Title: Die Ägyptische Pflanzensäule
Author: Ludwig Borchardt
Release date: June 17, 2014 [eBook #46014]
Language: German
Credits: Produced by Peter Becker and the Online Distributed
Proofreading Team at http://www.pgdp.net
DIE AEGYPTISCHE
PFLANZENSÄULE
EIN KAPITEL
ZUR
GESCHICHTE DES PFLANZENORNAMENTS
VON
LUDWIG BORCHARDT.
BERLIN
VERLAG VON ERNST WASMUTH
ARCHITEKTUR-BUCHHANDLUNG
35 — Markgrafenstrasse — 35
1897.
Das Manuskript zu der vorliegenden Abhandlung war im Oktober 1895 fertig, und es wurde bereits an der Herstellung der Abbildungen für den Druck gearbeitet, als ich beauftragt wurde, auf längere Zeit zu wissenschaftlichen Untersuchungen nach Aegypten zu gehen.
Dies verzögerte die Beendigung der Drucklegung bedeutend, und das Erscheinen des Heftchens wäre wohl noch weiter hinausgeschoben worden, wenn nicht meine Freunde, die Herren Dr. Schäfer und Prof. Dr. Steindorff sich des verwaisten Manuscripts angenommen hätten, wofür ich ihnen auch an dieser Stelle meinen Dank sage. Andererseits ist aber der Umstand, dass ich die mir bisher nur aus Publikationen und Photographien bekannten Gegenstände meiner Untersuchungen nun in der Wirklichkeit studieren konnte, der jetzt erschienenen Arbeit zu Gute gekommen, wenn auch nur in Einzelheiten und in der etwas veränderten Auswahl der Beispiele.
Für die allgemeine theoretische Auffassung der ägyptischen Pflanzensäule habe ich an den Originalen nichts neues gelernt und darf daher jetzt um so eher mit den hier ausgesprochenen Meinungen hervortreten, als ich nun nicht mehr zu fürchten brauche, dass meine zuerst nur aus Publikationen gewonnenen Ansichten und Theorien der Nachprüfung an den Denkmälern nicht Stand halten werden.
Berlin, im August 1897.
Ludwig Borchardt.
Seite | ||||
Einleitung | 1 | |||
I. | Die Nymphäensäulen | 3 | ||
a. | Nymphaea Lotus L. | 3 | ||
b. | Nymphaea caerulea L. | 12 | ||
c. | Nymphaea Nelumbo L. | 16 | ||
II. | Die Liliensäulen | 18 | ||
III. | Papyrussäulen | 25 | ||
IV. | Palmensäulen | 44 | ||
V. | Andere Pflanzensäulen | 50 | ||
Schluss | 53 |
Die der Pflanzenwelt entnommenen ägyptischen Säulenformen sind seit dem Bekanntwerden der reichen architektonischen Schätze des Nilthales der Gegenstand wiederholter Untersuchungen und der verschiedensten Theorien gewesen. Aegyptologen und Kunsthistoriker haben es mit mehr oder weniger Glück versucht, in die bunte Mannigfaltigkeit der Kapitellformen System zu bringen, ohne jedoch bisher zu einem völlig sicheren Resultate vorgedrungen zu sein. Der Grund dieser Unsicherheit mag hauptsächlich darin zu suchen sein, dass jüngere Bearbeiter der Frage das, was die älteren bereits richtig erkannt hatten, wieder umzustossen für gut fanden, ohne etwas Besseres an dessen Stelle setzen zu können.
Namentlich die jüngsten Autoren auf diesem Gebiete[1] haben es mit bewunderungswürdigem Geschick verstanden, das, was früher schon wenigstens in den Hauptzügen feststand, von Grund aus zu verwirren. Während fast von jeder der früheren Arbeiten[2] bei genauerer Untersuchung wenigstens irgend ein Hauptgedanke als berechtigt anerkannt werden muss, stellen uns die letzterschienenen Erörterungen über ägyptische Säulenformen vor die Notwendigkeit, dieses Gebiet eingehend zu revidiren. Bei dieser Revision soll es nun nicht unsere Aufgabe sein, die Theorie jedes einzelnen der früheren Autoren besonders zu widerlegen oder zu bestätigen; wir werden vielmehr versuchen, unsere Ansichten über die verschiedenen Gattungen der ägyptischen Pflanzensäulen, so weit es geht, ohne jede Polemik gegen andere Meinungen zu entwickeln. Der mit dem Gegenstand vertraute Leser wird auch so herauserkennen, wo alte Theorien angenommen, wo sie verworfen, wo neue vorgebracht sind.
Bei unseren Untersuchungen werden wir so vorgehen, dass wir zuerst die in Frage kommende Pflanze nach der Natur schildern — nicht etwa mit gelehrten botanischen Ausdrücken, sondern ganz laienhaft, auf die Gefahr hin, auch wissenschaftlich falsche Bezeichnungen einigen Pflanzentheilen beizulegen. Die Beschreibung wird dadurch den meisten Lesern verständlicher werden, da vermuthlich deren botanische Kenntnisse, wie die des Verfassers, über das Erfassen der äusseren Form der Pflanzen nicht hinausgehen dürften. Zweitens wird dann Umschau zu [S. 2]halten sein, wie die Aegypter die beschriebene Pflanze in ihrer Kunst verwertheten, wie sie sie in Bildern, Reliefs und plastischen Kunstwerken darstellten, um dann endlich unser eigentliches Ziel erreichen zu können und festzustellen, wo wir die fragliche Pflanze in den Säulenformen wiedererkennen. Dass wir dann den auf eine bestimmte Pflanzenform zurückgeführten Säulentypus an Beispielen aus verschiedenen Epochen erläutern müssen, ist ebenso selbstverständlich, wie dass dabei hie und da sich etwas über die geschichtliche Entwickelung der betreffenden Säulenform wird ermitteln lassen.
Unsere Beispiele werden wir den noch erhaltenen Bauten und den altägyptischen Abbildungen, die an Tempel- und Grabwänden in grosser Zahl vorhanden sind, entnehmen können. Bei den nur abgebildeten Beispielen werden wir allerdings etwas vorsichtig zu Werke gehen müssen, da die Phantasie der ägyptischen Maler in vielen Fällen unmögliche Gebilde dargestellt hat, und ausserdem oft die Verschrobenheit der perspektivischen Darstellung das Verständniss des Abgebildeten erschwert. Mit ganz besonderer Vorsicht wird eine Gattung von Säulen zu behandeln sein, die sich häufig auf Darstellungen findet: die Säulen mit mehreren — bis zu fünf — Kapitellen übereinander. Es sind diese Säulen — falls sie überhaupt je so existirt haben — meist Holzsäulen, deren Form sich auf die ägyptische Art zurückführen lässt, Bouquets aus verschiedenen, ineinander gesteckten Blumen zu binden. Für unsere Aufgabe, die den Säulenformen zu Grunde liegenden Pflanzentypen festzustellen, interessirt an diesen „Bouquetsäulen” nur die einzelne Pflanze, das Einzelkapitell, nicht die ganze Zusammensetzung; wir werden daher die Bouquets zerpflücken und die einzelnen so gewonnenen Kapitelle dann bei verschiedenen Abschnitten unserer Untersuchung gesondert besprechen müssen.
Auch von den in natura erhaltenen Säulen werden wir nicht alle gleichmässig als Beispiele benutzen. Da es sich vorläufig darum handelt, die älteren Säulentypen zu analysiren, so können die Formen der Spätzeit, d. h. in diesem Falle der Epoche nach der Eroberung Aegyptens durch die Perser, also hauptsächlich die Säulenbildungen der Ptolemäer- und Kaiserzeit vernachlässigt werden, soweit sie neue Pflanzen als Ornament verwenden. Wir werden diese daher nur in den Fällen — und deren Anzahl ist nicht gering — citiren, wo sie sich an ältere Schöpfungen anschliessen und die alten Formen wieder aufnehmen und fortbilden.
Zum Schlusse der Einleitung möchte ich noch rechtfertigen, weshalb ich ebenso wie andere Autoren, die das hier behandelte Gebiet früher bearbeitet haben, auf eine „schärfere Sonderung der Formen des Höhlen- und Freibaus”, bezw. des Holz- und Steinbaus keine Rücksicht genommen habe. Wie der Schluss lehren wird, ist der den ägyptischen Säulenformen zu Grunde liegende Gedanke ein rein ornamentaler, ohne jede construktive Grundlage. Es ist daher ausnahmsweise möglich, was bei der Behandlung architektonischer Details anderer Epochen ein schwerer Fehler sein würde, bei der Auswahl der Beispiele vollständig von Material und Construktion abzusehen und nur die äussere Form zu betrachten, zumal da es sich hauptsächlich nur um die Ermittelung der den Säulenformen zu Grunde liegenden Pflanzenvorbilder handelt.
In Aegypten sind drei Arten von Nymphäen nachzuweisen: Nymphaea Lotus L., Nymphaea caerulea L. und Nymphaea Nelumbo L. Von diesen scheidet die letzte, wie wir sehen werden, als für die Säulenformen nicht in Betracht kommend aus; wir haben uns also nur mit den beiden anderen näher zu beschäftigen.
Die hierneben abgebildete Nymphaea Lotus kommt der bei uns heimischen, allgemein bekannten, weissen Nymphaea im Aussehen am nächsten, nur dass sie grösser ist als diese. Die vorn rundlichen, am Sitze pfeilförmig gespaltenen, grünen Blätter mit ihrem in kleinen Bogen ausgezähnten Rande, schwimmen auf dem Wasser. Die Knospen und Blüthen erheben sich auf runden, biegsamen Stengeln (von grüner Farbe mit röthlichem Schimmer) etwas über die Oberfläche. Die Knospen sind von langgestreckter, fast elliptischer Gestalt, mit grünen, oben ein wenig röthlich schimmernden Kelchblättern. Sie zeigen — ausser der Form — als charakteristisches Merkmal von oben nach unten gehende Längsstreifen, die sich sowohl durch etwas andere Färbung als auch durch ganz schwaches Relief von der sonst glatten Fläche der Knospe abheben. Die Blüthe, deren äussere Form in nicht zu weit geöffnetem Zustande fast eine Halbkugel ist, hat vier aussen grüne, oben abgerundete Kelchblätter mit denselben charakteristischen Längsstreifen; zwischen den Kelchblättern treten die weissen, ebenso geformten Blüthenblätter regelmässig geordnet hervor. Auch diese weissen Blätter zeigen bei näherem Zusehen Längsstreifen. Ob ausser der weissen Art auch andersgefärbte Varietäten im alten Aegypten vorkamen, scheint wenig wahrscheinlich. Das[S. 4] Aussehen der Wurzel und der inneren Theile der Blüthe[4] interessirt für die vorliegende Untersuchung nicht und wird daher hier so wenig wie bei den folgenden Pflanzen besprochen werden.
Nachdem wir uns so mit dem Aussehen des Lotus bekannt gemacht haben, werden wir ihn leicht auf den Denkmälern wiedererkennen. Die ägyptischen Künstler stellten ihn, wie überhaupt alle Pflanzen, für ihre Verhältnisse, d. h. soweit die Schwierigkeit der perspektivischen Darstellung sie nicht hinderte, recht naturalistisch dar, selbstverständlich, wie das bei ornamentaler Verwendung von Pflanzenformen nicht anders möglich ist, etwas stilisirt.
Die folgenden Beispiele sind so gewählt, dass in ihnen nicht nur möglichst verschiedene Kunstgebiete — Malerei, Plastik und Kleinkunst —, sondern auch alle Epochen der ägyptischen Kunstgeschichte vertreten sind. Altes, mittleres und neues Reich, sowie die Spätzeit (a. R.; m. R.; n. R. u. Sp. Z.)[5] werden nach Möglichkeit herangezogen werden.
Gute Darstellungen der Nymphaea Lotus finden wir z. B. im a. R. in dem berühmten Grabe des Ptahhotep bei Sakkara (Abb. 2), aus dem m. R. in den Gräbern zu Bersche[6], in denen zu Benihassan (Abb. 3) und[S. 5] an der bekannten Gruppe der „Fischträger” aus Tanis (Abb. 5)[7], endlich aus dem n. R. in den Fayencen aus Gurob und Tell-Amarna (Abb. 6 u. 7).
An diesen Beispielen sehen wir, dass die Aegypter die typische Form der Nymphaea Lotus ganz richtig aufgefasst haben. Die Blätter haben die ihnen zukommende Form, nur sind sie stets ganzrandig[8] dargestellt, ohne die Zähnung. Der Grund hierfür mag die Kleinheit der Zähnung gewesen sein.
Die Knospen sind in Form und Einzelheiten richtig, die Blume äusserst charakteristisch, sogar die Längsstreifen sind fast immer wiedergegeben. Fassen wir die Merkmale der Nymphaea Lotus zusammen, welche der ägyptische Künstler als bezeichnend für diese Pflanze erkannt hat und bei keiner besseren Darstellung fehlen lässt, so sind es die folgenden:
Bei der Knospe elliptische Form und Längsstreifen, bei der Blume fast halbkreisförmige Umrisslinie, oben abgerundete, bis zum oberen Rande der Blume reichende Kelchblätter mit Längsstreifen und ebensolche, regelmässig dazwischen angeordnete Blüthenblätter. Der Typus ist also mit anderen Pflanzen garnicht zu verwechseln[9], und wir werden nunmehr ohne Schwierigkeiten die Säulen herauserkennen, die auf Nymphaea Lotus zurückgehen. Es sind hier Säulen mit Knospen- und Blüthenkapitellen zu unterscheiden; um jedoch eine gewisse Gleichmässigkeit [S. 6] in der Bezeichnung mit den später zu besprechenden, ähnlich in zwei Gattungen getheilten Papyrussäulen einzuführen, wollen wir die beiden Arten „Säulen mit geschlossenem” und mit „offenem Kapitell” nennen.
Die „Säulen mit geschlossenem Kapitell”, das den Knospen von Nymphaea Lotus nachgebildet ist, kommen bereits im alten Reiche vor. Ein besonders lehrreiches Exemplar entdeckte de Morgan im Grabe des Ptah-schepses bei Abusir (Abbildung 9). Es ist eine aus sechs Hauptstengeln gebildete Bündelsäule. Die Stengel kommen gerade aus der, einen kleinen Erdhügel darstellenden Basis und werden durch fünf Halsbänder unter dem Kapitell zusammengehalten. Das Kapitell ist aus wenig geöffneten Knospen gebildet, die man nach der etwas zu spitzen Form der Blätter vielleicht für Nymphaea caerulea ansehen könnte, die jedoch wegen der Längsstreifen sicher für Nymphaea Lotus zu halten sind. Zwischen die Hauptstengel sind, wie um diese in ihrer richtigen Lage zu halten, unter das Halsband noch sechs kleine, kurze Zwischenstengel gesteckt, die oben in geöffnete Nymphaea Lotus-Blumen endigen. Auf dem Kapitell ruht der ganz einfache, cubische Abakus ohne jede Ornamentirung. Die ganze Säule ist bis auf die Farben äusserst naturalistisch gehalten.[10]
Ein weiteres Beispiel aus dem alten Reiche giebt eine Abbildung im Grabe des Ra'-schepses zu Sakkara[11], die gleichfalls aus der Zeit der 5. Dynastie stammt. Es ist auch hier eine Bündelsäule gemeint, wenn auch am Schaft die verschiedenen Stengel nicht besonders bezeichnet sind; die in kurzen Abständen angegebenen Umschnürungen des Schaftes sprechen deutlich für eine Bündelsäule.
