach der Entbindung. | |
§. | 48. Eintritt der Milch in dieselben. | |
49. Milchfieber, Anlegen des Kindes. | ||
[xii] | 50. Verhalten in dem Wochenbette. | |
51. Insbesondere bei dem Stillen. | ||
52. Aufgesogene Warzen. | ||
53. Heilmittel dagegen. | ||
54. Milchausziehen. | ||
55. Entwöhnen. | ||
VI. | Entzündung und Eiterung der Brüste. | |
§. | 56. Ursachen dazu und Verhütung derselben. | |
57. Heilmittel der Entzündung in geringerm Grade. | ||
58. Höherer Entzündungsgrad. | ||
59. Eiterung. | ||
60. Breiumschläge. | ||
61. Freiwillige Oeffnung des Abszesses. | ||
62. Künstliche Oeffnung desselben. | ||
63. Verband. | ||
64. Ueberbliebene Verhärtungen. | ||
65. Einige Rüksichten bei der Behandlung der Entzündung. | ||
VII. | Selbststillen. | |
§. | 66. und 67. Empfehlung desselben. | |
68. Vortheile des Selbststillens. | ||
69. Seltene Beispiele von Säugenden. | ||
[xiii] | 70. und 71. Fälle, wo das Säugen nicht geschehen kann und darf. | |
72. Vertreiben der Milch. | ||
VIII. | Säugammen. | |
§. | 73. Bestimmung und Wahl derselben. | |
74. Ihre Verhaltungsregeln. | ||
75. Beispiele besonderer Ernährungsweisen der Kinder. | ||
IX. | Ernährung des Kindes mit Thiermilch. | |
§. | 76. Vorzüge derselben in einzelnen Fällen. | |
77. Saugflaschen. | ||
78. Schikliche Nahrungsmittel für Kinder. | ||
79. Einige Regeln für die erste physische Erziehung. | ||
X. | Brustkrebs. | |
§. | 80. Beschreibung der Krankheit. | |
81. Ursachen derselben. | ||
82. Besondere Zufälle. | ||
83. Nichtkrebsartige Geschwülste der Brüste. | ||
84. Heilmittel. | ||
85. Operazion. | ||
86. Palliativmittel. | ||
[xiv] | 87. Vorurtheile und Charlatanerien in der Kur des Brustkrebses. | |
88. Schlußbemerkung. | ||
XI. | Beobachtungen. | |
§. | 89. Mangel an Milch. | |
90. 91. und 92. Vereiterung der Brüste. | ||
93. Eiterung der Brust während der Schwangerschaft. | ||
94. Milchknoten. | ||
95. Eiterung der Brust. | ||
96. Wunde Brustwarzen. | ||
97. Scirrhus. |
Dr. Johann Georg Klees
über die
weiblichen Brüste.
Vermehrung und Fortpflanzung des Menschen, dieser höchste Zwek der Natur, hängt von der Vereinigung beider Geschlechter ab, von dem Manne und dem Weibe. Unter ihnen ist das leztere, als der edlere und vorzüglichere Theil, dazu bestimmt, daß aus seinen Eierstökken ein neuer Mensch zu seiner Wirklichkeit hervorgerufen werden, in der Gebärmutter bis zu der vierzigsten Woche wachsen, und nach[4] dieser Zeit durch die Geburt unter die Zahl der übrigen Weltbürger gesezt werden soll.
Was in dem Innern eines Geschöpfes vorgehe, wann es sich der mächtigsten aller Regungen überlassen hat, und nun von einem zweiten befruchtet einem dritten das Leben giebt, — diese Frage hat allgemein und zu allen Zeiten die heiße Neugierde des Menschen gereizt, und in den Versuchen, dieses große Problem zu lösen, ist kein Zugang unbetreten geblieben, wenn man nur irgend wähnen konnte, daß er zu einem Aufschluß hierüber führen werde. Und doch dürfen wir uns keineswegs rühmen, jene Geheimnisse entschleiert zu haben. Einstweilen kommen die meisten Naturforscher darinnen überein, daß in dem vorher rohen ungebildeten Zeugungsstoff der organisirten Körper, nachdem er zu seiner Reife und an den Ort seiner Bestimmung gelangt ist, ein besonderer, dann lebenslang thätiger Trieb rege wird, ihre bestimmte Gestalt anfangs anzunehmen, dann immer zu erhalten, und wenn sie ja etwa verstümmelt worden, wo möglich wieder herzustellen. BLUMENBACH, der diese Theorie lehrte, nennt jene Lebenskraft den Bildungstrieb, und[5] es läßt sich eben so wenig sein Daseyn, als seine Wirksamkeit in der belebten Schöpfung verkennen.
Mannichfaltig und in dem höchsten Grade zwekmäßig sind alle jene Theile, welche das weibliche Geschlecht von dem männlichen unterscheiden, und welche mehr oder weniger auf das Zeugungsgeschäfte Bezug haben. Eines der wichtigsten Glieder in der Reihe von Körpern, welche dem Frauenzimmer ausschließungsweise zugehören, besezzen die Brüste (mammae), jene beiden drüsigten Körper, in welchen die Milch, die erste Nahrung des neugebohrnen Kindes, zubereitet wird.
An dem mittlern und erhabensten Theil der vordern Fläche der Brust, gleich über dem großen Brustmuskel einer jeden Seite, findet man bei dem schönen Geschlechte, nach Erreichung der mannbaren Jahre bis in das Alter, zwei halbrunde Erhabenheiten, auf jeder Seite eine, welche etwas hart anzufühlen und beweglich sind. Ihr äußerster Umfang erstrekt sich[6] der Länge nach von der Gegend des untern Randes der zweiten bis ohngefähr zur fünften wahren Rippe, der Queere nach aber nehmen sie den ganzen Raum zwischen dem Armgelenk und dem Brustbein ein. Bei Kindern beiderlei Geschlechts findet man selbst nicht den geringsten Unterschied in den Brüsten; bei erwachsenen Mannspersonen bleiben sie klein und flach, und bei dem erwachsenen Mädchen nehmen sie die Form eines größern oder kleinern Abschnitts einer Kugel an; mehrentheils sind sie halbrund. Im unverdorbenen, jungfräulichen Zustande äußern sie das Gefühl von Völle, Elastizität und Festigkeit.
Alle lebendig gebährende Thiere, mit warmem Blute und mit Wirbelbeinen versehen, haben Brüste. Ihre Anzahl ist verschieden; nur der Mensch und wenige Thiere haben zwei, die meisten deren vier, zehen bis zwölf. Bei einigen Thieren liegen sie an der Brust, bei andern an dem Bauch und in der Inguinalgegend oder an beiden zugleich. Bei Männern finden wir eben so viel als bei Weibern; sie[7] sind weniger erhaben, breiter und niedergedrükt, mit kleinern Drüsen versehen. Dem Weibe bestimmte die Natur die Brüste an den Thorax: daher sind seine Schlüsselbeine weniger gebogen, und seine obersten Rippen erhabener und breiter. Gemächlichkeit und Schönheit sind bei der Lage der weiblichen Brüste vereinigt. Die Nothwendigkeit erforderte deren zwei, weil nicht nur Zwillinge zuweilen gesäugt werden mußten, sondern damit auch bei Krankheiten und Verderbnissen der Brüste wenigstens eine noch gesund und brauchbar bliebe. Wenn das Kind beständig auf einer Seite nur gesäugt werden sollte, so waren bei den biegsamen Kopfknochen desselben mancherlei Ungestaltheiten zu befürchten. Ich selbst erinnere mich eines Beispiels, wo zufällig ein Knabe von seiner zärtlichen Mutter nur aus einer Brust zu trinken bekam. Er trug einen schiefen Hinterkopf davon.
Als halbkugelrunde Körper haben die Brüste zwei verschiedene Flächen, deren die vorwärts gekehrte rund erhaben, und in der Mitte mit[8] einer Warze, welche ein Hof oder Ringel umgiebt, versehen ist; dahingegen die hintere flach und selbst etwas ausgehöhlt ist, und auf dem großen Brustmuskel anliegt, mit welchem sie auch vermittelst des Zellgewebes verwachsen ist. Der Hof, Kreis oder Ringel (areola) ist in der Jugend bei der Jungfer rosenroth, mit zunehmenden Jahren wird er gelbbräunlich von Farbe. Wenn wir indessen hierinnen nicht selten eine Verschiedenheit bemerken, so beruht dieselbe auf der verschiedenen Farbe der Haare und der Konstituzion des Frauenzimmers. Die Substanz des Hofes ist weich, zellulös und mit einer sehr dünnen Haut umgeben. In der ganzen Fläche derselben sind eine große Menge kleiner Drüsen von dem einfachsten Bau zerstreut anzutreffen, welche eine Fettigkeit hergeben, die zur Verhütung und Linderung derer vom starken und langen Säugen der Kinder an der Warze leicht entstehenden Schmerzen sehr dienlich ist.
Mitten in diesem bräunlichen Ringel befindet sich die Brustwarze (papilla). Man theilt sie in das Grundstük und die Spizze. Mit jenem[9] erhebt sie sich etwas breit, diese ist etwas aufwärts gerichtet. Beide Warzen liegen nicht völlig in der Mitte beider Brüste, sondern etwas mehr nach außen zu, so daß die der rechten rechts, und die der linken links zu stehen kommt. Die Haut, welche die ganze erhabene Fläche der Brüste überzieht, und auch den flächern Warzenkreis bedekt, zieht sich in dessen Mitte um die vollrunde Erhabenheit der Warze zusammen, runzelt gleichsam in ein dichteres Gewebe ein, und bekommt eine andre Farbe. Man trifft auch in der Warze solche einfachen Fettdrüsen an, welche mit denen des Hofs einerlei Nuzzen haben. Die innere Höhle der Warzen ist mit vielem elastischen Zellgewebe angefüllt, welches die Milchkanäle umgiebt. Die darinnen befindlichen Nerven und Blutgefäße sind sämmtlich von ansehnlicher Größe. Aus allem diesem zusammengenommen läßt sich die bekannte Erscheinung des Steifwerdens der Warzen bei einer wollüstigen Empfindung oder bei einem von außen angebrachten Reiz, z. B. dem Reiben mit dem Finger, sehr leicht erklären, indem sich alsdann das Blut hier anhäuft und aufhält. Bei Jungfern und Nichtschwangern sind die Warzen[10] gewöhnlich klein und gedrükt; bei Säugenden und Schwangern hingegen größer, höher und weicher. In ihnen öffnen sich die Milchgänge, welche nach deren Spizzen hinlaufen.
Die allgemeine Hautbedekkung der Brüste richtet sich in der Farbe nach der der Haare. Bei Blonden ist sie weiß, fein und zart, so daß das darunter liegende Adergewebe bläulich durchschimmert; bei Brünetten bemerkt man alles dieses weniger. Die Haut ist elastisch und einer großen Ausdehnung fähig, obwohl sie sich nachher nicht leicht wieder in demselben Grade zusammenzieht. Unter der äußern Haut der Brüste trifft man eine Lage von Fett an, welche die zweite Bedekkung der Milchdrüsen ausmacht. Der drüsigte Theil der Brust nämlich liegt eigentlich zwischen zwei Fettlagen. Die äußere Lage stellt sich in vielen kleinen Klumpen dar, begleitet die Milchleiter, und sezt sich zwischen die Milchdrüsen. Sie macht die Größe und Erhabenheit der Brust aus. Vermittelst ihrer erheben und verschönern sich die Brüste in den ersten Jahren der Mannbarkeit,[11] und der Mangel dieses sich verzehrenden Fettes ist es, welcher bei alten Weibspersonen die Brüste hängend und schlaff macht. Die zweite Fettlage, womit die Brustdrüsen auf der den Rippen zugekehrten Seite bedekt sind, macht nur ein zähes Gewebe aus, vermöge dessen die Brüste auf dem großen Brustmuskel angewachsen sind, und in welchem die Wassergefäße laufen. Der Hof und die Warzen sind größtentheils von diesem Fette entblöst.
Was demnach die eigentliche Substanz der Brüste ausmacht, sind die sogenannten Milchdrüsen. Jene verschiedentlich gebauten Organe unsers Körpers, welche zu Absonderungen gewisser Feuchtigkeiten, wie z. B. des Speichels, dienen, nennen wir Drüsen. Sie bestehen aus einem innigen Gewebe einer zahlreichen Menge von Gefäßen, welche durch dichte Fasern miteinander verbunden sind, zum Theil ineinander übergehen, und mannichfaltige Richtungen und Krümmungen annehmen. Sie endigen sich sodann in einen oder mehrere Ausführungsgänge.
Die Brustdrüse selbst ist verschieden bei den Mädchen und bei der Milchabsonderung, und hier den Speicheldrüsen ähnlich. Ihre vordere Fläche ist ungleich, konvex, die untere hingegen flacher, konkav. Ihr Umfang ist elliptisch. Sie enthält verschiedene Gruben und Einbiegungen, und ist in mehrere, durch Zellgewebe zusammenhängende, Stükke, in kleine Lappen abgetheilt. Ihr äußerer und oberer Rand ist dünner als der hintere und untere.
Die Milchgänge nehmen in unzähliger Menge ihren Ursprung aus dieser Drüse, laufen allmählig in größere Zweige zusammen bis in die Warzen, ohne deßwegen Anastomosen oder Verbindungen unter sich einzugehen, wohl aber werden sie in ihrem Verlaufe einmal weiter und bilden kleine Säkke. Ohne die Anzahl der leztern genau bestimmen zu können, nahm man im Durchschnitt deren funfzehn bis siebenzehn an. Alle jene Milchgefäße laufen also von dem Mittelpunkt der Brüste nach deren Umkreis übereinander weg, so daß der größte Theil der von einem Milchleiter abstammenden Gefäße beieinander bleibt. Alle diese Milchgefäße stellen gleichsam lauter kleine, auf[13] verschiedene Art zusammengehäufte Därmchen vor. Gewöhnlich sind sie zusammengefallen und geschlossen, bis sie durch den innern Andrang von Milch, und durch den Reiz, den das säugende Kind macht, sich öffnen und den abgeschiedenen Nahrungssaft hergeben.
Man hat bei Leichnamen in jeden ausführenden Milchgang nahe bei der Spizze der Brustwarze kleine Röhren eingebracht, durch welche man eine jegliche mit einer Materie von besonderer Farbe, mit roth, gelb oder braun gefärbtem Wachse aussprizte, und gefunden, daß sich diese Farben nirgends untereinander vermischt haben. Daraus folgt, daß die weibliche Brust aus so vielen Drüsen zusammengesezt sey, als abführende Milchgänge in die Brustwarze sich öffnen. Alle diese Drüsen sind durch ein kurzes, zähes, zaserichtes Gewebe ineinander verwachsen. Deßwegen kann auch ein Kind an einer Brust noch saugen, in welcher schon der eine oder andere Milchkanal verstopft ist. Die noch offenen Kanäle sind hinlänglich, die Begierde des Kindes zu sättigen.
Zu ihrer Ernährung besizzen außerdem die Brüste noch eigenthümliche Puls- und Blutadern. Durch jene wird das Blut in dieselben hineingeleitet, durch diese zurükgeführt. Ursprünglich aus dem Herzen durchströmt das Blut in einem gewissen Zeitraum unsern ganzen Körper, kommt in jeden lebenden, ernährten Theil, und von da wieder in das Herz zurük. Endlich haben die Brüste noch eine Menge Nerven, die Werkzeuge der Empfindung in dem menschlichen Körper. Besonders reichlich sind damit die Warzen versehen, und hierinnen liegt der Grund, warum manche Mütter bei dem Säugen der Kinder einen hohen Grad von angenehmer, oft wollüstiger Empfindung haben. Von Pulsadern, welche zu der Brust gehen, entdekt die Anatomie hauptsächlich vier Stämme, die subclavia und deren Fortsezzung, die axillaris, mammaria und die intercostales. Die Blutadern, deren Verästelungen man in den von Milch aufgetriebenen Brüsten schon sieht, begleiten überall die Schlagadern, und laufen endlich in die vena[15] mammaria interna, in die vena thoracica externa und in die intercostales zusammen. Die Nerven der Brüste entstehen von dem Interkostal- oder Rükkennerven, und dann von den Cervikalnerven. Man theilt sie in die Nerven der Drüse, und die der Haut. Die lymphatischen Gefäße der Brüste haben zwei Plexus, den äußern und den innern. Sie nehmen sowohl aus den Milchkanälen selbst, als aus dem Zellgewebe ihren Ursprung. Daher bei Entwöhnenden die schnelle Vertreibung der Milch. Sie dienen dazu, diese Feuchtigkeit einzusaugen und dem Blute wieder beizumischen, und zwar nicht allein durch den ductus thoracicus, sondern auch durch die benachbarten Blutadern. Sie vertheilen sich unter die Drüsen der Achselgrube und in die großen Arm- und Halsblutadern. Wenn Säugende ihre Kinder absezzen, so fühlt man oft die Achseldrüsen, zu denen die hier beschriebenen absorbirenden Gefäße hinlaufen, geschwollen und schmerzhaft.
Zu der Zeit der Mannbarkeit ist das weibliche Geschlecht gewissen Veränderungen in[16] dem Körper unterworfen. Die Brüste fangen an zu wachsen. Die monatliche Reinigung stellt sich ein. Dieses ist ein alle vier Wochen entstehender natürlicher Blutfluß aus den weiblichen Geburtstheilen, welcher einige Tage dauert, und von selbst wieder aufhört. Ohne ihn kann die Gesundheit des Weibes nicht bestehen. Auf diese Naturerscheinungen hat das Klima großen Einfluß. In wärmern Gegenden ereignen sie sich ungleich früher als in kältern und gemäßigten. Bei uns fällt dieser Zeitpunkt in das vierzehnte Jahr, doch leidet es seine vielfältigen Ausnahmen. Das männliche Geschlecht kommt im Allgemeinen später zur Reife. Überhaupt liefern die Organe der weiblichen Brüste zu verschiedenen Zeiten verschiedene Phänomene. Bei neugebohrnen Kindern sind sie ein wenig geschwollen und weich, und bei dem Druk ergießt sich ein wenig Lymphe. Zur Zeit der Mannbarkeit bei dem Erscheinen des Monatlichen erwachen sie gewissermaßen aus ihrem Schlafe: sie fangen an zu leben; es entsteht mehr Blutzufluß, sie werden fetter, härter, wachsen in ihrer ganzen Substanz und formiren die Halbrunde. Von nun an sezerniren sie noch nicht, die Warze ist[17] niedergedrükt, rosenroth. Zur Zeit der Schwangerschaft schwellen sie noch mehr und schmerzen. Nach der Geburt wird die Milch erst abgesondert; die bisher zusammengefallenen Milchgefäße erheben sich von dem Saugen an der Warze. Sie sehen nicht mehr knorpelweiß, blauweiß und glatt aus, sondern sie werden körnigt und uneben. Bei der Entwöhnung kommen sie wieder zur Ruhe bis zu einer neuen Schwangerschaft. Bei dem Aufhören des Monatlichen werden die Brüste ihrer Reizbarkeit beraubt, sie werden magerer, runzlicht, sie verwelken. Die Brüste durchgehen demnach ihr eignes Leben.
Zwischen der Gebärmutter und den Brüsten herrscht eine beständige Mitleidenschaft. Ohne die Wege, welche zwischen beiden Organen Statt haben, anatomisch genau angeben zu können, so zeigt doch die Natur jedem Beobachter zu allen Zeiten jenen Consensus unverkennbar. Man betrachte den Wachsthum der Brüste bei jungen Mädchen, wenn ihre Mannbarkeit eintritt. Man berühre diese Zeugen ihrer Fähigkeit, und frage sie dann, oder beobachte sie[18] doch wenigstens, ob nicht der Siz des Begehrens mitfühlt. Man bemerke die Veränderung desselben um die Reinigungsperiode, bei dem Anfang und Fortgang der Schwangerschaft. Man beobachte, wie das Saugen eines Kindes die Nachwehen und den Abgang der Kindbettreinigung vermehrt, oder wie ein trokkener Schröpfkopf auf der Brust einen Mutterblutsturz anhält. Man erinnere sich, daß die Brüste welk werden, wenn das Kind in der Gebärmutter abstirbt; wie die Milch der Weiber und der Thiere sich abändert, wenn wieder eine Schwangerschaft eintritt; wie die Menstrua der Weiber so spät nach dem Wochenbette erscheinen, wenn die Brüste häufig und lang ausgesogen wurden; wie die Brüste aussehen, wenn die Weiber ihre Reinigung verlieren; und wie gern endlich zu eben dieser Zeit die Gebrechen der Gebärmutter sich den Brüsten mittheilen: — und man wird nach allem diesem um Beweise für eine Mitleidenschaft zwischen beiden Organen nicht verlegen seyn.
In diesen eben beschriebenen Organen wird also die Milch bei dem Weibe, kurze Zeit nach[19] der Entbindung zubereitet oder abgesondert. Die Hilfsmittel, wodurch dieses geschieht, sind die eigens ihnen von der Natur zu diesem Geschäfte verliehenen Kräfte. Die mancherlei Winkel der Gefäße, die Verschiedenheit ihrer Durchmesser, der Dichtheit ihrer Membrane, der Reizbarkeit, ein Anziehungsvermögen ähnlicher Theile, dienen alle zu diesem Endzwek. Die Quelle, aus welcher die Milch entspringt, ist das Blut, in ihm ist der Stoff dazu enthalten. Ganz neuerlich hat man in der Physiologie die Meinung aufgestellt, daß der Speisesaft vor seiner gänzlichen Verähnlichung mit dem Blute in die Brüste abgesezt und ausgeschieden werde.
Diese Milch ist die erste Nahrung des Menschen; durch nichts würde diese Absicht auch besser erfüllet werden. Sie besteht aus einem käsichten, ölichten und wässerichten Theile, nämlich dem Käse, dem Rahm und der Molke. Sie hat einen süßen Geschmak und bildet eine blaulichte, bewegliche Dekke, wenn sie einige Zeit gestanden hat. Durch die Beimischung von Säuren gerinnt sie nicht wie die Kuh- oder[20] eine andre Milch, wenigstens bei weitem nicht so schnell und so vollkommen. Die gute fette Muttermilch bekommt immer einen hellgelben Rahm und dieses ist daher wirklich ein wahres Zeichen einer guten Milch. Unter allen Milcharten ist die vorzüglichste in jeder Hinsicht die Frauenmilch. Sie enthält am wenigsten des käsichten Bestandtheils. Ihr am nächsten kömmt die Eselinnenmilch.
Kupferne Geschirre befördern das Gerinnen der Kuhmilch. Mit einem Vergrößerungsglase untersucht, nimmt man in derselben eine Menge ungleich geformter Kügelchen wahr, deren größere Beweglichkeit vorzüglich davon abhängt, ob die Milch frischer ist, oder schon lange gemolken wurde. Die Molken enthalten ein unter dem Namen Milchzukker bekanntes Salz. Das destillirte Milchwasser verhält sich nicht gerade wie einfaches destillirtes Wasser; sein Geruch und Geschmak, und die Leichtigkeit, mit der es sich verändert, zeigen hinlänglich, daß dasselbe mehrere andere Körper aufgelößt enthalte. Das Residuum der Milch nach abgezogenem[21] Milchwasser giebt, auf freiem Feuer behandelt, eine klare und sehr durchsichtige Feuchtigkeit, und bei fortgesezter Destillazion erhält man etwas Öl, kohlensauern Ammoniak, und am Ende brennbares Gas. Der Rest ist eine schwammigt ausgedehnte Kohlenmasse, welche sich sehr schwer einäschern läßt. Die Asche davon färbt den Veilchensyrup grün, und mit der Schwefelsäure vermischt, entstehen salzsaure Dämpfe. Der Rahm sondert sich am besten und vollkommensten ab in weiten und offenen Gefäßen, bei vollkommener Ruhe, und in einer mäßig warmen Temperatur. Der Rahm existirt schon in der Milch, so bald sie aus dem Euter des Thiers ausfließt. Eben so ist die Butter, ganz wie sie ist, in dem Rahm gebildet, und nach allen ihren Eigenschaften, welche man kennt, enthalten. Die Butter bedarf weder zu ihrer Konkreszibilität, noch zu ihrer mehr oder weniger gelben Farbe eines neuen Zutritts des Oxygens. Das Stoßen ist daher auch das alleinige Mittel zur Bereitung derselben. Die Jahreszeiten, die Natur der Nahrungsmittel und der physische Stand des Thiers haben auf die Eigenschaft und die Farbe der Butter den größten Einfluß. Die Häutchen, welche sich immer bei der abgerahm[22]ten Milch bilden, wenn man sie erwärmt, verdanken ihre Entstehung zunächst dem Zutritt der atmosphärischen Luft. Sie verhalten sich chemisch gerade wie der käsichte Theil der Milch. Die erste bald nach der Geburt aus den Brüsten abfließende Milch oder das sogenannte Kolostrum ist in Rüksicht der Butter, des Rahms und des käsichten Theils von der ordinären Milch wesentlich unterschieden. Auf ein Pfund Kolostrum kann man füglich anderthalb Unzen Butter rechnen, und gerade von dieser großen Menge an fettiger Substanz hängt seine Eigenschaft ab zu laxiren und bei den Neugebohrnen das Kindspech fortzuschaffen.