Die besten Beispiele für die geschlossene Lotossäule liefert uns das mittlere Reich. Die Säulen dieser Art aus Benihassan sind allgemein bekannt. Hier ist eine derselben nach einer Lepsius'schen Aufnahme[12] in der Abb. 10 dargestellt. Die flache, kreisförmige Basis soll wohl wieder den Erdhügel vorstellen, aus dem dieses Mal vier zusammengebundene runde, nach oben sich verjüngende Lotusstengel herauswachsen, [S. 7] ohne die bei den Papyrussäulen üblichen Basisblätter, welche ja dem Lotus auch nicht zukommen, und ohne die auch nur beim Papyrus vorkommende Schwellung. Die farbigen Streifen dieser Stengel würde man leicht für die zusammenhaltenden Bänder halten können; mit Rücksicht auf die Farbentheilung der kleinen Zwischenstengel aber, bei denen zusammenhaltende Bänder nicht erforderlich wären, wird man sie jedoch nur für eine willkürliche Farbengebung zu halten haben, da auch ausserdem die Darstellung der sicher für Bänder anzusehenden Ringe dicht unter dem Kapitell dafür spricht, die fragliche Farbentheilung nicht auf Bänder zurückzuführen. Die vier Stengel sind also erst oben dicht unter den Knospen durch fünf Halsbänder zusammengefasst, nachdem zwischen die Hauptstengel noch vier „Zwischenstengel” gelegt sind, die manchmal, wie auch in dem Beispiel aus dem alten Reiche, kleine Knospen oder Blumen tragen. Das Kapitell selbst zeigt vier richtig geformte Knospen von Nymphaea Lotus mit der klaren Wiedergabe der charakteristischen [S. 8] Längsstreifen. Es sind nicht etwa oben abgestumpfte Knospen, die hier zur Darstellung gekommen sind, sondern ganze, wie aus der Bemalung am oberen Ende deutlich zu ersehen ist. Auf den Knospen ruht der das Gebälk aufnehmende sehr flache Abakus, der einzige Theil der Säule, welcher keinen rein ornamentalen Ursprung hat, sondern seine Form construktiven Rücksichten verdankt.
Neben den eben beschriebenen scheinen in Benihassan in Grab 18 auch noch andere Säulen derselben Gattung mit drei Zwischenstengeln — einem längeren und zwei kürzeren — zwischen je zwei Hauptstengeln vorzukommen; wenigstens glaube ich es so auf einer Petrie'schen Photographie[13] zu erkennen.
In Abbildungen finden sich diese Säulen naturgemäss auch, so z. B. in Bersche im Grabe des Kej (Abb. 11). Diese Zeichnung ist für die verschrobene Art der altägyptischen Darstellung nicht uninteressant. Die Theilung des Schaftes in mehrere Stengel ist nicht angegeben, die Zwischenstengel sind neben die Halsbänder gesetzt, die Knospen der Zwischenstengel haben falsche Richtung, und beim Kapitell könnte man im Zweifel sein, ob eine etwas geöffnete Knospe gemeint ist, oder ob es die vier Knospen des Bündelkapitells in Vorderansicht sein sollen. Man sieht, dass es manchmal nicht leicht gemacht wird, aus der altägyptischen Abbildung das wirkliche Aussehen der Säule zu ermitteln.
Als gutes Beispiel einer abgebildeten Säule dieser Art und Zeit mag hier noch eine aus Benihassan, wo solche öfter vorkommen, eine Stelle finden (Abb. 12). Sie hat dicht über dem Halsband ein merkwürdiges Ornament, das auf ausgeführten Säulen bisher noch nicht nachweisbar ist. Dass Lotus-Säulen mit geschlossenen Kapitellen übrigens auch ornamental Verwendung fanden, zeigt ein von Petrie in Kahun[14] gefundener Kandelaber, bei dem eine, allerdings nicht ganz regelmässig geformte Lotussäule mit geschlossenem Kapitell den Untersatz für die Schale bildet.
Die bisher aufgeführten Beispiele stammen sämmtlich aus dem alten und mittleren Reich; merkwürdigerweise fehlt aus dem neuen Reich diese Säulenart[S. 9] gänzlich — wenigstens ist uns nichts davon erhalten. Erst in der Ptolemäerzeit sind wieder Beispiele und zwar in Philae und in el-Kab nachweisbar. Diese lehren uns jedoch für das Verständniss der älteren Exemplare nichts Neues; es mag daher an der Säule aus Philae (Abb. 13) nur auf eine uns hier zum ersten Male entgegentretende Eigenthümlichkeit der späten Säulen hingewiesen werden. Dieselben haben nämlich sehr häufig die Halsbänder nicht direct unter dem Kapitell, sondern ein ganzes Stück tiefer und zeigen zwischen Halsband und Kopf noch die richtigen Formen der Stengel, aus denen sich die Säule zusammensetzt. Unter dem Halsband sind diese späten Säulen meist glatt, d. h. ohne struktives Ornament, die für die Säulenformen unwesentlichen Bilder und Inschriften nicht zu rechnen. Merkwürdig ist bei den zuletzt citirten Säulen der Spätzeit noch, dass die dreifachen Zwischenstengel auf, nicht zwischen den Hauptstengeln sitzen.
Die „Säulen mit offenem Lotus-Kapitell” sind ebenso wie die mit geschlossenem bereits im alten Reich nachzuweisen. Die ältesten (Abb. 14) dürften die von Petrie in Isbayda aufgefundenen sein[15]; an diesen verräth aber nur der äussere Contour ihren Zusammenhang mit Nymphaea Lotus — sie mögen unvollendet sein. Durch verhältnissmässig zahlreiche, noch dem alten Reiche entstammende Abbildungen, die uns in verschiedenen Gräbern dieser Zeit erhalten blieben, ist es jedoch möglich, sich ein richtiges Bild von den ältesten offenen Lotus-Säulen zu machen. Ein sehr gutes Beispiel findet sich in Giseh, Grab 16 des Imeri, veröffentlicht in L. D. II, 52. Der Publication nach würde man allerdings kaum eine Blüthe von Nymphaea Lotus in diesem spitzblättrigen Kapitell erkennen, befragt man aber den Abklatsch, nach dem unsere Abbildung gezeichnet ist, so ist die uns bekannte Lotus-Form deutlich wiedergegeben (Abb. 15). Aus der[S. 10] wieder einen Erdhügel darstellenden Basis erwachsen vier runde schlanke Stengel in der durch den rekonstruirten Querschnitt angegebenen Anordnung.[16] Auf den Stengeln sitzt die geöffnete Blüthe mit richtigem Halbkreiscontour und den oben abgerundeten Blättern, die bis zur oberen Begrenzung des Kapitells gehen; unter der Blume sitzt ein merkwürdiger Ansatz, den man jedoch nicht etwa für den Fruchtboden ansehen darf; derselbe stellt vielmehr die „Halsbänder” dar. Die Zwischenstengel fehlen bei diesem Beispiel. Sie scheinen jedoch bei einem anderen, gleichfalls aus Giseh, Grab 89 des Sechem-ke-re' (Dyn. 5, L. D. II, 41b) stammenden vorhanden zu sein.[17] Aus dem Vorkommen der Zwischenstengel, der Halsbänder und der Schafttheilung sehen wir deutlich, dass es sich fast immer um Bündelsäulen handelt; es ist also wohl anzunehmen, dass die immer nur einfach gezeichnete Blume als Kapitell dem unbeholfenen Maler gewissermaassen nur die Signatur bildete für die sich ineinander verschneidenden vier Lotus-Blumen, die er nicht darstellen konnte.
Auch die anderen Beispiele aus dieser Zeit, die Säule aus dem Grabe des Chunes (Nr. 2) in Sawijet el Meitin[18] und dem Grabe Nr. 14 des Hepi ebenda[19], beide Dyn. 6, zeigen dieselben Eigenthümlichkeiten wie die bisher genannten. Hierher gehören auch die Darstellungen aus dem Grabe 1 und 2[20] daselbst, welche Lotusbündelsäulen mit sehr gut dargestellten offenen Kapitellen in Flachrelief als vortrefflich gewählte Pfeilerverzierungen zeigen (Abb. 16). Hier scheinen die Zwischenstengel auch offene herabhängende Blüthen zu tragen; bei den anderen Beispielen waren es wohl eher Knospen.
Man sieht, das offene Lotus-Kapitell ist im alten Reiche häufig; ich möchte es daher nur für einen Zufall halten, dass aus dem mittleren Reiche uns nur ein[S. 11] Beispiel bekannt ist, und zwar ist dies eine gemalte Säule in Grab 5 des Ke-nacht zu Bersche (Newberry, el Bersche, II, 15). Auch im neuen Reiche sind diese Säulen spärlich. Ich kenne die offenen Lotus-Kapitelle für diese Zeit nur von einigen abgebildeten Bouquetsäulen, z. B. aus Tell-Amarna, Grab 6, aus der Zeit Amenophis' IV. (Ende der 18. Dyn.)[21] und aus dem Grabe des Sen-nudem zu Theben (Dyn. 20).[22] Bei beiden kommt das offene Lotuskapitell mit den später zu erwähnenden Papyrus- und Lilienkapitellen zusammen vor. Das letztcitirte Beispiel giebt die Pflanze sogar farbig wieder. Thörichterweise hat hier aber der Maler dem Schafte der Säule die den Papyrusbündelsäulen zukommende Form und Theilung gegeben.
Für den Mangel an wirklich guten, ausgeführten Beispielen aus dieser älteren Zeit entschädigen uns aber vorzüglich durchgeführte, sehr reiche Kapitelle der uns augenblicklich beschäftigenden Gattung aus der Spätzeit. Eines davon aus Edfu ptolemäischen Ursprungs (Abb. 17) mag hier als Beispiel dienen. Es zeigt natürlich wieder die schon oben besprochene Eigenthümlichkeit seiner Zeit, indem es noch von den Stengeln der Blumen zwischen Halsband und Kapitell ein Stück sehen lässt. Dies Kapitell erklärt uns, was mit den älteren Abbildungen gemeint war. Vier grosse offene Lotusblumen sitzen dicht nebeneinander, dazwischen je drei Blumen — eine grössere und zwei kleinere — auf Zwischenstengeln, wie wir sie auch schon oben einmal bei den geschlossenen Lotuskapitellen beobachten konnten. (S. S. 8, Anm. 1.) Damit wäre es eigentlich genug, und die alten Muster wären erreicht. Dem ptolemäischen Künstler genügte dies jedoch wohl noch nicht, und so setzte er noch zwischen je zwei der schon vorhandenen 16 Blumen noch eine ganz kleine — also im ganzen fernere 16. Auch führt er die Zwischenstengel tiefer herunter als die älteren Meister, da ja die Halsbänder, hinter denen sie stecken, tiefer sitzen als in älterer Zeit.
Der niedrige Abakus dieser Säule hat keinerlei Ornament und sitzt wie auch bei den übrigen Säulen ganz unorganisch auf dem Kapitell. Er hat eben nur eine constructive Function und ist meist so klein, dass er bei den weit ausladenden offenen Kapitellen von unten kaum zu sehen ist.
Somit hätten wir die Entwickelung der geschlossenen und offenen Lotussäule durch die ganze ägyptische Baugeschichte verfolgt und wenden uns nun zu der Pflanze, welcher die zweite Art der ägyptischen Nymphaeensäulen nachgebildet ist.
Die Nymphaea caerulea hat, wie unsere Abbildung (Abb. 18) zeigt, ein von dem der Nymphaea Lotus wesentlich verschiedenes Aussehen. Stengel und Blätter sind noch am ähnlichsten, nur dass die Blätter ohne Zähnung, also ganzrandig sind. Die Knospen sind jedoch spitzig, während die von Nymphaea Lotus elliptisch waren; auch sieht man unten schon etwas von dem gelblich schimmernden Fruchtboden. Die vier Kelchblätter der Knospe und Blüthe sind unten gelblich grün, höher hinauf ausgesprochen grün, von spitziger Form und mit kleinen, schwarzen oder röthlichen Haaren besetzt. Die wie bei Nymphaea Lotus regelmässig angeordneten Blüthenblätter sind ebenso geformt wie die Kelchblätter, und in der Farbe weiss mit violett sich abtönenden Spitzen. Nach den altägyptischen Abbildungen zu urtheilen, könnte es wohl sein, dass noch anders gefärbte Varietäten, nämlich solche mit ganz violetten bezw. bläulichen Blüthenblättern, früher in Aegypten heimisch waren.
Die Beispiele von ornamentaler Verwendung der Nymphaea caerulea sind ungeheuer zahlreich. Die blaue Nymphaea scheint die beliebteste Pflanze für decorative Zwecke gewesen zu sein. Aus dem alten Reich mag als Beispiel eine Reliefdarstellung aus Giseh, Grab 24 des Mer-eb (Abb. 19) aufgeführt sein. Aus dem mittleren Reiche kann eine farbige Darstellung aus dem Sarge des Mentuhotep (Abb. 20) und ein Stück von einem Wandgemälde aus Benihassan (Abb. 21) genügen; auf diesem sind auch Knospen und Blätter mit dargestellt. Auch ist hier nochmals auf das Titelbild von Newberry's el-Berscheh, Theil I, zu verweisen, auf dem man gut den Unterschied in der farbigen[S. 13] Darstellung von Nymphaea Lotus und Nymphaea caerulea sehen kann. Die Verschiedenheit der Contourierung zeigt oben unsere Abbildung 2 sehr anschaulich. Von den zahlreichen Beispielen des neuen Reiches sind nur ein Fries aus Tell-Amarna (Abb. 22) und eine Innenverzierung einer blauen Fayenceschale (Abb. 23) gewählt worden; weitere Beispiele wird der Leser mit Leichtigkeit in den Publicationen und Museen finden.
Nebenbei soll noch erwähnt werden, dass die Blätter von Nymphaea caerulea ein beliebtes Motiv für Fächerformen[23] bildeten, da sie vermuthlich in früher Zeit selbst als Fächer Verwendung fanden. In der Schrift kommt das Blatt (s. Abb. 18 u. 21) als Silbenzeichen und als Zeichen für 1000[24] vor.
Aus den aufgeführten Beispielen können wir ohne Weiteres das entnehmen, was dem ägyptischen Maler als charakteristisch für Nymphaea caerulea aufgefallen ist: Das Blatt erhält fast immer seine richtige, naturalistische Form; Fälle, in denen es einmal etwas anders gezeichnet erscheint (Abb. 23), sind selten. Die Blüthe ist stets spitzig, grün mit gelblichem Fruchtknoten; die Härchen auf den Kelchblättern sind in zahlreichen Fällen durch Strichelchen wiedergegeben. Die[S. 14] beiderseitigen äusseren Umrisslinien der Blüthe sind wie in der Natur stets etwas steif und gerade; selten zeigt sich nur eine leise Biegung nach aussen. Die stets spitzen Kelch- und Blüthenblätter berühren natürlich in allen Fällen den oberen Contour.
Wir haben hiermit die Beschreibung der Darstellungen von Nymphaea caerulea erschöpft und kommen nunmehr zu der eigentlichen Aufgabe dieses Abschnitts, die von Nymphaea caerulea abgeleiteten Säulentypen zu bestimmen.
Es muss sogleich vorausgeschickt werden, dass ausgeführte Säulen mit Nymphaea caerulea-Kapitell überhaupt nicht erhalten sind; ein einziges Säulenfragment zeigt unter dem eigentlichen Kapitell eine Verzierung von plastisch nachgebildeten Blüthen und Knospen von Nymphaea caerulea[25], und zwei neuerdings im Arsnuphistempel zu Philae gefundene Säulentrommeln aus Ptolemäischer Zeit[26] zeigen Zwischenstengel mit Blüthen und Knospen von Nymphaea caerulea. Verschiedene Abbildungen lassen jedoch darauf schliessen, dass Säulen mit dem fraglichen Kapitell vorkamen. Und zwar nur Säulen mit offenem Kapitell; mit geschlossenem haben sich bisher noch keine nachweisen lassen. Die Knospe findet höchstens auf den Zwischenstengeln Verwendung.
Die ältesten Säulen mit offenen Nymphaea caerulea-Kapitellen kommen erst im neuen Reiche vor; es sind zwar in Lepsius' Denkmälern einige Kapitelle abgebildet, die man wegen ihrer spitzen Blätter für Nymphaea caerulea halten könnte, jedoch liegt der Verdacht nahe, der auch durch den Vergleich mit den noch vorhandenen Abklatschen bestätigt wird, dass die Publication in diesen Fällen ungenau ist und sich im Originale Nymphaea Lotus-Kapitelle dargestellt finden.
Unter Amenophis II. erscheinen die ersten Beispiele in Gräbern zu Qurna, merkwürdigerweise mit einer sonst nicht vorkommenden Zuthat. Zwischen Kapitell und Abakus ist nämlich eine Platte mit vier Löwen- (s. Abb. 24) oder an einer[S. 15] anderen Stelle mit Sperberköpfen eingefügt.[27] Unsere Abbildung stellt wohl wieder eine Bündelsäule mit offenem Kapitell und mit Knospen tragenden Zwischenstengeln vor. Letztere sind, wie wir das bereits bei anderen Darstellungen kennen, neben die Halsbänder anstatt durch dieselben gesteckt abgebildet. Zu bemerken ist, dass die Halsbänder bei diesen Säulen vielfach über einen weiteren Raum vertheilt sind, als bei anderen Arten üblich. Der Schaft ist meist ganz gerade, oft ohne jede Basis, jedoch kommen auch Schäfte mit Schwellung vor (Abb. 25), die irrthümlich von Papyrussäulen entnommen sein dürften. Bei dem zuletzt citirten Beispiel tritt uns zum ersten Male eine Eigenthümlichkeit entgegen, die an Säulen aller Gattungen unter der 18. Dynastie, besonders aber unter Amenophis IV. vorkommt: die von den Halsbändern abflatternden, verschiedenfarbigen Bandenden. Nach den Abbildungen, welche uns solche festlich geschmückten Säulen zeigen, lässt sich jedoch die Frage nicht entscheiden, ob diese Bandenden jemals in der eigentlichen Architektur eine Rolle gespielt haben und ob sie etwa in flachem Relief auf den Säulenschäften unter den Halsbändern dargestellt wurden. Nur bei den später zu besprechenden Palmensäulen findet sich Aehnliches, worauf noch unten (S. 48 u. 49) zurückzukommen sein wird.
Als letztes Beispiel einer offenen Nymphaea caerulea-Säule aus dem neuen Reiche mag hier noch eine solche (Abb. 26) aus einer Abbildung aus dem Grabe[S. 16] des Huj zu Qurnet Murrai dienen; dieselbe ist mit Farbenangabe publicirt; man sieht daraus, wie wenig sich die ägyptischen Architektur-Maler in vielen Fällen an die natürlichen Farben hielten.
Hiermit ist die Reihe der Beispiele natürlich noch nicht erschöpft, auch in etwas späterer Zeit kommt das offene Nymphaea caerulea-Kapitell noch vor, z. B. in der bereits oben bei Nymphaea Lotus citirten Bouquetsäule aus dem Grabe des Sen-nudem in der 20. Dyn.[28]; später jedoch scheint es ausser Mode gekommen zu sein. Aus der Spätzeit ist mir wenigstens kein Beispiel bekannt, wenn man nicht die schon oben erwähnten Säulentrommeln (Abb. 27) vom Arsnuphistempel auf Philae hierher rechnen will, welche Nymphaea caerulea als Blüthe und Knospe auf den dreifachen Zwischenstengeln zeigen.
Damit wären die Nymphaeensäulen sämmtlich besprochen; wir haben also drei Arten derselben: die geschlossene Nymphaea Lotus-Säule, die offene von derselben Pflanze abgeleitete und die offene Nymphaea caerulea-Säule. Wir müssen jedoch noch einer dritten Art von Nymphaeen, die zeitweise in Aegypten vorkam, Erwähnung thun, wenn auch nur um zu zeigen, dass sie ohne jeden Einfluss auf ägyptische Kunstformen geblieben ist:
Diese von den bisher besprochenen Nymphaeen gänzlich verschiedene Art macht, wie die Abbildung 28 zeigt, überhaupt nicht den Eindruck einer Nymphaee. Die weit aus dem Wasser hervorstehenden, napfförmigen Blätter bilden ganze Gebüsche, aus denen die rosenartigen Blumen hervorsehen. Am merkwürdigsten ist der Fruchtstand, den Herodot[29] sehr ansprechend mit einem Wespennest vergleicht und den Neuere nicht übel mit der Brause einer Giesskanne verglichen haben.
Altägyptische Darstellungen von Nymphaea Nelumbo finden sich nicht, wohl aber haben sich einige auf Kunstwerken der Spätzeit nachweisen lassen. Im Ptolemäischen Tempel zu Esneh[30], auf dem Mosaik von Palestrina und auf der berühmten vatikanischen Nilstatue finden sich Exemplare von Nymphaea Nelumbo abgebildet; an der zuletzt erwähnten Stelle übrigens nur Früchte mit falschen Blättern. Dieses späte Auftreten von Nymphaea Nelumbo in den Darstellungen ist nicht weiter[S. 17] wunderbar, da die Pflanze, wie neuere Arbeiten[31] gezeigt haben in Aegypten ursprünglich nicht heimisch war, und auch heutigen Tages dort nicht mehr wild vorkommt. Herodot ist der erste, der um 450 v. Chr. über sie berichtet, und Prosper Alpinus, der um 1580 n. Chr. die ägyptische Flora beschreibt, erwähnt sie schon nicht mehr. Die Ansicht Schweinfurth's scheint daher sehr annehmbar, dass Nymphaea Nelumbo durch die Perser aus Asien nach Aegypten eingeführt worden ist, sich aber auf die Dauer dort nicht halten konnte.
Das Fehlen von Nymphaea Nelumbo in der älteren Zeit, in der die Säulenformen sich bildeten, verbietet es also, irgend eine ägyptische Kapitellform auf die Blüthe oder, wie es auch geschehen ist, auf das Blatt dieser Nymphaea zurückzuführen.
Zum Schlusse der Besprechung wollen wir noch einmal kurz die Merkmale der Nymphaeen-Säulen zusammenstellen, durch welche sie sich von der ihnen gegenüberstehenden Kategorie der Papyrussäulen unterscheiden:
Die Basis fehlt manchesmal, was bei Papyrussäulen nie der Fall zu sein scheint. Der Schaft hat keine Schwellung und keine „Fussblätter”, wie wir sie bei den Papyrussäulen kennen lernen werden. Die Zwischenstengel sind wie die Hauptstengel mit Nymphaeenknospen oder Blumen gekrönt, deren Umrisslinien von denen der Papyrussäulen äusserst verschieden sind. Die „Kopfblätter”, d. h. die Kelchblätter des Kapitells gehen bis zum oberen Rande, während sie bei den Papyrussäulen wesentlich kürzer sind.
Bei diesem Kapitel muss der Abschnitt mit der Beschreibung der der Säulenform zu Grunde liegenden natürlichen Pflanze in Fortfall kommen, da es bisher noch nicht gelungen ist, die betreffende Pflanze, welche als Wappenpflanze von Oberägypten ungeheuer häufig in der ägyptischen Kunst auftritt, botanisch sicher zu bestimmen. Wir werden daher gut thun, nur die Pflanze, soweit sie im Ornament vorkommt, zu analysiren und dann aus ihren Merkmalen zu zeigen, weshalb sie mit keiner der sonst gebräuchlichen ornamentalen Pflanzen identisch ist, und warum wir ihr am besten den Namen „Lilie” beilegen.
Das älteste Beispiel der Lilie findet sich auf der bekannten Darstellung des Königs Mer-en-rē'-Pepy bei Assuan (Abb. 29). Leider ist hier die Lepsius'sche Publication nicht correkt und in dem de Morgan'schen Catalogue des Monuments (I, 17, No. 78) die Ungenauigkeit der Zeichnung mit übernommen, ich habe daher die Darstellung an Ort und Stelle nochmals verglichen und hier corrigiert beigegeben. Danach scheint es also, dass bereits die später übliche Form der „Südpflanze” schon im alten Reiche gebräuchlich gewesen ist.
Aus dem mittleren Reiche sind die Beispiele zahlreicher: auf dem Throne der Statue Usertesen's I. aus Tanis (jetzt im Berliner Museum, Abb. 30) findet sich der Lilientypus deutlich. Fragmente der Lilien sind von dem Throne Amenemhet's III. zu Biahmu erhalten[32], an anderen Königsstatuen derselben Epoche[33] sind gleichfalls die Lilien stets deutlich charakterisirt.
Im neuen Reiche zeigt die Pflanze zuerst noch keine wesentliche Aenderung des Typus; selbst noch unter der 19. Dynastie kommen Lilien vor, die bis auf die Einrollung der beiden Seitenblätter den[S. 19] älteren Exemplaren völlig gleichen (Abb. 31 u. 32), jedoch sind auch noch in späterer Zeit Beispiele nachweisbar, die in nichts von den alten abweichen. Häufiger findet sich jedoch eine wohl unter der 18. Dynastie ausgebildete Variante mit je einem Anhängsel an jedem der beiden äusseren Blätter (Abb. 33).
Diese letztgenannte Form erfährt dann, vielleicht — wie bereits Sybel[34] annahm, unter asiatischem Einfluss — weitere Ausgestaltung; der mittlere Kolben oder auch die Anhängsel vervielfachen sich, oder eine Art Palmette oder mehrere Voluten entwickeln sich aus dem Kelche, und Aehnliches. Diese manchmal recht abenteuerlichen Gestaltungen, die für die Ornamentik des neuen Reiches von grosser Bedeutung sind, interessiren uns für die Säulenfrage jedoch nicht, da derartige Gebilde erst an ganz späten Säulen auftreten; wir können uns vielmehr mit der Kenntniss der einfachen Lilie und der „Lilie mit Anhängseln” für unseren Zweck begnügen.
Die charakteristische Form derselben ist schnell beschrieben: aus einem dreiblättrigen, meist gelben Hüllkelch, der auf grünem oder blauem Stengel sitzt, erwachsen zwei schlanke, oben nach aussen überfallende Blätter von blauer, manchmal auch grüner Farbe; zwischen diesen äusseren Blättern erhebt sich ein roter, oben abgerundeter Kolben. Die gleichfalls kolbenförmigen Anhängsel sind auch stets rot. Die Pflanze hat also mit keiner der sonst bekannten ägyptischen Ornamentpflanzen irgendwelche Aehnlichkeit. Dass sie wirklich ein Gebilde für sich ist und nicht etwa nur eine Ableitung aus einer anderen Pflanze, zeigen schlagend die Kapitelle mancher „Bouquetsäulen”, bei denen die Künstler absichtlich die verschiedenen ihnen geläufigen Pflanzen vereinigten, um den Eindruck einer möglichst reichen Prunkarchitektur hervorzubringen. So z. B. die schon öfters angeführte im Grabe des Sen-nudem abgebildete Säule (Abb. 34). Hier hat der Künstler zuerst Nymphaea Lotus, dann Nymphaea caerulea, dann unsere Lilie und endlich Cyperus Papyrus dargestellt und somit fast seinen ganzen Formenschatz an Pflanzenkapitellen erschöpft.
Eine besondere Pflanze ist also die in Rede stehende[S. 20] jedenfalls; warum haben wir ihr aber den Namen „Lilie” gegeben? Weil sie am ehesten einer schematisch dargestellten Liliacee oder besser einer Irisart entspricht. Namentlich die überfallenden Blätter mit den Anhängseln erinnern an die äusseren umgeklappten Blüthenblätter mancher Irisarten, während der mittlere Kolben die inneren aufrecht stehenden Blätter versinnbildlichen könnte. Die später hinzutretenden roten „Anhänger” könnten vielleicht die Köpfe der Staubfäden darstellen, die bei manchen Irisarten unter den sich einrollenden — allerdings inneren — Blättern so geschützt liegen, dass nur die rotbraunen, kolbenförmigen Enden darunter hervorsehen.
Es ist jedoch bei diesem Gleichstellungsversuch die eine Hauptschwierigkeit nicht zu übersehen, dass nämlich bisher keine Lilien- oder Irisarten in Aegypten nachgewiesen sind. Und die fragliche Pflanze muss doch im Alterthum so häufig oder für ihr Gebiet so charakteristisch gewesen sein, dass man sie als Wappenpflanze für Oberägypten wählte, im Gegensatz zu dem für sein Gebiet ebenso bezeichnenden unterägyptischen Papyrus, der allerdings heute auch schon aus ganz Aegypten verschwunden ist.
Wir wollen daher vorläufig in Ermangelung einer richtigen Bezeichnung den Namen „Lilie” nur zur leichteren Verständigung gebrauchen, bis die Botaniker die wahre Bedeutung der Wappenpflanze[35] Oberägyptens festgestellt haben werden.
Bei der eben gegebenen Aufzählung von Lilien aus verschiedenen Epochen wird es manchem Leser aufgefallen sein, warum das älteste Beispiel nicht genannt worden ist, zumal dies allgemein bekannt ist: die Lilien von den Thronen der Chefren-Statuen zu Giseh. Die absichtliche Fortlassung dieses Beispiels nöthigt mich zu einem kleinen Excurse über das Alter dieser Statuen.
Ueber Figur, Gesicht und Tracht des Chefren zu sprechen, ist hier nicht der Ort, auch nicht über die Inschriften, die Form der Hieroglyphen und die Art der Behandlung des Löwenthrones; uns wird hier allein das Vereinigungszeichen an[S. 21] den Seiten des Thrones beschäftigen. Da wir nach den oben angeführten Beispielen aus dem alten und mittleren Reiche, die sich namentlich für das letztere noch bedeutend vermehren liessen, genau wissen, wie ein solches Zeichen aussehen muss, so werden wir leicht sehen, wie es der Künstler der Chefren-Statuen missverstanden hat.
Das Zeichen der Vereinigung beider Länder besteht nämlich aus dem eigentlichen, bisher noch nicht gedeuteten Zeichen Sảm, das etwa einem Spaten nicht unähnlich ist: unten das bei guten Beispielen in vier Felder getheilte Blatt, dann ein horizontal gerippter Stiel und oben ein eckiges, flaches Stück. Auf der einen Seite desselben stehen am Fusse in spitze Blätter gehüllt oder auch in einem Wasserbecken[36] mehrere Exemplare der Nordpflanze, des Papyrus; zur anderen Seite, aus einem Zeichen ḥsp (Land, Gau) hervorwachsend, ebensoviele der Südpflanze, der Lilie. Von beiden Pflanzen ist je ein Stengel um das mittlere Zeichen geknüpft.
So sollte das Symbol der Vereinigung beider Länder unter normalen Umständen aussehen. Und was ist auf den Chefren-Thronen (Abb. 36) daraus geworden? Das einzige, was richtig wiedergegeben ist, sind die Papyrusbüschel, alles andere ist mehr oder weniger falsch. Die Lilien sehen nicht so aus wie sonst üblich, sondern ähneln den Darstellungen von Palmen, die wir noch später kennen lernen werden; das Sảm-Zeichen hat eine Palmenbekrönung; die Blättchen am Fusse der Nordpflanze ähneln einem Geflecht, aus dem sich die Papyrusstengel herausdrängen, und die drei horizontalen Striche des ḥsp-Zeichens sind in drei dicht aneinander liegende Stricke[37] verwandelt, welche die Lilien zusammenzwängen. Auf den anderen Chefren-Statuen sind diese Darstellungen wenn möglich noch toller; auf ihnen hat die Palmen-Lilie sogar vier Blätter und ausserdem noch Halsbänder.
Solche ungeheuerlichen Lilienformen kenne ich nur noch dreimal in der ägyptischen Kunstgeschichte: auf einem in Koptos gefundenen, angeblich aus dem[S. 22] mittleren Reiche stammenden Thronfragment[38] mit dem Reste eines Sảm-Zeichens, auf einem ebensolchen aus dem neuen Reiche unbekannter Herkunft im Kairiner Museum, und auf einer Ptolemäischen Säule[39]. In die Datirung des Stückes aus Koptos[40] möchte ich Zweifel setzen. Mir scheinen vielmehr diese ganzen missverstandenen Sảm-Zeichen aus einer späten Epoche zu stammen, da ich nicht annehmen kann, dass gerade in den ältesten Zeiten derartige Symbole, die doch eben erst künstlich zusammengestellt sind, bereits so unvernünftig umgestaltet worden sein können. Da ich also die Chefren-Statuen für Werke einer späteren Epoche, vielleicht auch nur für Wiederholung älterer Monumente nach vorgefundenen Resten wirklich alter Statuen halten muss, habe ich die an ihnen auftretenden Lilien oben nicht als Beispiele aus dem alten Reiche mit angeführt.
Nach diesem Excurse kehren wir zurück zu unseren Liliensäulen, mit denen wir schnell genug zu Ende kommen werden, da dieselben bis zum Ende des neuen Reiches nur spärlich auftreten. Aus dem alten und mittleren ist mir kein Beispiel bekannt. Im Anfang des neuen kommt das erste vor, aber dieses ist eigentlich auch nur mit demselben Rechte hierher zu rechnen, wie wir etwa die sculpirten Pfeiler aus Sawijet el Meitin bei den offenen Nymphaea Lotus-Säulen mit erwähnten. Es sind die oft abgebildeten[41] Thutmosispfeiler aus Karnak (Abb. 37).