Die Bestandtheile der Milch von verschiedenen Thieren richten sich nach dem Futter, welches das Thier genießt. Die Milch einer Kuh, die ein wässerichtes Gras frißt, hat wenig Käse. Vom Genusse des Bitterklees (trifolium pratense), des wilden Knoblauchs (allium latifolium palustre), der Münze, (mentha sylvestr.), des wilden Senfs (thlaspi), und des Liebstökkels (ligu[23]sticum) bekommt die Milch einen bittern Geschmak. Die Butter in Neuyork schmekt nach Zwiebeln, weil man den Knoblauch von den Feldern nicht ausrottet, welches die Fütterung verdirbt. Eine Art Saudistel (sonchus) soll den Geschmak der Rennthiermilch verderben. Auch sollen die schirmtragenden Pflanzen den Geschmak der Milch verändern. Die Milch der Kühe, welche Wolfsmilch gefressen haben, erregt Brechen und Durchfälle. Auch nach der Gratiola soll sie eine purgirende Eigenschaft bekommen. Die Milch der Kühe, welche mit Färberröthe gefüttert wurden, bekam eine rothe Farbe; eben diese Wirkung soll der Genuß der Opuntia haben. Der Safran soll sie gelb, der Indigo sie blau färben. Nach bloßen Pflanzenspeisen ist die Milch der Amme sehr zur Säure geneigt, nach bloßen Fleischspeisen wird sie gar nicht sauer. Kranke wollen es sogar am Geschmak der Eselinnenmilch haben merken können, ob das Thier gehörig gestriegelt war oder nicht. Die Milch der Eselin, die auf einem offenen Plaz weidete, erregte dem Kranken immer Passion, wenn sie von dem Knaben genekt war. Wenn Säuglinge das Wechselfieber haben, so giebt man der[24] Amme die Fieberrinde, um das Fieber des Kindes zu heilen. Beischlaf, Geilheit und die monatliche Periode verderben die Milch der Ammen. Purgirmittel, die die Amme nimmt, laxiren das Kind mit, oft das Kind allein. Diätfehler der Mutter wirken auf das Kind, es bekommt leicht Windkoliken, wenn sie Kohl, Hülsenfrüchte und andere blähende Speisen gegessen hat. Ein Rausch der Amme in starken geistigen Getränken soll dem Kinde Konvulsionen zugezogen haben. Heftige Leidenschaften der Amme, Zorn, Ärger, Indignation, können ihre Milch so verändern, daß sie wie ein Gift wirkt, Erbrechen, Durchfall, Konvulsionen, Epilepsie und den Tod erregt.
Auf diesen Erfahrungen, daß die Nahrungsmittel des Thiers die Natur der Milch verändern, beruht der Vorschlag der Ärzte, ihr absichtlich eine arzneiliche Kraft mitzutheilen. Besonders hat man zu diesem Behuf die Ziegen vorgeschlagen, die am leichtesten ein Futter von verschiedener Art fressen. GALEN[25] rühmte vorzüglich die gesunde Milch zu Stabiae, einer Stadt in Kampanien, weil die Wiesen daselbst viele gute Kräuter trugen, RÖSNER empfiehlt gegen die Wassersucht die Milch der Kühe, die mit Mauerkraut (parietaria) gefüttert sind. Bei der englischen Krankheit der Kinder soll man ihnen die Milch von Thieren geben, die Färberröthe unter dem Futter bekommen; bei der Hämorrhoidalkrankheit soll man die Milch von Thieren trinken lassen, die mit der Steinnessel (urtica minor), bei der Verstopfung von Thieren, die mit Salat und Portulak gefüttert sind.
Die Lage der Brüste, ihre geringere oder stärkere Entfernung von einander richten sich theils nach der Größe derselben selbst, theils nach der Beschaffenheit des Brustgewölbes, theils auch nach dem Drukke der Kleidungsstükke, mit welchen man im frühern Alter die Brüste bedekte. Kleine Brüste stehen oft weit voneinander ab, besonders bei hageren, schlanken Personen; da hingegen kurze, untersezte Weiber oft starke, auffallend mehr zusammenstehende große Brüste haben. Blonde und gelbhaarige Mädchen haben feine, zarte und schöne weiße Brüste; Brünetten und schwarzhaarige aber weniger weiße. Bei jenen zeigen sich daher auch die blauen Adern stärker und[27] häufiger, als bei diesen. Eine gelbliche oder bei Brünetten braunere Farbe bekommen die Brüste oft nach vielem Stillen, im Ganzen oder nur an einigen Stellen. Bei Weibern, welche sich viel der Sonne aussezzen, findet man oft ihre obere Hälfte davon braun gefärbt. Wenn ein reizbares Frauenzimmer von Schaam durchdrungen wird, so bekommen ihre Brüste so gut als ihre Wangen die Schaamröthe. Es giebt viele Männer, besonders braune, schwarzhaarige, welche Haare auf der Brust haben. An dem weiblichen Busen finden sie sich selten, nur einzeln aber stark, und auch nur bei Brünetten. Wenn eine Frauensperson eine sehr große Brust hat, so ist daraus noch nicht zu folgern, daß sie auch sehr viel Milch absondern kann; denn manchmal ist es blos die Menge des Fettes, was den großen Umfang macht. Es kann eine ganz kleine Brust doch genugsam Milch zur Stillung eines Kindes hergeben. Mittelmäßig große Brüste sind in dieser Rüksicht die vorzüglichsten. Bei gleichförmig ausgedehnten Brüsten sind die Warzen gerade nach vorne, bei andern mehr voneinander entfernten aber nach dem Arm oder der Seite hin gerichtet. Plattgedrükte Brüste sind[28] immer eine Folge von engen Kleidern, Schnürbrüsten u. dgl. Nach oft wiederholtem Stillen wird der Busen welk, runzelicht und hängend. Eben so nach langdauernden, abmagernden Krankheiten und im hohen Alter.
Gestörte Organisazion der Brust, wie z. B. nach Eitergeschwüren, welche in der Schwangerschaft oder dem Wochenbette geöffnet werden mußten, oder von selbst aufbrachen, geschehen kann, hat eine ungleiche Milchbereitung zur Folge. In der einen Brust wird eine gute, süße, in der andern aber eine bittere, säuerliche oder wässerichte Milch abgesondert. Durch alle folgenden Wochenbette erhält sich alsdann gern die Milch so ungleich, so daß die Säuglinge sie nicht gerne nehmen wollen. Die Farbe der Warzen und ihres Hofs ist in verschiedenen Subjekten sehr verschieden. Bei Blondinen finden sich gewöhnlich diese Theile rosenroth, bei Brünetten dunkler, braunroth. Diese Farbe bleibt entweder die ganze Schwangerschaft hindurch oder sie wird noch mehr erhöhet, selten aber blässer, als sie außer der Schwangerschaft war. Zuweilen ist der Hof[29] groß, zuweilen klein, und so daß er ganz zu mangeln scheint; einmal sind kleine Runzeln, ein andermal hervorstehende Wärzchen darauf zu bemerken. Mancher Hof hat einen ganz bestimmt gezeichneten Umfang, ein anderer verliert sich der Farbe nach ganz unvermerkt in die übrige Haut. Nicht immer steht die Größe der Warzen im Verhältniß mit der Größe der Brüste. Eine große Brust kann eine kleine Warze, und umgekehrt eine kleine Brust eine große Warze haben. Zufälligerweise sind die Warzen bald kürzer, bald länger, bald breiter u. s. w.
Die rechtmäßige Residenz des weiblichen Busens ist der erhabenste Theil der vordern Brustfläche, auf dem großen Brustmuskel zwischen der dritten und sechsten wahren Rippe. Beide Brüste sind durch das Brustbein getrennt. Allein zuweilen liegen sie zu hoch oder zu niedrig, sich so nahe, als wenn sie zusammengeschmolzen wären, oder so entfernt von einander, als wenn sie sich flöhen.
Eine Frau hat zwei Brüste, dieses ist die gewöhnliche Zahl. Doch BARTHOLIN erzählt die Geschichte einer Frau, die drei, und CABROLICUS die Geschichte einer andern, die gar vier Brüste gehabt haben soll. HALLER und PLOUCQUET führen ähnliche Fälle an. Auch will man Beobachtungen von Amazonen haben, die nur eine oder gar keine Brust hatten. Sie litten entweder an einem ursprünglichen Mangel derselben, oder hatten sie durch Abszesse, Geschwüre, den Krebs und durch die Amputazion des Messers verlohren.
In Ansehung der Größe der Brüste haben wir uns ein gewisses mittleres Maaß als Normalmaaß abgesondert, welches wir als das schönste und gesundeste annehmen, und merkliche Abweichungen von demselben für fehlerhaft halten. Bei einigen afrikanischen Völkern, bei den Bewohnern des Südmeers, in Egypten, in Portugal findet man ungewöhnlich große Brüste, die bis unter den Bauch herabhängen, über die Schultern geworfen, und unter den Armen durchgestekt werden können, um das Kind auf dem Rükken zu säugen. Auf dem Kap soll man Geld- und Tobaksbeutel aus den Brüsten der Hottentottinnen bereitet, feil[31] haben. Ach unter uns hat man dann und wann solche ungeheuer große Brüste beobachtet, welche übrigens dabei gesund oder krank waren. BORELL, WELSER, SALMUTH und LESKE erzählen Fälle von Brüsten, die zehn, zwölf, ja gar vier und sechzig Pfund gewogen haben. MANDELSLOH führt ein Beispiel von einem zweijährigen Mädchen an, dessen Brüste so groß wie bei einer säugenden Frau waren, und die schon in ihrem dritten Jahr ihre Reinigung bekam. Ein solches monströs großes Euter ist weder schön noch gesund; es beleidigt das Auge, hindert die freie Bewegung der Arme, die Respirazion durch seine Schwere, und pflegt durchgehends eher arm als reich an Milch zu seyn. Fälle des Gegentheils, Brüste die so klein sind, daß sie ihr Geschäft nicht verrichten können, finden wir noch häufiger. Manche Weiber, die Mannjungfern und besonders die langen, dürren, und hektischen Schatten haben eine platte Brust, wie die Mannspersonen; die Haut ist auf die Rippen aufgeleimt, und die Brustwarze gleichsam in die Knochen eingeschroben. Sind die Eierstökke bei Thieren vor der Mannbarkeit weggeschnitten, so sollen gar keine Brüste[32] entstehen, auch sollen sie sich wieder verzehren, wenn diese Amputazion nach der Mannbarkeit vorgenommen wird.
Die Form einer Halbkugel ist wohl der gewisse Umriß, den eine schöne Weiberbrust haben soll. Um desto kränkender ist es für das weibliche Geschlecht, daß es sich die Natur so oft erlaubt, von dieser Normalform Ausnahmen zu machen. Gewöhnlich pflegt schon das erste Wochenbette diese Form mehr oder weniger zu verlezzen. Man findet sie kegelförmig, zugespizt wie eine Birne, plattgedrükt wie einen Fladen, walzenförmig wie einen Handschuh, oder hängend und sakförmig wie Nester der Beutelmeise. Solche Difformitäten sind, außer dem Verstoß gegen die Regeln der Schönheit, auch dem Geschäfte der Brüste mehr oder weniger nachtheilig.
Es giebt einen gewissen Grad von Derbheit und Härte der Brüste, den wir ihre natürliche Härte nennen, und welcher theils von der Kohärenz der festen Theile, theils von dem Gegendruk der Säfte und des Fettes entsteht. Allein oft finden wir sie zu schlaff, welk,[33] hängend, oder zu hart und starr. Die Derbheit der Brüste ist gleichsam der Barometer der weiblichen Gesundheit. Hat das junge Mädchen getanzt, getrunken, Nächte durchgeschwärmt, so sind am Morgen ihre Brüste welk und ohne Ton. Troz aller Künste haben die leichten Jungfern welke Brüste vom Übermaaß des Beischlafs und der Schwächungen, denen sie bei ihrer Lebensart ausgesezt sind. Jede übermäßige Anstrengung des Körpers und der Seele, nagender Kummer, schwärmerische Traurigkeit, unglückliche Liebe, hizzige und chronische Krankheiten rauben den Brüsten ihre Spannkraft. Eben diese Wirkung hat das Alter, das öftere Stillen und häufige Manipulazionen der Brüste. Ein plözliches Welkwerden des Busens in der Schwangerschaft ist oft ein Vorbote einer bevorstehenden Frühgeburt. Im Gegentheil kann bei dem Eintritt der Reinigung, bei dem Mangel derselben und bei der Mutterwuth, die Derbheit der Brüste ihr natürliches Maaß überschreiten. Zu viel Reizbarkeit und Kontraktilität der festen Theile und ein zu starker Andrang der Säfte sind die Ursachen dieses Zustandes.
Auch die Brustwarze ist, wie wir zum Theil schon oben (§. 18.) gesehen haben, mancherlei Fehlern der Form unterworfen. Sie soll ganz gefehlt haben und ein andermal doppelt da gewesen seyn. Bei unverheiratheten Personen findet man oft statt der Papille eine Grube. Bei dem Stillen kehrt sich durch das Saugen die nach innen gesenkte Haut heraus und die Warze ist da. Zuweilen ist sie so lang und dik, daß das Kind sie kaum mit dem Mund umfassen kann. In einigen Warzen fehlen die Öffnungen der Milchgänge, welches ein ursprünglicher Fehler seyn kann, oder meistens von einem Druk der Schnürleiber herrührt. Endlich bekommt sie zuweilen besonders vom Krebs und der französischen Seuche Risse, Geschwüre und schwammichte Auswüchse.
Die Brüste neugebohrner Kinder beiderlei Geschlechts sind mit einer serösen Feuchtigkeit angefüllt, welche durch den Druk aus den Brustwarzen entfernt werden kann. Einige Ärzte[35] leiteten daraus, wiewohl fälschlich, den Ursprung des Kindswassers her.
Äußerst selten sind die Fälle, wo auch bei dem Manne eine milchartige Feuchtigkeit aus der Brust kam. Herr von HUMBOLDT sah, wenn man öffentlichen Nachrichten (Hamburger Zeitung 1800 St. 89.) trauen darf, in dem spanischen Amerika, und zwar in der Hauptstadt Kanada einen Mann, der so viele und gute Milch hatte, daß er schon seit fünf Monaten ein Kind stillte, weil seine Frau daran verhindert wurde.
Oft fehlt die Milch, wo sie da seyn sollte, die Brüste bleiben nach der Geburt welk; es erzeugt sich gar keine Milch oder es sondert sich ein unbedeutendes Etwas ab, das mehr Lymphe als Milch ist. Ein andermal sondert sich zu viel Milch ab, die Brüste schwellen stark an, schmerzen, das Kind kann vor Geschwulst nicht saugen, und die Mutter wird durch den übermäßigen Zufluß von Säften entkräftet. HALLER erzählt von einer Frau,[36] die außer der Milch, welche das Kind sog, noch täglich drei Maaß derselben verlohr; und von einer andern, die sechs Pfund Ziegenmilch trank, und davon einen solchen Zufluß der Milch bekam, daß ihre Brust fast geplazt wäre, und was erst durch das Saugen vieler Kinder bezwungen werden konnte. Zuweilen finden wir Milch bei Personen, die keine haben sollten, bei Kindern, Jungfern, Männern und alten Weibern (§. 22. u. §. 69.). Oft wird die Milch durch ungewöhnliche Wege, durch eine Wunde des Fußes, durch die Geburtstheile ausgeleert. SCHURIG erzählt von einer Frau, welche während der Schwangerschaft das Bein zerbrochen hatte, die Knochen waren zersplittert, es entstand ein großes Geschwür, das bis auf ein kleines Loch am Fußgelenk zuheilte, aus welchem vor der Geburt zu der Zeit des Vollmonds Blut, nach der Geburt die Kindbettreinigung und dann mehrere Wochen lang eine große Quantität Milch abfloß. Eben derselbe erzählt ein anderes Beispiel von einem neunzehnjährigen Mädchen, dessen Brüste unmäßig anschwollen und Milch gaben. Als sie diese aus den Brüsten vertrieb, stellte sich bei ihr eine Reinigung durch die Gebärmutter ein,[37] die wie wahre Milch aussah und roch. Es giebt fast keinen Theil des Körpers, aus welchem man nicht dann und wann hat Milch ausfließen sehen: aus dem Munde, den Augen, dem Nabel, dem Rükken, der Biegung des Schenkels, aus den Füßen u. s. w.
Bald ist die Milch zu dik, zu dünne; bald hat sie zu viel, bald zu wenig Käse oder Rahm. Man hat Beispiele von grüner, schwarzer, ölichter, versengter, mit Würmern verunreinigter Milch aufgezeichnet. MORGAGNI erzählt den Fall einer Frau, die eine grüne Milch in den Brüsten hatte; einen andern von einer Frau, bei der man eine dunkelgrüne und schwarze Feuchtigkeit aus der Brustdrüse ausdrükken konnte, und endlich noch einen Fall einer Person, die, so oft sie es wollte, eine dikke pechschwarze Feuchtigkeit aus ihren Brüsten ausmelken konnte, welche die Leinwand grasgrün färbte. Aus den Warzen szirrhöser Brüste fließt oft eine Menge mißfarbiger, gelber, stinkender Feuchtigkeit aus.
Der Busen des Mädchens, gleichend jener schönen Rosenknospe, die sich zu sehnen scheint, mit den zärtesten Spizzen ihrer Tausendblätterichen ein liebliches lächelndes Grübchen zu machen; er der angebetete, so oft besungene, er ist und bleibt unter allen Zierden des schönen Geschlechts die reichste, die ausgezeichneteste. Nur hier, und immer hier auf ihm ruht das lüsterne Auge des Jünglings mit Wohlgefallen.
Diese, ähnliche und andre schmeichelhafte Ekstasen konnten den Frauenzimmern nicht unbekannt bleiben, und es ist demnach kein Wunder, daß sich ihrer viele, überall und öfters, gerne dem angenehmen Geschäfte unterzogen, jene Vorzüge geltend zu machen, und die Reize des Busens durch alles, was ihnen nach dem jedesmal herrschenden Geschmakke die Kunst darbot, zu erhöhen. Schon in der Geschichte älterer Zeiten bei den Griechen und Römern findet man hiervon Beweise. Auf der Statue der medizeischen Venus sind die Brüste besonders schön dargestellt. Auf einer antiken, in der großherzoglichen Sammlung zu Florenz befindlichen, Gemme ist die Venus mit einem Band abgebildet, welches unterhalb der Brüste ihren schlanken Körper umschlingt. Diese Busenbinde war ehemals ein sehr wichtiges Stük des weiblichen Anzugs. Mit ihr wurde der schönste Theil des weiblichen Körpers mit aller der[40] Grazie, die wir noch in den schönsten Denkmälern des Alterthums bewundern, unterbunden und zusammengehalten. Die Griechen nannten sie Taenidion, die Römer Strophium. Der bekannte Dichter OVID gab (in seiner Kunst zu lieben) den römischen Damen eigne Regeln über den Gebrauch dieser Busenbinde.
Alle die über Schönheit dachten, sie studierten und nachbildeten, alle Künstler des Alterthums, gebildete Griechen und Römer, und unsere neuen Künstler haben an ihren Kunstwerken die weibliche Brust nur in mäßiger Größe angebracht. Diese Mäßigkeit im Umfang scheint zu dem bescheidenen Schmuk und zu dem Erforderniß der Schaamhaftigkeit zu gehören; und sie stimmen fast alle auch darin überein, daß eine übermäßige Fülle dieses Schmuks der Proporzion schade, und nichts weniger als schön sey. Schön ist nur der Busen, welcher in gemäßigter, sanfter Fülle, in dem genauesten Verhältniß mit dem Körper steht; der alle seine Gefühle in seinen feinen Nerven gleichsam vereinigt, und reizbar jede[41] hohe Empfindung des unter ihm schlagenden Herzens und jeden Grad der beschäftigten Sinnlichkeit, wie der Blik eines sprechenden Auges ausdrukt. Schön ist nur der zarte, sanfte weiße Busen, der unerschlafft und unabgestumpft von Kränklichkeit mit Jugendkraft schlägt, der sich unbefangen und schaamhaft verhüllt, und keusch und gesund die Hoffnung zu einer künftigen gesunden Mutter giebt. Die Huldgöttinnen thronen darauf. Anmuth und Liebe küssen sich hier. Wie auf dem Titelkupfer:
Die Brüste, aus denen in Zukunft das Kind eine gute Nahrung erhalten soll, müssen selbst gesund, dürfen weder zu groß noch zu klein seyn. Jene geben wegen dem schlaffen Bau selten eine gute Milch, oder auch wohl zu wenig, weil der Druk, welchen die Menge[42] Fett auf die Drüse macht, die freie Absonderung hindert. Bei dieser sind die Ausführungsgänge verstopft, oder nicht weit genug, so daß oft, troz aller angewandten Mühe, kein Tropfen Milch zum Vorschein kommt. Die Mündungen der Gefäße müssen offen, nicht durch Ansammlung widernatürlicher Feuchtigkeiten verschlossen seyn. Auch muß die Warze zylindrisch, glatt, ohne Narben und Schwämmchen seyn, und die gehörige Größe haben. Die zu große macht dem Kinde eben sowohl Schwierigkeiten im Saugen als die zu kleine, zurükgezogene. Sie dürfen auch nicht zu weich, zu empfindlich seyn, sonst würden sie leicht aufgesogen. Hieraus entstehen unaufhörliche Schmerzen für die Säugende, Ermattung und Schwäche für den Säugling.
Oft wird schon zu dergleichen unangenehmen Zufällen für die künftige Mutter in der frühen Jugend durch mancherlei schädliche Dinge, welche leicht zu vermeiden gewesen wären, wie z. B. durch eine fehlerhafte Kleidung, der Grund gelegt. Im Allgemeinen muß die Lebensordnung in Hinsicht auf Speise und Trank, Schlafen und Wachen, Bewegung und Ruhe gut eingerichtet seyn. Es würde[43] mich zu weit von meinem Plane abführen, wenn ich dieses alles hier genauer erörtern wollte. Einer jeden sorgsamen Hausmutter müssen ja gute diätetische Regeln, sey es aus Büchern, aus Erfahrung, oder von Ärzten belehrt, bekannt seyn. Nur auf einige Gegenstände möchte ich sie besonders aufmerksam machen. Es ist auch in Hinsicht auf die vortheilhaftere Ausbildung des Busens nicht gleichgültig, ob das Mädchen sich oft genug sorgenlos in freier Luft bewegt, oder nicht, von was für Nahrungsmitteln sie sich besonders nährt, ob diese leicht verdaulich und stärkend genug sind oder nicht. Erhizzende Getränke und zu sehr gewürzte Speisen haben einen entschiedenen Nachtheil für die Schönheit und die Dichtheit des Busens, wenn sie zu oft und zu stark genossen werden. Alles was die Nerven sehr angreift und anspannt, macht sie nachher auch desto schlaffer. Frauenzimmer, die gesund bleiben wollen, müssen sich eben deswegen auch vor Erhizzungen und großen Anstrengungen durch Laufen, Tanzen und zu lange fortgesezten Gesang sorgfältig hüten.
Unter allen Empfehlungen aus der Diätetik ist die zur Mäßigkeit die hauptsächlichste, und hier, was den Genuß und das Entbehren betrifft, wie überall, geht man am sichersten den Mittelweg.
Durch einen plumpen Gang, durch eine üble Haltung des Körpers, indem man den Kopf nach vorne sinken läßt, die Brust zurükzieht, und den Bauch herausstrekt, steht der Busen in einem sehr übeln Lichte. Ein Anstand hingegen, bei welchem Frauenzimmer den Kopf gerade, und frei aus der Brust heraus tragen, der die Schultern zurük und die Brust also gehörig gerade richtet, ist gewiß schön, und einer guten Haltung eben sowohl als der Gesundheit angemessen.
Gram, Kummer und Sorgen haben den nachtheiligsten Einfluß auf die Blüthe des Mädchens. Wie oft hat nicht schon eine heiße, hauptsächlich durch übel gewählte Romanenlektüre veranlaßte Sehnsucht, gewisse Bedürfnisse im mannbaren Alter zu befriedigen, die Furcht eine alte Jungfer zu werden, betrogene Liebe u. dgl. die physische Schönheit erstikt, im Ganzen sowohl als in einzelnen Theilen untergraben! Wo Gram und Kummer in der Seele herrschen, da ist, wenn sie den Körper sehr angreifen, nie ein fester, gesunder Busen. Nichts bleicht früher die Wange, nichts erschlafft geschwinder den Busen als heimliche, verschwiegene Liebe. Was kann daher zur Erhaltung und Bewahrung des schönen Busens mehr zu empfehlen seyn als Ruhe, Leidenschaftloßigkeit und Sorge für die Gesundheit der Seele. Keines der häßlichen Laster, kein Neid oder Zorn, keine Eifersucht, die Geist und Leib verunstalten, dürfen in dem weiblichen Gemüthe herrschen.