Die hier dargestellten Pflanzen geben getreu die übliche Lilienform wieder; besonders bemerkenswert sind die nur hier allein deutlich dargestellten Füsse der Stengel. Dieselben haben gelbe Hüllblätter, genau wie sie sonst[S. 23] der Papyrus hat, auch die nur diesem eigene Schwellung zeigt sich hier; wir können jedoch nach diesem einmaligen Vorkommen nicht sagen, ob der Fuss dieser Säulenart so aussah, oder ob unser Beispiel nur seinem Pendant, der Papyrusform, angepasst ist, wie wir das ja sogar schon bei Nymphaeensäulen beobachten konnten. Der Lilie ist die Schwellung des Stengels sonst nicht eigen, wie die Darstellung der Sảm-Zeichen darthun, bei welchen dem Papyrus stets die Schwellung gegeben ist, während die Lilie immer glatt aus dem Boden hervorkommt. Sonst lässt sich das Lilienkapitell, von dem wohl nicht erst besonders gesagt zu werden braucht, dass es nur offen vorkommt, ausser an einigen Baldachinen, welche auf Särgen der 19. und 20. Dynastie dargestellt sind (Abb. 38) nur noch an Bouquetsäulen nachweisen; z. B. an der schon öfter herangezogenen aus dem Grabe der Sen-nudem (Abb. 34) und einigen anderen. Beachtenswert ist unter diesen letzteren nur eine Darstellung aus Grab 6 zu Tell-Amarna (Abb. 39). Hier ist nämlich der mittlere Kolben der Lilie nicht mit abgebildet, und dies scheint mir bereits zu den Lilienkapitellen der Spätzeit überzuleiten, bei denen der Kolben auch nicht plastisch dargestellt, sondern vielleicht nur in Farbe auf dem Kapitelle angegeben wurde, während die blauen[S. 24] überfallenden Blätter sculpirt hervortreten. Diese späten Lilienkapitelle sind äusserst häufig; es mögen solche aus Kôm-Ombo als Beispiel genügen (Abb. 40). Hier ist die Anordnung ganz ähnlich wie bei dem oben (S. 11) angeführten späten Nymphaea Lotuskapitell, nur dass die zuletzt zwischengesetzten Pflanzen jungen, noch geschlossenen Papyrus darstellen sollen. Die Anhängsel an den überfallenden Blättern fehlen, wie schon oben bemerkt, in der Spätzeit nie.
Hierher gehört wohl auch die von Petrie aufgenommene Vorzeichnung eines Kapitells aus den Steinbrüchen vom Gebel Abu Fodah (Abb. 41). Die Kreise an der rechten Seite des Kapitells scheinen mir wenigstens den Aufriss eines Anhängsels darzustellen.
Hier können wir wieder den geordneten Gang einschlagen und mit der Beschreibung der Pflanze nach der Natur beginnen.
Das Aussehen des Cyperus papyrus L. ist zwar so hinreichend[42] bekannt, dass wir uns bei seiner Beschreibung sehr kurz fassen können; nur auf die Hauptpunkte, welche für die Säulenfrage wichtig sind, wird es nöthig sein an der Hand unserer Abbildung 42 hinzuweisen.
Die einzelnen, buschartig zusammenstehenden, sich nach oben stark verjüngenden Stengel der Pflanze wachsen aus einem sie dicht umgebenden Kranze von lanzettlichen, meist gelbbraunen Blättern hervor und erheben sich oft — in Kew Gardens bei London sah ich einen Stengel von über 3,00 m — beträchtlich über das Wasser, das ihre Wurzeln verbirgt. Der Querschnitt des Stengels ist dreieckig, am Fussende mit abgerundeten Ecken (siehe den Querschnitt in Abb. 42), mehr nach oben scharfkantiger. Am oberen Ende jedes Stengels sitzt die Blüthendolde, welche rings von Blättern, ähnlich denen am Fussende, umschlossen ist; bei jungen noch geschlossenen Dolden sind diese Blätter grün, bei geöffneten meist gelbbraun. Die einzelnen, übrigens sehr zahlreichen grünen Strahlen der Dolde sind äusserst fein und gegen die Mitte ihrer Länge noch in[S. 26] feinere Strahlen getheilt, an deren Ende dann die kleinen bräunlichen Blüthen sitzen.
Die charakteristische Umrisslinie der Dolde ist für das junge, noch ganz oder fast geschlossene Exemplar leicht zu bestimmen; es erinnert etwas an die Linie der Knospe von Nymphaea caerulea, nur dass die Spitze nicht scharf ist wie bei dieser, sondern etwas abgestumpft; eine nur ganz wenig geöffnete Knospe von Nymphaea caerulea würde dieselbe Umrisslinie haben, wie der geschlossene Papyrus. Schwieriger ist es zu sagen, welche Linien für die geöffnete Dolde bezeichnend sind, da ihre Strahlen sich scheinbar regellos nach allen Seiten ausbreiten. Bei nicht zu weit geöffneten Büscheln sieht man jedoch, dass die Enden der Strahlen mit den Blüthen ungefähr eine oben etwas abgeplattete Kugelfläche bezeichnen, die sich in der Seitenansicht etwa als wenig gedrückter Bogen darstellen würde. Die einzelnen Strahlen zeigen eine je nach ihrer Stellung in der Dolde verschiedene Linie; während die mittelsten mehr oder weniger gerade sind, zeigen die seitlichen geschwungene Curven, die untersten sind ganz schwach wellenförmig gebogen. Die ganze Dolde hätte demnach ungefähr diesen Contour:
Dem nicht unähnlich sind auch die von den ägyptischen Künstlern dargestellten Papyrusdolden, die eines der beliebtesten Motive der ägyptischen Kunst aller Epochen bilden. Eines der ältesten Beispiele ist das hier abgebildete (Abb. 43), einen Papyrus darstellende Hieroglyphenzeichen w3ḏ (s. a. L. D. II, 3). Der Papyrus ist natürlich stilisirt wiedergegeben, aber unverkennbar. Der Blattkranz am unteren Ende — den wir der Kürze halber im Folgenden als „Fussblätter” bezeichnen wollen — ist zwar vorhanden, aber etwas deformirt; die Blätter sind sämmtlich, wie auch bei anderen Darstellungen derselben Pflanze, zu kurz gerathen. Dass die Blätter sich theilweise überdecken, ist richtig beobachtet. Der Stengel verjüngt sich nach oben, hat jedoch am unteren Ende eine geringe Schwellung, die bei der natürlichen Pflanze nur vorhanden ist, wenn die Fussblätter anliegen. Für die Darstellung des Papyrus und für seine Verwendung als Säulenmotiv ist diese Schwellung bezeichnend und überträgt sich von den Papyrussäulen, wie wir gesehen haben, auch auf andere Pflanzensäulen, von denen eigentlich sonst keine von Hause aus die Schwellung zeigen sollte. Bei den Hüllblättern der Dolde — den „Kopfblättern” — tritt dasselbe ein, wie bei den Fussblättern: sie werden meist — mit wenigen Ausnahmen[43] — zu kurz und nicht so spitzig, wie sie eigentlich sein sollten, gezeichnet.
Die Darstellung der Dolde selbst musste den Alten natürlich viele Schwierigkeiten machen; auf die Möglichkeit, sie durchsichtig darzustellen, verzichten sie von vornherein, sie geben die Umrisse ungefähr so, wie wir sie uns oben angemerkt hatten, jedoch meist nicht so weit ausladend, sondern steiler; nur selten kommen breitere Dolden vor. Eine Wiedergabe der einzelnen Strahlen lassen sie in den meisten Fällen gar nicht[S. 27] eintreten, höchstens deuten sie dieselben durch einige Striche in dem grün ausgefüllten Doldencontour an. Die Blüthen oder vielleicht auch die vertrockneten Spitzen der Strahlen geben sie durch gelbe Färbung des oberen Randes[44], in dem oben angeführten Beispiel, bei dem die Farben jetzt fehlen, nur durch die Doppellinie des oberen Randes wieder.
Die Beispiele von Papyrusdarstellungen sind für das alte Reich unzählbar: Papyrusernte[45] zum Bootsbau und zu anderen Zwecken, Papyrussümpfe[46] als Jagdreviere für Vogel- und Fischfang und Aehnliches finden sich zur Genüge dargestellt. Zwischen den offenen Pflanzen finden sich auch häufig junge, noch geschlossene Exemplare (Abb. 44). Diese haben, wie schon oben bemerkt, in der Umrisslinie Aehnlichkeit mit den spitzen Blüthen von Nymphaea caerulea, bei guten Darstellungen sind sie jedoch nicht ganz spitzig, sondern etwas abgestutzt. Bemerkenswerth ist die falsche Darstellung der Kopfblätter hierbei; dieselben hüllen in Wirklichkeit fast die ganze junge Dolde ein, in den Darstellungen sind sie aber meist ebenso kurz angegeben wie bei den geöffneten Büscheln. Nur in einigen Typen aus dem neuen Reiche kann man, wie wir hier vorwegnehmen wollen, eine wesentliche Verbesserung in dieser Hinsicht bemerken. So zeigt eine Fayenceform aus Tell-Amarna (Abb. 45) uns eine junge Papyrusdolde mit langem, spitzen Hüllblatt, neben dem schon einige Doldenstrahlen hervorsehen.
Aus dem mittleren Reiche mag hier ein Beispiel Platz finden, das auch den verbissensten Lotomanen deutlich über den Unterschied zwischen Nymphaea und Papyrus belehren wird (Abb. 46). Die biegsamen Stengel einiger Nymphaeen sind[S. 28] hier um drei starre Stiele Papyrus herumgelegt; der Papyrus hat seine Fussblätter, die bei der Nymphaea natürlich fehlen; die bewegten Seitencontouren der Papyrusdolde weichen deutlich von den straffen Aussenlinien der Nymphaeen ab, dem entsprechend auch die oberen Begrenzungslinien; die Kopfblätter des Papyrus sind nur kurz, während bei der Nymphaea alle Blätter bis zum oberen Rande gehen; endlich ist die Papyrusdolde mit einzelnen Strahlen gefüllt und die Nymphaeablüthe mit ihren spitzigen Blättern versehen.
Um noch aus einer späteren Epoche ein Beispiel anzuführen, ist hierneben ein Papyrusornament aus einer Schale des neuen Reiches abgebildet (Abb. 47). Hier sind nur aus Flüchtigkeit die Fussblätter fortgelassen, sonst ist die Darstellung genau wie die übrigen.
Decorativ wurde der Papyrus bekanntlich ungeheuer oft verwendet. Als Füllornament an den Scheinthüren des alten Reiches dienten zwei gegeneinander gelegte, zusammengebundene Dolden (Abb. 48). Auch noch im mittleren kommen sie so vor (Abb. 49). Als freie Endigung ist Papyrus in jeder Epoche verwendet worden: an Stühlen[48], Sceptern[49], Kahnenden[50] und Aehnlichem. Ferner ist er sehr häufig als Griff von Spiegeln[51], Wedeln[52] u. s. w. Hierbei soll nicht unerwähnt bleiben, dass neben der bisher geschilderten Papyrusform, die uns für unsere [S. 29]Säulenfrage einzig und allein interessiert, noch eine zweite Form vorkommt, die in der Ornamentik auch häufige Verwendung findet; nämlich die Form, welche durch Zusammenfassen einer Dolde am unteren Ende entstanden ist (Abb. 50).
Wie der Papyrus im Ornament äusserst häufig Verwendung findet, so ist er auch für die ägyptische Säule das beliebteste Motiv; auf 10 Säulen kommen etwa 8 bis 9 Papyrussäulen. Dies mag wohl daher kommen, dass der Papyrus die architektonische Idee der ägyptischen Säule, von der wir noch zu sprechen haben werden, am besten verkörpert und daher wohl den ägyptischen Künstlern für die Säulenform am sympathischsten war.
Bei diesen Säulen haben wir ähnlich wie bei den Nymphaeensäulen zu unterscheiden zwischen solchen mit geschlossenem und mit offenem Papyrusdoldenkapitell. Der früher gebräuchliche Ausdruck Knospensäulen für die geschlossenen Papyrussäulen hatte zwar so lange eine gewisse Berechtigung, wie man die Kapitelle dieser Säulenart als Lotusknospen gelten liess, da sie jedoch weder mit den Nymphaeenknospen und noch weniger mit Papyrusknospen etwas zu thun haben, muss auch der Ausdruck Knospenkapitell verworfen werden, und wir wollen lieber dafür die oben angeführten, genaueren Bezeichnungen anwenden.
Ferner haben wir auch hier wie bei den Nymphaeensäulen einfache und Bündelsäulen, die letzteren ganz wie dort in der Ueberzahl. Ja, man könnte sogar fragen, ob einfache Papyrussäulen nicht überhaupt nur ganz vereinzelte Erscheinungen wären, da nur verhältnissmässig wenig sichere Beispiele von solchen wirklich erhalten sind[53], und die abgebildeten immer die Frage offen lassen, ob der ägyptische Künstler nicht etwa nur eine Papyrusstaude gezeichnet hat, um sich die complicirte Darstellung eines Bündels zu ersparen, wie wir ja Aehnliches bereits bei den Nymphaeensäulen beobachten konnten. Auffällig ist es jedenfalls, dass alle einfachen Papyrussäulen bis auf zwei weiter unten noch anzuführende Beispiele stets Halsbänder zeigen, die im Grunde doch nur den Bündelsäulen zukommen sollten.
Da sich jedoch bei den später zu besprechenden, sicher einfachen Palmensäulen auch Halsbänder zeigen, so kann man das Auftreten oder Fehlen der Halsbänder auch nicht als Kriterium für einfache oder Bündelsäulen ansehen. Trotz dieser Schwierigkeit haben wir die einfachen Säulen von den Bündelsäulen zu trennen versucht, müssen jedoch bei einigen der einfachen die Frage offen lassen, ob sie nicht besser zu den Bündelsäulen zu zählen sind.
Bevor wir nun in die Betrachtung der Papyrussäulen mit geschlossenem Kapitell eintreten, wollen wir, um Wiederholungen zu vermeiden, noch kurz auf die [S. 30] charakteristischen Unterschiede hinweisen, welche die Papyrussäulen von den Nymphaeensäulen trennen. Es sind naturgemäss dieselben, welche wir in der Ornamentik im allgemeinen beobachten konnten. Die Papyrus-Säule hat Blätter an der Basis, Schwellung des Schaftes am unteren Ende, dreikantiges Stengelprofil und kurze Blätter am Kapitell.
Die einfache Papyrussäule mit geschlossenem Kapitell lässt sich, wenn anders wir die Abbildung richtig verstehen, schon im alten Reiche nachweisen. In den Gräbern zu Sawijet el Meitin erscheint bereits die Darstellung eines solchen Kapitells (Abb. 51). Mangels jeder inneren Zeichnung lässt sich jedoch weiter nichts darüber sagen, als dass die äussere Contour auf Papyrus zu deuten scheint. Ebenso steht es mit den Säulenabbildungen aus dem Grabe des Si-renpowet bei Assuan[54], bei denen man auch nur aus der äusseren Form schliessen kann, dass Papyrussäulen gemeint sein dürften. Ob in beiden Fällen wirklich einfache Säulen dargestellt sein sollen, mag unentschieden bleiben. Aus dem mittleren Reiche fehlen wohl nur zufällig Beispiele der äusserst seltenen einfachen Papyrussäule mit geschlossenem Kapitell, dafür sind im neuen wieder einige Exemplare nachweisbar.
Von einer wohl als Bündelsäule gedachten, aber nur mit einfachem Kapitell dargestellten Säule aus der Zeit Thutmosis' III.[55] aus Semneh abgesehen, kommen zwei sehr charakteristische Beispiele aus der Zeit Amenophis' III. vor, beide im Grabe des Cha'-em-hēt zu Qurna.[56] Es sind Beispiele von schlanken Holzsäulen an Baldachinen (Abb. 52); über der Erdhügel-Basis entwickelt sich mit sanfter Schwellung ein Papyrusstengel von spitzen Fussblättern umgeben, den sich nach oben verjüngenden Schaft fassen Halsbänder mit den in jener Zeit gebräuchlichen frei flatternden Bandenden unter dem Kapitell; dieses hat die charakteristische Form des geschlossenen Papyrus, der bis auf die zu kurz und zu rundlich angegebenen Kopfblätter naturgetreu wiedergegeben ist; ein kleiner unscheinbarer Abakus stellt die Verbindung mit dem Gebälk her. Das zweite[57] hier nicht abgebildete Beispiel gleicht dem ersten bis auf eine unwesentliche Abänderung am Halsband und bis auf die ihm fehlende Basis, die bei keiner ägyptischen Säule absolut notwendig zu sein scheint.
Aus derselben Zeit, dem Ende der 18. Dynastie, stammt noch die Abbildung [S. 31] einer Säule (Abb. 53), welche wohl auch hierher zu den einfachen geschlossenen Papyrussäulen zu rechnen ist, trotzdem die gedrungene Form gar nichts mehr von der Schlankheit dieser Säulenart hat, sondern vielmehr an die geschlossene Bündelsäule erinnert. Die übereinander greifenden Fuss- und Kopfblätter lassen jedoch nur die Deutung einer einfachen Säule zu, falls man nicht etwa einen Irrthum des alten Malers oder ein Herübernehmen von Formen der offenen Papyrussäule annehmen will.
Damit sind die Exemplare der einfachen, geschlossenen Papyrussäule erschöpft. Aus der Spätzeit sind keine mehr bekannt, trotzdem geschlossene Papyrusdolden ganz in der Form der eben besprochenen Kapitelle an den Ptolemäischen Bündelsäulen zwischen anderen Pflanzen zu Haufen vorkommen.[58]
Die nun folgende Gattung der Papyrusbündelsäulen mit geschlossenem Dolden-Kapitell ist in der ägyptischen Architektur so zahlreich vertreten, dass wir die bisher wenigstens angestrebte Vollständigkeit in der Aufführung der Beispiele schon von vornherein aufgeben müssen und nur die besten Exempel heranziehen können, an denen sich die im Laufe der Zeiten mit dieser Säulenart vorgegangene Veränderung am deutlichsten zeigt.
Das einzige und auch nur fragmentarisch erhaltene Beispiel aus dem alten Reiche (Abb. 35) können wir schnell übergehen, zumal da man wirklich nur raten kann, ob wir hier eine Papyrusbündelsäule der fraglichen Art vor uns haben.[59]
Um so besser sind aber die Beispiele aus dem mittleren Reiche, in welchem unser Typus besonders beliebt gewesen zu sein scheint und auch von den alten Architekten noch ganz verstanden wurde, während später, wie wir sehen werden, das Verständnis dieser Säulenart immer mehr abnahm, so dass endlich aus unseren geschlossenen Papyrusbündelsäulen Gebilde entstanden, die die Kunsthistoriker für Lotusknospensäulen ansehen konnten.
Als klassische Beispiele der zu besprechenden Art können die Granit- und Kalksteinsäulen gelten, welche zu dem Tempel aus der Zeit Amenemhet's III. vor dessen Pyramide bei Hawara gehörten[60] (Abb. 55). Acht regelmässig geordnete Stengel, deren Querschnitte nur die Deutung als Papyrus zulassen, wachsen aus der wieder als Erdhügel zu denkenden Basis hervor. An jedem einzelnen Stengel sieht man ein langes, spitzes Fussblatt, das bis über die dickste Stelle des bei Papyrus naturgemäss mit Schwellung versehenen Schaftes emporreicht. Unter dem Kapitell[S. 32] sind die sich verjüngenden Stengel durch fünf Bänder gefasst, über denen sich dann die acht geschlossenen Dolden entwickeln. Jede einzelne Dolde zeigt eines ihrer Kopfblätter, die anderen sind (ebenso wie schon bei den Fussblättern) im Innern der Säule auf der dem Beschauer abgekehrten Seite des Einzelstengels sitzend zu denken. Dass die geschlossenen Dolden im Kapitell denselben dreikantigen Querschnitt haben wie die Stengel am Schafte, ist nicht weiter wunderbar, da die geschlossene, von den Hüllblättern noch ganz umgebene Dolde in der Natur wirklich den Dreiecksquerschnitt aufweist. Der ägyptische Architekt hat die geschlossene Dolde ganz richtig dargestellt, nur hat er sich erlaubt, die Hüllblätter zu kurz wiederzugeben, wie das ja, wie wir bereits oben bemerkt haben, in der Ornamentik auch geschieht.
Auf dem Doldenbündel ruht dann der bei allen ägyptischen Säulen übliche, dürftige Abakus.
Wie das schon bei den Nymphaeensäulen zu beobachten war, so scheint auch bei unseren Säulen der Architekt das Gefühl gehabt zu haben, dass die zusammengebundenen Stengel sich nicht in ihrer Lage halten würden, wenn er nicht unter den Halsbändern ihnen eine sichere Packung verschaffte. Deshalb nimmt er auch hier wieder kleine Zwischenstengel und zwar acht Bündel zu je drei Stengeln. Diese werden besonders, im vorliegenden [S. 33] Falle genau wie die Hauptstengel mit fünf Bändern, unter den Dolden zusammengebunden und so hinter die fünf grossen Halsbänder hineingeschoben. Dass diese Zwischenstengel wirklich Papyrus mit Dolden sind, zeigen deutlich die allerdings nur an guten Beispielen vorkommenden Fuss- und Kopfblätter.
So muss also eine gute Papyrusbündelsäule mit geschlossenem Dolden-Kapitell aussehen. Viele klare Beispiele[61] davon sind aber leider nicht vorhanden, denn schon im Ende des mittleren Reiches beginnt die allmähliche Veränderung dieser Säulenart; die weiter um sich greifende Verwilderung, die schliesslich die alte Form kaum noch erkennen lässt, tritt allerdings erst im neuen Reiche auf. Zuerst verlieren die Zwischenstengel ihr selbstständiges Profil[62] und bilden zwischen den jetzt auch ohne Kopfblätter auftretenden Hauptstengeln glatte Stücke, auf denen nur die Halsbänder und die vertikalen Trennungen durch schwach eingeritzte Linien angegeben sind (Abb. 56). Dann fallen auch diese nur schwach angegebenen Rillen fort, man begnügt sich, die Theilung und die Halsbänder der Zwischenstengel nur aufzumalen. Die Hauptstengel haben jedoch hierbei, wenigstens bei den besseren Beispielen, noch scharfes Papyrusprofil, dessen Kante sich namentlich zwischen den Zwischenstengeln gut markirt.
Die Zeit bald nach dem Ende der 18. Dynastie — vielleicht schon die Periode Amenophis' IV. — bringt bereits durchgreifendere Veränderungen. Von unwesentlichen, rein decorativen Neuerungen abgesehen — wie z. B. das Heraufrücken der Bänder an den Zwischenstengeln[63], die Verzierung der oberen Enden der[S. 34] Zwischenstengel durch Uräen[64], die Schmückung der Schäfte durch angehängte Opfergänse[65], die Auflösung der Dolden des Kapitells in mehrere ganz unverstandene Stengel[66] und ähnliche, wenig nachahmenswerthe phantastische Gebilde, welche ebenso schnell wieder verschwinden, wie sie spontan auftauchten — hiervon also abgesehen, ist als wichtigste Aenderung das Aufgeben der Schaft- und der Kapitelltheilung in acht Stengel zu nennen.
Da auf die Darstellungen, die uns in dieser Zeit bereits völlig — an Schaft und Kapitell — abgedrehte Säulen zeigen[67], wegen der manchmal zweifelhaften Correktheit der Publication nicht viel zu geben ist, so ist es sicherer, das Vorkommen von Bündelsäulen mit Schäften von kreisförmigem Querschnitt erst für die Zeit nach dem Ende der 18. Dynastie anzunehmen. Die nach dieser Zeit zu constatirende Glättung des Schaftes mag sich wohl hauptsächlich auf die Sucht der Aegypter, alles mit Inschriften und bildlichen Darstellungen zu versehen, zurückführen lassen. Auf einem so stark profilirten Säulenschaft, wie der der Papyrusbündelsäule ist, lässt sich nur schwer eine Inschrift setzen[68], daher glättete man den Schaft lieber, ohne auf seine ursprüngliche Structur Rücksicht zu nehmen. Des weiteren ist an dieser Umwandlung wohl die Art der Ausführung der Säulen schuld; dieselben wurden nämlich im Rohbau aus ganz runden Trommeln errichtet und erst später weiter sculpirt. Da mag wohl hin und wieder Eile oder Mangel an Mitteln dazu getrieben haben, die weitere Sculpirung nicht durchzuführen und den Bündelsäulen einen runden Schaft zu belassen.
Nebenher mag hier — da es zur Erklärung einer später zu besprechenden Art der Kapitellbemalung dient — bemerkt werden, dass bei dem zuletzt abgebildeten Beispiel die Halsbänder der Zwischenstengel schon merkwürdig weit nach oben sich erstrecken und für die Entwicklung der Köpfe der Zwischenstengel nur äusserst wenig Raum übrig lassen.
Mit der 19. Dynastie scheinen also die Bündelsäulen zuerst die abgedrehte Form anzunehmen, womit nicht etwa gesagt sein soll, dass sich von da ab keine richtigen Bündelsäulen mehr fänden.[69] Zuerst zeigen sich ganz schüchterne Anfänge. An Säulen aus der Zeit Seti's I. (Abb. 57) ist das obere Kapitell-Ende, das aus technischen, hier nicht weiter zu erörternden Gründen mit dem Abakus zusammen aus einem Stücke gearbeitet ist, ohne weitere Aussculpirung der Papyrusform glatt gelassen worden — ob mit voller Absicht oder aus Nachlässigkeit mag dahingestellt bleiben. Zu bemerken ist hier noch, dass die Stengel ihre scharfe Kante nur zwischen den Zwischenstengeln zeigen und sonst rund sind. Die Halsbänder der Zwischenstengel haben sich vermehrt.
Unter demselben König Seti I. kommen aber auch schon neben diesen Säulen mit beginnender, solche mit vollständiger Abdrehung der Stengelprofile vor. Zwei Beispiele davon mögen genügen. Das eine aus Gurna[70] zeigt nur in der äusseren Umrisslinie noch den Anklang an die alte Bündelsäule und hat ausserdem die Zwischenstengel, Halsbänder und dergleichen am oberen Ende des Schaftes und am unteren des Kapitells nur aufgemalt. Sehr eigenthümlich wirken die zwischen den Zwischenstengeln scharfmarkirten Papyrusstengelkanten. [S. 36] Das zweite Beispiel aus Karnak (Abb. 58) geht darin sogar noch weiter, indem es nur die Kopfblätter der Hauptstengel spitz zwischen den Bündeln der Zwischenstengel hervorsehen lässt. Verstanden dürfte der alte Architekt diese Dinge wohl kaum noch haben, sonst hätte er wohl seine Reihen von Namensringen mit Uräen, und sonstiges symbolisches Ornament mehr, wie es geschehen ist, der Structur der Säule anzupassen verstanden.
Zum Schlusse dieses Abschnitts wollen wir noch zwei Beispiele von vollständig tollgewordener Bemalung an geschlossenen Papyrusbündelsäulen anführen: zwei Säulen aus den Zeiten Ramses' III. und des Heri-hor (Abb. 59). Bei der einen greifen die Zwischenstengel oben über die Kopfblattspitzen der Hauptstengel fort, bei der anderen sind die Halsbänder der Zwischenstengel so oft wiederholt, dass von den Köpfen der Zwischenstengel fast nichts mehr übrig geblieben ist. Ob die Architekten sich dabei überhaupt noch etwas gedacht haben?
Wir haben bisher uns meist nur um das Aussehen unserer Säulen an der kritischen Halsstelle gekümmert und das Uebrige ganz vernachlässigt. Es ist auch darüber nicht viel zu sagen, wenn man nicht etwa die fast selbstverständliche Bemerkung für der Erwähnung werth halten will, dass die Fussblätter bei den abgedrehten Säulen — d. h. nur bei guten Beispielen — neben einander stehen, da sie ja aus den einzelnen Fussblättern der acht Stengel entstanden sind, während die Fussblätter der offenen Papyrussäule sich theilweise überdecken. An diesem Kriterium würde man schon aus dem unteren Ende des Schaftes die Kapitellform errathen können, wenn nicht auch hier wieder die Anordnung der Fussblätter von der einen Säulenart bald auf die andere übertragen worden wäre.
Aus der Spätzeit ist die Papyrusbündelsäule mit geschlossenem Doldenkapitell[S. 37] uns nur in einem Beispiele aus dem Tempel von Medamôt (Abb. 60) bekannt. Ausser einigen Veränderungen in den Proportionen giebt dies aber nichts Neues. Sie lehnt sich, selbst bis zu der Behandlung der einzeln stehenden Fussblätter hinab, besser an die älteren, guten Vorbilder an, als dies bei den Beispielen aus der Ramessidenzeit der Fall war.
Da die einzelnen geschlossenen Dolden, welche häufig in den Bündelkapitellen der Ptolemäer- und Kaiserzeit auftreten, keine selbstständige Bedeutung haben, so können wir nunmehr zu den Papyrussäulen mit offenem Doldenkapitell übergehen.
Bei dieser Säulengattung, die fast ebenso häufig ist, wie die vorher abgehandelte mit geschlossenem Doldenkapitell, scheinen in älterer Zeit nur einfache Säulen vorzukommen, während uns erst die Spätzeit sichere Beispiele von Bündelsäulen bringt. Gerade die ältesten Exemplare sind als einfache Säulen anzusprechen. Es ist dies vornehmlich ein von Petrie in Kahun gefundener etwa 0,5 m langer Säulenstumpf mit Kapitell, aus dem mittleren Reiche stammend (Abb. 61). Hier ist die Nachahmung der Natur sogar so weit getrieben, dass selbst der dreikantige Querschnitt des Papyrus genau wiedergegeben ist, trotzdem er für einen Säulenschaft die denkbar ungeeignetste Form bietet. Die offene Dolde ist, wie das ja nach den gemalten und ornamental verwendeten Darstellungen von Papyrus zu erwarten war, massiv dargestellt und hat nichts von der ihr in der Natur eigenen Leichtigkeit. Die Kopf- und Fussblätter, welche dem Papyrus sonst eigenthümlich sind, fehlen hier, wohl nur wegen der Rohheit [S. 38] unseres Beispiels. Zu beachten ist endlich das bei einer einzelnen Dolde eigentlich garnicht anders mögliche Fehlen des Halsbandes. Aber leider giebt es nur zwei sichere derartige Beispiele ohne Halsband[71], beide aus Kahun, ein drittes Exemplar gleicher Provenienz, zeigt bereits das bei einer einfachen Dolde ohne die Annahme einer Entlehnung von Bündelsäulen ganz unerklärliche Band unter dem Kapitell[72], welches bei der ältesten Abbildung einer solchen Säule allerdings wiederum fehlt (Abb. 62). An dieser Abbildung ist ersichtlich, dass die Bemalung unserer Säulenart die für Papyrus übliche war: die Dolde grün, die Kopfblätter gelb.
Wenn man bei den Beispielen aus dem mittleren Reiche noch mit Sicherheit zu der Ansicht gelangen konnte, die offene Papyrussäule sei als Einzelsäule aufzufassen, so ist bei den aus dem neuen Reiche stammenden Säulen derselben Art die Entscheidung dieser Frage schwieriger. Sie haben nämlich samt und sonders das nur an Bündelsäulen verständliche Halsband, das freilich auch den sicher einfach gedachten Palmensäulen eigen ist, und ausserdem fast alle einen völlig runden Querschnitt, den man, wie wir das oben bei den geschlossenen Papyrusbündelsäulen gesehen haben, leicht als eine abgedrehte Form eines ursprünglich sculpirten Bündelquerschnitts erklären könnte.[S. 39] Einige gute Beispiele[73] aber zeigen trotz des kreisförmigen Querschnitts des Schaftes an drei Stellen desselben ganz schwach angedeutete vertikale Kanten. (S. Abb. 65 links.) In diesen Fällen muss man also annehmen, dass der Architekt nur den ursprünglichen Papyrusquerschnitt, um ihn der Säulenform besser anzupassen, voller und runder gestaltet hat. Gegen die Annahme einer Bündelsäule spricht ferner das Fehlen von Zwischenstengeln und die Anordnung der Fuss- und Kopfblätter, welche sich bei unseren Säulen stets überdecken (s. Abb. 63, 64, 66 u. s. w.) und gewissermaassen in zwei Reihen stehen, während sie bei Bündelsäulen sich nur berühren[S. 40] dürften, wie wir das oben bei den geschlossenen Papyrusbündelsäulen gezeigt haben. Man wird also die älteren Beispiele wohl alle für Einzelsäulen ansehen müssen, die nur aus ästhetischen Gründen das Halsband von Bündelsäulen entlehnt haben.