Eltern und Erzieher müssen ein wachsames Auge haben, daß ihre Zöglinge nicht in das[49] alles verderbende Laster der Selbstbeflekkung verfallen. Auch für das künftige Stillen hat es die schädlichsten Folgen. Selten erlauben es die Kräfte einer ehemaligen Selbstbeflekkerin ihr Kind zu säugen; und wenn dieses doch wäre, so wird nie ihre Milch dazu tauglich seyn. Mäßigkeit in Befriedigung des Geschlechtstriebes, selbst der erlaubten, ist für alle Zeiten und auf jeden Fall nicht genug zu empfehlen: denn durch nichts wird körperliche Gesundheit und Schönheit früher zerstört als durch wollüstige Ausschweifungen und vorzüglich durch die abscheuliche Sünde der Onanie. Das erste Gift dieser Zerstörerin ist an dem weiblichen Busen bemerkbar; der wird bald schlaff, hängend und welk, da er vorher voll Gesundheit strozte. Dahin ist dann die Zierde des schönen Mädchens; dahin die Freude der künftigen, gesunden, ernährenden Mutter!
Reinlichkeit ist der Gesundheit unsers Körpers im Allgemeinen so zuträglich als nothwendig; sie ist es auch den Brüsten. Man muß sie[50] täglich mit lauwarmem Regenwasser und Seife abwaschen, und die Hemden oft wechseln, damit die Schweislöcher offen und frei erhalten werden. An sich schon ist diese Vorsicht nöthig, weil sich um die Brust herum eine klebrige Feuchtigkeit ansammelt, welche sich verdikt, und die kleinen Milchkanäle verstopft. Zu einer andern Zeit, und in einer andern Absicht, nämlich um die Haut zu stärken, müssen sie wieder mit kaltem Wasser, mit Wein, oder Stahlwasser gewaschen werden. Man macht eine Stahlkugel glühend, und wirft sie in das zu dem Waschen bestimmte Wasser und läßt sie darin liegen, so lösen sich eine Menge kleiner Eisentheilchen auf, und das Wasser wird stärkend. Der Eselinnenmilch hat man die Eigenschaft zugeschrieben, daß sie die Haut glätte, entrunzele, zart und glänzend erhalte. Unsere Kuhmilch, wenn sie fett genug ist, wird eben diese Dienste thun, besonders mit dem Safte von Kamillenblumen vermischt. Schwächliche Brüste kann man durch den Dampf von frischgeschlachteten Thieren heilsam stärken. Daher und durch den Genuß von nahrhaftem Fleisch und mit Mark gekräfteten Suppen, der schöne volle[51] Busen unserer jungen Fleischerinnen. Auch das Waschen mit Fleischbrühe, oder mit Reisbrühe, worin kräftiges Rindfleisch gekocht ist; oder mit dem klebrigen Dekokt von Kälberfüßen, die man mit Milch und Wasser lange kocht, und wohinein man nachher einige Tropfen Weingeist träufelt; oder mit bitterer Mandelmilch, mit kräftiger Markbrühe versezt; alle diese verschiedenen Mittel können für kränkelnde Busen, welche frühzeitig zu erschlaffen scheinen, einige Hülfe leisten. In mehreren Gegenden Deutschlands findet man durchaus die jungen Brauerstöchter sich an Busenschönheit auszeichnen; es scheint, als ob der Dampf von warmem Wasser oder Bier ihnen diesen Vortheil leiste.
Die Sommerflekken, diese ungebetenen Gäste in der Haut der Frauenzimmer, besonders der blonden und rothen, verschonen sogar auch manchmal nicht den Busen. Es ist eine eigne krankhafte Beschaffenheit der Haut, gegen die man schon viele und mancherlei Mittel, aber fast immer vergeblich vorgeschlagen hat. Am besten scheint noch das Waschen mit dem[52] Wasser der Frühlingskresse oder der Lilienblätter zu wirken. Wenigstens kann man, wenn der Sonnenstrahl den Busen getroffen und ihn gelb gemacht hätte, mit dem Absud der bittern Brunnenkresse, indem man die Blätter derselben mit Wasser gekocht und kalt werden lassen, sehr leicht am Abend diesen Sonnenbrand abwaschen. Ich empfehle hier eine Art Seife, welche nach den Zeugnissen von Vielen eins der besten Schönheitsmittel ist. Sie besteht aus einem halben Pfund bitterer und einem halben Pfund süßer Mandeln, beides fein gerieben, ferner ein Loth Borax fein gestoßen, etwas Milch und das Gelbe von zwölf frischen Eiern wohl untereinander gearbeitet und in einer verzinnten Kastrolle auf Kohlen gekocht. Wenn sich die Masse von dem Löffel lößt, so ist sie fertig, und zum Gebrauch mischt man davon etwas unter das Waschwasser. Gegen gelbe Flekken auf dem Busen, was man sonst Leberflekken nennt, so groß und breit sie auch seyn mögen, welche ich oft zu vertreiben, Gelegenheit hatte, dient nach meiner Erfahrung die Auflösung von Borax in Wasser, etwa eine halbe Unze in sechs Unzen, am besten. Sie wird des Morgens mit einem Tuch aufge[53]strichen, und so läßt man es an der Luft eintroknen.
Wenn man sieht, wie das eine Frauenzimmer ihren Busen durch die herunterhangenden falschen oder natürlichen Haarlokken, ein anders durch das Besprengen derselben mit parfümirenden Ölen, oder gar ein drittes durch Schminke verunreinigt; so wird man die Empfehlung der Reinlichkeit in besondern Fällen desto dringender finden. Von Parfümerien darf man ja nichts auf den Busen kommen lassen, indem die mehresten dieser Art gelbe Flekken auf der Haut machen. Die Gewohnheit, Medaillons, welche in Metall gefaßt sind, auf dem bloßen Busen zu tragen, ist deßwegen schädlich, weil sie leicht einen Ansaz erzeugen, der die zarte Haut mit Schärfen flekt. Sie schaden aber auch durch ihre Kälte. Die Mode falsche Lokken in den Busen hinunter laufen zu lassen, ist eben so sehr zu vermeiden. Die Spizzen der Haare krazzen die Haut und machen Ausschläge. Man sehe nur die Stirn bei jungen Herrn mit Titusköpfen. Durch Schminke sind unzählig viele schöne Busen verdorben und[54] häßlich geworden; so bald sie abgewaschen ist, wird die große Vergelbung der Haut sichtbar, sie ist welk, zusammengeschrumpft, die Brüste sind völlig erschlafft. Die Schminke an und für sich ist häßlich und der Reinlichkeit zuwider. Wenn Weiber nun gar blaue Adern anlegen, so ist diese Koketterie eben so schmuzzig als lächerlich. Eine klare durchsichtige und folglich schöne Haut kann keine Schminke mit aller ihrer Kunst bilden. Auf Theatern, oder bei Hofe, oder wenn irgendwo man in die Nothwendigkeit versezt ist, sich weiß schminken zu müssen, sey man vorsichtig in der Wahl der Schminke, und reibe die Brüste auch nur wenig ein. Die beste der Art ist das Blanc de Perles, und wird aus orientalischem Talg und Wallrath gemacht. Es fehlt nicht an Beispielen, daß durch den Gebrauch der weißen, metallischen Schminken die allgemeine Gesundheit des Körpers Schaden litt, und daß dadurch Krämpfe, Koliken u. dgl. veranlaßt wurden.
Was nun die Kleidung betrifft, so müssen die Brüste immer leicht bedekt, immer vor dem[55] freien Zutritt der Luft verwahret seyn. Ohnstreitig hat dieses den stärksten Einfluß auf ihre Schönheit und Gesundheit. Was am mehresten Gedeihen und Wachsthum des Busens befördert, ist Wärme. Warum verhüllt man denn bei rauher Witterung selbst das Gesicht durch den Schleier; warum bewahrt man es durch Fächer und Schirm vor der brennenden Sonnenhizze; warum bedekt man die Arme mit Handschuhen? Alles um der Haut ihre Zartheit, Weiße, Glätte und Schönheit zu erhalten. Sollte sich denn diese Sorgfalt nicht vorzüglich auf den zärtern Busen anwenden lassen? Können da nicht noch leichter Flekken, Vergelbungen, Härten sich ansezzen? Kann die Kälte da nicht am ersten Zusammenschrumpfungen erzeugen, und Reiz und Schönheit nehmen? Möchte man es doch immer für die erste Pflicht der Ehrbarkeit halten, den Busen anständig zu verhüllen, indem dabei Gesundheit und Schönheit gleiche Vortheile haben. Sein ganzer Bau und seine Empfindlichkeit erfordern Wärme und Verhüllung, und nur dabei gedeiht er und erhält schöne, feste Fülle. Der unbedekte Busen läßt der Neuheit, dem ersten Reize also, nichts übrig, und eben so wenig der gespannten Erwartung oder der[56] blühenden, verschönernden Einbildungskraft. Schönheit ohne Schaamhaftigkeit ist nicht mehr Schönheit. Ein berühmter Mahler der Vorzeit wollte das höchste Ideal weiblicher Schönheit durch seinen zauberischen Pinsel darstellen: er wählte sich sieben der schönsten Mädchen seiner Gegend aus, die ihm sizzen sollten, um von einer jeden die vorzüglichste Schönheit in sein Gemälde zu übertragen. Sie erschienen, nur Eine blieb aus. Das Bild war fertig, man bewunderte es, man prieß den Künstler. Nur dieser war damit nicht zufrieden: wenn ihm nur die eine nicht ausgeblieben wäre, dann wäre sein Gemälde vollkommen. Wer ist die? fragte man ihn. — Die Schaamhaftigkeit!
Unmöglich kann ich nach alle dem, jener hier und da eingeschlichenen Mode, den Busen mehr oder weniger zu entblößen, das Wort reden. Unsere Generazion verträgt, unsere Erziehung erlaubt es durchaus nicht. Man sagt, unsere ehrwürdigen Voreltern, die alten Deutschen, hätten den Busen offen getragen, und wenn es allerdings unter die frommen Wünsche gehörte, ihnen wieder näher zu kommen; so ist doch dafür und darinn ein himmelweiter Unterschied. Man erzählt sogar eine interessante Begebenheit, welche zu jener Sitte die Veranlassung gegeben haben soll, die ich, um unpartheiisch zu seyn, hier anführen muß. „Die Sikambrer, ein fränkischer Volksstamm, fiengen in einer blutigen Schlacht an, sich, vom Kampfe ermüdet, zurükzuziehen. Der Muth ihrer Feinde wuchs, so wie sich der ihrige verlohr. Sie flohen. Da warfen sich ihnen aus ihrer Wagenburg ihre Weiber und Töchter entgegen, rissen im Schmerz und Verzweiflung ihre Kleider auseinander, und entblößten ihre Brust. Feige, riefen sie, ergreift zum leztenmal euer Schwerdt und durchbohrt unsere[58] Herzen. Wollt’ ihr, daß die Genossinnen eures Ehebettes die Schande der Sklaverei in Feindes Händen erleben sollen? Seyd barmherzig, wenn ihr nicht tapfer seyn könnt; tödtet uns, dann eilt, euer schimpfliches Leben zu retten. Das goß neuen Muth in die Brust der Männer. Voll süßer Rükerinnerungen blikten sie ihre Weiber an, kehrten zurük in die Schlacht, fochten mit Löwentapferkeit und entrissen ihren Feinden den Sieg. Zum Andenken dieser That nun trugen die Weiber von diesem Tage an ihren Busen offen.“ (Aurora. 1804. No. 29.) Wäre diese Sage der Wahrheit gemäß, so hätte diese Mode allerdings einen schönen, edlen Ursprung.
Jedoch ist es auf der andern Seite eben so fehlerhaft, wenn Frauenzimmer den Busen unter einer Menge Tücher verstekken, welche gleich Wällen aufgethürmt sind, von denen man kaum das Kinn sehen kann. Sie werden dadurch gegen die auch sanfte Luft so empfindlich, daß sie beständig mit katarrhalischen Zufällen u. a. m. zu kämpfen haben. Freilich macht hier die verschiedene Jahreszeit einige Abänderung noth[59]wendig, und es war so übel nicht, wenn ehemals unsere Frauenzimmer Kissen von Pelz oder Eiderdunen bei großer Kälte unter das Halstuch stekten. In Indien tragen einige Weiber Futterale über den Busen von proporzionirter Größe in einem kleinen Wamms mit halben Ermeln, welches blos die Brust, und weder den Rükken noch den Unterleib bedekt. Dieses Kleidungsstük erhält den Busen so wohl, daß viele Europäerinnen, welche nach Indien kommen, sich selbiges anschaffen. Die alten Römerinnen hielten es einstens für schön, ihren Busen so viel möglich platt und niedrig zu erhalten, und bedienten sich zu dem Endzwek gewisser Maschinen. Es ist noch nicht lange, als man gerade das Gegentheil für schön hielt. Die Mode verfiel auf das andere Extrem, und wollte, daß die Brüste ein volles Ansehen hätten. Um sie zu erhöhen und hervorquellen zu machen, legte man Schnürbrüste an, und es ist wahr, sie können dadurch hinaufgeschoben werden, aber nichts ist ihrer Gesundheit und ihrer Schönheit nachtheiliger. Denn auf diese Art werden sie erschlafft, und sinken, sobald jener Druk von außen aufhört, um desto tiefer herunter, und bleiben wie ein paar Säkke hängen. Noch jezt[60] sind, nach der Versicherung unserer neuesten Reisebeschreiber, die gemeinen Nordholländerinnen so in die Schnürbrüste verliebt, daß sie sie weder bei Tage noch bei Nacht ablegen, selbst nicht während der Schwangerschaft oder der Stillzeit. Um dem Kinde die Brust zu reichen, öffnen sie ein Schieberchen, welches zu diesem Zwek oben an der Schnürbrust angebracht ist, die volle Brust tritt hervor, das Kind trinkt, und der Busen wird wieder in seinen Kerker zurükgezwängt.
Eine der vorzüglichsten Rüksichten, welche man bei der Bekleidung der Brüste zu nehmen hat, ist die, daß sie auf keine Weise gedrükt, gepreßt oder gereizt werden. Und das ist gerade das, was am häufigsten durch die Schnürbrüste veranlaßt wurde. Es kann sich nicht fehlen, daß der untere Rand der Brüste durch den Druk des obern Theils der Schnürbrust leide. Sie werden zwischen den harten Rippen und dem Schnürleib als einem ebenfalls harten Körper so sehr gepreßt, daß sie nachgeben müssen. Die[61] Brustwarzen werden eingedrükt, ziehen sich zurük, und treten nachher, wenn sie sich dem Munde des Kindes darbieten sollen, nicht genugsam hervor. Hieraus entstehen für die Mutter die peinlichsten Schmerzen, und das Bestreben des Geburtshelfers, sie hervorzuziehen, ist oft vergeblich, so daß die Mutter zu ihrem und des Kindes Schaden, von dem Säugen abstehen muß. Man hat leider sogar Beispiele von einem so starken Pressen der Schnürbrüste auf die Milchdrüsen, daß die Gefäße zum Theil verengt, und zu der Milchaussonderung ganz untauglich wurden, woraus dann Entzündung, Geschwülste, Aufbrechen der Brüste, u. s. w. entstand. Mir selbst sind die Fälle öfters vorgekommen, wo bei jungen Frauenzimmern die Geburten in der schönsten Ordnung von statten giengen, bis man wollte das Kind an die Brust legen lassen. Wie verdrießlich ist es da nicht, ganz platte, niedergedrükte Warzen zu entdekken, die das Kind ohnmöglich fassen kann! Die Ursache davon ließ sich leicht entdekken: sie haben von Jugend auf Schnürbrüste getragen; unbekannt mit dem Vorgang des Wochenbettes, war es ihnen nie eingefallen, für die Warzen zu sorgen, oder[62] jemand darüber zu berathen. Nicht selten ist man da gezwungen, bei nicht geringen Schmerzen, und, mancherlei Gefahren die Milch zu vertreiben, und indessen die Brüste von Nahrungssaft strozzen, müssen die guten Mütter den gerechten Wunsch, ihre Kinder selbst zu stillen, aufgeben.
Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit meine Leserinnen überhaupt vor dem Tragen dieser Panzer zu warnen. Ihr Einfluß auf den Wachsthum und die Bildung des Körpers ist nichts weniger als Schönheit, im Gegentheil eine wahre Verunstaltung. Die im natürlichen Zustande oben enge und unten weitere Brusthöhle wird durch sie unten und im ganzen Umfange verengert, oben auf eine Seite verschoben. Die Folge davon ist der sogenannte hohe Rükken. In der Schwangerschaft macht der sich ausdehnende und von der Gebärmutter beengte Leib eine weite Brusthöhle nothwendig, um die hinaufgetriebenen Eingeweide aufnehmen zu können. Warum wendet man denn alle mögliche Kunst an, sie[63] vorher zu verengern? Die Wirkung der Schnürbrüste auf den weiblichen Brustkörper ist unvermeidlich die, daß die weichen Theile unter der Brusthöhle zusammengezogen und die im Unterleibe befindlichen Eingeweide hinaufgeschoben werden; daß die untern wahren Rippen ebenfalls gegen einander hinaufgeschoben werden, daß die rechten den linken näher kommen; daß die Brustbeine sodann in die Höhe steigen, schief oder gekrümmt werden, und daß endlich auch, bei fortdauernder Zusammenschnürung die untern wahren Rippen mit ihrem Brustende dem Wirbelende näher kommen. Mithin wird die Brusthöhle nach allen Seiten zu verengert, und die Wirbelsäule gekrümmt. Dabei giebt dann jene Brusthälfte am meisten nach, welche am schwächsten ist; sie wird am meisten ausgedehnt, und es entsteht endlich hier eine hohe Schulter. Die Lungen, der Magen und viele andere Unterleibseingeweide werden zusammengepreßt, der Kreislauf des Blutes wird in ihnen gestört und unregelmäßig gemacht. Daraus allein sind oft die unangenehmsten Zufälle und die schmerzhaftesten Krankheiten abzuleiten. Es giebt kein Frauenzimmer, welches durch Schnüren, folglich[64] durch die Kunst, und nicht durch die Natur eine wie man es nannte, feine Taille erhalten hat; bei näherer Untersuchung findet man immer eine hohe Schulter, hohe Hüfte, oder schiefe eingedrükte Rippen oder wenigstens einen schiefen S förmigen Rükgrath. Die angesehensten holländischen Ärzte behaupten, daß in ihrem Lande, wegen der Schnürbrüste, unter tausend vornehmen Frauenzimmern nicht ein einziges gehörig gerade sey. Nachtheilig sind ebenfalls alle andere Moden, welche man an die Stelle der Schnürbrüste sezte, und die unter dem Namen des englischen Kreuzes, der Korsetten u. s. w. vorkommen, weil sie den Körper mehr oder weniger zusammenschnüren. Wer auf Knaben Acht gegeben hat, wie sie ohne alle Kunst gerader aufwachsen, als je ein geschnürtes Mädchen, an dessen Form man künstelte, bedarf keines Beweises, daß wenn das Korsett wirkt, es nur nachtheilig für den Körper wirkt, weil er es nicht braucht. Eine andere Wirkung der Schnürbrüste ist, daß Kinder, auch ältere Personen, welche stark und mehrere Jahre lang geschnürt worden sind, endlich ohne Schnüren nicht mehr bequem aufrecht stehen oder sich bewegen können,[65] sondern, wie man sehr richtig sagt, zusammenfallen. Wenn sich daher Frauenzimmer zu sehr an die Schnürbrüste gewöhnt haben, so müssen sie dieselben nicht gleich bei der Schwangerschaft wegwerfen, sondern mäßig fortbrauchen, und ihrer nur allmählig sich entwöhnen, da die schnelle gänzliche Abwechselung einer andern unbedeutenden Gewohnheit dem Körper oft nachtheilig wird.
Endlich muß ich nur mit ein Paar Worten noch der Kleidertracht unserer Frauenzimmer im Allgemeinen und des Einflusses derselben auf ihr körperliches Wohl gedenken. Lange schon war es der Wunsch vernünftiger Ärzte, die Damen möchten sich doch im Ganzen weniger steif und bequemer kleiden. Jezt scheint es, Dank sey es dem Genius der Mode, dahin gediehen zu seyn. Für unser Jahrzehend mag also wohl jene Warnung in Betreff der Schnürbrüste zu spät kommen. Man erinnere sich nur an den ehemaligen steifen gezwungenen Staat, in welchen man die Frauenzimmer pfropfte, an die angespannten hohen Frisuren,[66] an die Kleider mit langer widerspenstiger Taille, mit schmalen Falten, so platt wie ein Lineal auf den Rükken geheftet, an die weiten Fischbeinrökke, Poschen und Polstern. Wie schön sticht dagegen der jezt herrschende griechische Geschmak ab, welcher die weibliche Welt mit freierer Zierde beseelt! Das Haar ist von seinen Fesseln gelößt, der Wuchs ist von allem neidischen Zwang frei gemacht. Und in Hinsicht auf die Gesundheit ließe sich den Frauenzimmern kein besseres Kostüme wünschen, als das, welches jezt die Mode fast allgemein befiehlt. Die kleine Last dieser Kleidergattung ruht immer auf den Schultern, und so wird der Körper auf keine Weise durch sie gedrükt oder beschwert. Die Hüften, das Bekken, dieser so bedeutende Theil der künftigen Mutter, wird nicht mehr durch die Menge und Schwere der Rökke in seiner freien Ausbildung gestört. Sähe man denn ferner auf die Schönheit, welche durch diesen oder jenen Anzug erhöhet wird, ein Umstand, den freilich auch unsere besten Weiber in Betrachtung ziehen; so ist es gar keinem Zweifel unterworfen, daß man sich in jener Kleidung wirklich sehr zu seinem Vortheil auszeichnet. Einem[67] jeden Frauenzimmer, sagt eine beliebte Schriftstellerin, ist es nun vergönnt, da der Zwang in der Mode aufgehoben worden, und eine reizende Nachläßigkeit an dessen Stelle gekommen ist, die tausendfältig zerstreuten weiblichen Reize in ein näheres Licht zu sezzen. Wie zeigt die lange Chemise die Umrisse der Schönheit so sanft verhüllt, so wahr und doch so bescheiden; wie freundlich, majestätisch fliessen die Falten des Roks bis an die Erde herab, und machen das Auge begierig, den artigen Fuß zu sehen, den sie bescheiden verhüllen!
Wie glüklich sind daher unsere Frauenzimmer in der kultivirten Klasse von Bürgern bei der neuen Mode, vermöge welcher sie wieder die schöne Gestalt annehmen, die wir an den griechischen Statuen bewundern! Doch muß man auch hierinnen nicht zu weit gehen, und die kurze Taille nicht übertreiben. Unsere galanten Damen binden ihre Rökke nicht selten so hoch, daß die Brüste dadurch queer durchschnitten und in zwei Provinzen getheilt werden.[68] Wie nachtheilig ein solches Verfahren der Gesundheit seyn müsse, darf wohl nicht erst erwiesen werden. Daß es nebenbei das Frauenzimmer entstelle, wird jeder Mann von Geschmak bestätigen. Wäre es nicht am besten, wenn die Taille ein paar Zoll unter den Brüsten anfienge?
Schon oben (§. 11.) erwähnte ich des genauen Zusammenhangs, in welchem die Gebärmutter mit den Brüsten steht. An allen Veränderungen, welche in jener vorgehen, nehmen diese mehr oder weniger Antheil. Der Eintritt der monatlichen Reinigung bei Frauenzimmern, ist fast immer mit einem kleinen Schmerz in den Brüsten verbunden. Die beste Gelegenheit aber, uns hiervon zu überzeugen, ist in der Schwangerschaft. Einige Wochen nach der Empfängniß schwellen die Brüste nach und nach an, werden fester und geben dem Druk weniger nach. Man bemerkt ein Spannen oder Stechen darinnen, woraus bisweilen eine wiewohl sehr geringe Beengung des Athems entsteht. Die[70] Knötchen um die Warze herum werden hart und erheben sich. Es fließt bei einem kleinen Druk manchmal schon in den ersten Monaten der Schwangerschaft, öfter aber doch später hin gegen das Ende derselben eine weiße Feuchtigkeit aus den Brüsten. Dieses ist in Hinsicht auf das künftige Stillen ein gutes Zeichen. Es wird dadurch erleichtert, die absondernden Gefäße der Drüse werden freier. Um die weiblichen Brüste zu ihrer Bestimmung, der Milchabsonderung, welche gleich nach der Entbindung eintritt, und wozu ein vermehrter Trieb des Bluts nach diesen Theilen erfordert wird, fähiger zu machen, empfehle ich Ihnen dringend in den lezten Wochen der Schwangerschaft das Auflegen erwärmter Tücher auf diese Theile; nur muß man darauf sehen, daß sie beständig und unausgesezt warm gehalten werden. Entsteht die Frage, ob eine Person schwanger sey oder nicht, welches zu entscheiden eben nicht selten seine großen Schwierigkeiten hat, so berüksichtigen die Geburtshelfer vorzüglich dabei die hier genannten Erscheinungen an dem weiblichen Busen.
Außerdem was überhaupt von der Sorgfalt für die Brüste gesagt worden ist, hat eine Schwangere noch besonders auf die Warzen zu sehen. Sie müssen erhaben und hart genug seyn, um auf keine Weise nach der Geburt Hindernisse im Saugen zu machen. Damit die Warzen, welche zu klein sind, verlängert werden, so muß man sie öfters mit den Fingern reiben und anziehen, und durch Wärterinnen oder Kammerfrauen daran saugen lassen. Es ist schon öfters in dem Verlauf dieser Schrift von dieser Angelegenheit die Rede gewesen, und ihrer großen Wichtigkeit wegen, muß ich hier auf das neue darauf aufmerksam machen. Man nennt dieses Geschäfte, wobei man die Brauchbarkeit der Warzen, welche das Kind mittelbar ernähren sollen, die Warzen formiren.