So dürftig für unsere Säulenart die Anzahl der älteren Beispiele ist, so zahlreich sind die jüngeren von Dynastie 18 ab, so dass wir hier wieder nur mit Auswahl vorgehen können. Hierbei wollen wir ein Beispiel nicht vergessen, das eigentlich nur indirect hierher gehört, nämlich den Papyrus von den Granitpfeilern Thutmosis' III. zu Karnak (Abb. 63), welcher besonders durch seine noch erhaltenen Farbenreste lehrreich ist. Die Basis ist, wie gewöhnlich, als Erdhügel gedacht und daher rothbraun, die Fuss- und Kopfblätter sind gelb, Stengel und Dolde grün, die oberste Fläche der Dolde, wo in der Natur die kleinen braunen Blüthen sitzen (s. Abb. 64), ist roth bemalt. Von diesen Färbungen kehren die der Fuss- und Kopfblätter,[S. 41] sowie die des oberen Kapitellrandes auch auf anderen Säulen wieder, die Farbe des Stengels und des Kapitells wird jedoch sonst selten oder nie mit dem richtigen, natürlichen Grün wiedergegeben.
Am Kapitell versuchen die Künstler die einzelnen Doldenstrahlen durch Relief wiederzugeben, wie wir das zum Beispiel an einem recht guten Exemplar aus den Zeiten Amenophis' III. und Twet-anch-amun's aus Luksor sehen (Abb. 65). Dieses Beispiel zeigt ausser den schon oben erwähnten drei Kanten des Papyrusstengels noch ebenso wie einige aus der Zeit Amenophis' IV.[74] verhältnissmässig lang und spitzig geformte Kopfblätter; an späteren Kapitellen runden sich diese mehr und mehr ab und werden kürzer.
Dass auch bei dieser Säulenart die im Ende der 18. Dynastie modern werdenden flatternden Bänder[75] sowie die Kranz- und Gänsedecorationen[76] vorkommen, bedarf wohl kaum der Erwähnung.
Unter der 19. Dynastie drängen sich auch bei dieser Säulengattung Motive ein, welche mit der eigentlichen Structur der Säule nichts zu thun haben. Bilder, Inschriften und Reihen von Uräen bedecken nicht nur die Schäfte, auch auf den Kapitellen befinden sich zwischen die Doldenstrahlen eingestreute Namensringe (s. Abb. 66). Die Strahlen selbst werden abwechselnd mit den Blüthen bezw. Dolden der beiden Wappenpflanzen von Ober- und Unterägypten, Lilie und Papyrus gekrönt.
Ein Zeichen des geringen Verständnisses der Künstler jener Zeit für die structiv richtigen Formen dieser Säulengattung ist ferner darin zu sehen, dass sich im Ramesseum bereits Säulen mit offenem Papyruskapitell finden, deren Basis die sonst nur bei geschlossenen Papyrusbündelsäulen übliche Anordnung der Fussblätter zeigen.[77]
Auch diese Art von Säulen befindet sich also ebenso wie die geschlossene Papyrussäule im neuen Reiche bereits in einem vorgeschrittenen Stadium der Verwilderung.
Um so wunderbarer ist es, dass die bereits an der Grenze der Spätzeit stehenden Taharka-Säulen im ersten Hofe des grossen Amonstempels zu Karnak[78] sich wieder mehr an die richtigen Formen des Papyrus anlehnen. Es fehlt diesen Säulen zwar die Schwellung, auch laufen die Doldenstrahlen wieder in Lilien und Papyrus aus, aber die Umrisslinie, sowie der feine obere Rand des Kapitells und namentlich die recht gut gezeichneten Kopf- und Fussblätter geben dem Ganzen dennoch ein fast naturalistisch zu nennendes Gepräge, das sie weit über die plumpen Gebilde der Ramessidenzeit erhebt.
Selbstverständlich tritt auch bei unseren offenen Papyrussäulen in der Spätzeit die allen Säulengattungen eigene Herunterschiebung des Halsbandes ein, wie beispielsweise eine noch unfertige Säule (Abb. 67) aus Giseh zeigt.
Ebenso selbstverständlich ist es, dass unsere offene Papyrusdolde in der Ptolemäer- und Kaiserzeit häufig wieder auftritt und zwar hier zum ersten Male sicher als Bündelsäule (Abb. 68 u. 69). Daneben treten allerdings auch noch Einzelsäulen mit offenem Doldenkapitell auf. Unter letzteren ist besonders ein Beispiel erwähnenswerth, das von dem sonst in der Ptolemäischen Epoche üblichen Typus der Säulen abweicht: eine Säule aus Kôm-Ombo[79], die die Herunterschiebung des Halsbandes nicht hat. Bemerkenswerth ist [S. 43] ausserdem hier und auch bei anderen Beispielen der Spätzeit die merkwürdig verständige Behandlung der einzelnen Doldenstrahlen.
Wir sind nunmehr mit unserer Besprechung der Papyrussäulen zu Ende und wollen daher, da diese Säulen früher vielfach mit den bereits oben genügend charakterisirten Nymphaeensäulen zusammengeworfen wurden, nochmals kurz die Merkmale aufzählen, durch welche sich diese von jenen unterscheiden:
Die Basis fehlt bei den Papyrussäulen nur ganz ausnahmsweise, bei den Nymphaeensäulen öfter.
Der Schaft der Papyrussäule hat Schwellung und Fussblätter, welche beide der Nymphaeensäule ursprünglich fehlen.
Die Zwischenstengel, welche nur bei der geschlossenen Doldensäule vorkommen, haben wie die Hauptstengel Papyrusformen, bei den Nymphaeensäulen dagegen Formen von Nymphaea-Knospen und Blüthen.
Die äusseren Umrisslinien der geschlossenen wie offenen Papyruskapitelle sind wesentlich unterschieden von denen der geschlossenen und offenen Nymphaeensäulen.
Die Kopfblätter reichen beim Papyruskapitell nie[80] bis zum oberen Rande, beim Nymphaeakapitell stets.
Bei dieser Art von Säulen können wir auf die Beschreibung der ihr zu Grunde liegenden Pflanze und der ägyptischen Darstellungen derselben verzichten, da seit dem Bekanntwerden der ersten Säulen dieser Art es nie zweifelhaft war, welche Pflanze in dem architektonisch ausgebildeten Säulentypus gemeint war, und da auch gar keine Möglichkeit vorliegt, diese Pflanzensäule mit irgend einer anderen zu verwechseln, was bei den bisher abgehandelten eher möglich und auch leider reichlich der Fall war. Es mag daher die hier gegebene Abbildung (Abb. 70) und der Hinweis auf die Beschreibung der Dattelpalme „Phoenix dactylifera L.” genügen, welche sich sehr ausführlich in der Description de l'Égypte, Theil 19, S. 435[S. 45] ff. und Taf. 62 findet. Des Weiteren haben wir noch eine Auswahl von abgebildeten Dattelpalmen hier hinzugefügt, welche uns die mehr oder minder stilisirte Auffassung zeigen sollen, welche die Aegypter in den verschiedenen Epochen von dieser Pflanze hatten (Abb. 71 bis 73). Natürlich ist die Art der Darstellung im neuen Reiche lebendiger als im mittleren, besonders mag auf die detaillirte Wiedergabe der Borke bei dem einen Beispiel aus dem neuen Reiche aufmerksam gemacht werden.
Die Stilisirung der Dattelpalme für ihre Verwendung als Säule ist höchst[S. 46] einfach. Sie ergiebt eine Säule ohne Schwellung, ohne Fussblätter, oft auch ohne Basis. Die leicht nach aussen gebogenen Blattwedel, die mehr oder weniger durchsculpirt sind, ergeben das Kapitell, auf dem ganz simpel der kleine, unbedeutende Abakus aufruht. Merkwürdig ist nur das auch bei dieser Säulenart unter dem Kapitell angebrachte, meist fünftheilige Halsband, das hier um so weniger Sinn hat, als in keiner Epoche Palmenbündelsäulen nachweisbar sind. Man muss sich also dieses Halsband, wie wir das ja auch bei den älteren Papyrussäulen mit offenem Kapitell thun mussten, als von anderen Bündelsäulen übertragen denken.
Die Palmensäule, von der wir im alten Reiche nur eine zweifelhafte Spur[81] nachweisen können, scheint im mittleren schon sehr beliebt gewesen zu [S. 47] sein. Ausser dem klassischen aus Berscheh stammenden Beispiele aus dieser Zeit (Abb. 74) haben sich in Kahun[82] mehrere Kapitellreste in verschiedenen Grössen gefunden, eins davon sogar mit recht gut ausgearbeiteter Fiederung der Palmenwedel. Auch in Benihassan finden sich Darstellungen dieser Säulenart.[83]
Auch das neue Reich ist nicht gerade arm an Beispielen, die freilich meist[S. 49] bereits etwas graciöser ausgefallen sind als die älteren. In einem Grabe zu Gurna sehen wir einen Monolithen sich unter den Händen der Steinmetze und Polierer zu einer Palmensäule umbilden (Abb. 75). Im Palaste Amenophis' IV. finden wir sie öfter abgebildet, hier natürlich wieder mit den obligaten flatternden Bändern[84], mit äusserst schlanken Kapitellen[85], aber auch mit der bei Palmensäulen eigentlich ungehörigen Schwellung.[86] Reste von den Originalen dieser eben erwähnten Abbildungen haben sich bei den Petrie'schen Ausgrabungen im Palaste zu Tell-Amarna gefunden, und wir können aus diesen allerdings nur geringen Ueberbleibseln[87] einen Schluss auf die Pracht der Ausführung dieser Säulen machen. Die Fiedern der Palmenwedel waren mit grünen, rothen und blauen Pasten incrustirt, der dazwischen stehen gebliebene Kalkstein vielleicht vergoldet. Die Reconstruction in Petrie's Tell el Amarna, Taf. VI, giebt davon ein schwaches Bild, das die Schönheit der Linien und den Glanz des Materials dieser Säulen ahnen lässt. Den eleganten Palmensäulen von Tell-Amarna stehen jedoch wieder andere aus derselben Zeit oder doch nur wenig später entgegen, welche wieder fast so gedrungen sind wie die des mittleren Reiches. Es sind dies Säulen aus Soleb (Abb. 76) und Sesebi.[88]
In der Spätzeit zeigt sich wieder durchweg der schlanke Typus, der dieser Gattung mit Recht eine bevorzugte Stellung unter allen ägyptischen Säulen sichert. Merkwürdig ist an diesen späten Säulen eine Erscheinung, welche man vielleicht auf die des öfteren schon erwähnten flatternden Bänder aus der 18. Dynastie zurückführen muss. Von dem Halsband hängt nämlich eine aus drei Bandlagen gebildete Schleife herab (Abb. 77), die dann auf noch späteren Beispielen zu einem Kranze von languettenartig geordneten Bändern wird (Abb. 78). An dieser letztgenannten Säule beobachten wir wieder die in der Spätzeit übliche Herabrückung der Halsbänder, wodurch dann über denselben ein Teil des schuppigen Palmenstammes sichtbar wird. Als neues Motiv tritt hier ferner noch die Anbringung von Datteltrauben zwischen den Palmenwedeln auf. Dass es in der Spätzeit auch nicht an unsinnigen Zuthaten bei Palmensäulen, wie z. B. Fussblätter über der Basis[89], fehlt, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung.
In diesem Kapitel sollen noch kurz zwei Arten von Pflanzensäulen besprochen werden, die sich den bisher erwähnten grossen Gattungen nicht einordnen lassen, und welche ausführlich in besonderen Kapiteln abzuhandeln wegen der geringen Anzahl von Beispielen, die bislang bekannt geworden sind, nicht lohnt. Da bei diesen, meist nur in ein oder zwei Exemplaren auf uns gekommenen Säulenarten es schwierig, ja fast unmöglich ist, die ihnen zu Grunde liegende Pflanze genau zu bestimmen, so werden wir uns hier nur mit der allgemeinen Angabe der betreffenden Pflanzengattung zufrieden geben müssen, die bei den anderen Kapiteln gegebene Beschreibung der Pflanze etc. fällt also hier fort.
Zuerst sind zwei Beispiele von Rohrsäulen zu erwähnen. Da von beiden weder Kapitelle noch Basen, sondern nur Schaftfragmente auf uns gekommen sind, so sind wir hier gleich der Mühe überhoben, der Rohrart[90], welche in diesen Bruchstücken gemeint ist, näher nachzuspüren. Wir sehen nur an den in Tell el Amarna gefundenen Fragmenten (Abb. 79), dass wir es hier mit einem Säulenschaft, der ein Bündel gelber, runder Rohrstengel [S. 51] darstellt, zu thun haben. Die Kerben auf den einzelnen Stengeln bedeuten die Stellen, wo ehemals die Blätter sassen, und die darüber angedeuteten Dreieckchen sollen die in der Blattachsel sitzenden Knospen andeuten. Ein Stück einer ähnlichen Säule aus etwas späterer Zeit (Abb. 80) ist wie das vorige im Berliner Museum aufbewahrt. An diesem Stück fehlen die Kerben auf den einzelnen Stengeln, dafür sind aber die zusammenhaltenden Stricke recht naturalistisch wiedergegeben.
Eine Abart dieser Rohrsäulen scheinen[S. 52] die Schilfbündel-(?)-säulen zu sein, von denen Petrie eine nach den in Tell el Amarna gefundenen Fragmenten bis auf das Kapitell wohl sicher richtig reconstruirt wiedergiebt.[91] Die gelblich grünen Schilfblätter dieser Säulen waren aus Fayencestücken gebildet, von denen einige auf der vorigen Seite dargestellt sind (Abb. 81); die Bänder, von denen das Schilf zusammengehalten war, waren wohl in andersfarbiger Fayence gehalten oder theilweise auch in Bronce ausgeführt, und griffen über den wohl an beiden Seiten, oben und unten angebrachten Falz der vertikalen Fayencestücke (s. in der Abb. links unten) über. Leider reichen aber auch hier die Fragmente nicht aus, um die Pflanze, welche gemeint ist, mit hinreichender Sicherheit zu bestimmen.
Die zweite Art, von der gar nur ein Beispiel und auch das nur in Abbildung auf uns gekommen ist, scheint von einer Winde[92] hergeleitet zu sein. Convolvulus- oder Gentiana-(?)-Arten finden sich öfter ornamental verwendet, wie ein vorstehend gegebenes Beispiel aus einem gemalten Kranze von der Brust eines Sargdeckels in Mumienform aus dem Funde der Amonspriester von Dêr-el-baḥri zeigt (Abb. 82). Man sieht an diesem Beispiele deutlich, wie aus dem kleinen Kelche die glockenförmige Blüthe ohne Theilung in einzelne Blüthenblätter herauswächst; auf die Färbung, die vom Gelb am Kelch in Roth und endlich in Grün oder Blau übergeht, dürfte ebensowenig etwas zu geben sein, wie auf die Bemalung der einzig publicirten Windensäule (Abb. 83), welche ihre Farbenfülle zuerst wohl der Phantasie des ägyptischen Künstlers und in zweiter Linie der Schönfärberei der modernen Publication zu danken haben dürfte.
Bei diesem Beispiel, das, wie die Zwischenstengel zeigen, als Bündelsäule aufzufassen ist, erinnert nur die äussere Form des Kapitells an die oben gezeigte Windenform, die Bemalung und streifenförmige Eintheilung der Blüthenglocke ist völlig willkürlich. Sehr getreu aber sind die Knospen auf den Zwischenstengeln der Natur abgelauscht; das Hervorbrechen der noch spitz zusammengedrehten Blüthenglocke aus den wenig geöffneten Kelchblättern ist den Winden so eigenthümlich, dass der ägyptische Künstler mit seinem gewohnten Scharfblick für das Charakteristische der einzelnen Pflanzenarten es anbringen musste.
Aus den vorstehenden Kapiteln wird der Leser die Ueberzeugung gewonnen haben, dass die früher vielfach gehegte Ansicht, die ägyptische Architektur verfüge nur über eine verhältnissmässig geringe Anzahl von Pflanzensäulen — meist wurde ja alles für Lotus erklärt und ausserdem höchstens noch die Palmensäule zugelassen —, dass diese Ansicht, die dann womöglich noch diesen Säulenarten irgend eine gesuchte symbolische Bedeutung unterlegte, angesichts der grossen Menge von verschiedenartigen Pflanzengattungen, welche die altägyptischen Künstler zu Säulenformen umzustellen vermochten, als veraltet zu bezeichnen ist. Mit den verschiedenen sieben bis acht Arten von Pflanzen, die in allen Stadien ihrer Entwicklung, geschlossen oder offen, als Knospen oder Blumen, zu Säulen geformt uns im Laufe der vorstehenden Abhandlung entgegengetreten sind, werden wir den Formenschatz der alten Künstler voraussichtlich noch nicht erschöpft haben; an den Säulen der Spätzeit, die ja in gewissem Grade von der Besprechung ausgeschlossen waren, treten noch einige weitere Pflanzen auf, auch kann uns jeder Tag unerwartete Funde bringen, welche wie die reiche architektonische Ausbeute aus Tell el Amarna uns neue Gestaltungen von Pflanzensäulen zu zeigen vermöchten.
Es muss sich uns infolge dieser Mannigfaltigkeit die Frage aufdrängen, weshalb die alten Architekten mit solcher Vorliebe Pflanzen zu Säulenmotiven verwendeten. Irgend welche Symbolik, dass etwa die eine oder die andere Pflanze dem Gotte, in dessen Tempel sie als Säule stand, heilig gewesen wäre, oder dass sie wie Papyrus und Lilie, die Wappenpflanzen von Unter- und Oberägypten, zur Bezeichnung der Nord- und Südhälfte des Tempels unter Anspielung auf die beiden Reichshälften[93] dienen sollten, derartige Symbolisirungen sind ausgeschlossen, da man sonst irgend eine Regel in der Anwendung der verschiedenen Pflanzenmotive müsste entdecken können. Die einzelnen Pflanzensäulen werden vielmehr ohne jede erkennbare tiefere Absicht, rein nach dem Geschmack des Architekten, in der Spätzeit sogar mit Vorliebe in buntem Durcheinander angeordnet. Es muss also wohl eine andere Bewandtniss damit haben.
Bereits Maspero hat in seiner Archaeologie égyptienne, S. 88, bei Besprechung der Innendecoration der Tempel uns den richtigen Weg zum Verständniss des Wesens der Pflanzensäulen gewiesen, leider jedoch ohne seine Theorie bis zu den letzten Consequenzen, d. h. bis zu ihrer Anwendung auf die Säulen selbst durchzuführen.
Nach Maspero war der Tempel bezw. das architektonisch durchgebildete Innere eines Hauses dem Aegypter ein Abbild der Welt. Der Fussboden stellte die Erde dar, über ihm breitet sich der Himmel, die Decke, aus. Dieser Vorstellung passt sich die ganze Decoration des Raumes an. Die Decke ist nur mit himmlischen Dingen geschmückt: Sterne in regelmässiger Vertheilung, fliegende Vögel, Darstellungen von Sternbildern und des Sonnenlaufs, ja selbst Sternverzeichnisse sind dort angebracht. Im Gegensatz dazu erhält alles, was dem Boden nahe ist, pflanzliches Ornament, das meist noch so aufgefasst wird, als wüchse es aus dem Boden heraus. Die Mauersockel sind mit langen Reihen von Papyrusstauden verziert, Büsche von anderen Wasserpflanzen kommen daneben vor, die Basen der Säulen sind von Blattwerk umgeben — Nein! nicht nur das, vielmehr sind die ganzen Säulen Pflanzengebilde, die aus der Erde emporspriessen und frei in den Himmel hineinragen.
Eine merkwürdige, phantastische Auffassung, auf der wir da die sonst so prosaischen Aegypter ertappen. Und dass hier nicht etwa blos eine vom Kunsthistoriker den schaffenden Künstlern untergelegte Anschauung zu Tage tritt, das lässt sich zum Ueberfluss noch haarscharf beweisen. Ein glücklicher Zufall hat uns nämlich „die breite und die tiefe Halle”, gewissermaassen das Speise- und Empfangszimmer des Palastes Amenophis' IV. in Tell el Amarna vollständig erhalten. Dies „vollständig” ist nicht zu viel gesagt; wir haben nämlich die Grundrissmauern mit den prachtvoll erhaltenen Estrichen[94], zur Reconstruction völlig ausreichende Fragmente der Säulen[95] und last not least mehrere alte untereinander übereinstimmende Abbildungen dieser Säle[96]. Die Estriche sind herrlich bemalt, in der Mitte sind Teiche mit allerlei Fischen und Wasservögeln; umgeben sind dieselben von Rohr-, Papyrus- und Schilf-Dickicht, in welchem wieder verschiedene Thiere sich tummeln, des Weiteren folgen ornamentale Gefässdarstellungen und, da der Estrich in einem Königspalast liegt, im Mittelgang die Figuren von Gefangenen, die gefesselt am Boden liegen und über die der König hinwegschreiten soll. Alles deutet also darauf hin, dass der Fussboden wirklich als Erde aufgefasst ist. Die Säulen, welche in der Mitte der Säle in Reihen standen, stellen Pflanzen und zwar Palmenstämme und Schilfbüschel dar, die um die Teiche des Estrichs herum stehen. Wie die Decke darüber aussah, auch das hat uns ein ägyptischer Maler in seiner kindlichen Manier überliefert (Abb. 84). Als er jene Darstellung des Palastes, den er, nach allen Details zu urtheilen, genau kannte, entwarf, da wollte er auch den gemalten Himmel an der Decke der Säle wiedergeben. Er wusste, dass dieser Himmel, wenn er, im Saale stehend, ihn betrachtete, stellenweise durch die oberen Theile der Palmensäulen verdeckt wurde. Das richtig darzustellen überstieg aber seine perspectivischen Kenntnisse. Er malte daher ganz dumm seinen Himmel und zwar die Hieroglyphe für Himmel — hinter die obersten Theile der Säule, dicht unter die Deckenlinie.[97] Darunter stellte er dann noch die an die Decke gemalte strahlende Sonne dar. Sehr schön ist ja diese zeichnerische Leistung nicht, [S. 55] aber wir sehen doch wenigstens daraus, wie die Decke in jenem Saale decorirt war.
Die Ausschmückung der Räume des Palastes von Tell el Amarna ist also ein vollgültiger Beweis für die oben angeführte Theorie, dass die Aegypter die Innenräume ihrer Tempel und Häuser „à l'image du monde” aufgefasst und demgemäss decorirt haben, und dass nur eine nothwendige Folge dieser Auffassungsweise das Vorkommen von Pflanzensäulen ist. Diese Säulen sind also keineswegs nur wie klassische oder mittelalterliche Säulen mit Pflanzenkapitellen als Säulen mit ornamentalen, pflanzlichen Zuthaten anzusehen, sondern stellen in ihrer ganzen Grösse von der Basis bis zum Kapitell nur eine Pflanze oder ein Pflanzenbündel dar.
Nebenbei mag erwähnt werden, dass die Fiction, der Boden sei die Erde und die Decke der Himmel, noch einer anderen Gattung von Säulen das Leben gegeben hat, die ganz diametral den Pflanzensäulen gegenüberstehen. Während nämlich letztere, wie wir noch weiter auszuführen haben werden, frei in den Himmel, d. h. gegen die Decke emporstreben und den Gedanken eines Tragens gar nicht ausdrücken sollen, so bedeuten jene direct Stützen des Himmels, und ihre Formen sind verschiedenen mythologischen Symbolen nachgebildet, von denen es wohl in der religiösen Litteratur der Aegypter hiess, dass sie die Himmelsdecke tragen. Zu diesen „Symbolsäulen” rechne ich die Sistrumsäule und die Dedsäule. Die erste, früher unter dem Namen „Säule mit Hathorkapitell” allgemein bekannt, stellt ein vollständiges Sistrum dar, wie ein Vergleich mit den in den Museen in natura oder in Fayencenachbildungen aufbewahrten Exemplaren dieser Klappern sogleich darthut. Der Säulenschaft (s. Abb. 85) ist der Stiel der Klapper, Kapitell und Abakus bildet das auf Hathormasken sitzende, hohl zu denkende Kapellchen mit den seitlich anschlagenden Metallfedern. Diese Säulenart kommt, wie schon Lepsius in seinen Tagebüchern vermuthet, anscheinend nur in Tempeln weiblicher Gottheiten[98] vor und wohl meist auch da nur in solchen, deren [S. 56]Göttinnen mit der Hathor irgendwie confundirt werden können.
Eine ägyptische Sage, in der eine Anspielung auf das Sistrum als Himmelsstütze vorkäme, ist mir nun zwar nicht bekannt, wohl aber giebt es, worauf mich Herr Prof. Erman freundlichst aufmerksam machte, im Berliner Museum eine Fayencedarstellung der Himmelserhebung durch den Gott Schu, auf welcher zwei Sistren an jeder Seite den Himmel stützen (Abb. 86).
Die zweite Symbolsäule, die Ded-Säule, welche vielleicht nach ägyptischer Anschauung das Rückgrat des Osiris versinnbildlichen sollte, kann ich als Himmelsstütze nur dadurch belegen, dass sie erstens in Verbindung mit der Sistrumsäule[99] und zweitens als Stütze bei Baldachinen, unter denen Osiris sitzt[100] (Abb. 87), auftritt.[101] Man könnte andererseits auch die Entstehung derselben so erklären, dass die hieroglyphische Bedeutung der ihnen zu Grunde liegenden Zeichen sšš „Freude,[S. 57] Jubel”[102] ḏd „Beständigkeit, ewige Dauer” Veranlassung gegeben hat, diese Hieroglyphen symbolisch als Säulen zu verwenden.
Wie dem auch sei, jedenfalls haben wir in den Symbolsäulen eine den Pflanzensäulen der Idee nach völlig entgegengesetzte Kategorie von Stützen zu sehen, die aber ebenso wie jene ihren Ursprung der Vorstellung der Aegypter verdankt, dass der Innenraum des Tempels eine Wiedergabe der Welt sein soll.
Indem wir uns nun zum Schlusse wieder den Pflanzensäulen zuwenden, wollen wir noch auf ein wichtiges Moment unser Augenmerk richten. Es ist oben schon kurz bemerkt worden, dass der Aegypter sich seine Pflanzensäule als frei zum Himmel emporragend denkt, dass also die Idee des Tragens, die man bisher immer in einer Säule verkörpert zu sehen erwartete, bei der ägyptischen Pflanzensäule überhaupt nicht zum Ausdruck kommt.
Da wir es hier also mit einem eclatanten Falle zu thun haben, bei welchem der Satz: „Jeder Bautheil zeigt seine Function durch Form und Ornamentirung an”, durchbrochen wird, so müssen wir wohl unsere Ansicht vom Wesen der ägyptischen Pflanzensäule [S. 58]noch etwas weiter begründen.
Die ganze Auffassung des Tempels als Welt weist uns ja schon darauf hin, dass die zu Säulen verwendeten Pflanzenformen nicht als wirkliche Stützen gedacht sein können, denn wer würde wohl auf die Idee gekommen sein, den Himmel von Blumen tragen zu lassen. Es herrscht vielmehr die Vorstellung, dass die Himmelsdecke über den Pflanzen der Erde frei schwebe. Constructiv ist das natürlich nicht möglich, der Architekt braucht ein Bindeglied, das die Last der Decke auf die Säulen überträgt. Diesen Bautheil, der ihm in seine ideale Conception gar nicht hineinpasst, versteckt er aber so viel als möglich: Der Abakus der ägyptischen Säule ist stets klein, ohne Ornament und in den meisten Fällen von unten überhaupt nicht zu sehen, er ist dem ägyptischen Künstler eben nur ein unvermeidlicher Constructionstheil, den er braucht, da er seinen frei schwebend gedachten Himmel über den Pflanzensäulen sonst nicht festhalten kann.
Früher wurden gerade immer die damals sogenannten Lotusknospen- und Lotusblüthensäulen — d. h. unsere geschlossenen und offenen Papyrusdoldensäulen — als schöne Beispiele dafür angeführt, wie durch die Form des Kapitells das Tragen versinnbildlicht werde; seitdem wir aber gesehen haben, dass diese Formen der freien, unbelasteten Papyrusdolde nachgebildet sind, kann von einer Versinnbildlichung des Tragens natürlich keine Rede mehr sein. Man könnte sich wirklich nichts Ungeeigneteres für die Aufnahme von Lasten denken, als so eine leichte Papyrusdolde, die kaum unter ihrem eigenen Gewicht sich zusammenzuhalten vermag. Zum Ueberfluss tritt noch das hinzu, dass wir denselben Pflanzenformen, welche zu Kapitellen Verwendung fanden, in der ägyptischen Kunst auf Schritt und Tritt da begegnen, wo sie absolut keine tragenden Functionen auszudrücken haben: Als Scepterbekrönungen[103], Knöpfe[104], freistehende Verzierungen an Stühlen[105], ja sogar als Quasten[106] finden wir dieselben Pflanzen wieder.
Die Theorie, dass jeder Architekturtheil seine constructive Function auch äusserlich zeige, ist also wenigstens für die ägyptische Architektur — oder jedenfalls für die Bildung der ägyptischen Pflanzensäule — angesichts der aufgeführten Thatsachen direct zu leugnen, wir kommen hier vielmehr, so paradox es klingen mag, zu dem Schluss:
„Der Aegypter dachte sich seine Pflanzensäulen als freie Endigungen und
ornamentirte sie wie solche”.
[1] Goodyear, The grammar of the lotus; Riegl, Stilfragen. Seit Niederschrift des oben Stehenden sind noch zwei neuere Arbeiten erschienen, die von unserem Gegenstand handeln: Petrie, Egyptian decorative art, und Foucart, Histoire de l'ordre lotiforme. Auch diese beiden Werke haben die vorliegende Abhandlung nicht überflüssig gemacht.
[2] Z. B. Jomard in der „Description de l'Égypte”; Lepsius, Ueber einige ägyptische Kunstformen etc.; Prisse, in Histoire de l'art égyptien; Wilkinson, The Egyptians under the Pharaons, S. 151; Semper, Der Stil (zweite Auflage), S. 394; Ebers, im „Cicerone” und in „Baedecker's Aegypten” (erste Auflage); Perrot-Chipiez, Histoire de l'art dans l'antiquité I. (Deutsche Ausgabe) S. 488 ff.; Maspero, Aegyptische Kunstgeschichte, S. 50 ff., und andere.
[3] Description de l'Égypte, T. 19, p. 415; pl. 60, fig. 1.
[4] Goodyear (a. a. O. S. 103) hält eine stumpfblättrige Rosette für den „Fruchtknoten des Lotus”; dieselbe Rosette hält Riegl (a. a. O. S. 53) für eine Variante einer spitzblättrigen Rosette, „wie sie sich im Gefolge der typischen Ausgestaltung des centralen Rosettenmotivs von selbst eingestellt haben mochte”. Die fragliche Rosette ist, wie die Abbildung 4 zeigt, eine recht genaue Darstellung von Chrysanthemum coronarium.
[5] Altes Reich = Zeit der Pyramiden (hauptsächlich Dynastie 4 u. 5); mittleres Reich = klassische Zeit (hauptsächlich Dynastie 12); neues Reich = Zeit der Kriege und des Verkehrs mit Asien (hauptsächlich Dynastie 18-20); Spätzeit = Zeit der Renaissance und Fremdherrschaft (Dynastie 26, Perser, Ptolemäer, Römer).
[6] Gutes Beispiel mit Farben s. Newberry, Berscheh I, Titelbild (Kranz einer Frau).
[7] Die Datierung dieser Gruppe ist neuerdings fraglich geworden.
[8] Professor Schweinfurth teilte mir mit, er habe eine Darstellung mit nicht ganzrandigen Blättern gesehen.
[9] Als Beispiel, was alles für Lotus gelten musste, mag hier das bekannte ägyptische Friesornament (Abb. 8) aufgeführt werden. Goodyear (S. 181) erklärt dasselbe für Lotos, und auch Riegl (S. 96) scheint zu dieser Ansicht zu neigen. Das fragliche Ornament, das schon im alten Reiche im Grabe des Neterwoser zu Sakkara (Mariette Mastabas, S. 119) nachzuweisen ist, stellt, wie Pietschmann mir überzeugend nachgewiesen hat, eine aufrechte, an der Wand befestigte Franse eines Wandteppichs dar, die geknotet und ausserdem noch einmal zusammengefasst ist. Form und Farbe des Ornaments (z. B. Berscheh Grab 1., s. Newberry, el Bersche II, 5) die Stelle der Anbringung, sowie die ägyptische Sitte, die Wände mit Teppichen zu behängen, sind genügende Beweise für diese neue Deutung.