Oft erreicht man seinen Zwek durch die sogenannten Warzenhüte, kleine wie ein runder Hut geformte Maschinen, welche man aus[72] Buchsbaum, oder Ebenholz, aus Elfenbein oder Blei verfertigt. Diese alle aber sind zu hart, und machen durch den Druk mancherlei Beschwerden. Die leztern sind sogar gefährlich, indem die sauer gewordene Milch das Metall angreifen und viel Unheil stiften kann. Man bedient sich noch anderer, welche aus Jungfernwachs bestehen; sie haben aber den Nachtheil, daß sie durch die Wärme der Brust erweicht werden, und nachgeben. In Frankreich hat man dieselben aus feinem, nicht durchlöcherten Pantoffelholz bereitet. Diese Warzenhüte sind ohnstreitig in jeder Rüksicht die vorzüglichsten. Mit Hülfe einer seidenen Schnur um den Hals werden sie befestigt. Man muß sie einige Monate vor der Niederkunft beständig liegen lassen. Die ausgehöhlten Muskatennüsse, welche in manchen Städten zum Herausziehen der Warzen üblich sind, verdienen keineswegs empfohlen zu werden, weil durch das Öl der Nuß die Haut zu weich, zu mürbe, und nachher bei dem Saugen leicht wund wird. Die Warzen können, wie gesagt, nicht besser zu ihrem nachher zu leistenden Dienste vorbereitet werden, als durch das Tragen der Warzenhüte. Neuerdings lernte ich eine andere[73] Art von Warzenhütchen kennen, welche mir auch gute Dienste thaten. Sie bestehen aus Gypserde, sind rund, zylindrisch, und nur so viel durchbohrt, daß eben die Warzen hineinpassen. Vor dem Auflegen werden sie in Branntwein getaucht, und wenn dieses öfter, täglich beinahe, wiederholt wird, so bekommen die Warzen endlich jene Festigkeit und Dauer, welche sie vor dem Wundwerden in dem Wochenbette schüzt.
Eingedrükte Warzen können ferner durch irdene Tabakspfeifen, durch besondere Saugwerkzeuge, wie die Stein’sche Brustpumpe ist, oder durch Ringe von Federharz hervorgezogen werden. Die leztern beschreibe ich hier nach ihrem Erfinder, dem Herrn Professor OSIANDER in Göttingen. Man wählt eine gewöhnliche Federharzflasche, so wie man sie bei den Materialisten zu kaufen bekömmt, und schneidet solche in Streifen von der Länge und Breite eines Zolls. In der Mitte eines jeden Stüks schlägt man mittelst eines Werkzeugs, welches die Sattler zum Durchschlagen runder[74] Öffnungen in das Leder gebrauchen, ein Loch von ohngefähr drei Linien im Durchmesser. In einige macht man eine weitere, in andere eine engere Öffnung, je nachdem man sie alsdann für die Größe der Warzen, und nach Beschaffenheit der Dehnbarkeit des Harzes nöthig hat. Ein solch durchlöchertes Stük erwärmt man, faßt es an beiden Enden, und zieht es langsam auseinander, so weit es sich ohne einzureißen thun läßt. Will man nun verhüten, daß sich eine ausgezogene Hohlwarze, oder eine von Natur zu kurze Warze, nachdem sie hervorgezogen worden, nicht wieder zurükziehe; so bringt man einen solchen stark ausgedehnten Ring über dieselbe, und läßt ihn dicht an der Brust zusammenlaufen, so verhindert er das Zurükgehen derselben. Der Ring darf aber nicht so fest schließen, sonst schwillt die Warze zu sehr an und schmerzt; er darf aber auch nicht zu weit seyn, sonst zieht sich die Warze zurük und der Ring fällt ab. Man muß daher immer mehrere von verschiedener Weite in Vorrath haben, um den dienlichsten daraus wählen zu können.
Durchgesogene Warzen machen der Mutter, so oft sich ihr der Säugling nähert, die unausstehlichsten Schmerzen, und werden nicht selten die Ursache, daß das Kind entwöhnt werden muß. Es verlohnt sich also wohl der Mühe, daß man dieses zu verhüten suche. Alle Mittel, die man in der Absicht vorgeschlagen hat, sind solche, welche zusammenziehen und die Haut hart machen. Es giebt ihrer eine große Menge, und es wäre viel zu weitläuftig, sie alle hererzählen zu wollen. Das beste, und welches ich aus vielfältiger Erfahrung kenne, ist Franzbranntwein oder Arak. Hiermit müssen die Warzen mehrere Wochen lang vor der Entbindung, des Tages etlichemal bestrichen werden; man läßt ihn etwas einziehen, und troknet es nachher mit einem feinen Tuch ab. Zuweilen reicht es hin, sie blos mit kaltem Wasser, welches mit Weingeist, Lavendel- oder köllnischem Wasser vermischt ist, zu betupfen. Die Engländerinnen haben eine eigne Methode, die schwammichten Warzen vor dem Wundwerden zu verwahren. Sie nehmen ein Stük Brod, brennen darein mit dem glühenden[76] Feuerstörer beim Kamin ein Loch, so daß die Warze hineinpaßt, und befeuchten es dann oft mit rothem Wein.
Es giebt Fälle, wo schon in der Schwangerschaft der Zufluß des Bluts nach den Brüsten zu stark wird, und daher zu häufige Milchabsonderung, fieberhafte Bewegungen, Beängstigungen und Schmerzen entstehen. Die Ursache davon sind Vollblütigkeit, gestörte Verdauung, angehäufte Unreinigkeiten in dem Magen und den Gedärmen, Würmer, u. dgl. m. Solche Kranke müssen daher eine leichtverdauliche, nicht allzunährende Diät führen, mehr Gemüse als Fleischspeisen, viel verdünnende Getränke genießen, sich öftere, nicht anstrengende, Bewegungen machen, und für die Unterhaltung der Leibesöffnung durch gelind abführende Arzeneien, Weinsteinlimonade u. dgl. besorgt seyn.
Herr Hofrath JÖRDENS zu Stadt am Hof sah eine Hirtin von sechs und zwanzig Jahren, bleicher Gesichtsfarbe, gesundem, starkem Körperbau und phlegmatischem Temperament. Ihre Brüste waren schon in ledigem Zustande[77] ziemlich stark. In ihrer dritten Schwangerschaft schwollen sie mit dem Ausbleiben des Monatlichen zusehends. Sie ragten weit über den Unterleib hervor, so daß man der Frau ihre Schwangerschaft nicht ansah. Wenn sie saß, so lagen sie völlig auf den Schenkeln und bedekten sie zur Hälfte. Vom Druk der Arme auf den Theil derselben, welcher sich unter den Achseln nach hinten zog, hatte die rechte Brust eine tiefe Furche, die linke außer derselben einen besondern birnförmigen, ziemlich großen Anhang, der unter der Achsel gegen den Rükken zu völlig hervortrat. Ihre Farbe war gelb-röthlich, spekkigt, mit Schweis bedekt. Auf den Druk mit dem Finger behielten sie eine Zeit lang Gruben, und alle Falten des Hemdes bildeten sich darauf ab. In der Ruhe hatte sie keine Schmerzen, wohl aber bei dem Husten und bei der Bewegung der Arme einige Engbrüstigkeit. Ihr erstes Kind konnte sie wegen Warzenmangel nicht säugen, ihr zweites Kind starb gleich nach der Geburt, und das dritte Kind kam acht Wochen zu früh und war todt, vielleicht von dem Druk der Brüste auf den Unterleib. Nach dem Milchfieber trat Milch ein. Zertheilende Umschläge und das Aus[78]drükken hob die schmerzhafte Spannung. Drei Wochen nachher hatten die Brüste die Hälfte ihrer vorigen Größe, nach fünf Wochen waren sie völlig gesunken, runzelicht und schlaff.
In der unter einer großen herabhängenden Brust gebildeten Falte wird manchmal die Haut roth, wund und schmerzhaft. Für manche, besonders fette Frauenzimmer, ist dieses eine große Beschwerde. Oft ist eine im Körper herumirrende spezifische Schärfe daran Schuld; ein andermal wird dieses Übel durch scharfen Schweis, oder durch Krazzen, wozu Mädchen bei angehender Mannbarkeit, oder in der ersten Schwangerschaft von einem beständigen Jukken aufgefordert werden, oder durch die aus den Korsetten hervorstehenden Fischbeine veranlaßt. Nach der Entfernung der verschiedenen Ursachen besteht die Hülfe dagegen darin, daß man die wunden Stellen mit frisch bereitetem Kalchwasser oder Goulardischem Wasser einigemal täglich wascht, und dann trokken gezupfte Leinwand auflegt, um das Reiben zu verhüten. Die hier etwa schon gebildeten eiternden[79] Stellen auf der Haut können leicht mit Bleisalbe geheilt werden.
Es ereignet sich zuweilen, daß die Brüste mit einem Kräzze-, Flechten- oder venerischen Ausschlag befallen werden. Dann muß man sich bei dem Arzte Raths erholen. Blattern entstehen zuweilen einzeln an den Brüsten, wenn Mütter oder Ammen ihre blatterkranken Säuglinge an die Brust legen. Doch betreffen sie fast immer blos die Haut, bleiben örtlich, und machen keine große Beschwerde. Ich selbst sah in einer bösen Blatterepidemie, welche wir hier in Frankfurt hatten (im Herbst 1796) eine bessere Mutter, welche der Liebe zu ihrem Kinde alles aufzuopfern fähig war, daran leiden. Sie legte ihren schwer erkrankten Säugling an die Brust, und bekam bald darauf eben solche schwarze Blattern, wie das Kind sie gehabt hatte, an beide Brüste. Sie eiterten tief, mußten aufgeschnitten werden, und nahmen nur langsam Heilung an. Säuglinge, welche an Schwämmchen im Munde leiden, theilen diese Geschwürchen leicht den Warzen der Mutterbrust mit, und man hat alsdann dieselben ört[80]lichen Heilmittel anzuwenden, welche gewöhnlich gegen jene gerichtet werden. Wenn in dem Wochenbette bei einem zu starken Andrang von Milch die Umstände es nöthig machen sollten, sie durch eine Hebamme oder Wärterinn aussaugen zu lassen, welche Personen sich an vielen Orten eigends diesem Geschäfte unterziehen, so sey man vorsichtig in der Wahl dieser Subjekte. HEINEKEN in Bremen erzählt ein Beispiel, wo mehreren Frauenzimmern von einer venerischen Aussaugerin das Gift mitgetheilt wurde. Einige bekamen Geschwüre an den Brüsten, andern aber wurde die Krankheit ohne diese Lokalaffekzion mitgetheilt, und zeigte sich in Geschwüren im Halse, Ausschlag und andern Symptomen. Alle diese Übel waren so hartnäkkig und langwierig, wie man es höchst selten nach der gewöhnlichen Anstekkungsart antrifft; die mehresten, welche nachher schwanger wurden, kamen entweder frühzeitig nieder, oder gebahren todte Kinder, welche unverkennbare Spuren des Übels an sich trugen. Einige Kinder kamen zwar lebendig zur Welt, bei vielen derselben bemerkte man aber schon bald nach der Geburt venerische Zufälle, von welchen sie das Opfer wurden.
Die wichtigste Veränderung, welche mit den weiblichen Brüsten vorgeht, ist der Eintritt der Milch in dieselben. Dieser Zeitpunkt fällt in die ersten, gemeiniglich den dritten Tag nach der Entbindung, und ist immer mit einem Fieber, dem sogenannten Milchschauer, begleitet, welches nach Beschaffenheit der Umstände stärker oder geringer, von längerer oder kürzerer Dauer ist. Der Zug des milchartigen Stoffes nach den Brüsten wird durch den Fieberfrost bestimmt, der sich nach der Menge, nach der guten Beschaffenheit jener Flüssigkeit, und nach dem übrigen Zustand der Gesundheit verhält, bald schwach, bald stark ist, bald früher, bald später erscheint, und bald den Anfang eines leicht vorübergehenden Fiebers, bald eine sehr hizzige, gefährliche, bald eine[82] langwierige Krankheit ist. In der Regel ist also dieser Milchfrost und ein leichtes Milchfieber das gehörige Mittel der Milchbereitung, und so wie er vorüber ist, so sagt man, die Milch ist eingetreten. Hart und angestopft werden nun die Brüste, sie strozzen von Milch und nun kizzelt das Kind wollüstig mit seinen Lippen die höchst empfindliche Warze, lispelnd drükt es dieselbe gelinde, steif und schwellend verbreitet die Warze dieses behagliche Gefühl in der ganzen Brust, die Nerven derselben werden in den thätigsten Zustand versezt, und die Ab- und Aussonderung geht zum unendlichen Vergnügen der Mutter richtig von statten. Wenn die ganze Säftemasse des Weibes hierzu vorbereitet ist, wenn von der Natur zum Wohl des Kindes und der Mutter diese Absezzung in den Busen so dringend veranstaltet wird, wenn man die Masse und das Quantum des Milchstoffs im Körper eines wohlgenährten Weibes gleich nach der Geburt betrachtet, und sich in der Lage findet, wo man diesem großen Zwek widerstrebt, — nicht säugt, und anstatt die Milchsekrezion zu befördern, dieselbe geflissentlich unterdrükt; so soll man wahrlich sich nicht wundern, wenn dadurch so großes Un[83]heil entsteht. Und wie oft finden sich die Ärzte unserer Zeiten nicht in diesem Falle!
Das Milchfieber fängt, wie gesagt, mit einem Froste oder leichtem Schauder an, dann folgt Hizze, Unruhe, beschleunigter Puls, etwas beengter Athem, Kopfweh, Durst. Die Kranke empfindet einen stechenden Schmerz in den Brüsten, und durch die Ausdehnung derselben ein Spannen unter den Armen von den Schultern her. Nach Mitternacht läßt alles dieses nach, indem ein häufiger, säuerlich riechender Schweis, welcher über den ganzen Körper gleichmäßig ausgebreitet seyn soll, zum Vorschein kommt. Zuweilen zeigen sich diese Zufälle den andern oder den dritten Tag gegen Abend noch einmal, aber nicht in dem Grade. Indessen erheben sich die Warzen, werden steif, geben einige Feuchtigkeit, und ihr Hof bekommt eine dunklere Farbe. Man fühlt einige ungleiche Geschwülste in den Brüsten, sie fangen an zu schmerzen, zu prikkeln, zu spannen, sich auszudehnen, bis sie endlich ganz mit Milch ausgefüllt sind. Hart wie kleine[84] Knäule von Schnüren fühlen sich dann die vollen verschlungenen Milchgefäße an. Je weniger die Brust Fett hat, je welker sie ist, desto deutlicher fühlt man die Gefäße. Dieses ist der gewöhnliche Vorgang der Natur, so wie er in den Gesezzen derselben gegründet ist. Er ist ganz gefahrlos, wenn nicht zufällige Umstände dazwischen kommen, und erfordert weiter keine besondere Hülfe von Seiten des Arztes.
Man suche nur den Zufluß der Milch nach den Brüsten zu befördern, und dieses bewirkt man am besten durch das frühzeitige Anlegen des Kindes. Ich kann Ihnen dieses nicht genug empfehlen. Sobald als die Mutter sich von der Entbindung erholt hat, oder längstens zwölf Stunden darnach muß es geschehen, und dann trinkt das Kind die Milch allmählig hinweg, oder es leitet sie gleichsam in den Busen und befördert so fort durch wiederholten angenehmen Reiz der Säugung in der Folge immer in gehörigem Maaße einen gelinden Zufluß und Ausgang von Milchstoff, so daß desselben nie zu viel oder zu wenig in den Brüsten wird, und also daher weder Spannung noch Schmerz, weder Fieber noch Krankheit entstehen. Unter[85] diesen Verhältnissen ist selbst das Milchfieber eine kaum bemerkbare Erscheinung. In jenen Gegenden, wie in der Lausiz, wo, nach öffentlichen Nachrichten (aus der medizinischen Nazionalzeitung) gewohnheitsmäßig die Mutter das Kind nicht eher an die Brust legen darf, als bis es getauft ist, rächt sich die Natur für dieses abergläubische Vorurtheil auffallend genug an der Mutter.
In dem Wochenbette sorge man für die vollkommenste Ruhe des Körpers und der Seele, für die Vermeidung aller Erkältung, und auch im Gegentheil alles dessen, was Hizze machen, was beunruhigen könnte. Man hüte sich also vor Geräusch, vor hellem Lichte, vor großen Gesellschaften in der Wochenstube, vor Ärgerniß, vor schweren Bettdekken und heißen Zimmern, vor Kraftsuppen, starken Weinen oder Kaffee u. dgl. Man trinke dünnen Kamillenthee, Kalbfleischbrühen oder andere lauwarme, gelind auf die Haut wirkende Getränke und sorge für leichtverdauliche Speisen. Wenn es an Öffnung fehlt, so nehme man einige[86] sanfterweichende Klystiere. Der Busen wird ganz zwanglos gehalten, und nur mit erwärmten Tüchern bedekt. Es ist gut, wenn die Wöchnerinnen dabei viel und abwechselnd auf einer oder der andern Seite liegen. Nur so lange der Zufluß der Milch noch beträchtlich stark ist, gilt obige Empfehlung für eine weniger nahrhafte Diät; nachher müssen sie zu einer stärkendern Fleischdiät allmählig übergehen. Das Hinzuströmen der Milch in die Brüste ist, weil es plötzlich mit oder ohne Reiz des Saugens geschieht, der Mutter fühlbar im ganzen Umkreis der Brust von hinten nach vorn. Dieser sogenannte Einschuß kommt bald seltener bald häufiger vor, während der Verdauung, und wenn das Kind eben anfängt zu trinken, am häufigsten. Zuweilen ist die Empfindung für die Mutter schmerzhaft, zumal wenn die Ausführungsgänge an den Warzen dabei auf kurze Zeit verschlossen sind, so daß die Milch gar nicht oder nur wenig auslaufen kann. Auch die Säuglinge überströmt dieser plözliche Milchzufluß manchmal so, daß man sie für den Augenblik von der Brust abhalten muß.
Jedes Kind, wenn es anders gesund und stark genug ist, keine örtlichen Fehler im Munde oder am Gaumen hat, nimmt die Warze und richtet sich dieselbe ordentlich zu. So oft das Kind durstig, oder eigentlich hungrig sich fühlt, giebt es deutliche Merkmale, daß es die Brust seiner Mutter sucht. Vorzüglich beobachtet man dieses, wenn es neben der Mutter im Bette liegt, und den mütterlichen Dunst- und Wärmekreis genießen kann. Noch bedarf es desselben zu seinem Gedeihen, wie das junge Hühnchen noch der dekkenden Brutwärme und der Fittige seiner Mutter bedarf. Eine wahre, ihr Kind zärtlich liebende Mutter wird wohl nicht während dem Säugen einschlafen, und dadurch Gefahr laufen, dasselbe im Schlaf zu drükken oder fallen zu lassen; davon nachher (§. 74.). So etwas ließe sich allenfalls nur von einer gemietheten Säugamme befürchten. In den ersten vierzehn Tagen muß die Mutter dem Kinde, wenn es nicht schläft, wenigstens alle zwei Stunden, und nicht zu viel auf einmal zu trinken geben, in der Folge seltener. Doch halte sie sich hierinnen so viel möglich an eine[88] bestimmte Ordnung. Die Gewohnheit dem Kinde, so oft es schreiet, die Brust zu reichen, ist gewiß nicht ohne Nachtheil. Es ist rathsam, daß die Säugende mehr Speisen aus dem Pflanzen- als aus dem Thierreiche genieße; nur dann wann sie einen Mangel an Milchvorrath verspürte, suche sie durch den Genuß von frischgemolkener Kuhmilch, von Eiern, Fleischbrühe, Bier, Gerstentisane, und andern sehr nahrhaften Substanzen diesem Mangel abzuhelfen. Sie muß sich öftere Bewegungen in freier Luft machen, und sich vor allen Leidenschaften hüten, welche die Gesundheit untergraben. So ist es auch z. B. bekannt, daß der Zorn durch die Milch die traurigsten Folgen für das Kind hervorbrachte. Selbst der Beischlaf, wenn er nur irgend zur Unmäßigkeit sich hinneigt, kann dem Säugling oder der Säugenden nachtheilig seyn. In der Regel hört bei den Weibern während der Stillzeit das Monatliche auf zu fließen, und damit geht zugleich die Eigenschaft desselben verlohren zu empfangen und von neuem schwanger zu werden. Indessen giebt es auch Ausnahmen von diesem Naturgesez, und die Frauen, welche, indem sie noch ein Kind an der Brust, und[89] dabei regelmäßig ihre Periode hatten, wieder schwanger wurden, sind so selten eben nicht. Öfters haben auch säugende Mütter, bei denen wie gewöhnlich die Reinigung ausgeblieben, zu der Zeit, wo sie hätte kommen sollen, einige unbehagliche Empfindungen in dem Körper, Kopfweh, Leibschmerzen u. dgl.
Ferner haben Wöchnerinnen noch besonders auf die Warzen Rüksicht zu nehmen, der oben angeführte Gebrauch des Franzbranntweins wird fortgesezt; und die aus Korkholz verfertigten Warzenhüte werden fortgetragen. Nur muß man jedesmal, ehe das Kind trinkt, die Warzen mit Milch oder süßem Rahm befeuchten. Auf diese Art wird man gewiß dem Aufsaugen derselben vorgebeugt haben. Sollte sich indessen dieser lästige Zufall schon ereignet haben, so hat man noch oft in folgendem ein Heilmittel dagegen. Man gießt nämlich guten Franzbranntwein in eine breite Untertasse, und läßt an einem warmen Orte, auf dem Ofen, oder im Sandbade ein Stük Kandiszukker verschmelzen, so bleibt auf dem[90] Boden ein dikker klebriger Saft sizzen. Dieser wird auf die durchgesogenen Stellen geschmiert, bis sie geheilt sind. Unter allen Mitteln, die man dagegen vorgeschlagen hat, verdient dieses den Vorzug. An eine solche Brust muß dabei das Kind seltener angelegt werden, und während dem Stillen hält die Säugende selbst über die Warze hin ein doppelt zusammengelegtes Stükchen feinen Musselin, ein Mittel, welches sie sehr erleichtern wird. Die Ursache des Wundwerdens der Brustwarzen liegt bisweilen in dem Kinde, wenn der Speichel desselben bei dem Zahnen, oder bei andern Krankheiten eine gewisse Schärfe annimmt, oder sie liegt auch in der Beschaffenheit der abgesonderten Milch. Sollten sich in einem Falle, welcher bei schon bejahrten Erstgebährenden eintreffen kann, die Warzen verhärtet finden; so müßte man sie mit etwas Mandelöl oder süßem Rahm bestreichen, um sie nachgebender zu machen. Sind die Milchkanäle, wie es bei unreinen Menschen oft geschehen mag, mit Schmuz, mit einer Kruste bedekt, so müßte man diese mit Seifenwasser oder mit Butter zu erweichen und wegzunehmen suchen, um sie zu ihrer Bestimmung vorzubereiten. Bei exkoriirten Brust[91]warzen darf man den Säugling nicht sogleich von der Brust entfernen. Die Liebe zu dem Kinde macht, daß die Schmerzen von der Mutter leichter ertragen werden, und bei dem fortgesezten Säugen hat selbst der Speichel des Kindes eine lindernde und heilende Eigenschaft. Erstrekte sich indessen die Entzündung auf den Umkreis der Warze, auf die Brust selbst, fruchteten die Mittel zur Zertheilung dieser Krankheit gar nichts, würden die Schmerzen unter dem Säugen so heftig, daß für die Konstituzion der Pazienten im Ganzen zu fürchten wäre; so müßte man allerdings von dem Säugungsgeschäfte abstehen.
Zur Heilung wunder Brustwarzen hat man eine große Menge Mittel empfohlen. Darunter gehören z. B. Rosenpomade, Kakaobutter, Eieröl, Zinkblumen in Rosenwasser aufgelößt, Quittenschleim mit Löffelkrautsaft, Eiweiß mit süßem Mandelöl, Myrrhenextrakt mit Quittenschleim, Lavendel- und Maiblumenspiritus, peruvianischer Balsam, Rosenhonig mit Borax,[92] der Saft von gelben Rüben, Bilsenkrautsalbe, Kalchwasser, rother Wein, u. a. m. Sie können alle in verschiedenen Graden der Krankheit und bei hartnäkkigen Fällen hier und da Nuzzen geleistet haben. Indessen gehört doch die Bestimmung zu ihrem Gebrauch, und die Auswahl derselben, dem Arzte. Herr WENDELSTADT wandte bei wunden Brustwarzen eine besondere Maschine an, um die Schmerzen dabei zu lindern, und ihnen zur Heilung Ruhe zu verschaffen. Er bediente sich nämlich blecherner, anderthalb Zoll hoher Hüte. Das Blech ist glatt und wohl verzinnt. Der Zylinder hat zwei Drittheile eines Zolls im Durchmesser seiner Breite, und sein oberes Ende besteht aus einer runden Platte mit fünf oder sechs ziemlich starken Löchern. Außen über dem Zylinder, eine Linie breit von dem untern Ende, ist ein starker Eisendraht angelöthet, und der Zylinder selbst ruht auf einer oben konvexen und unten konkaven Scheibe, mit einem runden Loch, so groß als dessen Höhle. Über denselben zieht man die Haut von der Spizze eines Kuheuters, welche man unter dem benannten Draht mit einem Bindfaden befestigt. Das obere Ende des Kuhstrichs bildet nun durch den nicht aus[93]gefüllten Raum einen leeren Zipfel, in dessen obern Theil man eine Öffnung schneidet, um einen Durchzug zu der Warze zu haben. In dem Sommer, bei großer Hizze werden die Kuhstriche leicht stinkend; man muß ihrer mehrere vorräthig halten, sie oft erneuern und in kaltem Wasser aufbewahren. Der Erfinder dieser Maschine glaubt, daß bei dem Gebrauch derselben das Stillen ohne Schmerzen hergehe, daß das Kind hinlänglich mit der Milch seiner Mutter genährt werde, und die Warzen heilen könnten. FIBING hat eine dieser ganz ähnliche Maschine von Ebenholz zu demselben Behuf empfohlen. Schade, daß die Ausführung dieses Vorschlags so vielen Schwierigkeiten unterworfen ist, welche im Allgemeinen nicht so leicht zu überwinden seyn dürften. Das Kind kann die künstliche Warze nicht gut fassen, es muß schon sehr stark ziehen, bis es etwas Milch bekommt, und saugt doch immer viel Luft ein.