[10] Mehrere Abbildungen davon nach Photographien giebt Foucart a. a. O.
[11] L(epsius) D(enkmäler) II, 61 a. S. auch Perrot-Chipiez, a. a. O. S. 489.
[12] Lepsius, Tagebuch.
[13] Berliner Museum, Ph. 1787.
[14] Petrie, Kahun, Taf. 16.
[15] Petrie, Season, Taf. 25; die a. a. O. von Petrie aufgeführte „älteste Säule” hat kein Anrecht auf diesen Namen. Es ist ein Kandelaber mit daraufstehender Lampe von der im alten Reich üblichen Form. Solche sind öfter an den tiefen Laibungen der Scheinthüren dargestellt (s. L. D. II, 20). Eine spätere Säulenform daraus abzuleiten, ist nicht wohl möglich.
[16] Der Mittelstrich auf dem Säulenschaft ist im Abklatsch 34 nicht mehr zu sehen, Lepsius' Tagebuch giebt ihn jedoch ausdrücklich an; vielleicht war er nur aufgemalt, ebenso wie wohl auch die Halsbänder und die Längsstreifen des Kapitells nur durch Farben angegeben waren.
[17] Auch hier giebt die Publication die Wirklichkeit nicht genau wieder, wie der Abklatsch lehrt.
[18] L. D. II, 110a.
[19] L. D. II, IIIe, nach dem Abklatsch zu verbessern.
[20] L. D. I, 57.
[21] L. D. III, 99 c.
[22] Berl. Mus. Ph. 664.
[23] Z. B. L. D. II, 24, 30 (beide Dynastie 4).
[24] Vielleicht ist ḫ3 1000 ursprünglich gar kein eigentliches Zahlwort gewesen, sondern bedeutete nur: „so zahlreich wie die Nymphaeenblätter auf dem Wasser”, ähnlich wie die Zahl ḥfnw 100 000 eigentlich nur bedeutet: „so zahlreich wie die Kaulquappen”.
[25] Petrie, Tell Amarna, Taf. 9.
[26] Lyons Report, on the Island of Philae, Taf. 8.
[27] L. D. III, 62 b.
[28] Berl. Museum, Phot. 664.
[29] II, 92: ἔστι δὲ καὶ ἄλλα κρίνεα ῥόδοισι ἐμφερέα, ἐν τῷ ποταμῷ γινόμενα καὶ ταῦτα, ἐξ ὧν ὁ καρπὸς ἐν ἄλλῃ κάλυκι παραφυομένῃ ἐκ τῆς ῥίζης γίνεται, κηρίῳ σφηκῶν ἰδέην ὁμοιότατον.
[30] S. Woenig, a. a. O. S. 51.
[31] Newberry (in Petrie's Hawara, S. 52 u. 48) hat N. Nelumbo in späten Totenkränzen gefunden, in älteren kommt sie nicht vor.
[32] S. auch Petrie, Hawara, Taf. 27. No. 5 u. 6.
[33] Andere Beispiele derselben Zeit in Petrie's Tanis, I.
[34] Kritik des ägyptischen Ornaments, S. 25.
[35] Die „Lilie” als oberägyptische Wappenpflanze hat mit der Hieroglyphe für den Süden (rs) wohl nichts zu thun. Letztere, von der unsere Abbildung (Abb. 35) zwei gute Beispiele giebt, ist auch noch nicht identificirt. Juncus conglomeratus (Binse), wie Woenig (a. a. O. S. 135) annimmt, kann es wegen der Biegung des Stengels kaum sein, obgleich der seitliche Blüthenstand dafür spräche.
Einige Male wird — worauf mich Prof. Petrie freundlichst hinwies — unsere Lilie mit dieser Pflanze vertauscht und zwar auf einer symbolischen Darstellung der Vereinigung beider Länder vom Throne einer Tanitischen Statue des mittleren Reiches (Petrie, Tanis, I, Taf. I, 3). Hier hat der südliche Nilgott an Stelle der sonst üblichen Lilien eine -Pflanze auf dem Haupte und bindet auch eine solche um das Zeichen der Vereinigung. Ebenso kommt auf einer Chefrenstatuen zu Gizeh und auf einem Gehänge aus Fayence (Spätzeit? Berl. Mus. No. 7709) das „Süden”-Zeichen — an letzterer Stelle sogar ohne Blüthen — als Ersatz für die Lilie vor. Beide Male ist jedoch nur eine Pflanze für die andere eingetreten, da die eine symbolisch, die andere lautlich den Süden bezeichnet; eine Identität kann daraus nicht geschlossen werden.
[36] Petrie, Tanis, I, Taf. 1, 3 sind es sogar nur drei Wasserlinien.
[37] Man vergl. die ähnlich missverstandene Ptolemäische Darstellung aus Ombos in de Morgan's Catalogue, II, S. 129 u. 133.
[38] Nach Petrie'scher Photographie K. 36.
[39] Prisse, L'art ég. Colonnes Isiaques No. 6.
[40] Prof. Petrie, der das Fragment bei seinen Ausgrabungen fand, teilt mir darüber freundlichst mit: „The Koptos fragments were found beneath the pavement formed of Antef sculptures and almost certainly before the 12. Dynastie.” Es thut mir leid, diese liebenswürdige Auskunft mit einem Widerspruch gegen die Datirung lohnen zu müssen. Da nämlich die Antef-Reliefs, wie neuere Forschungen ergeben haben (s. Steindorff in der Zeitschrift f. äg. Spr., 1896, S. 77 ff.) in das Ende des mittleren Reiches bezw. in den Anfang des neuen zu setzen sind, so ist das aus alten Antef-Sculpturen hergestellte Pflaster also noch späteren, vielleicht gar sehr späten Datums. Aus dem Fundort ist also nicht zu schliessen, dass die fraglichen Stücke älter als Dynastie 12 sind. Aus der Tracht des bei dem Thronfragment gefundenen, vermuthlich dazugehörigen Kopfes kann man ferner zur Annahme einer späten Entstehungszeit kommen; denn die horizontalen, um den Kopf herumgehenden Streifen am Tuch oder Haar sind sonst von keiner Königs- oder Götterstatue aus guter alter Zeit bekannt.
[41] L. D. I., 80; Prisse, L'art. ég. mit Farbenangabe.
[42] S. Perrot-Chipiez, a. a. O. (Deutsche Ausg.), S. 522 ff.; Woenig, a. a. O., S. 75 ff. u. s. w.
[43] Besonders finden sich diese naturalistischen Ausnahmen in der Zeit der 18. Dynastie unter Amenophis III und seinen Nachfolgern. (S. auch Abbildung 45.)
[44] Z. B. L. D. II, 96 a (a. R.)
[45] L. D. II, 12 und Dümichen, Resultate einer archäol. Exped. Taf. 8.
[46] L. D. II, 12, 43 a, 60, 77, 106 u. s. w.
[47] Man beachte den kantigen Stengelquerschnitt; s. auch L. D. II, 10a, 11, 16, 17a, 33b, 41a u. s. w.
[48] L. D. II, 6, 10a, 11, 14 u. s. w. Die zweite Papyrusform zeigen L. D. II, 3, 19, 20, 24 u. s. w.; falsch L. D. II, 22c.
[49] L. D. II, 4, 5 u. s. w. Die zweite Form: L. D. II, 8, 9, 11, 15b, 21 u. s. w.
[50] L. D. III, 113c und öfter.
[51] De Morgan, Dahchour, Fig. 140 u. 143; Berl. Mus., No. 2774 u. s. w.
[52] L. D. II, 43a. Die Königinnengeisseln scheinen stets Lilienornamente zu zeigen.
[53] Petrie, Illahun, VI, 3, 5; ferner die Säulen in der „unfertigen Basilika” zu Luksor und einige Säulenstümpfe im mittleren Theile von Karnak.
[54] De Morgan, Cat. I, S. 188.
[55] L. D. III, 55a u. b.
[56] L. D. III, 76d, 77c.
[57] L. D. III, 76b.
[58] S. Prisse Hist. de l'art. ég. Chapiteaux de la colonnade du Dromos de Philae; L. D. I, 108 No. VI.
[59] Dr. Schäfer macht mich darauf aufmerksam, dass diese Säule vermuthlich aus einem unten zugehauenen, profilirten Holzschaft auf Steinbasis besteht.
[60] L. D. I, 47; auch Petrie'sche Photographien (im Berl. Mus. Ph. 1759), ein Stück der Säule im Berl. Mus. No. 1167; ausführl. Verzeichniss S. 76.
[61] Aus Daschur, m. R., Dynastie 12-13 (?), de Morgan und Lepsius' Tagebuch; zwei Bruchstücke aus Kahun, m. R., (Dynastie 12), Petrie, Illahun, Taf. VI, 4 und 11.
[62] Z. B. im mittleren Reiche schon, an den Miniatursäulen des Mentu-nacht aus Abydos (Dyn. 13). Berl. Mus. 1629 u. 1630, ausführl. Verzeichniss S. 65.
[63] Nach einer Photographie aus einem Grabe zu Tell el Amarna. Berl. Museum Ph. 1818.
[64] L. D. III, 106c; vgl. Petrie, Tell el Amarna, Taf. IX.
[65] L. D. III, 106c.
[66] Petrie, Tell el Amarna, Taf. IX.
[67] L. D. III, 94 und 102 aus Tell el Amarna. (Zeit Amenophis' IV.)
[68] Stark profilierte Säulen mit Inschriftquadraten kommen trotzdem vor, z. B. in der Thutmosiskapelle zu Luksor und in den inneren Räumen desselben Tempels (18. Dynastie).
[69] S. z. B. in Gebel Silsile, aus der Zeit Ramses' II. (nach Berl. Museum, Ph. 140); aus Sakkara (Grab 27) L. D. I, 42 und öfter, sogar aus der Spätzeit: in Medamôt.
[70] L. D. I, 86.
[71] Petrie, Illahun VI, 2 u. 5.
[72] A. a. O. VI, 4.
[73] In der „unfertigen Basilika” zu Luksor, Ende der 18. Dynastie (vgl. Zeitschr. f. ägypt. Sprache, 1896, S. 134, Anm. 1) und in den westlichen Theilen von Karnak (18. Dynastie?).
[74] L. D. III, 93.
[75] L. D. III, 93, 97b, 99a und öfter.
[76] L. D. III, 98b und 106a.
[77] S. Berl. Museum Ph. 119.
[78] S. Berl. Museum Ph. 84.
[79] S. Berl. Museum Ph. 142 u. 143.
[80] Nur in L. D. III, 93. (Zeit Amenophis' III. und seiner Nachfolger, s. oben.)
[81] In einem älteren, später erweiterten Grabe zu Elkab findet sich ein Pfeiler mit einem sehr rohen Kapitell, das man vielleicht für ein Palmenkapitell ansehen muss.
[82] Petrie, Illahun, VI, 7 u. 8.
[83] L. D. II, 127.
[84] L. D. III, 97b.
[85] L. D. III, 103 u. 106a.
[86] L. D. III, 109.
[87] Auch im Berl. Museum No. 11996, 12003 u. s. w.
[88] L. D. I, 119.
[89] In Edfu, nach Berl. Museum Ph. 137 u. 139.
[90] Dass Arundo-Arten, wie sie bei diesen Säulen wohl gemeint sind, im alten Aegypten vorkamen, zeigen Abbildungen, wie die in Petrie's Tell el Amarna IV, 6. Beschreibung von Arundo in der Description, Theil 19, Seite 74.
[92] Die bei Petrie, Tell el Amarna, Taf. 8, abgebildeten Fragmente, auf denen auch Ranken einer Windenart abgebildet zu sein scheinen, gehören nicht in den Rahmen unserer Abhandlung. Diese Winden umranken nur als freies Flächenornament die Säule, diese selbst aber ist vielleicht überhaupt keine Pflanzensäule, wenigstens lässt sich aus den erhaltenen Stücken dies nicht beweisen.
[93] Diese Anspielung ist übrigens einmal wirklich beabsichtigt: bei den Thutmosis-Pfeilern zu Karnak, die auf den Nordseiten Papyrus, auf den Südseiten Lilien haben.
[94] Petrie, Tell el Amarna, Taf. 3-5 u. 37; S. 2 u. 3.
[95] A. a. O., Taf. VII.
[96] L. D. III, 96b, 99a, 103, 106a u. 109.
[97] Aehnliches kommt öfters bei Abbildungen von Baldachinen u. s. w. vor.
[98] In einem Hathortempel zu El-Kab, 18. Dynastie (nach Berl. Museum Ph. 564, 1488); zu Dêr-el-bahri, 18. Dynastie (Ph. 1794); zu Abu Simbel, 19. Dynastie (L. D. III, 192c.); zu Sarbut el Chadem, 19. Dynastie (Maspero, Histoire, S. 475); zu Karnak Tempel S. 21. Dynastie; zu Dendera, Sp. Zt. (L. D. I. 66);
in einem Mut-Tempel zu Karnak; n. R. (L. D. III, 245a);
in einem Bast-Tempel zu Bubastis; n. R. (Naville, Bubastis, Taf. 33a u. b; Taf. 34b vielleicht etwas älter);
in einem Pacht-Tempel in Speos Artemidos, Zeit (?) (L. Tgb.);
in einem Mehyt-Tempel zu Abydos, Zeit (?) (Mar. Ab.);
in einem Isis-Tempel zu Philae; Sp. Zt. (L. D. III, 285a); in einem Isis-Wosret-Tempel zu Philae; Sp. Zt. (Lyons, Report Taf. 31) u. so fort.
[99] Z. B. Perrot-Chipiez, S. 510, Abb. 343 (Dynastie 18).
[100] Z. B. auf Särgen der 20. Dynastie; Berl. Museum, 11979, 11981, 11984, 11985.
[101] Mit einer dritten Art der wirklich als stützend gedachten Säulen, der Zeltstangen-Säule (Abb. 88), hat es eine etwas andere Bewandtniss. Diese Säule, die übrigens nur an einer Stelle in verhältnissmässig später Zeit (L. D. I, 81; Dynastie 18) vorkommt und sonst nur aus Abbildungen (a. R.; L. D. II, 107 u. 111a; n. R.; L. D. III, 17a, 36a, 49a u. b, 50b) bekannt ist, scheint mir direct eine Nachbildung der eine Zeltstange darstellenden Hieroglyphe „gross”, zu sein. Petrie erklärt übrigens in Egyptian decorative art, S. 76, diese Säulenart ebenso. Bereits Champollion (Champ. Not. II, 160) hat darauf hingewiesen, dass der Saal, in welchem jene merkwürdigen Säulen stehen, wohl mit einem Feste in Zusammenhang zu bringen ist, das in der Hieroglyphenschrift mit einer Halle determinirt wird, in welcher dieselbe völlig dem Zeichen gleichende Säule erscheint. Dieses -Zeichen, das ursprünglich eine Zeltstange darstellen sollte, wird in älteren Darstellungen (L. D. II, 18 nach dem Original im Berl. Mus. No. 1107 vergleichen) des durch eine einfache Gabelstange ersetzt: Diese Gabelstange ist nun aber gleichzeitig das allgemein bekannte Zeichen der Himmelsstütze, wie aus Inschriften hervorgeht, die von der Macht irgend eines Königs reden, und in denen es oft genug heisst, dieselbe reiche bis zu den „vier Stützen” des Himmels. Es scheint also auch hier immerhin nicht ausgeschlossen, dass ebenso wie in dem Zeichen das an Stelle der eigentlichen Stütze getreten ist, so auch in dem bewussten Saale zu Karnak die dem nachgebildete Säule als Stütze der als Himmel gedachten Decke eingetreten ist.
[102] Man vergleiche hierzu die Stellen der Pyramidentexte (P. 358 ff. und 698/9), auf die mich Dr. Sethe freundlichst hinwies: „Sein (Pepy's) rechter Arm stützt den Himmel mit Glück (? geschrieben mit einem Scepter) und sein linker Arm die Erde mit Freude.”
[103] z. B. L. D. II, 4, 8, 11 und oft, besonders an den Sceptern der Göttinnen.
[104] z. B. an Kästen s. de Morgan, Dahchour, Fig. 258 und oft.
[105] z. B. L. D. II, 3, 10 und oft.
[106] z. B. L. D. III, 129 und oft in den Darstellungen Gefangener, auch an Schleifen z. B. de Morgan, Dahchour, Taf. 38, Fig. C.
Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.