Endlich richte man noch sein Augenmerk dahin, daß in dem Wochenbette die Brüste nicht zu sehr anlaufen, nicht hart werden, und[94] daß die Milch in denselben nicht stokke. Die Mutter muß deswegen eine Brust so oft hergeben als die andere. Um den naturgemäßen Ausfluß von Milch zu erhalten, oder wieder herzustellen, dazu trägt schon eine angemessene Seitenlage sehr viel bei. Hauptsächlich besteht aber die Hülfe bei der in dem Busen stokkenden Milch darinnen, daß man die Brüste durch wiederholtes Einreiben von ungesalzener Butter erweiche, und so den Ausfluß der Milch befördere. Die Butter wird vorher warm gemacht, und von der Wärterin ganz gelinde, indem sie die Brust von hinten nach vorn hin streicht, täglich einigemal eingerieben. Bald darauf wird das Kind angelegt. Wäre die Milch in zu großer Menge da, oder das Kind nicht stark genug, alle Milch auszuziehen, und zu verbrauchen; so müssen die Brüste auf eine andre Weise ausgeleeret werden. Zu diesem Endzwek nimmt man noch andere neugebohrne Kinder zu Hülfe. An manchen Orten giebt es Weiber und Wartfrauen, die sich dem Geschäfte des Aussaugens unterziehen. Sie müssen einen ganz reinen Mund haben, und ihn jedesmal vor dem Ansaugen ausspülen. Junge Hunde dazu zu nehmen, wie man sonst wohl[95] that, ist ein gar zu ekelhaftes Mittel. Einer der berühmtesten Geburtshelfer, STEIN, hat uns, unter dem Namen der Brustpumpe, die Erfindung einer eignen Maschine, zum Behuf der Zubereitung der Brüste und ihrer Entledigung von der überflüssigen Milch, hinterlassen. Sie besteht aus einer proporzionirlichen kleinen und bequemen Luftpumpe mit einem schiklichen Rezipienten statt der Glokke. Sie wirkt außerordentlich stark und darf nur, in seltenen, von dem Arzte zu bestimmenden Fällen, mit der äußersten Vorsicht angewandt werden, wenn dadurch nicht peinliche Schmerzen für die Mutter entstehen sollen. Die besten und bequemsten Milchsauger, deren ich mich immer mit dem größten Nuzzen bedient habe, sind aus einer Flasche von elastischem Harz gemacht, an deren Ende ein in der Gestalt und Größe der Warze ausgehöhlter Zylinder von Horn befestigt ist. Man hat dabei den Vortheil, daß man den Druk und den Zug mäßigen kann, wie man will. Sie wird, nachdem sie zusammengedrükt, und die Luft also daraus entfernt worden ist, auf die Brust gesezt, so zieht sich die Milch von selbst aus. Für den öftern Gebrauch derselben ist es nothwendig,[96] sie öfters zu reinigen, weil die darin sizzen gebliebene Milch scharf wird und die Flasche angreift. Auch kann man sich in dem Nothfalle blos einer gläsernen Flasche mit einem langen Halse, oder eines mit einem glatten und gehörig weiten Rande versehenen Arzneiglases bedienen. Hinten erwärmt man diese Gläser, um die Luft darin zu verdünnen, legt sodann den Hals auf die Brust, damit die Warze inwendig hineinkommt. Auf diese Art wird ebenfalls in kurzem die Milch ausgesogen werden, welches noch dadurch erleichtert wird, daß man vor der Anwendung den ganzen Umfang der Brust nach der Warze hin gelinde zusammendrükt. In diesem Falle eines Überflusses von Milch kommt sehr viel auf die Diät an; sie muß weniger nahrhaft seyn. Mehrentheils ist eine abführende Arznei nöthig.
Man darf mit dem Säugen weder zu lange anhalten, noch zu früh damit aufhören, und die gewöhnliche und beste Stillzeit ist wohl bis in den zehnten Monat. Wenn sich eine stillende Mutter wieder schwanger fühlen, oder[97] wenn bei ihr die monatliche Reinigung sich einfinden sollte, dann halte ich es für rathsam, das Kind abzugewöhnen. Fälle, wo wegen unvermuthet eingetretener Krankheit der Mutter oder des Säuglings dieser entwöhnt werden muß, bleiben der Bestimmung des Arztes überlassen. Kömmt also die Zeit des Entwöhnens, so hat man wieder auf verschiedenes Rüksicht zu nehmen, damit durch diese Veränderung weder die Stillende noch der Säugling Schaden leide. Den Regeln der Natur nach, wird keine Milch abgesondert, wenn kein Ausfluß derselben mehr Statt findet, wenn das Kind nicht mehr angelegt wird. Dann versiegt gleichsam die Quelle. Allein dieses muß schlechterdings nur nach und nach geschehen, wenn es keine Beschwerden verursachen soll. Man läßt das Kind, welches entwöhnt werden soll, immer weniger und seltener trinken: erst des Tages nur ein Paarmal, dann nur des Nachts, immer weniger, und endlich gar nicht mehr. Acht oder vierzehn Tage Zeit kann man zu diesem Geschäfte anwenden, um am bequemsten zu dem Ziel zu kommen. Mittlerweile ersezt man dem Kleinen die abgegangene Nahrung der Muttermilch, durch Thiermilch, leichte[98] Suppen u. s. w. Die Mutter enthält sich dabei der zu nahrhaften fetten Speisen, ißt überhaupt nicht viel, macht sich Bewegung genug, nimmt vielleicht im Nothfalle ein Abführungsmittel, trinkt etwas Thee von Salbeikraut, und bedekt die Brüste mit Kampfer auf Baumwolle gestreut. In dem Busen verspürt die entwöhnende Mutter gewöhnlich ein Prikkeln, ein Jukken. Bemerkte man indessen doch hier und da Milchknoten in den Brüsten, oder daß die Milch stokte, so muß man die Zertheilung von jenen und den Ausfluß von dieser durch das öftere Einschmieren von warmer ungesalzener Butter befördern, so wie das nämliche (§. 54.) in dem Wochenbette zuweilen nothwendig wird. Durchaus schädlich ist das Zusammenschnüren und feste Binden des Busens für eine Mutter, welche ihr Kind entwöhnt. Alle sogenannte milchvertreibende Pflaster sind unnüz, viele schädlich, indem sie die freie Ausdünstung der Brust verhindern. Die meisten derselben bestehen aus Bleikalchen, und ihr Gebrauch ist deswegen an sich schon sehr bedenklich. Ich habe viele Mütter gekannt, welche bei dem Entwöhnen ihrer Kinder die Milch aus den Brüsten vertrieben, indem sie dieselben mit[99] Hanf bedekten, andere indem sie geraspeltes Horn darauf streueten. Beide Mittel mögen in jeder Hinsicht unschuldig seyn. Lächerlich und abentheuerlich genug aber ist jenes, eine Guirlande von durchbohrtem Korkholz in Schwefelfaden gefaßt, oder lebendiges Queksilber in einem Federkiel als Amulet, auf dem Busen zu tragen, in der Absicht, die Milch zu vertreiben.
Wenn der Zufluß der Milch nach den Brüsten immer unterhalten wird, ohne daß damit der Ausfluß derselben in dem richtigen Verhältniß steht, so bilden sich Stokkungen und Milchknoten. Das Übel, wovon hier die Rede ist, kann durch eine verkehrte und schlechte, oder im Anfange versäumte Kur sehr bös und hartnäkkig werden. Um so mehr sollten unsere Wöchnerinnen Vorurtheile vergessen, Pfuscher und Quaksalbereien vermeiden, und frühzeitig genug bei dem Arzte Hilfe suchen. Zu Stokkungen in den Milchgefäßen der Brüste werden unsere Frauenzimmer durch hysterische Anlage, Luxus, sizzende Lebensart, schlechte Diät, fortdauernden Einfluß der ehemals getragenen Schnürbrüste, und Untauglichkeit der Warzen zu dem Stillen, besonders disponirt. Zuweilen[101] nach einem unmäßigen Verhalten, nach einer Verkältung, heftigen Gemüthsleidenschaften, nach einer schlecht betriebenen oder ganz unterlassenen Säugung, überfallen dergleichen Entzündungsgeschwülste die Wöchnerinnen plözlich. Es fließt dabei wenig oder gar keine Milch aus den Warzen, und die Achseldrüsen von dieser Seite sind mehr oder weniger angeschwollen und schmerzhaft. Sind diese Knoten eben erst entstanden und von keiner beträchtlichen Größe; so können sie oft noch zertheilt werden, indem man Baumwolle, welche vorher mit Kampfer bestrichen und bestäubt worden, auf die Brüste legt. Statt dessen kann man auch fein gestoßenen weißen Zukker nehmen, ihn auf Kohlen streuen und den Rauch mit ausgekämmter, ausgebreiteter Baumwolle auffangen, und damit die Brüste bedekken. Vor allen diesen, und den in der Folge anzugebenden Mitteln ist es nothwendig, den kranken Theil des Busens in einem Tragebeutel ruhen zu lassen: man hängt nämlich die Brust in ein Handtuch oder in eine Serviette, welche in dem Nakken befestigt wird, so daß sie ihrer eignen Schwere nicht überlassen bleibt. Der Milch muß nebenbei ein Ausweg geschafft[102] werden, durch die aus dem oben Gesagten hinlänglich bekannten Mittel, aber auf eine langsame und ganz gelinde Art. Besonders nöthig ist diese Vorsicht bei zarten, reizbaren Subjekten; da muß man sich mehr auf die erweichende Methode verlassen, als auf die unbedingte Anwendung der Zuggläser. Es muß dieses, wie gesagt, ganz gelinde geschehen, wenn es nuzzen, und sonst nicht vielmehr Stokkung und Spannung vermehren, folglich schaden soll. Unter gewissen Umständen sind nicht selten die mit troknen aromatischen Kräutern gefüllten und durchnäheten Säkchen mit gutem Erfolg zu der Heilung angewandt worden. Oft entsprechen schon zu Anfange der Entzündung einem sichern Heilplane die erweichenden Kataplasmen (§. 60.), welche nicht zu schwer und besser ziemlich trokken als zu naß aufgelegt werden. Die Milch wird unter dem Gebrauch derselben insgemein zu dem Ausfließen gebracht, und sie befördern, unter bedingten Umständen, eben so gut die Zertheilung als unter andern Verhältnissen die Eiterung der kranken Stelle.
Eines der besten Mittel zur Zertheilung von hartnäkkigen und beträchtlichen Stokkungen in den Brüsten ist der Gebrauch der erweichenden Dampfbäder. Hollunder- und Kamillenblüthen werden mit heißem Wasser aufgegossen und gekocht. Davon läßt man den Dampf, welcher während dem Kochen aufsteigt, unter einem flanellenen Lappen an die kranke Brust ziehen. Diese Operazion muß, wenn sie helfen soll, täglich einigemal wiederholt werden. Die nämliche zertheilende Eigenschaft hat der Dampf von dem Weinessig auf heiße Steine gegossen. Es ist bei dieser Lage der Dinge selten nothwendig, die Pazienten an eine strenge Diät zu erinnern; der Appetit ist in diesen, so wie in allen ähnlichen Krankheiten, ohnehin dasjenige, was die Pazienten am wenigsten plagt. Auch muß deshalb die Kranke nicht ein für allemal an eine strenge vegetabilische Diät gebunden werden. Damit die Ausdünstung gehörig vor sich gehen könne, so sorge man für einen immer gleichen Grad von Wärme in dem Wochenzimmer. Hat die Pazientin[104] andauernde Leibesverstopfung, so sezt man ihr ein erweichendes Klystier. Ist das Fieber heftig, die Geschwulst, Röthe und der Schmerz der Brust beträchtlich, so ist es rathsam, die Pazientin mitunter einige Dosen Salpeter zu acht bis zehn Granen mit Zukker und Wasser, oder sonst in einem angemessenen Vehikel nehmen zu lassen. Nebst dem kann ein höherer Grad der Entzündung und des Fiebers auch eine oder die andere Aderlässe nothwendig machen.
Es würden wohl seltener Abszesse in den Brüsten vorkommen, wenn der Gebrauch der Werkzeuge, die stokkende Milch auszuleeren, nie versäumt würde. Es sollte jede Hebamme die dazu erforderlichen Instrumente besizzen und anzuwenden wissen. CONRADI hob die hartnäkkigsten Stokkungen und Entzündungen in den Brüsten durch einen fleißigen Gebrauch der Sauggläser und der erweichenden Überschläge. Am sichersten erreichte er seinen Zwek, wenn er unmittelbar auf die Brust eine erwärmte Auflösung des Weinsteinsalzes oder des Salmiaks mit Opium in dünnen Kompressen und darüber die Kataplasmen von Leinsaamen legte. Um das Wundwerden der Warzen zu[105] verhüten, läßt man diese von den Kompressen unbedekt, bestreicht sie mit Branntwein und legt kleine Warzendekkel darauf. Man weiß, wie wirksam die Brechmittel zu der Beförderung der Verrichtungen der lymphatischen Gefäße sind, um dadurch die entferntesten Stokkungen aufzulösen; sie zertheilen daher oft auch sehr geschwind die frisch entstandenen Milchknoten.
Wären aber die Brüste sehr stark geschwollen, roth, heiß und sehr schmerzhaft, also heftig entzündet, und hätten alle oben angegebenen Mittel, kühlende und eröffnende Arzneien, säuerliche Getränke, erweichende Klystiere, selbst Aderlässe, diese Erscheinungen nicht verhütet oder gebessert; so muß man doch noch immer für die Zertheilung der äußerlichen Entzündung besorgt seyn. Man bedekt in dieser Absicht die Brüste mit lauwarmen Umschlägen, welche auf folgende Art bereitet werden. Man kocht nämlich Salbei, Melissenkraut und Wolverleiblüthen von jedem eine kleine Handvoll in einer Maaß Wasser ab, und[106] taucht, nachdem es durchgeseiht worden, feine flanellene Tücher hinein, und legt sie, die Gegend der Warze ausgenommen, über den ganzen Umfang der entzündeten Brust. Sie dürfen aber nicht zu heiß aufgelegt, und müssen oft erneuert werden. Man sezt sie so lange fort, bis daß die Röthe, Geschwulst und die Schmerzen in dem leidenden Theile aufhören, welches in den meisten Fällen bald geschieht, und dann muß der Milchausfluß durch das Anlegen eines oder mehrerer Kinder oder durch die Saugmaschine befördert werden. Jene Überschläge erfordern indessen in ihrer Anwendung eine große Genauigkeit; man kommt daher leichter zu dem Ziele, wenn man den aromatischen Kräuterabsud in eine Schweinsblase füllt, diese zubindet, und lauwarm der Pazientin über die leidende Brust legt. Daß eine zu große Nässe auf der Haut dadurch noch verhütet wird, dieses kann auch in einzelnen Fällen Vortheil bringen.
Nähmen aber in dem Gegentheil die Zufälle zu, wäre die Hizze in dem Körper stärker, der gelassene Urin sehr roth, die Haut trokken,[107] würde der Schmerz noch heftiger, klopfend, die Geschwulst größer, härter, dunkelroth, empfände die Kranke ein Frösteln oder Überlauf; dann ist es wahrscheinlich, daß die Entzündung sich nicht zertheilen, sondern in Eiterung übergehen werde. Die Schmerzen ziehen sich gleichsam auf einige Punkte zusammen, sie sind schneidend und wie durchfahrend; es zeigen sich hier und da eine und die andere Stelle an der Brust glänzender, weicher und erhabener als der übrige Umfang. Wenn mehrere oder alle diese Umstände in dem gehörigen Grade vorhanden sind; so ist das Aufbrechen des kranken Theils nicht mehr zu vermeiden, und die Periode der Eiterung ist schon eingetreten. Freilich wäre dieses ein schlimmer Ausgang; er würde aber gewiß, wenn man die oben angegebenen Verhaltungsregeln genau befolgte, fast immer verhütet werden; nur selten möchte wohl das Übel so hartnäkkig seyn.
An einem oder mehreren Orten des vorher entzündeten Theils wird nun die Haut weiß und erhebt sich in einen kleinen Hügel. Wenn[108] man mit dem Finger darauf fühlt, so bemerkt man deutlich die Bewegung, das Schwappern einer Flüssigkeit, nämlich des Eiters. Der Schmerz hört auf, und statt dessen empfindet die Kranke einen Druk, ein Jukken. Unter diesen Umständen muß man sogleich von dem Gebrauch jener zertheilenden Mittel abstehen, und die etwas reizende, oder sogenannte zeitigende Methode an ihre Stelle sezzen. Man nimmt z. B. gequetschten Leinsaamen und Safran, ein Loth von jenem, ein halbes Loth von diesem, oder aber eine Handvoll Malven- und Hollunderblüthen, ebenfalls mit etwas Safran, kocht sie mit Milch und weißen Brodgrumen zur Dikke eines Breies, streicht sie auf ein Tuch, und legt sie so warm, als es die Kranke vertragen kann, auf den leidenden Theil. Diese müssen noch öfters als die vorhergehenden erneuert werden; man muß sie nie kalt oder trokken werden lassen. Dadurch wird die Haut erschlafft, Krampf und Schmerz vermindert, und die örtliche Transpirazion befördert. Diese einfachen, nicht sehr reizenden Kataplasmen thun hier alles; sie befördern sogar zuweilen noch eine Zertheilung, wo man die Eiterung fast für unvermeidlich hielt. Nur[109] bei Pazienten, welche ohne alle nöthige Wartung sind, muß man sich manchmal begnügen, ihre in Eiterung gehende Brust mit einem einfachen, über der Warze ausgeschnittenen, Pflaster und einer Kompresse darüber bedekt zu halten.
Gewöhnlich ist der Siz des Eiters tief in dem drüsigten Körper der Brust, seltener und später in dem darauf liegenden Zellgewebe und Fette. Die erweichenden Umschläge müssen aus dieser Ursache unermüdet fortgesezt werden, so lange, bis daß gar keine Härte mehr übrig ist, bis sich alles ganz weich anfühlen läßt, mit einem Wort, bis der Eiter sich von Natur selbst eine Öffnung, einen Ausweg bahnt. An der Stelle, die vorher am röthesten war, zuerst in einem Hügel sich erhob, zuerst weiß wurde, wird die Haut dünner, und es entsteht ein kleiner Riß, durch den der Eiter ausfließen kann. Immer muß dieser Zeitpunkt abgewartet werden; nie muß man zu voreilig seyn, und durch einen Schnitt eine künstliche Öffnung machen wollen. Ich habe in Hospitälern und Entbindungshäusern so oft diese[110] Erfahrung gemacht, daß ich aus voller Überzeugung sagen kann: Man überlasse die Öffnung eines Brustabszesses der Natur. Nur sie weiß diesen Zeitpunkt genau anzugeben, nur sie kann am besten durch das schiklichste Mittel den Eiter, die Härte zerschmelzen und zur Reife bringen. Bei einer künstlichen Öffnung kostet dieses weit mehr Mühe; es wird eine viel längere Zeit dazu erfordert, und doch bleiben nicht selten nach der Heilung Knoten zurük. Auch giebt diese eine breite, häßliche Narbe; jene von der Natur hingegen, eine fast ganz unmerkbare, nachdem sie überhaupt geschwinder zugeheilt ist.
Seltenere Fälle von einer besondern Schwäche der Kranken, machen jedoch auch hierinnen, so wie bei allen Krankheiten, eine Ausnahme. Sie müssen sie Ihrem, wie ich hoffe, vernünftigen Wundarzte überlassen, der alsdann der Natur durch einen oder mehrere Schnitte mit dem Bistourie, an dem untern Theil der Brust, und nicht zu nahe an der Warze gemacht, zu Hülfe kommen wird. Indessen sind Chirurgen,[111] welche gerne als Operateurs passiren möchten, ohne die Kenntnisse und Geschiklichkeit zu besizzen, gemeiniglich in solchen Fällen sehr eilfertig, ihre Kunst mit der Lanzette zu zeigen. Sehr dreist und unwissend muß man seyn, etwas dergleichen ohne Nothwendigkeit zu thun, und somit die Krankheit nur schmerzhafter, langwieriger und bösartig zu machen.
Man hat nachher weiter nichts zu thun, als den Ausfluß des Eiters zu unterhalten. Dieses geschieht am besten, wenn man ungesalzene Butter, oder das Gelbe von dem Ei, mit einigen Tropfen Terpentinöl vermischt, oder eine andre einfache Digestivsalbe auf Charpie gestrichen, auf und in die Öffnung legt, mit Heftpflastern befestigt, und darüber her die Brust mit einer Kompresse und Binde leicht bedekt. Diese darf aber keineswegs fest angezogen werden, sondern der kranke Theil muß in ihr, so zu sagen, wie in einem Tragebeutel ruhen. So wird der Ausfluß des Eiters von Tag zu Tage geringer, und nach diesem Vorgang richtet sich auch die Wiederholung des Verbandes, ob sie in längern oder[112] kürzern Zwischenräumen geschieht. Anfangs ist es vielleicht in zwölf, nachher in vier und zwanzig, und noch später in sechs und dreißig Stunden einmal nöthig. Zulezt, wenn gar kein Eiter oder nur wenig noch ausfließt, wenn alle Härte und Schmerzen verschwunden sind, verbindet man blos mit trokkener Charpie. Mit den erweichenden Breiumschlägen fährt man zu gleicher Zeit so lange fort, bis alle Eiterstellen von selbst sich geöffnet und ausgeheilt haben. Sind auch anfänglich die Öffnungen noch klein, so vergrößern sie sich nach und nach von selbst. Nachdem dabei der Ausfluß der Milch oder des Eiters beträchtlich ist, müssen Kompressen und Überschläge öfter gewechselt werden. Die Unterhaltung der Reinlichkeit ist während der ganzen Kur eine der hauptsächlichsten Bedingnisse.
Zuweilen bleiben nach der Heilung der Geschwüre noch harte Stellen in den Brüsten zurük. Sie verlieren sich insgemein von selbst, geschwinder aber zertheilen sie sich noch bei dem Gebrauch von Schierlingspflaster. Mit Nuzzen bedient man sich auch zu ihrer Heilung[113] einer, auf folgende Art bereiteten Salbe: Man löse Seife zu einem dünnen Brei in Wasser auf, und gieße zu einer halben Kaffeetasse voll davon, zwei Löffel voll Kampferspiritus, und lege diese Salbe täglich zweimal frisch auf. Sollten jene leichten Verhärtungen niemals ganz wieder vergehen, so arten sie doch in der Folge nicht in schlimmere Übel aus, besonders wenn keine vorzüglich fehlerhafte Anlage des Individuums vorhanden ist, wenn die ursprünglichen Geschwüre nicht mit dem Messer geöffnet, und die Sachen überhaupt nicht zwekwidrig getrieben worden sind.
Unter den hier in diesem Abschnitt angegebenen Verhältnissen und Verhaltungsregeln wird dieses schmerzhafte Naturgeschäft sehr bald und glüklich zu Ende gebracht. Dabei geht die Mutter allmählig zu einer nahrhaftern, leichtverdaulichen Diät, zu dem Genuß von Gerste, Reiß, Sagosuppen, Chokolate ohne Gewürz, leichtem Fleisch, Geflügel, u. dgl. über. Sie sorgt für ungehinderte Ausleerung durch Schweis, Urin und Stuhl. Zufällige Neben[114]umstände, andre damit verbundene Krankheiten können hingegen die Sache, und also auch die Behandlung ändern. Nähmen z. B. die Kräfte ab, stellte sich Abends Fieber ein, d. h. Frösteln, Hitze und Schweis, mit einer umschriebenen Röthe der Wangen; so müßte man zu stärkender Arznei, zu China u. dgl. seine Zuflucht nehmen. Dieses ist die Sorge des Arztes.
Der Umstand, daß eine Brust sich entzündet und in Eiterung übergeht, macht es nicht in jedem Falle unmöglich, daß die Mutter ihr Kind dabei fortsäuge. Das Stillen aus der andern gesunden Brust trägt vielmehr, so lange es Statt haben kann, wesentlich zu der Linderung der Zufälle bei, und befördert die Heilung überhaupt.
Auch die Brustwarzen können in dem Kindbett anschwellen, heiß, roth und schmerzhaft, d. h. entzündet werden. Sobald die Wöchnerinn einen ähnlichen Zufall verspürt, so muß mit den ernstlichsten Mitteln die Entzündung zertheilt, und somit der Eiterung vorgebeugt werden.
Bei neugebohrnen Kindern weiblichen Geschlechts findet man oft die kleinen Brüste verhärtet, und bis zu einer ansehnlichen Größe[115] geschwollen. Die Stelle schmerzt, entzündet sich, und geht nicht selten in einen Abszeß über. Durch Vernachlässigung dieses Übels können solche Personen in spätern Jahren weder Kinder säugen, noch Milch absondern; ja es kann sogar dadurch die Anlage zu dem Krebs gebildet werden. Oft entsteht diese Verhärtung aus der dummen Gewohnheit alter Hebammen, welche die Brüste ansaugen, um, wie sie wähnen, dieselben zu ihrer künftigen Bestimmung vorzubereiten. Auch kann das feste Einwikkeln und Pressen dazu Veranlassung geben. Man kann jene Verhärtungen durch erweichende Salben, Öle und Umschläge leicht zur Zertheilung bringen, und wir müssen es uns zu einer besondern Angelegenheit machen. Fänden sich dennoch Zufälle von einem höhern Entzündungsgrad ein, oder entstünde Eiterung, so behandle man die Krankheit nach den oben im Allgemeinen empfohlenen Regeln. Bliebe die Geschwulst kalt und hart eine geraume Zeitlang stehen, so kann man sich von dem Auflegen des Merkurialpflasters Nuzzen versprechen.
Die Frau soll ihr Kind selbst stillen; dieses ist ein von der Natur fest gegründeter Saz, welcher nur selten Ausnahmen leidet. Möchten ihn doch alle Mütter, deren Körperbau es nur einigermaßen erlaubt, beherzigen! Möchten sie doch alle der lauten Stimme der Natur Gehör geben, und ihren eignen Busen ihrem eignen Kinde, ihrem zweiten Ich, nicht versagen; möchten sie doch alle fühlen, welche erhabene Würde es ist, Mutter zu seyn, und diese ihre heiligste Pflicht erfüllt zu haben! Das kleine Geschöpf schreit und weint sogleich bei seinem Eintritt in die Welt, es will Mitleid und die Dauer seines Daseyns erflehen. Welche Mutter kann dabei kalt und unempfindlich bleiben; wer könnte es noch ohne gegründete Ursache einer gemietheten Säugamme überlassen, welche, so gute Eigenschaften sie auch immer haben mag, doch die Verrichtungen einer wahren[117] Mutter nie über sich nehmen kann! Bemerkt man dann die stufenweise erfolgende Vermehrung der Kräfte des Kindes, die rührenden Proben von seiner Zuneigung; wer wird wohl da noch an die gehabte Mühe und Unruhe denken; wer wird da nicht bald die Gesellschaften vergessen, welche man vielleicht seinetwegen entbehren mußte?
Die in Hinsicht auf das neugebohrne Kind rohen Nahrungsmittel, blos geschikt zu der Ernährung der schon zu einem gewissen Alter erwachsenen Menschen, können demselben durchaus nicht angemessen seyn; es kann sie nur schwer verdauen und seiner Natur angleichen. Es bedarf in seiner neuen Lebensbahn eines Nahrungsmittels, welches jenem noch vor kurzem im Mutterleibe erhaltenen, am nächsten kommt; es bedarf der Milch aus den Brüsten seiner Mutter vornehmlich von ihm selbst gesogen. Nichts kann an diesem Naturgesez geändert, nichts davon unterlassen werden, ohne Nachtheil für Mutter und Kind, wenn anders die Bedingnisse vorhanden sind, welche eines und das andere für dasselbe eignen.[118] Das Säugungsgeschäft, diese mütterlich süße Pflicht, ist leider durch Vorurtheile und falsche Begriffe fast überall so sehr herabgesezt worden, daß für Mutter und Kind, selbst für die Menschheit im Ganzen, daraus sehr vieles Unheil erwachsen mußte. Jede Mutter, welche stark genug war, ihr Kind viele Monate in dem Leibe zu tragen und zu ernähren, ist auch stark genug, demselben, nachdem sie es zur Welt gebohren, noch einige Zeit hindurch die Brust zu geben. Die wirklichen Ausnahmen von dieser Naturregel sind wenigstens höchst selten. Sobald das Kind gebohren ist, und sich wohl befindet, so sucht es schon die Brust seiner Mutter, und findet es sie nicht, so säugt es an allem, was ihm vor den Mund kommt, an seinem eignen Fäustchen, an dem Finger, den man ihm in den Mund stekt. Wessen sich die Thiermutter schämen würde, das erlaubt sich wohl eine ausgeartete Mutter des Menschenkindes; sie sieht es, und fühlt nicht in ihrem Herzen, daß es Zeit ist, ihrer Frucht die Brust zu reichen: nein, der reiche Busen muß verwelken, und das unglükliche Kind kommt nie zu der vollkommenen Reife, oder muß vielleicht gar sterben, ehe es[119] anfieng, seines Lebens bewußt und froh zu werden.
Durch das Selbststillen wird unzähligen Übeln, schweren Wochenbetten, entzündeten Brüsten, Milchversezzungen, welche leicht tödtlich werden können, vorgebeugt, sogar manche andere Krankheit, welche vorher da war, geheilt. Man vergleiche nur die Gesundheit, die Stärke, die Munterkeit der stillenden Mutter mit dem schmachtenden, ängstlichen und kranken Zustande, in welchem sich diejenigen zu ihrer Quaal befinden, die nicht stillen. Erstere sind aller Beschwerlichkeit überhoben, die Absonderung der Milch geschieht bei ihnen in der natürlichsten Ordnung, sie haben keinen Feind zu fürchten. Die Frauen, welche glüklich genug sind, der ganzen Mannichfaltigkeit jener Übel zu entgehen, bezahlen dieses seltene Vorrecht mit der Vervielfältigung ihrer Schwangerschaften oft sehr theuer. Kaum von einem Wochenbette wieder auflebend, konzipiren sie abermals, und diese gegen die Absicht der Natur zu oft und zu schnell wiederholte Schwangerschaften, sind eben nicht einer[120] jeden Konstituzion zuträglich. Es bestätigt sich aus der Geschichte aller Nazionen, daß bei den Müttern mit dem zunehmenden Luxus die wahre Liebe zu ihren Kindern abnahm, daß sie ihnen dann oft aus Eitelkeit oder Gemächlichkeit ihre eignen Brüste zu reichen versagten. Der Geschichtschreiber TACITUS sagt von den alten Deutschen, um sie ruhmvoll von seiner Nazion, der römischen, auszuzeichnen: Dort säugt jede Mutter ihre Frucht selbst, und die Kinder werden nicht zu Säugammen und Mägden verdingt. Wie rührend ist nicht das von mehreren Reisebeschreibern bestätigte Beispiel der Kanadienserinnen, jener wilden Amerikanerinnen! Sie dehnen den Beweis ihrer mütterlichen Sorgfalt sogar auf diejenigen Kinder aus, die an ihrer Brust starben. Sie kommen noch täglich einmal mehrere Wochen hinter einander, und drükken aus ihren Brüsten einige Tropfen Milch auf den Grabhügel ihres verstorbenen Säuglings.
Wie allgewaltig die Natur ist in allem, was Erzeugung, Gedeihen und Wachsthum des Menschen und aller Geschöpfe betrifft, davon[121] hat man die auffallendsten Beweise. Um ein Kind, welches eine sechzigjährige Wärterin besorgen sollte, des Nachts zu besänftigen, bestrich sie ihre Brüste mit Milch, und legte das Kind an. Nach einigen Tagen bemerkte sie, daß sie selbst Milch in den Brüsten hatte, mit welcher sie das Kind drei viertel Jahre ernährte. Herr SCHMIDTMANN sah in Westphalen, in der Bauerschaft Kaukum in dem Osnabrükkischen Kirchspiel Riemsloh, in dem Jahr 1790 eine Frau, welche vier und sechzig Jahr alt war, vor zehn Jahren ihr sechstes und leztes Kind gebohren, und dasselbe fünf Jahre hindurch gestillt hatte; deren monatliche Reinigung zwischen dem acht und vierzigsten und funfzigsten Jahr verschwunden war, und die dabei immer eine seröse Feuchtigkeit in den Brüsten behielt. Vor drei Jahren starb ihre Tochter in dem Kindbette; das zurükgebliebene Mädchen ward einer Säugamme übergeben, welche es aus kärglichem Milchvorrath hungern ließ. Aus Mitleid, und weil es ihr schwer gehalten hätte, es sonst aufzufüttern, hatte sie sich entschlossen, es aus ihrem eignen Busen zu nähren. Sie legte es an, und zu ihrer Verwunderung und Freude verwandelte sich[122] schon nach einigen Tagen jener Wasserquell in eine strozzend reiche Milchquelle. Sie säugte nun schon drei Jahre lang das Kind, und dachte damals noch ein Jahr hinzuzufügen, um ihrer Enkelin das nämliche zu leisten, was sie ihren Kindern geleistet hatte. Dieses alte Mütterchen hatte noch eine blühende Gesichtsfarbe, sagte aber doch, sie sey durch das dreijährige Trinken ihrer Enkelin sehr gealtert, obgleich sie keinen Abgang von Kräften spüre; sie hatte stärkere Eßlust als sonst, und verdaute gut. Ihre Brüste waren prall, gerundet, aufgequollen und glichen fast dem reizenden Busen einer jugendlichen Schönen. Die Milch konnte sie weit weg aussprizzen, und ihr milder Geschmak, ihre in das Bläulichte spielende Farbe waren auf keine Weise von den Eigenschaften der Milch einer jungen stillenden Mutter verschieden. Die damals vorhandene Quantität war für die Hälfte der nöthigen Nahrung des dreijährigen Kindes hinreichend. Es war ein seltenes, angenehmes Schauspiel zu sehen, wie dieses blühende, rothbakkigte, kerngesunde Mädchen, lüstern und vergnügt den nämlichen Busen sog, woran seine eigne Mutter vor dreißig Jahren sich gelabt hatte!
Indessen darf man doch auch mit der Anempfehlung jener Regel, daß eine Mutter ihrem eignen Kinde, ihren eignen Busen reichen soll, nicht zu weit gehen. Sie hat, wie jede Regel, ihre Ausnahmen. Es giebt allerdings Fälle, wo man vernünftigerweise das Selbststillen abrathen muß. Hat eine Wöchnerin das Unglük, ein todtes Kind gebohren zu haben, so versteht sich das Unterbleiben desselben leider von selbst. Örtliche Krankheiten an den Brüsten, deren wir schon einiger in diesen Blättern erwähnt haben, verbieten es zuweilen. Ferner auch einige allgemeine forterbende oder anstekkende Krankheiten. Dahin gehören die Kräzze, die Lustseuche, die Lungenfehler u. a. m. Viele Weiber in den hohem Ständen sind nervenkrank, oft zu zart und zu schwächlich, als daß sie ihr Kind selbst säugen könnten. Dieses Schiksal trifft beinahe alle hysterische; und ich erinnere mich einer solchen Wöchnerin, welche troz meiner Warnung immer ihr Kind an die Brust legte, und saugen ließ; sie wurde zusehens schwächer und elender, sie bekam[124] sogar die gefährlichsten Krämpfe und Konvulsionen, wodurch sie dann endlich gezwungen ward, von ihrem Vorhaben, ihr Kind selbst zu nähren, abzustehen. Was uns hauptsächlich zu dem Nichtstillen nöthigt, ist der gänzliche Mangel an Milch, ein Umstand, der sich zwar sehr selten ereignet, daß die Wöchnerinnen, troz ihrem guten Willen oder allen Bemühungen des Arztes, nicht so viel Milchvorrath bekommen, daß das Kind davon genährt werden könnte.
Kränkliche Frauenzimmer thun sehr wohl daran, sich bei Zeiten eine gesunde Amme anzuschaffen, um dadurch ihrem Erben, eine gute Nahrung und die nöthige Stärke zu geben. Manche Mutter aus den höhern Ständen ist auch wohl zu sehr an zerstreuende Gesellschaften gewöhnt, als daß sie ihre Pflichten durch Vermeidung derselben genau erfüllen könnte. Sie möchte gerne das leztere thun, und doch auch jene nicht entbehren. Die Vernunft befiehlt der säugenden Mutter, sich dem Kinde ganz und allein zu widmen; die Mode erlaubt alle rauschenden Vergnügungen, wenn sie sich nur dann und wann mit dem Kinde abfindet.[125] Beide, Mutter und Kind, müssen aber nothwendig durch diese Mode leiden. Die Mutter, welche ihre Pflicht ganz erfüllt, lebt häuslich und ruhig, wird nicht durch Leidenschaften und Anstrengungen zerrüttet, reicht ihrem Kleinen den Tag über reichliche, milde und gesunde Nahrung, damit er ihre und seine Ruhe des Nachts gar nicht oder selten unterbreche, und gewöhnt ihn so an eine ordentliche und der Gesundheit zuträgliche Diät. Einerlei Nahrung zu einer bestimmten Zeit gereicht, erhält und stärkt hier das Leben und die Kräfte beider, des Kindes und der guten Mutter. Beobachtet hat man in einzelnen Fällen, daß die Brüste säugender Mütter der Aufenthalt von Unreinigkeiten der Säfte werden, aus welchen sich diese in den Körper des Säuglings hinüberziehen, und sich an ihm unter mancherlei Gestalten äußern, während die Mütter mehr als je von Hautschärfen und andern Zufällen frei sind. Vorzüglich soll dieses der Fall bei der venerischen Krankheit seyn, wobei sich zugleich die besondere Verbindung der weiblichen Geschlechtstheile mit den Brüsten auf eine auffallende Art äußert. So sollen sich z. B. venerische Geschwüre, der weiße Fluß[126] u. dgl. während der Säugezeit sehr vermindern, und beinahe ganz verlieren, und dagegen andere wunde Stellen und Geschwüre an dem Säugling erscheinen.
Ob eine Wöchnerinn ihre Frucht selbst stillen soll oder nicht, dieses bleibt allemal der Bestimmung des Arztes, welcher die individuellen Gesundheitsumstände in genaue Erwägung zieht, überlassen. Könnte es nun nicht geschehen, so muß die Mutter wo möglich, doch wenigstens einige Tage oder Wochen dem Kinde die Brust reichen. Beide gewinnen auch dabei: die erstere, indem alsdann die Milch sich leichter und mit weniger Gefahr vertreiben läßt, und das leztere, weil die erste Milch, welche eine abführende Eigenschaft besizt, ihm zuträglich ist. Hierauf muß nun der Zufluß der Milch nach den Brüsten abgeleitet, und ihr ein anderer Ausweg, hauptsächlich durch den Stuhlgang, bei dem Gebrauch von Laxiermitteln, Doppelsalz u. dgl. verschafft werden. Das eigentliche Vertreiben der Milch ist, wegen mancherlei dabei obwaltenden Umständen, ebenfalls die[127] Sache eines Arztes. Es darf ja nicht zu schnell geschehen; die Gliedmaßen, besonders die untern, müssen sehr warm gehalten werden. Alle Auswege aus dem Körper müssen frei und offen seyn. Äußerst nachtheilig ist die Gewohnheit, die Brüste mit Binden fest zu umwikkeln, um dem Eintritt der Milch in dieselben Einhalt zu thun, und die Gestalt und Schönheit des Busens zu erhalten. Dergleichen Personen bezahlen fast immer diese vergängliche Annehmlichkeit mit dem Verlust ihrer Gesundheit. Man sah sogar tödtliche Schlagflüsse, oder fürchterliche Beängstigungen bis zu dem Erstikken, heftige Kopfschmerzen und Zukkungen entstehen. Diese Zufälle hörten nicht eher auf, als bis die Milch, durch Wegnahme der Binden, sich in die Brüste begeben, und den Busen frei entwikkeln konnte. Eben so schädlich sind die sogenannten Milchpflaster, welche man in der nämlichen Absicht als die Binden, oder aber um Milchknoten zu vertheilen, anwendet, besonders wenn ihnen Bleikalche zugemischt sind. Sie geben häufig Veranlassung zu Milchversezzungen. Bei Gelegenheit des Entwöhnens (§. 55.) ist schon ausführlich über diesen Gegenstand gesprochen worden.
Mütter, deren Körperbau, deren Gesundheit es nicht erlaubt, dem Kinde ihre eigne Brust zu reichen, schreiten nun zu der Wahl einer Säugamme, oder ernähren das kleine Geschöpf mit Thiermilch. Nur in dem höchsten Nothfalle, ich wiederhole es, nur dann, wenn es der Geburtshelfer als unvermeidlich anräth, dürfte dieses geschehen. In der Wahl der Säugamme kann man nicht zu vorsichtig seyn, weil beide, sowohl die körperlichen als Seeleneigenschaften derselben, den stärksten Einfluß auf den Säugling haben. Nicht allein Krankheiten, besonders die anstekkenden, pflanzen sich auf diesen fort, sondern auch Leidenschaften. So sind z. B. die meisten in einem höhern Grade wollüstig, weil eben Wollust sie zur Amme machte. Der Kummer einer solchen Person über den vielleicht verlohrnen Liebhaber,[129] oder die unbefriedigte Sehnsucht nach demselben, kann schon viel Schaden anrichten. In Findelhäusern hat man die richtige Erfahrung gemacht, daß die Anzahl der darinnen verstorbenen Kinder durch die Ammen um vieles vergrößert wurde. Eine Amme muß eine vollkommene Gesundheit genießen, in dem besten jugendlichen Alter seyn, und muß, wenn sie eben stillen will, noch nicht lange niedergekommen seyn. Sie darf nicht jähzornig, eigensinnig seyn, sie muß überhaupt bei einer gewissen Empfänglichkeit für das Gute, auch Liebe zu dem Kinde veräußern können. Sie sollte eigentlich nur ein- höchstens zweimal gebohren haben. Ihre Brüste müssen groß genug, derb, feste anzufühlen seyn, die Warzen gehörig erhaben, zylindrisch und nicht aufgesprungen seyn, sich auch bei der Berührung mit dem Finger in die Höhe richten und steif werden. Beide Brüste müssen zu dem Stillen gleich tauglich seyn. Frauenzimmer, welche ihre Kinder nicht selbst stillen können, müssen noch, ehe sie entbunden werden, für eine Säugamme sorgen, und haben dabei, wie oben schon erinnert worden, auch besonders auf den moralischen Karakter derselben zu sehen. Sie[130] darf eben deswegen nicht gar zu jung seyn, und muß, wo möglich, von dem Lande hergenommen werden.
Der Säugling darf nur dann saugen, wenn derselbe hungrig ist, und nach der Brust verlangt. Man kann sie allmählig gewöhnen, daß dieses nur zu gewissen Stunden des Tages geschieht. Viel auf einmal darf man ihm indessen doch nicht zu trinken geben, damit er sich nicht den Magen überlade. Größern Kindern sollte die Amme nie des Nachts die Brust reichen. Wenn die Amme eben gegessen hat, so sollte sie dem Kinde nicht eher zu trinken gehen, als bis die Verdauung größtentheils vorüber wäre. Höchst schädlich ist es offenbar, den Säugling so oft an die Brust legen zulassen, als er schreit; nur dann darf es geschehen, wenn er durch Speicheln, ängstliches Forschen nach der Amme und Saugen an den Fingern, wirklichen Hunger verräth (§. 51.). Die Amme muß außer der Wartung des Kindes keine andere Geschäfte haben. Sie muß eine gute gesunde Nahrung bekommen, sich vor sauern Speisen und[131] Getränken hüten, die Brüste wohl bedekken, nicht der Kälte aussezzen, sich täglich, wenn das Wetter gut ist, mit dem Säugling Bewegung in freier Luft machen. Sie darf deswegen nicht, wie es sonst wohl geschieht, mit an dem Gesindetisch essen, sondern ihre Diät muß mit Auswahl aus einfachen, nahrhaften Speisen ohne fremdes Gewürze bestehen, und dabei sollten die Hülsenfrüchte möglichst vermieden werden. Die Säugamme muß ferner in einem geräumigen, gesunden Zimmer wohnen, und vor jeder heftigen Gemüthsbewegung, Zorn oder Schrekken gehütet werden. Wäre aber doch ein solcher Fall einmal eingetreten, so darf dem Kinde die Brust nicht gereicht werden, sondern die Amme muß die erste Milch auslaufen lassen. Vertrüge der Säugling die Milch der Amme nicht, hätte sich wegen eingetretener monatlicher Reinigung die Milch verlohren, würde sie krank oder schwanger; so muß sie abgeschafft, und ihre Stelle durch eine andre ersezt werden. Nachlässigkeit und Sorglosigkeit ist man leider von den Säugammen in großen Städten gewohnt. Die Mutter, welche sich in der Lage befindet, einer solchen ihr Kind anvertrauen zu müssen, darf es daher nie[132] an der strengsten Aufsicht über dieselbe fehlen lassen, hauptsächlich in dem, was Naschereien und was den Umgang mit dem zweiten Geschlecht betrifft. Auch würde ich einer Säugamme nie erlauben, des Nachts den Säugling mit in ihr Bette zu nehmen. Es sind traurige Beispiele bekannt, daß die leztern dadurch Schaden gelitten. Um diesen zu verhüten, hat man an vielen Orten, z. B. in einigen Gegenden Italiens und in dem Entbindungshause zu Kopenhagen die Gewohnheit, die kleinen Kinder in eigends dazu verfertigte, länglicht runde, mit ausgespannten Reifen versehene, von Weiden geflochtene Körbchen zu legen. In diesen besondern Behältern sind sie freilich vor allen Mißhandlungen hinlänglich geschüzt.
Die allgemeine Erfahrung lehrt, daß es in großen Städten häufiger der Fall ist, daß Kinder durch Ammen gesäugt werden, als anderswo. Auf dem Lande bemerkt man es beinahe gar nicht. Durch Kränklichkeit und manche andere Verhältnisse sind aber auch jene Mütter[133] weit öfter dazu gezwungen. In Paris ist die Sitte, die Kinder auf dem Lande erziehen zu lassen, fast allgemein, und wird allerdings durch das Lokal dieser Hauptstadt gerechtfertigt. Vielleicht ist es meinen Leserinnen nicht unangenehm, davon etwas näheres zu hören. Paris ist für seine ungeheure Volksmenge noch lange nicht groß genug. Auch begüterte, wohlhabende Bürger, wohnen dort in den ungesundesten Straßen der Stadt, mit ihrer oft zahlreichen Familie, eng und unbequem. Wenige Bürgersfrauen sind in dem Falle, die Niederkunft in ihrer Wohnung abzuwarten, die oft aus einem einzigen Zimmer in dem vierten Stokwerk besteht. Sie lassen daher einige Tage zuvor ihre Wäsche in das große Hospital, Hôtel Dieu genannt, tragen, und folgen selbst nach. Die angesehensten Bürgersfrauen thun dieses. Sie kommen gesellschaftlich in dem Gebährhause nieder, kehren von da bald wieder zurük, unterwerfen sich auch bald wieder ihren häuslichen Geschäften. Der Säugling wird sogleich auf das Land gethan, und einer gesunden Bauersfrau in die Kost gegeben, die mit diesem Ammendienste ein Gewerbe treibt, und dergleichen Säuglinge immer mehrere[134] auf einmal hat. Die hier übliche Taxe ist festgesezt, und muß auf den Tag entrichtet seyn, indem sonst der Richter nach eingelaufener Klage mit unerbittlicher Strenge sogleich Gefängnißstrafe zuerkennt. Jene ländlichen Ammen erfüllen ihre Pflicht vollkommen genau, und ihre Sorge erstrekt sich oft auf mehrere Jahre. Nach Verlauf derselben werden die Kinder zurükgeholt, einige auch, wie z. B. die unehelichen, dem Findelhause übergeben. Die meisten unter ihnen gedeihen vortrefflich; der Pariser giebt keinem Bewohner Frankreichs an körperlicher Stärke und dauerhafter Gesundheit etwas nach, und die ganze Revoluzionsgeschichte beweißt offenbar, daß der kleine Pariser Bube, und das Mädchen nicht minder, von der gewölbten vollen Brust seiner bäuerischen Amme gesäugt, weit nervichter, an Körper und Seele gestärkter, zur Mutter zurükkehrt, als wenn er unterdessen in den ungesunden, dumpfichten Gäßchen der Hauptstadt auf dem Schooße dieser lezten hätte groß werden sollen. Außerdem mangelt es in Paris nicht an besondern Häusern, welche zu der Aufnahme und zu dem Stillen mutterloser Kinder, wie auch zu der Wohnung und[135] Niederkunft armer Mütter bestimmt sind. Nach der allgemeinen Erfahrung ist aber Sterblichkeit der armen Kleinen in denselben ungeheuer groß.
Herr LA FONTAINE in Warschau erzählt von den polnischen Juden, daß viele unter ihnen ihre Kinder bei Tage durch eine Amme und des Nachts durch die Mutter stillen lassen, welche meistens den Tag über ihre Zeit in einem Gewölbe dem Handel widmet. Diese doppelte ganz verschiedene Nahrung giebt zu vielen Krankheiten Stoff, indem eine solche Amme mehrere Kinder von verschiedenen Eltern bei Tage mit ihrer wenigen Milch zu versehen hat. Diese Ammen sind meistens Wittwen, die schon lange Zeit hindurch ihre Ammendienste verrichten, sind oft auch schon bejahrt. Man kann sich also vorstellen, wie wenig und was für Milch jedes dieser Kinder bei Tage genießt, und in welchem Überfluß des Abends und des Nachts hindurch von der Mutter!
Der zweite Weg, welcher einer nicht stillenden Mutter übrig bleibt, ist die Ernährung des Kindes mit Thiermilch. Wenn man bedenkt, wie viel zu einer guten Säugamme gehört, und wie viele Mühe es oft kosten mag, eine solche herbeizuschaffen; so wird man sich oft weit ehender hierzu entschließen können und müssen. Zu Wien fand einmal STOLL unter vierzigen, die sich zu einem Ammendienste gemeldet hatten, nur Eine unverdächtig und sicher. Ich bin überzeugt, daß durch das künstliche Auffüttern der Kinder viele Gefahren auf der einen Seite vermieden werden. Es erfordert nur von Seiten der Mutter oder Wärterin die größte Sorgfalt in der Pflege des kleinen Geschöpfes. Man sehe auf eine gute Auswahl der Nahrungsmittel, auf Ordnung und Reinlichkeit, und entferne im Gegentheil alles,[137] was schädlich werden könnte. Doch ist immerhin der Ernährung mit Thiermilch eine Amme, wenn diese alle oben angegebenen erforderlichen Eigenschaften hat, bei weitem vorzuziehen. Ihre Milch, die schon theilweise mit aus den animalischen Nahrungsmitteln abgeschieden, also wesentlich von jeder andern Milch verschieden ist, ist dem Kinde um so angemessener, da dessen Nahrung auch theilweise aus Fleisch mit bestehen sollte. Indessen ist es jezt so unendlich schwer, eine gute Amme zu bekommen, daß in der Regel das Aufziehen des Kindes mit andern Nahrungsmitteln oft, sehr oft vorzuziehen seyn dürfte, wenn es auf eine vernünftige Weise geschieht. Von jeher hat man zwar freilich vieles dagegen einzuwenden gehabt, das meiste davon trifft aber nur den Mißbrauch dieser Ernährungsweise, welcher doch den richtigen Gebrauch nicht aufheben soll. Daß die Kinder dabei schwächer werden sollen, ist falsch, dem widerspricht laut die Erfahrung. Daß die gewöhnliche Milch nicht so kräftig ist, als die Muttermilch, ist wahr; man muß also diesen Abgang dadurch, daß man dem Kinde zuweilen, wenn es einige Monate alt geworden, etwas Fleischbrühe[138] reicht, ersezzen; so ist der Unterschied schon etwas gehoben.
Das Kind bringt die Eigenschaft zu saugen mit auf die Welt, und nur diese Art sich zu ernähren, ist ihm angemessen. Man kam daher auf den Gedanken, Kindern, welche nicht an der Mutter Brust gelegt werden können, die Thiermilch in besondern gläsernen Flaschen zu reichen, welche an ihrer Öffnung mit sogenannten künstlichen Warzen versehen wären. Die gewöhnlichen sind an ihren Mundstükken mit mehreren Löchern durchbohrt. Dieses verdient deswegen Tadel, weil bei dem Trinken, wenn man die Geschirre auch nur mäßig erhebt, die Flüssigkeiten sich schon zu stark ergießen. Die Flaschen von Metall sind schlechterdings alle zu verwerfen, weil die leicht säuernde Milch sie angreift, und dem Kinde Bauchgrimmen und andere Nachtheile verursachen könnte. Die besten Saugflaschen sind wohl folgende: man nimmt ein Arzneiglas oder ein weißes Melissengläschen, verschließt dessen Öffnung mit einem gut gereinigten und ausgebrüheten feinen Waschschwamm, von[139] welchem man so viel hervorragen läßt, als das Kind in den Mund zu nehmen hat. Dieses umwikkelt man mit einem reinen leinenen Läppchen, und bindet es hinter dem Rande des Glases zusammen, so daß es die Gestalt und die Größe einer Brustwarze erhält. Das mit Kuh- oder Ziegenmilch gefüllte Glas wird nun dem Kinde zum Saugen gereicht, wobei es mäßig geneigt werden muß, damit nicht eher als bis es trinkt, etwas herausfließe. Auf diese Art bekommt es eine reine gute Nahrung. Man muß mehrere Gläser, Läppchen und Schwämme vorräthig haben, um durch Abwechselung die äußerste Reinlichkeit beobachten zu können. Bald aber, schon einige Wochen nach der Geburt sind die Kinder daran zu gewöhnen, daß sie aus den Gefäßen selbst trinken. Man hat dazu die sogenannten Schiffchen, vorn schmale und zugespizte porzellanerne Gefäße, am besten gefunden.
In Ansehung der Menge der Speisen, welche das Kind bekommen soll, muß man eine weise[140] Mittelstraße gehen. An der Mutter Brust saugt das Kind, so lange es Hunger hat, und hört alsdann gewiß auf. Die Mutter kann ihm gegen seinen Willen nicht mehr geben. Die Wärterin hingegen stopft ihm, so oft es schreit, ohne weiter die Ursache des Schreiens zu untersuchen, den Mund mit Brei, reizt auch wohl seinen Appetit mit Zukker, und so verdirbt sich das Kind den Magen. Dieses ist freilich ein Mißbrauch, welcher schlechterdings verhütet werden muß, auch leicht verhütet werden kann, wenn man der Natur näher kommt. Der gesunde, nicht verwöhnte Mensch, und so noch vielmehr das zarte Kind, ißt von einer einzigen Speise nie mehr, als bis sein Hunger gestillt ist, was es drüber thut, geschieht aus Lüsternheit, die durch etwas anders gereizt ist. Man reiche dem gesunden Kinde jedesmal nur Eine Speise, und genau so viel als es gerne nimmt; so wird es hinlänglich genährt, und ihm doch nicht der Magen überladen werden. Es wird nie zu viel essen, da der Appetit nicht gereizt wird, und nie zu wenig, weil der Hunger gestillt seyn will. Bei kranken Kindern, bei welchen der Hunger mit den Verdauungskräften außer Gleichgewicht[141] gekommen ist, muß die Mutter sich jedesmal nach dem Arzte richten.
Was nun die Materie und Form des Essens betrifft, so werfe man nur den schädlichen Mehlbrei ganz weg, und nehme dafür spröde gebakkene Weizenzwiebak, gerieben oder zerstoßen, in Milch, Wasser, oder Fleischbrühe jedesmal frisch bis zu der Dikke eines guten Milchrahms eingekocht. Um abzuwechseln, kann man ihm auch manchmal, aber seltener, Grieß, klar gestoßenen Sago oder Salep mit halb Milch und halb Wasser gekocht, Eidotter in Fleischbrühe aufgelößt, reichen. Fürchtet man Verstopfung, oder träte welche ein, so thue man bisweilen einen Gran venezianische Seife dazu. Zu dem Trinken nehme man eine Mischung von der Hälfte Milch und der Hälfte Brodwasser. Aber die Milch muß gut und abgekocht, wo möglich auch immer von einer und derselben Kuh genommen seyn. Besser zu diesem Zwek wäre freilich die Milch von einer Ziege oder Eselin, wenn man sie haben könnte, und am allerbesten, wenn man diese unmittelbar nach dem Ausmelken noch warm trinken ließe. Nebenbei sind Möhren oder gelbe Rüben in Wasser oder Milch gekocht, eine[142] angenehme und nahrhafte Speise für Kinder in dem ersten Lebensalter.
Es hat großen Nachtheil für die Kinder, wenn sie bei Tage zu viel schlafen, und es ist eine Unart der Wärterinnen, welche sich inzwischen anderwärts beschäftigen. Jene schlafen dann des Nachts nicht, trinken zu viel, essen auch wohl gar aus Verdruß und Langerweile. Der Schlaf bei Tage ist nicht so stärkend und ruhig, die Kinder entbehren dabei die zu der Verdauung nöthige Bewegung und den Genuß der freien Luft. Ich weiß aus mehrerer Erfahrung, daß man Kinder ohne Mühe und Zwang bald dahin gewöhnen kann, daß sie des Tages sehr wenig oder gar nicht schlafen, dafür aber auch in der Nacht nur ein-, höchstens zweimal aufwachen und ein wenig trinken. Von der dritten Woche an muß das Kind täglich die freie Luft genießen, und schon frühzeitig kann man es dabei an den Wechsel der Witterung gewöhnen. Endlich muß dasselbe täglich mit kaltem Wasser[143] an dem ganzen Körper gewaschen, und wöchentlich einmal lauwarm gebadet werden. So hat man hier einige der wichtigsten Regeln der ersten physischen Erziehung beisammen. Mehr hierüber zu sagen, wäre gegen die Absicht dieser Blätter gewesen.
Ich bemühete mich in den vorigen Abschnitten, Sie mit den besondern Ereignissen an den Brüsten, mit ihren Krankheiten und den vorzüglichsten Heilmitteln dagegen bekannt zu machen. Zu dem Beschluß bleibt mir nun noch übrig, Ihnen den Krebs der Brüste, als eine ebenfalls fast eigenthümliche Krankheit derselben, wozu sie schon wegen ihrem drüsichten und schwammichten Bau sehr geneigt sind, zu beschreiben.
In dem vierzigsten oder fünf und vierzigsten Jahre, bisweilen auch noch später, gehen wiederum mit der weiblichen Natur besondere wichtige Veränderungen vor. Bei Frauenspersonen, welche sich diesem Alter nähern, hört nämlich die monatliche Reinigung auf zu fliessen, und damit verliert sich zugleich die Eigenschaft derselben, in dem Beischlafe zu empfangen und Kinder zu gebähren. In diesen Zeitpunkt[145] fällt hauptsächlich die Krankheit, von welcher hier die Rede ist, — der Brustkrebs. Es zeigt sich nämlich eine Verhärtung, ein oder mehrere harte Knoten, in einer oder beiden Brüsten, der sogenannte Scirrhus. Er ist in dem Anfange klein, beweglich und unschmerzhaft, wird aber immer größer, fixirt sich, fängt an zu stechen, zu schmerzen, und endlich bricht er auf, und macht ein häßliches Geschwür, aus welchem immer ein stinkender dünner Eiter fließt, und dieses ist der offene Krebs, unter allen Krankheiten, welche in der Natur vorkommen, eine der abscheulichsten. Hauptsächlich, sage ich, kommt dieses grausame Übel in diesem Alter vor, aber nicht immer. Es kann, durch besondere Umstände veranlaßt, auch in frühern Jahren eintreten, und dann erfordert es die schleunigste Hülfe. Der Ort, den der Krebs meistentheils einnimmt, ist die eigentliche Brustdrüse. Zuweilen kommt er indessen auch an die Brustwarze, und oft sind an der leidenden Seite die Achseldrüsen geschwollen.
Der Grund dazu liegt öfter schon vorher in dem Körper verborgen. Zurükgetretene[146] Hautausschläge, gehemmte Ausleerungen, der Zunder der Gicht, der Skrofeln, das venerische Gift u. dgl. können die Krankheit veranlassen. Frauenzimmer, welche sehr empfindlich und melancholischen Temperaments sind, welche eine stillsizzende Lebensart und ein mißvergnügtes Leben führen, lang anhaltende traurige Gemüthsbewegungen, Gram, Kummer und Sorgen haben, Frauenzimmer, welche unverheirathet bleiben, oder in einer unfruchtbaren Ehe leben, oder ihre Kinder nicht selbst stillen, sind besonders dazu geneigt. Ein von außen angebrachter Druk, Stoß, eine Quetschung, das anhaltende Pressen der Schnürbrüste, sind ebenfalls als Ursachen zu betrachten, daß sich die Gefäße in der Brustdrüse verengern, und endlich völlig schließen, mit einem Worte, daß der Scirrhus und Krebs entstehen. In ganzen Gegenden, z. B. in Holland, wo sich leider die Frauenzimmer noch stark schnüren, bemerkt man auch den Brustkrebs sehr häufig. Sie sehen hier wieder einen äußerst wichtigen Beweggrund, sich des Tragens der Schnürbrüste zu enthalten. Gewöhnlich, wenn solche Personen Acht haben, werden sie anfangs einen Schmerz an dieser Stelle bemerken. Lassen sie[147] sich dadurch warnen, mit dem Druk aufzuhören, so geht die Gefahr oft vorüber; folgen sie aber dieser Warnung nicht, so entsteht der todte Knoten, welchen die Natur in dem Körper manchmal lange ruhig zu dulden scheint, bis sie zulezt mit aller Gewalt unter den unausstehlichsten Schmerzen sich bestrebt, ihn wegzuschaffen, unter welcher Bemühung sie aber meistens erliegt. Es scheint, als ob in einer krebshaften Brust der kranke Kern die Vegetazion reize; sie ist wider die Regel vermehrt, es entstehen Schwämme und lokkere Auswüchse, und jeder Punkt des neuen Schwamms ist ein neuer Punkt der Anziehung. Die Vegetazion nimmt mit ihrem Produkt in gleichem Verhältniß zu. Die Flüssigkeit, welche sich in den Krebsgeschwüren absondert, hat eine alkalische Natur.
Wenn der Scirrhus gleich anfänglich steinhart und groß ist, oder wenn er früher nicht so gar sehr hart gewesen, und nun plözlich anfängt es zu werden, wenn er hökkericht und uneben wird, wenn sich Schmerzen einstellen, wenn die Gesundheit der Kranken, es sey auf[148] welche Art, und aus welcher Ursache es wolle, Noth leidet; so ist sehr zu befürchten, daß der Scirrhus bald bösartig werden wird, und alle Mittel, die daher entstehende Gefahr zu verhüten, müssen auf das eiligste angewandt werden. Denn, wenn die Krankheit sich selbst überlassen bleibt, so nimmt der Schmerz immer mehr zu; der Kranken wird endlich zu Muthe, als wenn ihr die Geschwulst beständig mit Nadeln durchstochen würde, oder als wenn eine glühende Kohle darinnen enthalten wäre. Die Blutgefäße in dem Umfange des Scirrhus schwellen auf, die Haut auf demselben wird roth und blau, dann schwarz; es entsteht eine kleine Beule nahe an der Warze, diese bricht endlich auf, und wir haben ein offenes, sehr übel aussehendes Geschwür vor uns, welches gemeiniglich die heftigsten Schmerzen verursacht, eine ungleiche, zerfressene, mit schwammichten Auswüchsen besezte Oberfläche und harte umgebogene Ränder hat, leicht und stark blutet, und eine scharfe und sehr stinkende Jauche von sich giebt. In wenigen Monaten erreicht bei dem schwammichten Krebs die Brust eine ansehnliche Größe, sie treibt große, in Lappen getheilte, dunkelrothe Schwämme hervor,[149] die wie Blumenkohlstauden aussehen, und ein lokkeres, ihrem schnellen Entstehen angemessenes Gewebe haben. Zuweilen sind diese Schwämme länglicht und sehen wie Trauben aus. BIERCHEN sah eine an dem Krebs leidende Brust, die so groß war, daß sie nicht allein die gesunde bedekte, sondern wie ein großes Kissen unter dem Magen hieng. Scirrhöse und krebshafte Brüste haben nach den darüber verzeichneten Beobachtungen der Ärzte, zehn, zwölf, ja gar vier und sechzig Pfund gewogen.
Nicht jede Drüsengeschwulst in der Weiberbrust ist krebsartig. Es ereignen sich auch noch sonst in der innern Substanz derselben allerhand Veränderungen und Desorganisazionen, welche sowohl die Form als die Mischung der thierischen Materie betreffen. Wir haben schon oben gesehen, daß bei neugebohrnen Kindern, oft auch späterhin zu der Zeit der Pubertät, bei Mädchen und bei Knaben zuweilen Verhärtungen unter den Brustwarzen entstehen, welche ursprünglich Gerinnungen limphatischer Säfte sind, sich fast immer zertheilen, und selten nur[150] in Eiterung übergehen. Einige Personen bekommen zu der Zeit der Reinigung so viele und so harte Knoten in die Brüste, daß man sie für scirrhös halten würde, wenn diese Knoten nicht verschwänden und wiederkämen. So giebt es auch Knoten und Balggeschwülste verschiedener Art in den Brüsten. Davon erzählen die Ärzte viele Beispiele. Man hat eine Verwandlung der Brüste in Knorpel beobachtet; man hat Haare, Sand, Steine, und eine blutige Lymphe darinn gefunden. Eine Nonne in Pavia bekam mehrere Knoten in der einen Brust, die allmählig in eine Geschwulst zusammenschmolzen. Sie war schmerzhaft und hatte eine ungleiche Oberfläche. Die Brust brach auf, und das Geschwür heilte nicht, bis endlich der Wundarzt aus derselben einen Körper hervorzog, der die Größe einer Wallnuß hatte, und aus kleinern und grössern Knochenstükken bestand, welche durch eine ligamentöse Substanz mit einander vereinigt waren. Über der Brustwarze einer Mannsperson aus einer gichtischen Familie entstand eine Geschwulst, welche nach einem Jahr so groß wie eine Faust war, aufbrach, und in ihrer ganzen Höhle eine kalkartige Materie enthielt, die theils hart, theils weich war.
Man hat zu der Heilung des Scirrhus zweierlei ganz verschiedene Wege. Sie geschieht entweder durch innerliche Arzneimittel, oder durch Ausrottung mit dem Messer. Zu den erstem gehören die Belladonna, der Schierling, das Queksilber, der Arsenik u. a. m. Man glaubt ihn dadurch zu zertheilen und aufzulösen: allein dieser Versuch gelingt selten oder nie. Diese Mittel wirken langsam, schwächen oft die Gesundheit des ganzen Körpers, verwandeln sogar manchmal, wenn sie reizend sind, und unbehutsam gebraucht werden, den Scirrhus, anstatt ihn aufzulösen, in einen Krebs. Immer verursacht der Gebrauch derselben Zeitverlust. Der Zeitpunkt, wo der Scirrhus ausgerottet werden konnte, geht verlohren, und die Kranke sieht sich am Ende in ihrer Hoffnung betrogen und ohne Hülfe.
Sehr rathsam ist es aber, den Scirrhus beständig mit einer Schwanenhaut, einem Kaninchenfelle, oder mit etwas ähnlichem zu bedekken. Man erhält ihn dadurch nicht allein immer in einer gleichen Wärme, welche zu der Zertheilung desselben sehr viel beiträgt, sondern man[152] wendet auch allen äußern Druk, alles Reiben u. s. w., wodurch er entzündet werden kann, von demselben ab.
Obgleich der Brustkrebs öfters allen Anstrengungen der Heilkunst in Absicht auf eine Radikalkur widersteht; so nimmt zuweilen doch die Krankheit einen langsamen Gang, und ihre Bösartigkeit kann alsdann verbessert werden. Unter geschikter Behandlung haben viele Personen krebsartige Geschwülste verschiedene Jahre lang ohne die beträchtlichste Ungemächlichkeit ertragen. Man schreibt zu diesem Behufe den Aderlässen, den abführenden und kühlenden Arzneien, der Enthaltung von allen Säuren, salzigten und gewürzten Speisen, wie auch von geistigen Getränken, der Gemüthsruhe, oder den metallischen Alterativmitteln in kleinen Dosen, z. B. den Spießglanzzubereitungen, der Eisenfeile, oder den krampfstillenden Mitteln, dem stinkenden Asand, dem Baldrian, u. dgl. jene guten Wirkungen zu. In dem Auflegen von erweichenden Breiumschlägen oder von der Hollundersalbe mit dem Goulardischen Wasser versezt, finden die Kranken oft auch Erleichterung. Diese verschiedenen Mittel müssen nach Beschaffenheit der Krankheit und der Konstituzion der Pazienten auch[153] auf verschiedene Weise angewendet werden, indem der Arzt die Heftigkeit des Zufalls, die Kräfte des Kranken, und die Wirksamkeit des vorgeschriebenen Mittels nebst den Gegenanzeigen berüksichtigt. Ein Mittel, dessen ich mich bei dem offenen Brustkrebs in verzweifelten Fällen vorzugsweise bedienen würde, weil es oft in dem Gesichtskrebse die besten Dienste that, ist die äußerliche Anwendung der Arseniksalbe, mit der gehörigen Genauigkeit und Vorsicht. Indessen ist es mir auch bekannt, daß dieses Mittel ohne die erwünschte Wirkung geblieben.
Die Operazion ist die bei weitem zuverlässigere Kur dieser Krankheit. Sie ist in den meisten Fällen das einzige Mittel, und würde weit öfter gelingen, wenn man sie nicht als das lezte, sondern als das erste Mittel betrachtete. Man trennt mit dem Messer die äußere Haut, und schält sodann die ganze Geschwulst heraus. So hört die ganze Ursache der Krankheit, aller Schmerz und Beschwerde auf, und die zurükgebliebene reine und einfache Wunde[154] heilt in kurzer Zeit. Indessen darf man doch nur unter gewissen Bedingungen Hülfe von ihr erwarten. Der eigentliche Zeitpunkt dazu ist der, wo der Scirrhus eben anfieng schmerzhaft zu werden; später gelingt sie selten. Die zu operirende Kranke muß außerdem ziemlich gesund seyn, und der Krebs darf von keiner fortwirkenden innerlichen Ursache unterhalten werden. Und dann kommt es auch noch darauf an, daß die ganze Geschwulst rein ausgerottet werde, und daß nichts davon zurükbleibe, sonst kömmt die Krankheit wieder. Die Ausrottung durch das Messer findet also nur bei dem Scirrhus, und bei dem verborgenen Krebse statt; da wo dieser schon in ein offenes Geschwür übergegangen, kann man sich von ihr keine Hülfe mehr versprechen.
Der Krebs ist oft unheilbar, weil man seine Ursache nicht genau entdekken konnte, oder weil es zu weit damit gekommen war, und man die rechte Zeit zu der Operazion ungenüzt verstreichen ließ. Der Wundarzt begnügt sich in diesen Fällen, die Zufälle zu[155] lindern, welche am dringendsten sind: er erneuert zu dem Ende öfters den Verband, und reinigt das Geschwür mit Alaunwasser, Chinadekokt oder mit Kalchwasser. Die Reinigungswasser kann man mit einer Feder, oder wo nicht gut beizukommen ist, mittelst einer Sprizze anbringen, aber beide Arten der Anwendung müssen mit der leichtesten Hand geschehen, damit nicht die Geschwüre gereizt, und der Pazientin die Schmerzen vermehrt werden. Der Breiumschlag aus gelben Rüben, oder ein Kataplasma aus Kartoffeln, um die Unebenheiten des Geschwürs zu bedekken, sind zuträgliche Mittel; sie beugen öfters dem abscheulichen Gestank oder den faulen Ausdünstungen vor, welche den Pazienten so wie den Umstehenden äußerst beschwerlich sind. Die äußerliche Anwendung des Bilsenkrauts oder der Schierlingsblätter fruchtet hingegen nichts. Wenn große Massen des Geschwürs blau und brandig werden, so muß sie der Wundarzt ganz sanft hinwegnehmen, indem er sie mit der Zange faßt, und von ihren Verbindungen absondert. Blutungen in dem Krebsgeschwür lassen sich gemeiniglich durch einen gelinden Druk oder durch zusammenziehende Mittel[156] stillen, z. B. durch das Auflegen von Kompressen, welche mit ätherischem Terpentinöl oder mit Salpetergeist befeuchtet worden. In der Krankenstube muß die Luft, so oft als nur möglich ist, erneuert, und mit den Dämpfen von Essig, oder von aromatischen Kräutern durch das Verbrennen gereinigt werden. Innerlich wird nun ebenfalls die Kranke nach Beschaffenheit der Umstände zwekmäßig behandelt. Man muß dabei jenen dringenden Zufällen, die sich hier einfinden, der Mattigkeit, dem hektischen Fieber und den Schmerzen zu begegnen suchen, und daher seine Zuflucht hauptsächlich zu dem Gebrauch der Chinarinde und des Opiums nehmen. Besonders ist das leztere, indem man nach und nach mit der Gabe desselben steigt, ein unvergleichliches Mittel, ja das einzige Labsal für die unglüklichen Kranken der Art.
Es gieng dem Brustkrebs, wie vielen andern Krankheiten, deren Heilung selten gelingt: gerade gegen diese hat man die meisten Mittel.[157] Man bat gegen denselben die seltsamsten Besprechungen, Anhängsel und Exorzismen angewandt; oder Sprüche aus der Bibel, die man in frommer Absicht in Papier wikkelt, und nahe an dem krankhaften Theil trägt; das Auflegen der Hand eines sterbenden Menschen, oder eine Kröte, ein Stükchen rohes Kalbfleisch, die hornigte Substanz von dem Schenkel eines Pferdes, oder den Urin eines mit lauter Ziegenmilch sich nährenden Kindes; und was dergleichen ungereimte Dinge mehr sind. Es haben sich zu allen Zeiten Leute gefunden, welche vorgaben, Mittel wider den Krebs zu besizzen. Alle großen Städte werden von dergleichen Großsprechern heimgesucht, und diese sind entweder vorsezliche Betrüger, oder es sind gutmeinende Personen, welche in ein gewisses Familienarkanum ein großes und unbedingtes Zutrauen sezzen. Durch die Kur solcher Fälle, welche doch von den wahren krebsartigen Übeln ganz verschieden waren, haben Ärzte sowohl, als auch unkräftige und ganz unnüzze Mittel große unverdiente Lobsprüche erhalten. Ohne die Verschiedenheit der Geschwülste in der Brust zu kennen, oder zu verstehen, ob sie wirklich krebsartig waren,[158] oder nicht, hat man manche glükliche Heilung für eine Krebskur ausgegeben, unbedeutende oder gar schädliche Mittel eingeführt, und dadurch verhindert, daß die wahren und vernünftigen Kunstregeln angewendet werden konnten. Ärzte oder Wundärzte von rechtschaffenem Karakter sind in ihren Versprechungen, wenn sie über Fälle von Krebskrankheiten zu Rathe gezogen werden, höchst behutsam, indem sie die großen Schwierigkeiten, welche die Kunst, nur einige zu heilen, zu übersteigen hat, und die gänzliche Unmöglichkeit mehrere zu heben, nur gar zu gut kennen. Der Geheimnißkrämer verspricht kühner Weise eine Kur, zieht den Pazienten mit seinen schmeichelhaften Vorspiegelungen auf seine Seite, wendet Drohungen oder Besänftigung an, erregt Furcht oder Hoffnung, je nachdem es die Umstände für ihn erfordern, — und so werden die Kranken das Opfer ihrer unbedachtsamen Leichtgläubigkeit.
Warum ich meinen Lesern hier auch die Ursachen und Gefahren jener fürchterlichen[159] Krankheit, des Brustkrebses, zu schildern versuchte, das geschah vorzüglich deswegen, daß sie sich vor ihren Ursachen, vor ihrer Entstehung hüten könnten; daß sie sich bei der Entdekkung eines Knotens in der Brust, auch des geringsten, sogleich darüber mit Beiseitsezzung aller unzeitigen Schaamhaftigkeit Raths erholen sollten, und daß sie sich nie einem unberufenen Laien, nie einem Quaksalber anvertrauen möchten: So wie ich bei der ganzen Schrift überhaupt nur die Absicht haben konnte, über die verschiedenen Übelseynsformen an den weiblichen Brüsten, die Kranken selbst aufzuklären, ihnen die sichersten Verhütungsweisen zur Beherzigung vorzulegen, und sie zu überzeugen, daß die Behandlung der schon vorhandenen Krankheiten nur von dem ächten Heilkünstler erwartet werden könnte.
Frau K., gebohrne B. verlebte ihr jugendliches Alter in häuslicher Eingezogenheit, ohne andern Krankheiten, als etwa nur krampfhaften Beschwerden in dem Magen und Unterleibe, und einer scharf nässenden Entzündung der Hautdrüsen in dem Gesichte ausgesezt gewesen zu seyn. In ihrem fünf und dreißigsten Jahre verheirathete sie sich, und man hatte ihr Hoffnung gemacht, daß mit dieser Veränderung ihre vorigen Leiden aufhören sollten. Sie ward bald Mutter und gebahr einen Sohn vollkommen natürlich, den sie selbst zu ernähren entschlossen war. Allein zu meinem größten Erstaunen zeigte sich auch gar kein Tropfen Milch in den Brüsten, ohngeachtet diese ihrem Bau und Ansehen nach gesundheitsgemäß beschaffen waren, und ohngeachtet der neugebohrne Knabe mit allen Kräften an der ausgebildeten Warze sog. Man verschaffte dem Kinde eine Säug[161]amme von dem Lande, in deren Redlichkeit man die wenigsten Zweifel sezzen konnte, und für die Mutter verlief die Zeit des Wochenbettes ohne alle weitere Beschwerden. Bald darauf ward sie zum zweitenmal schwanger, und brachte diesesmal nach mancherlei glüklich überstandenen Ungemächlichkeiten Zwillinge zur Welt, und zwar abermals zwei Knaben. Früh und hungrig genug fielen diese über den Busen der Mutter her, aber ohne auch nur etwas der Nahrung ähnliches zu erhalten. Die Brüste schwollen nicht auf, und schmerzten nicht, die Wochenreinigung floß wie gewöhnlich, die Mutter blieb gesund, und den Kindern mußte man anderweitige Nahrung verschaffen. Nach dieser Zeit bekam sie keine Kinder mehr, und genoß einer so ziemlich dauerhaften Gesundheit.
Eine arme Frau, K., sechs und zwanzig Jahr alt, mager und schwächlich, Mutter von zwei Kindern, begehrte den 24. Julius 1792 meine Hülfe. Sie hatte seit ihrem lezten Kindbette vor acht Wochen eine böse Brust, welche jedoch in der Zeit wieder besser geworden war.[162] Diese Person war öfters rothlaufartigen Krankheiten, auch einmal seit dem Wochenbette einem dreitägig intermittirenden Fieber unterworfen, welche aber bei der richtig angewandten Hülfe bald wieder verschwanden. Ich fand die linke Brust roth, hart gespannt, geschwollen, nach der Achselhöhle zu besonders schmerzhaft, und nebst der Narbe eines zugeheilten Geschwürs noch ein offenes, aus welchem viel Eiter sich ergoß. Sie klagte über öfteres Schaudern, mit abwechselnder Hizze, über Nachtschweise, Mattigkeit, Schwere in den Gliedern, und Trokkenheit in dem Munde. Sie hatte wenig Appetit, einen kleinen, ziemlich geschwinden Puls, und ihre Nahrung bestand meistens in schwachem Kaffee. Ihr Kind, welches sie aus der rechten ganz gesunden Brust selbst schenkte, schien seit einiger Zeit aus Mangel an Nahrung abzunehmen, war schwach und weinte oft. Ich ließ die Schmierereien von alten Weibern, von denen sie Gesundheit erwartete, weglegen, und verordnete einen Breiumschlag mit Leinsaamen überzuschlagen, und die Wunde mit ungesalzener Butter auf Karpei zu verbinden. Der Schlaf war ziemlich gut; die Öffnung selten, hart und trokken. Sie bekam auf eine Salzmixtur[163] den 25. Julius mehrere Stuhlgänge. Den 30. Julius. Die Brust wurde röther, es zeigten sich hier und da mehrere weiße Erhabenheiten, welche endlich aufplazten; dabei verlohr sich der Schmerz sowohl als die Geschwulst derselben, und an dem Rand auch die Härte, nachdem aus drei Öffnungen viel Eiter geflossen war. Innerlich reichte ich der Kranken einen Absud von Quekken, Löwenzahn, Cichorien, Bittersüß und Fenchel. Den 5. August fand sich nur oben an der Brust noch eine harte Stelle, die ich jezt allein mit dem Kataplasma bedekken ließ; unten herum war alles weich geworden, und hier schikten sich schon die Öffnungen zu der Heilung an. Pazientin klagte sehr über Mattigkeit; um ihr zuvorzukommen, um die Kräfte zu unterstüzzen, gab ich ihr ein konzentrirtes Dekokt von der Bruchweidenrinde. Den 15. August. Keine Beschwerden mehr. Die Brust war in ihrem ganzen Umfange kleiner und weicher geworden, eine ganz unbedeutende Härte war noch in deren Mitte überblieben, auf welche, wenn man drükte, noch Eiter aus den obern Löchern hervorkam. Noch hatte sie den besondern Umstand bemerkt, daß ihr etwas weniges Milch aus der Warze derselben[164] kranken Brust geflossen; dieses hielt ich für ein gutes Zeichen, daß nämlich in den Milchgefässen keine Stokkungen und Hindernisse mehr waren. Sie durfte indessen natürlicherweise doch auf dieser Seite das Kind nicht anlegen, welches ohnehin auch jezt Nahrung genug aus der gesunden Brust hatte. Den 30. August. In der kranken Brust fand sich nur noch eine Öffnung, wenig des besten gekochten Eiters und viele Milch, welche man durch den Druk des Fingers herauspressen konnte. Sie war weich, und der gesunden an Größe gleich. Den 10. September war die Kranke vollkommen geheilt.
Caroline K, gebohrne N, hatte den 19. August 1798 zum erstenmal einen muntern Knaben gebohren, welcher gleich nachher mit sehr vielem Appetit die Brust seiner Mutter tapfer anzog. Indessen schwoll ihr doch der Busen den 23. und 24. August sehr stark an; es entstanden hier und da, besonders in der rechten, fühlbare Knoten: weil aber für den Abfluß der Milch theils durch das Kind selbst, theils durch die Anwendung der elastischen Zugflaschen[165] hinlänglich gesorgt war, so wollte ich nur den Zufluß vermindern, und erlaubte nur eine ganz dünne Diät für diese Tage, und zwar mit dem besten Erfolg. Den 26. August waren die Brüste ganz in Ordnung; die Warzen, für welche in den lezten Schwangerschaftsmonaten gehörig mit dem Auflegen des Franzbranntweins gesorgt war, blieben ohnehin gesund. Den 26. aß die Wöchnerinn mit sehr gutem Appetit, vielleicht nur etwas zu viel. Den 27. Abends bekam sie auf einmal einen heftigen Frost, welcher zwei Stunden dauerte, darauf Hizze mit Irrereden, Durst, schnellen vollen Puls, Trokkenheit, und Schmerz in der rechten Brust. Den 28. Sehr dünne Diät, die strengste Ruhe, ein Abführungsmittel, Dampfbäder von Hollunder- und Malvenblüthen-Absud an die leidende Brust, Aussaugen derselben durch das Kind, welches sich dazu bereitwillig fand. Abends darauf bekam die Kranke einige Stühle, an der Brust hatte sich unten alles zusammengezogen, sie war roth, heiß, bei der Berührung und bei dem Milcheinschuß sehr schmerzhaft. Ich ließ sie mit einem Kataplasma aus Milch und Wek bedekken, in einem oben in dem Nakken zusammengebundenen Tuch tragen, und das Kind nur[166] an der linken Seite anlegen. Darauf zog sich in der darauf folgenden Nacht die Milch hierher, und die rechte Brust wurde kleiner und weniger schmerzhaft. Den 29. folgte darauf Besserung in jedem Betracht. Den 31. August. In der Nacht hatte die Wöchnerinn ohne alle Veranlassung starken Frost, und mäßige Hizze gehabt; dieser ganze Vorfall war indessen nur von kurzer Dauer und endigte sich mit einem leichten Schweise. Oben auf der kranken Brust waren noch einige harte Knoten fühlbar, die mit Breiumschlägen belegt wurden. Bald darauf trank der Junge wieder aus beiden Brüsten, und somit gieng denn alles nach Wunsch bis den 14. September, wo plözlich in der rechten Brust Schmerzen, eine starke Geschwulst nahe an der Warze, ein Brennen bei der Berührung und bei dem Stillen entstanden. Ich suchte nun nicht allein den Zufluß zu vermindern, sondern auch die Milch abzuleiten, und verordnete zu dem Ende die dünneste Diät, abermals ein Abführungsmittel, und alle Viertelstunden einen neuen Breiumschlag. Troz allem dem nahmen die Schmerzen zu, besonders bei dem Saugen des Kindes; der Appetit verlohr sich ganz und gar. Den 17. September. Die Brust[167] war von Milch sehr ausgedehnt, die Knoten größer und weicher; ich sezte alle meine Hoffnung auf die Ausleerung derselben, und schaffte zu dem Ende noch zwei fremde ausgehungerte Säuglinge herbei, welche auch, nachdem ich die Warze mit der elastischen Flasche hervorgezogen hatte, ziemlich viel wegtranken, und darauf erfolgte wirklich eine merkliche Besserung. Den 22. September hatte Pazientin wieder starken Schmerz; neben der Warze rechterseits fand sich auf der Brust aufsizzend ein kleiner Hügel von der Größe einer Haselnuß, glänzend roth, und weich. Den ganzen Tag lief die Milch ohne Zuthun von selbst aus. Dem Breiumschlage wurde Safran beigemischt. Den 23. anhaltende Schmerzen, die Geschwulst wurde immer erhabener, begränzter, und enthielt Eiter. Die auslaufende Milch war ganz rein. Die Kranke hatte heute schon etwas Fleisch gegessen und Wein getrunken. Abends, da die Schmerzen auf das höchste gestiegen waren, bekam sie eine kleine Gabe Opium, welche schnell wirkte, ein kleines Irrereden und dann Schlaf machte. Den 24. war endlich die Geschwulst geborsten, und wir hatten einen reinen, von der Natur geöffneten, Abszeß vor uns, welcher[168] mit Eigelb und Terpentinöl auf Charpie gestrichen, verbunden wurde. Die Schmerzen ließen nach. Den 25. Pazientinn war wohl und munter, aus dem Geschwür ergoß sich wenig blutiger Eiter. Den 29. immer besser, sie aß und trank mit Appetit, der Abszeß näherte sich der Heilung, die kranke Brust war ganz ohne Schmerzen, und aus der andern wurde der Junge hinlänglich genährt. Schon den 4. Oktober war alles geheilt, dabei verlohr sich die Milch aus dieser Brust gänzlich, sie wurde kleiner und schief nach außen gezogen. Die Paar darinn zurükgebliebene Knoten hatten sich bis zu Ende des Oktobers durch die beständig hier unterhaltene Wärme auch zertheilt. Zwei Jahre nachher konnte unsere Genesene aus derselben Brust, so gut wie aus der andern, ein zweites Kind stillen.
Frau S., 39 Jahr alt, welcher ich sechs Wochen zuvor bei einer schweren Geburt Hülfe geleistet, ließ mich den 14. Januar 1799 rufen. Das Kind war gesund. Schon seit mehreren Tagen, so erzählte sie, hätte sie Röthe und[169] Schmerz an der Brust bemerkt, darauf die Milch mit Flaschen ausgezogen; sie hätte sich erkältet, einen Rothlauf u. s. w. Ich entdekte bei näherer Untersuchung auf der linken Brust eine große harte, rothe und ekkichte Geschwulst, welche Eiter enthielt, wie sich aus der deutlich wahrzunehmenden Fluktuazion ergab. Die Kranke gieng dabei herum, und klagte sonst über nichts. Ich legte das mit Gummi bereitete Diachylonpflaster auf und den 17. Januar hatten sich zwei Öffnungen untereinander formirt; dort war die Haut faul und schwarz, es floß ein dünner, stinkender Eiter aus, und rundum war die Brust sehr hart; weswegen ich einen Breiumschlag anwandte, und den Abszeß mit Digestivsalbe verband. Den 19. hatten sich die Öffnungen erweitert, der Eiter wurde dikker und besser; die Person blieb dabei munter und gieng fortdauernd ihren Geschäften nach. Das Kind blieb auch gesund, und fand in der heilen Brust mit Hülfe der Suppen und etwas Thiermilch seine Nahrung. Von nun an verminderte sich die Härte und Geschwulst, so wie der Eiterausfluß immer mehr und mehr, so daß ich den Verband seltener wechselte, und den 4. Februar war die Kranke vollkommen genesen.
M. Pächtersfrau auf dem ***hof, 24 Jahr alt, zart gebaut, blond von Haaren, war eben jezt zum zweitenmal schwanger, und spürte seit sechs Wochen die Bewegung des Kindes, hatte auch wegen Anfällen von Schwindel, Kopfschmerzen u. dgl. schon zur Ader gelassen. Ihr erstes Kind war nunmehro anderthalb Jahre alt, und sie hatte es gerade sechs Monate gestillt, als sich die Milch aus den Brüsten ganz unvermerkt verlohr. Nachdem sie sich erkältet, und darauf Schmerzen in der Brust bekommen, aus welcher in dieser Schwangerschaft sich viele lymphartige Feuchtigkeit ergossen hatte, sah ich sie den 2. Februar 1800 zum erstenmal. Die ganze linke Brust war dik, heiß, hart und rund ausgespannt, und eine Stelle über der Warze erhaben und roth. Ich ließ sie sogleich kataplasmatiren, mit Milch, Wek und Safran, sie blieb bei ihrer gewohnten Diät, und trank etwas Wein. Den 4. bemerkte ich Fluktuazion der dikken Haut ungeachtet. Den 6. fand ich zwei Stellen über der Warze, wie weiße Knöpfchen, da nämlich, wo der[171] Eiter sich vorzüglich herausdrängen wollte, und wo die Haut dünner geworden war. Die Brust war noch sehr roth, hart und groß, halbrund aufsizzend. Bei einer etwas stärkern Berührung des einen von jenen weißen Hügeln mit dem Finger, plazte derselbe auf, und nach und nach ergoß sich eine erstaunliche Menge, wenigstens ein Pfund, Eiter mit Blut und Jauche vermischt. Während dem ich den Eiter auspreßte, ließ ich der Pazientinn immer Zeit sich zu erholen, gab ihr Wein zu trinken, und etwas Starkriechendes, weil ihr eine Ohnmacht drohete. Die Brust nahm hierauf wieder ihre natürliche Größe an, und wurde ganz weich. Ich bedekte die kleine Wunde mit einem Klebepflaster. Den 7. fand ich bei dem Verband eine kleine runde Öffnung, die mit einem koagulirten Blutpfropf verstopft war. Ich preßte ihn heraus, und es folgte ihm sehr viel Eiter, welches auch immer in den folgenden Tagen, wo die Wunde mit Digestivsalbe verbunden wurde, der Fall war. Den 11. war die Wunde zugeheilt, und den 12. verspürte vorübergehend die Kranke einige flüchtige Stiche in der Brust, ohne daß sie übrigens in ihrer Gesundheit gestört worden wäre; sie war munter, aß,[172] trank und schlief. Indessen schwoll die Brust wieder auf. Den 13. entstanden Schmerzen, Hizze und Fieber. Den 14. öffnete sich auch diese neuentstandene Geschwulst, und es ergoß sich hier abermals eine ungeheure Menge aus einer größern gequetschten Wunde. Während dem das Ganze mit Digestivsalbe immerfort verbunden wurde, und der Eiterausfluß auch fortwährte, entstand den 20. Februar eine zweite Öffnung neben der alten, und sogar späterhin noch eine dritte. Die Menge des Eiters blieb sich immer gleich, er wollte gar nicht abnehmen, und kam oft ganz aus der Tiefe, aus den Milchgefäßen hervor, so daß man ihn heraussprizzen konnte. Dabei war er von der besten Konsistenz und ganz ohne Geruch. Die Brust fand ich immer weich, schmerzenlos, und die Frau nahm ehender an Gesundheit zu als ab, und verrichtete sogar alle ihre Geschäfte mit Leichtigkeit. Ich mußte mich daher begnügen, das Geschwür durch einen einfachen, aber sorgfältigen Verband der offenen Stellen immer rein zu erhalten. Zu meinem größten Erstaunen verzog sich die Heilung desselben außerordentlich lang, nämlich den ganzen Monat Merz und April hindurch. End[173]lich wurde die Kranke den 11. Mai von einem gesunden Mädchen leicht und glüklich entbunden, den 13. erfolgte das gewöhnliche Milchfieber. Ich ließ das Kind nur an die linke Brust legen, und die Wöchnerinn an der eiternden rechten eine Glasflasche tragen. Den Verband erneuerte ich jezt öfters. Der abfließende Eiter näherte sich an Beschaffenheit immer mehr der Milch, und nahm aus den kleinen frischrothen Öffnungen an Menge ab, weil aus der Warze zu viel in das Glas lief. Den 21. Mai kam viel Blut aus der Wunde; allein bis zum 26. verminderte sich indessen dieses auch, so wie noch mehr der Eiter aus der Wunde. Sie heilte nach und nach zu, und bald floß nur helle klare Milch aus der Warze in das anhängende Glas, so daß die Wöchnerinn den 29. Mai ihr Kind auch an diese vormals kranke Brust legte, und dasselbe daraus, so wie aus der gesunden noch geraume Zeit stillte. Diese Geschichte giebt ein merkwürdiges Beispiel davon ab, wie selten Geschwüre bei Schwangern heilen; denn offenbar wurde hier blos durch die Schwangerschaft die Genesung verzögert, besonders da in dieser ganzen Zeit der Zufluß der Säfte vorzüglich nach den Brüsten geht.
Frau W. in E. seit sieben Wochen Kindbetterinn, 28 Jahre alt, von sehr reizbarer Konstituzion, stillte ihr Kind selbst; den 8. September 1800 fand sich in der rechten Brust nach innen zu ein Knoten von der Größe eines Hühnereies, der bei dem Berühren schmerzte. Ich ließ erweichende Breiumschläge überlegen, die hier vorhandene Milch mit der elastischen Flasche aussaugen, und den Knaben allein aus der andern Brust trinken. Ihre Warzen waren vormals wund gewesen, aber durch den Gebrauch von Franzbranntwein mit Zukker geheilt worden. Den 16. Sept. Noch keine Besserung, der Knoten war stehen geblieben, hatte sich aber auch nicht entzündet. Nun ließ ich Dampfbäder von Hollunder- und Malvenblüthenabsud machen, und den 25. Sept. war alles verschwunden und die Wöchnerinn geheilt.
Frau W. geb. S., 21 Jahr alt, kam den 15. Dezember 1800 mit ihrem ersten Kinde nieder. Sie war im Ganzen gesund, hatte nur zu viele[175] Milch; die Brüste waren steif, knotig, gaben dem Druk nicht nach; die Warzen erhoben sich nicht gehörig, waren zurükgezogen, und das Kind wollte nicht recht trinken. Sie hatte kein bedeutendes Milchfieber, wohl aber einmal den 24. und 26. Dez. Abends Kopfweh gehabt. Sie mußte das Kind oft anlegen mit Gedult und Ernst, wenig oder gar nichts essen, in dem eigentlichen Verstande hungern, die Brüste mit Butter einschmieren und dabei nach den Warzen hinstreichen lassen, die Warzen selbst mit der elastischen Flasche herausziehen, mit Branntwein abhärten, und nachher beständig Glasflaschen anlegen lassen. Durch diese einfache Behandlung kam alles in kurzer Zeit in die gehörige Ordnung. Allein den 13. Februar 1801, als sie zum zweitenmale Wöchnerinn wurde, und die obigen Mittel nicht mit der gehörigen Standhaftigkeit gebrauchte, bekam sie eine förmliche Entzündung an der rechten Brust, welche auch in Eiterung übergieng, und wo sich den 27. Febr. der Abszeß von selbst öffnete, und während eines mäßigen Eiterergusses bei der Anwendung von Kataplasmen und einem höchst einfachen Verband mit der Digestivsalbe den 10. Merz geheilt war. Indes[176]sen bin ich überzeugt, daß dieser Unfall durch mehr Sorgfalt, wie das erstemal, auch hätte verhütet werden können. So erinnere ich mich einer andern Frau, bei welcher ich einen Brustabszeß behandelte, den sie sich nur aus Nachlässigkeit zugezogen hatte: denn indem sie ihr Kind während der Stillzeit nur immer aus einer und derselben Brust hatte trinken lassen; so entstanden in der andern Knoten, welche sich entzündeten und eiterten.
Frau d’A. —, eine junge Erstgebährende, welche kaum von der Kräzze geheilt war, als sie den 1. Oktober 1801 entbunden wurde, bekam, da sie nunmehro in dem Wochenbette das Kind stillen wollte, und zu dem Behufe säugen ließ, große Risse und Schrunden in den Brustwarzen, welche den sorgfältig angewandten gewöhnlichen Mitteln zu ihrer Heilung sorgfältig widerstanden. An dem Hofe um die Warzen herum, zeigten sich an beiden Brüsten, kleine weiße äußerst jukkende Bläschen, welche eine Jauche von sich gaben. Ich ward diese nicht sobald gewahr, als ich eiligst[177] das Kind von diesem verderbten Busen entfernen ließ; denn dem Ansehen nach mußte ich sie für ein Produkt des noch in der Haut des Körpers vorhandenen Kräzzestoffs, für wahre Kräzpusteln halten. Der Erfolg bestätigte es auch, indem sie mit den bekannten Mitteln gegen die Kräzze, mit der Schwefelsalbe, bald und glüklich geheilt wurden.
Fräulein von G. aus P., 36 Jahr alt, unverheirathet, von hagerm Körperbau, trug einen harten Knoten von der Größe eines Taubeneies in der linken Brust, in welchem bei der Erscheinung des Monatlichen und bei dem Wechsel der Witterung stärkere oder schwächere, immer aber nicht unbedeutende Schmerzen entstanden. Aufmerksam darauf fragte sie mich den 12. November 1801 darüber um Rath. Da dieses Frauenzimmer sonst in allen Hinsichten eine vollkommene Gesundheit genoß, so begnügte ich mich blos, ihr ein zwekmäßiges Regimen vorzuschreiben. Gemüthsbewegungen aller Art wurden möglichst beseitigt. Sie mußte alle erhizzende Getränke vermeiden, und sich über[178]haupt sehr ruhig verhalten. So schadete es ihr z. B. augenbliklich, wenn sie je einmal zu dem Tanzen sich verleiten ließ. Auf dem leidenden Theile wurde ununterbrochen fort ein zarter Hasenpelz getragen. Dabei verlohren sich vorerst die Schmerzen gänzlich, und im Januar 1802 fieng hierauf der Knoten an sich in mehrere kleine Parthien zu theilen und in dem April desselben Jahres war er ganz verschwunden, und die Brust vollkommen gesund.